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Mutters

Agenda

ersten Band

16. September 1958

Ich wünsche mir sehr, ein "wahres Mantra" zu haben.

Ich habe einen ganzen Vorrat von Mantras, die alle spontan kamen, niemals aus dem Kopf. Sie entsprangen spontan, wie man sagt, die Veda sei gekommen.

Ich weiß nicht mehr, wann das anfing; vor sehr langer Zeit, bevor ich hierher kam. Manche kamen hier. Aber meine Mantras waren immer sehr kurz. Zum Beispiel als Sri Aurobindo noch hier in seinem Körper war, egal wann, bei irgendeiner Schwierigkeit, irgendeinem Problem, kam es immer spontan: "My Lord!" einfach und spontan – "My Lord!" Und das stellte augenblicklich den inneren Kontakt her. Seit er gegangen ist, hat das aufgehört. Ich kann es nicht mehr sagen; das wäre, als sagte ich "My Lord, my Lord!" zu mir selbst.

Bevor ich nach Pondicherry kam, hatte ich ein Mantra auf Französisch: Dieu de bonté et de miséricorde ["Gott der Güte und der Barmherzigkeit"]... Die Leute verstehen nicht, was das bedeutet – es ist ein ganzes Programm, ein universelles Programm. Dieses Mantra wiederhole ich seit der Jahrhundertwende; es war das Mantra des Aufstiegs, der Verwirklichung. Jetzt kommt es nicht mehr in der gleichen Weise, sondern eher als Erinnerung. Es war absichtlich so gewählt: ich sagte immer Dieu de bonté et de miséricorde, weil ich da bereits verstand, daß alles das Göttliche ist, daß das Göttliche in allem ist und nur wir die Trennung zwischen göttlich und nicht-göttlich bilden.

Meine Erfahrung besagt, daß wir jeder individuell in Beziehung zu dem Aspekt des Göttlichen stehen, der nicht unbedingt am meisten unserer Natur entspricht, sondern der am dringendsten notwendig für unsere Entwicklung oder unsere Handlung ist. Für mich war es stets eine Frage der Handlung, denn für mich persönlich hatte jede Aspiration zur individuellen Weiterentwicklung ihre eigene Form, ihren eigenen, spontanen Ausdruck; deshalb benutzte ich keine festen Formulierungen. Aber sobald bei der Handlung das geringste Hindernis auftrat, entsprangen sie. Und erst sehr viel später merkte ich, daß sich das in einer bestimmten Form ausdrückte – ich wiederholte es, ohne die Formulierung zu kennen. Die Formulierung war: Dieu de bonté et de miséricorde. Es war als wollte ich alle Aspekte, die nicht diesem entsprachen, aus der Handlung entfernen. Das blieb... mehr als zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre meines Lebens. Spontan drückte es sich so aus.

Vor kurzem, als die Verbindung vollkommen physisch wurde, geschah es einmal, daß der gesamte Körper eine große Begeisterung verspürte, und ich merkte, daß sich spontan weitere Ausdrücke zu dem Dieu de bonté et de miséricorde hinzufügten. An dem Tag schrieb ich sie auf. Das sind keine Worte, sondern ein Hervorquellen von Bewußtseinszuständen.

Herr, Gott der Güte und der Barmherzigkeit

Herr, Gott der erhabenen Einheit

Herr, Gott der Schönheit und der Harmonie

Herr, Gott der Macht und der Verwirklichung

Herr, Gott der Liebe und des Mitgefühls

Herr, Gott des Schweigens und der Beschaulichkeit

Herr, Gott des Lichts und des Wissens

Herr, Gott des Lebens und der Unsterblichkeit

Herr, Gott der Jugend und des Fortschritts

Herr, Gott der Fülle und der Vielfältigkeit

Herr, Gott der Kraft und der Gesundheit.

Die Worte kamen später, wurden den Bewußtseinszuständen sozusagen als Etiketten aufgesteckt, überlagerten sie. Manche der Verbindungen kommen einem unerwartet vor, aber sie sind der genaue Ausdruck der Bewußtseinszustände, in der Reihenfolge ihres Auftretens. Sie kamen einer nach dem anderen, als wollte die Verbindung immer vollständiger werden. Der letzte kam wie der Triumph. Als ich sie alle aufgeschrieben hatte (aufgeschrieben wirkt das natürlich alles ziemlich banal), lebte der Elan noch innerlich fort und ich hatte das Gefühl einer alles erobernden Wahrheit. Dem entsprang ein letztes Mantra:

Herr, Gott der siegreichen Wahrheit!

Wie ein Triumph. Aber dieses Mantra schrieb ich nicht, weil ich das Gefühl nicht verderben wollte.

Diese Dinge dürfen natürlich nicht veröffentlicht werden. Wir können sie in die "Agenda der Supramentalen Manifestation" einreihen, für später. Später, wenn der Sieg errungen wurde, können wir sagen: "Wollt ihr die Kurve sehen...?"

Was wird jetzt kommen? Ich höre die ganze Zeit das Sanskrit Mantra:

Om namo Bhagavate 1

Es ist hier, überall um mich herum anwesend; es ergreift alle Zellen, und augenblicklich erheben sie sich in einen Aufstieg. Auch das Mantra von Narada:

Narayana, Narayana...

(das ist auch ein Befehl, es bedeutet: jetzt tust Du, was ich will), aber es kommt nicht vom Herzen.

Was wird als nächstes kommen?

Nein, es wird auf einmal hervorquellen, und es wird sehr mächtig sein. Nur die Macht kann etwas ausrichten. Die Liebe verliert sich wie im Sand: die Leute bleiben in ihrer Verzückung... und nichts rührt sich! Nein, es erfordert Macht, man muß wie Shiva handeln: rühren, schlagen...

Wenn ich das Mantra habe, werde ich das sagen, anstatt Guten Tag und Auf Wiedersehen. Wenn ich Guten Tag oder Auf Wiedersehen sage, bedeutet das "Guten Tag, die Gegenwart ist hier, das Licht ist hier. Auf Wiedersehen, ich gehe nicht fort, ich bleibe hier."

Aber ich glaube, wenn ich das Mantra habe, wird etwas geschehen.

(Schweigen)

Bis jetzt bleibt von allen Formulierungen und Mantras das, was am direktesten auf den Körper wirkt und alle Zellen einnimmt und sie sofort ergreift (schwingende Geste), das Sanskrit Mantra: OM NAMO BHAGAVATE.

Sobald ich mich zu einer Meditation setze, sobald ich eine Minute ruhig bin oder mich konzentriere, setzt sofort dieses Mantra ein, und es erweckt eine Antwort im Körper, in den Zellen des Körpers: sie beginnen alle zu schwingen.

Das kam so: Y war gerade zurückgekehrt und brachte mir eine Kiste voller Dinge, die er mir alle zeigte. Seine Erregung erzeugte viele kleine gedrängte Wellen, die mir Kopfschmerzen gaben – jedenfalls war es sehr unangenehm. Als ich zur Meditation hinauskam, war das gerade geschehen, deshalb setzte ich mich hin und tat dies (Geste der Klärung), damit das aufhört, da begann augenblicklich das Mantra.

Es stieg von hier auf (Solar plexus): Om Namo Bhagavate, OM NAMO BHAGAVATE, OM NAMO BHAGAVATE. Ungeheuer. Während der ganzen Viertelstunde der Meditation: es erfüllte alles mit Licht! In den tiefen Noten war es von einem bronzenen Gold (auf Höhe der Kehle war es fast rot) und in den Höhen glich es einem opalweißen Licht: OM NAMO BHAGAVATE, OM NAMO BHAGAVATE, OM NAMO BHAGAVATE.

Neulich (das war oben in meinem Badezimmer) kam es und ergriff den gesamten Körper. Es stieg auf: alle Zellen bebten. Und mit einer Macht! Ich unterbrach alle Tätigkeiten und ließ es sich entwickeln; die Schwingung wurde immer stärker, immer weiter, als der Ton zunahm. Alle Körperzellen wurden in eine Intensität der Aspiration gezogen... als würde der ganze Körper sich ausdehnen – ungeheuer. Mein Eindruck war, alles würde bersten.

Da verstand ich jene, die sich von allem zurückziehen, um ausschließlich das zu leben.

Und es besitzt eine solche transformative Macht! Der Eindruck, wenn ich das fortsetzte, würde etwas geschehen, ein gewisses Gleichgewicht der Körperzellen würde sich verändern.

Leider konnte ich die Erfahrung nicht fortsetzen, weil ich keine Zeit hatte: es war kurz vor dem Darshan, ich wäre zu spät gekommen. Etwas in mir sagte: "Das ist für Leute, die nichts zu tun haben." Da mußte ich sagen: "Ich gehöre meiner Arbeit." Und ich zog mich langsam zurück, bremste. Die Wirkung wurde unterbrochen. Aber es bleibt, daß jederzeit, wenn ich dieses Mantra wiederhole... alles zu schwingen beginnt.

Folglich muß jeder das finden, was für ihn individuell eine Wirkung besitzt. Ich spreche nur von der physischen Wirkung, denn mental, vital und in allen inneren Wesensbereichen nahm die Aspiration immer, jedesmal, ihre spontane Form an. Hier geht es nur um das Physische.

Das Physische scheint am offensten für etwas Wiederholtes zu sein. Wie zum Beispiel diese Musik, die wir Sonntags spielen, in der drei Reihen von Mantras vorkommen. Das erste ist das Mantra von Chandi; es ist der universellen Mutter gewidmet:

Ya devi sarvabhuteshu matrirupena sansthita

Ya devi sarvabhuteshu shaktirupena sansthita

Ya devi sarvabhuteshu shantirupena sansthita

Namastasyai namastasyai namastasyai namo namah.

Das zweite wendet sich an Sri Aurobindo (und ich glaube, sie haben meinen Namen ans Ende gesetzt), es enthält das Mantra, von dem ich eben sprach:

Om namo namah shrimirambikayai

Om namo bhagavate shriaravindaya

Om namo namah shrimirambikayai.

Und das dritte gilt Sri Aurobindo: "Du bist meine Zuflucht."

Shriaravindah sharanam mama.

Jedesmal wenn diese Musik ertönt, hat es genau denselben Effekt auf den Körper. Etwas seltsames: als weiteten sich alle Zellen, der Eindruck, daß der Körper größer wird... Alles weitet sich, als fülle er sich mit Licht – mit Kraft, großer Kraft. Und diese Musik bildet Spiralen, als wäre es leuchtender Weihrauch, weiß (nicht durchsichtig: wirklich weiß), der höher und höher steigt. Jedesmal sehe ich dasselbe: es beginnt in der Form einer Vase, dann weitet es sich wie eine Amphore, und schließlich sammelt es sich höher oben, um sich wie eine Blüte zu entfalten.

Bei diesen Mantras hängt es wirklich davon ab, was man sucht. Ich bin für ein kurzes Mantra, besonders wenn man eine sehr häufige, aber dennoch spontane Wiederholung erreichen will – ein, zwei, höchstens drei Worte. Denn man muß es jederzeit benutzen können, zum Beispiel bei einem Unfall. Es muß hervorquellen, ohne daran zu denken, ohne es zu rufen: daß es dem Wesen spontan entspringt, wie ein Reflex, genau wie ein Reflex. Dann erhält das Mantra seinen vollen Wert.

Bei mir persönlich werden an Tagen ohne besondere Sorgen oder Schwierigkeiten (an "normalen" Tagen, wo ich "normal" bin) alle Handlungen, alle Bewegungen, alle Worte, alle Gesten von diesem Mantra begleitet und wie unterstützt oder hinterlegt:

Om namo Bhagavate... Om namo Bhagavate...

Die ganze Zeit, die ganze Zeit, die ganze Zeit.

Das ist der normale Zustand. Und es erzeugt eine Atmosphäre von beinahe größerer materieller Intensität als das Subtilphysische; es ist... fast wie die Ausstrahlung eines Mediums. Es hat eine große Wirkung: das kann einen Unfall abwenden. Und das begleitet mich die ganze Zeit, die ganze Zeit.

Jetzt mußt du herausfinden, was du damit anfangen kannst.

Es ist, um die Aspiration aufrecht zu erhalten – sich zu erinnern. Man fällt so leicht ins Vergessen. Um eine Art Automatismus zu erreichen.

Du hast kein Mantra, das von dir selbst gekommen ist, das dir einen lebendigeren Eindruck gibt?... Ihre Mantras sind lang?

Ihre Mantras sind lang und er [der Swami] hat mir kein Mantra der Mutter gegeben... Es gibt welche, aber er hat sie mir nicht gegeben... Ich weiß nicht, das alles hat keine große Wirkung auf mich, es ist etwas sehr Mentales.

Genau deshalb muß es in dir selbst entstehen.

(Schweigen)

Dieses Mantra, OM NAMO BHAGAVATE, kam mir nach einer bestimmten Zeit, weil ich mir sagte... ich sah, ich suchte ein Mantra, das mein eigenes wäre, das heißt eines, das in Einklang mit dem steht, was dieser Körper auf der Welt zu vollbringen hat. Und in dem Augenblick kam dieses Mantra. 2 Es war wirklich die Antwort auf eine empfundene Notwendigkeit. Wenn du also eine Notwendigkeit verspürst – nicht hier, im Kopf, sondern hier (Herzzentrum), dann wird es kommen. Eines Tages wirst du entweder die Worte hören, oder sie entspringen deinem Herz... Das mußt du dann bewahren.

 

1 Gesprochen: Ohm namo Bhagavatee.

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2 Als Addendum an die Agenda von 1959 veröffentlichen wir die verschiedenen Mantras und Gebete, die Mutter unter dem Titel Gebete des Bewußtseins der Zellen sammelte.

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