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Mutters

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ersten Band

9. Juni 1955

(Brief von Satprem an Mutter)

Pondicherry, 9. Juni 1955

Mutter, ich kann nicht sagen, daß es Sehnsucht nach der äußeren Welt ist, die mich zurückzieht, auch kein Festhalten an einer "persönlichen" Form des Lebens, nicht einmal irgendein vitaler Wunsch, der seine eigene Befriedigung sucht. Diese alte Welt zieht mich nicht mehr an, und ich sehe überhaupt nicht, was ich darin tun sollte. Dennoch blockiert etwas den Weg.

Wenn ich wenigstens einen bestimmten "Fehler" in mir sähe, der mir den Weg versperrt und den ich klar konfrontieren könnte... Aber ich habe den Eindruck, daß ich nicht verantwortlich bin und daß es nicht mein persönlicher Fehler ist, wenn ich ohne Aspiration stagniere. Ich komme mir vor wie ein Schlachtfeld, auf dem Kräfte sich streiten, die stärker sind als ich und gegen die ich NICHTS tun kann. O Mutter, ich glaube nicht, dies ist eine Ausrede für meinen schlechten Willen – es ist das tiefe Gefühl, wie ein machtloser, vollkommen machtloser Spielball zu sein.

Wenn die göttliche Kraft, wenn Deine Gnade nicht eingreift, um diesen dunklen Widerstand zu brechen, der mich gegen meinen Willen nach unten zieht, weiß ich nicht, was aus mir werden soll... Mutter, ich will nichts erpressen, ich sage Dir nur meine Machtlosigkeit, meine Bedrängnis.

Tagsüber lebe ich beinahe ruhig in meinem kleinen Sumpf, aber wenn der Abend naht und der Augenblick, wo ich Dich treffe, dann beginnen die Kräfte, die mich am Boden festleimten, unter Deinem Druck furchtbar zu wirbeln und ich fühle in mir eine fast unerträgliche Zerissenheit, die brennt und mir die Kehle zudrückt wie ungeweinte Tränen. Dann ergreift die Wahrheit wieder Besitz von mir – und am nächsten Morgen fängt alles wieder an.

Mutter, dies ist ein unmögliches, widersinniges, untragbares Leben. Ich habe den Eindruck, in diesem kleinen grausamen Spiel unschuldig zu sein. O Mutter, warum kann Deine Gnade nicht diesem tiefen Teil in mir Vertrauen schenken, der so gut weiß, daß Du die Wahrheit bist? Befreie mich von diesen schlechten Kräften, denn in der Tiefe will ich nur Dich und Dich allein. Gib mir die Aspiration und die Kraft, die ich nicht habe. Wenn Du dieses Yoga nicht für mich ausführen kannst, scheint es mir, daß ich niemals die Kraft haben werde durchzuhalten.

Etwas muß DURCHBROCHEN werden, ist es nicht möglich, diese Operation ein für allemal zu machen, ohne es so lange hinzuschleppen? Mutter, ich bin Dein Kind.

Bernard

Mutter, dieser Brief ist ein Gebet.

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