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Mutters

Agenda

zweiten Band

24. Januar 1961

Jetzt möchte ich dir etwas sagen... Arbeiten können wir später.

Vorgestern Nacht, mitten in der Nacht, wachte ich auf (oder besser, kehrte in ein äußeres Bewußtsein zurück), mit dem Eindruck, ein viel größeres Wesen in meinem Körper zu haben, als ich es gewohnt bin (größer, im Sinne von massig, voluminös), viel größer und viel mächtiger. Es war fast zu groß für meinen Körper: es überragte ihn; und es war so GEBÜNDELT MÄCHTIG, daß es fast unangenehm war – in etwa der Eindruck: was anfangen, mit all dem?

Es blieb die ganze restliche Nacht, und den ganzen folgenden Tag empfand ich große Mühe, diese überquellende Macht in Zaum zu halten. Sie rief spontan Reaktionen [in mir] hervor, die alle Proportionen eines menschlichen Körpers übertrafen, sie veranlaßte mich zu sprechen... Wenn irgend etwas verkehrt war: peng, die Antwort kam unmittelbar und mit solcher Kraft! Ich machte den Eindruck, wütend zu sein! Es fiel mir schwer, diese Bewegung zu beherrschen: am Morgen war es mir schon passiert, und am Nachmittag fast noch einmal. Ich sagte mir schon: "Dieser letzte Angriff hat mich arg geschwächt! Ich bin nicht mehr stark genug, um die Macht zu halten; es fällt schwer, ruhig und beherrscht zu bleiben." Das war mein erster Gedanke. Also legte ich die Betonung auf Ruhe.

Gestern Nachmittag, als ich noch oben kam, um zu gehen, 1 ereigneten sich einige Dinge – nicht persönlicher Art, sondern von allgemeiner Relevanz – zum Beispiel über bestimmte Bräuche in Bezug auf Frauen und ihren Aufbau (physisch, nicht psychologisch), und andere solche alten Vorstellungen, die ich schon immer für vollkommen idiotisch hielt, die jetzt aber plötzlich eine vergleichsweise übergroße Mißbilligung hervorriefen. Dann passierten noch einige andere Dinge, 2 in Bezug auf bestimmte Leute und Umstände. (All das hat nichts mit mir persönlich zu tun: es kam so, von hier und da.) Dann sah ich plötzlich eine Kraft kommen ("kommen": sich manifestieren), gleich der, die ich in mir fühlte, aber noch viel größer, und sie begann über der Erde und in den Gegebenheiten zu kreisen... oh, aber wie... wie ein Wirbelsturm von gebündelter Macht, der mit der Absicht daherging, daß all das – alles – sich ändert! Es mußte sich ändern, um jeden Preis!

Ich stand wie gewöhnlich darüber (Mutter deutet über ihren Kopf, um das höhere Bewußtsein zu bezeichnen), ich sah mir das an (Mutter beugt sich vor, wie um die Erde unter sich zu betrachten), und sagte mir: "Jetzt fängt es an, gefährlich zu werden. Wenn das so weitergeht, wird es am Ende einen Krieg oder eine Revolution oder eine Katastrophe, eine Flutwelle oder ein Erdbeben geben." Also versuchte ich, das höchste Bewußtsein, das Bewußtsein der vollkommenen Erhabenheit herabzuziehen. Es wurde mir besonders deutlich, daß dieses Bewußtsein die Mission hat, mittels dem Supramental, der supramentalen Kraft, die Erde zu transformieren, aber soweit als möglich, ohne Katastrophen zu verursachen; soweit es die Erde erlaubt, das Werk harmonisch und leuchtend zu vollbringen – notfalls etwas langsamer. Das war das Prinzip, und damit versuchte ich, ein Gegengewicht zu diesem Wirbelsturm zu bilden.

(Schweigen)

Ich muß sagen, als ich danach wie jeden Abend Das Geheimnis des Veda las... Seit ich dieses Buch lese, steht mir die vedische Welt sehr nah: ich sehe Wesen, höre Sätze... Das alles bewegt sich in einem unterschwelligen Bewußtsein, das vieles der alten vedischen Überlieferungen enthält. (Nebenbei bemerkt, bin ich sogar zum Schluß gekommen, daß diese rosa Marmorbadewanne, die Mutter Natur mir anbot und von der ich dir letztes Mal erzählte, der vedischen Welt entstammte, einer Zivilisation jener Epoche. 3) Es kamen (und kommen ständig) Worte, Sätze, sogar ganze Dialoge in Sanskrit... Das, was ich gesehen hatte und dir letztes Mal erzählte, und das von gestern – dieser ganze Bereich –, das ist alles sehr interessant, und ich sehe, daß es mit den Dasyus des Veda zu tun hat, die Panis und die Dasyus 4, die Feinde des Lichtes. Und diese Kraft war ganz offensichtlich wie die von Indra, 5 nur viel größer, viel-viel mächtiger, und sie kämpfte überall gegen alles Dunkle, so (Mutter malt einen Kräftewirbel in die Luft, der hier und da Punkte in der Welt angreift), alles Düstere. Alles: Vorstellungen, Leute, Bewegungen, Ereignisse, die Flecken waren – Schattenflecken –, wurde von dieser Kraft angegriffen. Das ging nur so daher: eine ungeheure Macht, so mächtig, daß sie meine Hände zu geballten Fäusten machte. Als ich dann las (es fügte sich, daß ich gerade das Kapitel über den Kampf gegen die Dasyus las), interessierte mich die Ähnlichkeit, denn meine Erfahrung war überhaupt nicht intellektuell oder mental – keine Vorstellungen, keine Gedanken.

Der Rest des Abends verging wie sonst auch, und ich ging zu Bett. Genau eine Viertelstunde vor Mitternacht stand ich auf und hatte den Eindruck, daß diese "Gegenwart" in mir noch stärker geworden war und doch etwas ungeheuer wurde... Ich mußte viel Frieden und Vertrauen in meinen Körper einflößen, er empfand das als... nicht leicht zu ertragen. Also konzentrierte ich mich und sagte ihm, ruhig zu sein und sich vollkommen gehen zu lassen.

Um Mitternacht war ich wieder im Bett. Von Mitternacht bis ein Uhr... (ich war vollkommen wach, ich weiß nicht, ob meine Augen offen oder geschlossen waren, aber ich war NICHT IN TRANCE: ich konnte alle Geräusche hören, die Uhren, usw.), ich lag flach im Bett, und mein ganzer Körper, aber ein etwas vergrößerter Körper, der über die rein physische Form hinausging, wurde zu EINER extrem schnellen und gebündelten, aber reglosen, Schwingung. Ich weiß nicht, wie du das erklären kannst: es bewegte sich nicht räumlich, und dennoch war es eine Schwingung (also nicht starr), aber unbewegt im Raum. Und genau die Form des Körpers wurde ein absolut blendend weißes Licht des höchsten Bewußtseins – des Bewußtseins DES Höchsten. Es war IM Körper; in JEDER Zelle war eine Schwingung, und alle zusammen bildeten einen Schwingungs-BLOCK. Es ging um so viel über den Körper hinaus (Geste von ca. zehn Zentimetern rund um den Körper). Ich lag vollkommen bewegungslos in meinem Bett. Dann fing es an, OHNE DASS ICH MICH BEWEGTE, bewußt nach oben zu steigen – ich blieb bewegungslos: (Mutter hält die Hände vor ihrer Stirn zusammen, wie wenn der ganze Körper im Gebet aufsteigt) – ein bewußtes Aufsteigen des Körperbewußtseins zum Höchsten Bewußtsein.

Mein Körper lag flach ausgestreckt.

Eine Viertelstunde lang stieg es weiter und weiter, ohne eine Bewegung, stieg weiter und weiter, bis... die Vereinigung vollbracht war.

Eine vollkommen wache, bewußte Vereinigung: NICHT IN TRANCE.

Da wurde das Bewußtsein zu dem EINEN Bewußtsein, vollkommen, ewig, außerhalb aller Zeit, außerhalb des Raumes, außerhalb aller Bewegung, außerhalb... außerhalb von allem, in... ich weiß nicht, einer Ekstase, einer Seligkeit, etwas Unbeschreibliches.

(Schweigen)

Es war das Bewußtsein DES KÖRPERS.

Diese Erfahrung hatte ich früher schon, aber in Trance; dieses Mal war es DER KÖRPER, das Bewußtsein des Körpers.

Es blieb so für einige Zeit (die Uhr schlug, so wußte ich, es war eine Viertelstunde), aber die Erfahrung stand außerhalb aller Zeit – eine Ewigkeit.

Dann begann ich, mit derselben Präzision, derselben Ruhe, demselben gewollten, klaren und gesammelten Bewußtsein (überhaupt NICHTS INTELLEKTUELLES) wieder herabzusteigen. Und als ich herabstieg, merkte ich, daß die ganze Schwierigkeit, mit der ich neulich kämpfen mußte und die diese Krankheit gebracht hatte, voll-kom-men bewältigt war, AUFGEHOBEN – überwunden. Nicht nur überwunden: es gab nichts mehr zu überwinden, nurmehr DIE Schwingung, von oben bis unten. Und es gab kein Unten und Oben und all das mehr.

Das dauerte einige Zeit an.

Danach, immer noch OHNE JEGLICHE BEWEGUNG, kehrte alles langsam in die einzelnen Zentren des Körpers zurück. (Ah, hier muß ich noch dazusagen, daß es ÜBERHAUPT NICHT der Aufstieg einer Kraft wie die Kundalini war, es hat überhaupt nichts mit dem Aufstieg der Kundalini durch die Zentren zu tun, absolut nicht.) Beim Herabstieg versetzte das Höchste Bewußtsein, OHNE DIESEN ZUSTAND ZU VERLASSEN, ohne diesen STÄNDIG BEWUSSTEN Zustand zu verlassen, die einzelnen Zentren wieder in Bewegung, erweckte sie sozusagen wieder: erst hier (Zentrum über dem Kopf), dann hier und hier und hier (Scheitel, Stirn, Kehle, Brust usw.). Bei jedem Zentrum hielt es inne, während die neue Verwirklichung dort alles ordnete. Sie ordnete und traf die nötigen Entscheidungen (bis ins Detail, manchmal ganz kleine Einzelheiten: das muß man in so einem Fall machen, dies muß man in jenem Fall sagen), aber alles ZUSAMMEN – gleichzeitig, nicht eins nach dem anderen –, alles sofort und zusammen gesehen. So kam es herab (ich bemerkte viele interessante Einzelheiten), weiter und weiter herab, bis nach unten. Alles blieb gleichzeitig, zur selben Zeit, und gleichzeitig organisierte das Höchste Bewußtsein jedes Einzelne für sich. 6

Diese herabsteigende Neuordnung dauerte genau bis ein Uhr, bis die Uhr eins schlug. Da wußte ich, daß ich in Trance gehen mußte, um die Arbeit zu vervollkommnen (aber bis dahin war ich vollkommen wach).

Also lies ich mich in die Trance gleiten.

Aus der Trance erwachte ich zwei Stunden später, um drei Uhr morgens. Während diesen zwei Stunden sah ich, JETZT aber mit einem neuen Bewußtsein, mit einer neuen Sicht, und vor allem MIT EINER NEUEN MACHT das gesamte Werk: all die Menschen, Dinge, Gefüge, alles. Es hatte... eine andere Erscheinung (das liegt nur daran, daß die Erscheinung von den augenblicklichen Erfordernissen abhängt), aber es hatte vor allem eine andere MACHT – beträchtlich anders. Beträchtlich. Die Macht war nicht mehr die gleiche. 7

Wirklich, eine WESENTLICHE Änderung im Körper.

Ich sehe, daß der Körper... sich mit dieser neuen Macht sozusagen vertraut machen muß, sich noch an sie gewöhnen muß. Aber grundsätzlich ist die Änderung vollbracht.

Es ist nicht, bei weitem nicht, die endgültige Änderung, bei weitem nicht. Aber man kann sagen: es ist die bewußte und vollständige Gegenwart der supramentalen Kraft im Körper.

(Schweigen)

Als ich heute morgen aufstand und das alles geistig nachvollzog, war mein erster Impuls, nicht darüber zu sprechen, abzuwarten und zu sehen, was geschehen wird; aber dann kam ein ganz präziser Befehl, es dir noch heute morgen zu sagen. Es mußte genau so, wie es geschah, notiert und aufbewahrt werden.

Jetzt hat der Körper eine ganz deutliche... nicht nur Gewißheit, eine Art Gefühl, daß eine gewisse Allmächtigkeit nicht mehr fern ist: daß bald, wenn er... ("er"! – du weißt schon, es gibt nur noch einen "Er" in dieser ganzen Geschichte, und das ist weder "er" noch "sie" noch...) wenn er sieht, daß etwas sein soll, dann wird es automatisch sein.

Das ist noch ein weiter-weiter Weg. Aber der erste Schritt ist getan.

*
*   *

(Kurz darauf, über eine Grippeepidemie, die um sich greift:)

Eine schreckliche Epidemie greift im Land um sich, eine dreifache Epidemie.

Kommt eine Hilfskraft zu dir ins Haus?... Ist niemand in ihrer Familie krank? Siehst du, was geschieht: sie wollen weder ihre Stellung noch ihr Gehalt verlieren, deshalb warnen sie euch nicht. Sie haben Pocken, Masern oder Windpocken und treffen nicht die geringsten Vorsichtsmaßnahmen, sich zu waschen oder andere Kleider anzuziehen, bevor sie kommen. So kommen sie und bringen euch das alles mit. Und die Krankheitsfälle werden immer häufiger. Ich wollte auch schon Pavitra sagen, mit seinem kleinen Kerl vorsichtig zu sein, den mag ich schon sonst nicht hier herumwandern sehen... Es ist seltsam, wie das die Atmosphäre trübt – unvorstellbar, fast bei allen!

Das ist etwas ganz anderes als in Europa, Amerika oder den anderen westlichen Ländern. Dort sind alle Leute aus demselben Stoff beschaffen, aber hier ist das nicht so! Der Grund ist, daß sich das hier schon seit Jahrhunderten nicht mehr verändert hat: die Brahmanen blieben immer Brahmanen, die Kshatryas blieben immer Kshatryas und ihre Bediensteten waren auch Kshatryas. Es blieb sozusagen in der Familie, in jeder Kaste waren die Bediensteten aus derselben Kaste (meist ein armer Verwandter). Vom sozialen Standpunkt ist das vielleicht nicht sehr schön, aber in Hinsicht auf die Atmosphäre war das sehr gut so. Das änderte sich zuerst mit der muselmanischen, hauptsächlich aber mit der britischen Besetzung.

Schließlich wurden die Engländer immer von Parias bedient (und "Paria" haben erst wir, die Europäer, sie genannt!). Aber sie waren nicht Paria von Geburt, sondern AUS GEWOHNHEIT.

Ich habe dieses Problem sehr genau studiert (denn als Europäer kommt man mit all seinen europäischen Vorstellungen – man weiß wirklich nichts, man versteht nichts von diesen Dingen). Ich kam sofort mit allen möglichen Leuten in Berührung, mit Bediensteten, die Brahmanen waren, und mit Parias. Und... ohne es zu wissen – ich wußte nicht, daß die einen Brahmanen waren und die anderen Parias – je nachdem, mit wem ich zusammen war und wo man mich hinführte... (Geste, etwas sehr Konkretes zu berühren), selbst ohne physische Berührung! Es war so unterschiedlich, daß ich zu Sri Aurobindo sagte: "Aber was ist das denn?" Da erklärte er mir alles.

Ursprünglich waren die "Parias" die Leute, die ihre Freude, ihr Vergnügen, in Schmutz, Lüge, Verbrechen, Gewalt und Diebstahl fanden. Das war ihr Vergnügen. Sie hatten ihre eigenen Kasten: in der Gegend hier gibt es noch eine Räuberkaste (einmal war ich in ihrem Dorf, um zu sehen: eine Kaste von Räubern). Leute, die immer einen Dolch mit sich haben. Ihr größtes Vergnügen ist, mit dem Dolch zu spielen. Sie stehlen nicht so sehr aus Not, als aus Vergnügen. Und schmutzig! Eine Abscheu vor Sauberkeit. Und aus reinem Spaß lügen sie, selbst wenn sie sich in derselben Viertelstunde widersprechen müssen, nur zur Freude.

Das gibt eine... greifbare Atmosphäre.

Hier war einmal eine Frau, die unter diesen Menschen geboren wurde. Sie war als Kind von Thomas (der französische Musiker, der die Komödie Mignon komponierte) aufgenommen worden: sie waren hier in Indien und hatten sie als kleines Mädchen aufgesammelt; sie war dreizehn, sah nett aus und war recht lieb, und sie hatten sie als Kindermädchen angestellt. Dann nahmen sie sie mit nach Frankreich und behandelten sie dort wie ein eigenes Kind, kümmerten sich um sie und bildeten sie aus; sie gaben ihr alles-alles, wie einem Familienmitglied. Zwanzig Jahre blieb sie dort. Sie war begabt und hatte sogar gewisse Fähigkeiten der Wahrsagung: sie konnte wunderbar in den Händen lesen. Einige Zeit arbeitete sie auch in einem Konzert-Café, im Moulin-Rouge, glaube ich, als "Hindu Seherin"! Natürlich war sie dort eine Maharani mit fabelhaften Juwelen! Sie war auch wirklich hübsch. Kurz, sie hatte alle ihre Angewohnheiten von hier hinter sich gelassen.

Dann kam sie zurück nach Indien, und ich nahm sie hier auf. Ich behandelte sie auch hier fast wie eine Freundin, half ihr, ihre Begabungen zu entwickeln... Mein Kind, nach einiger Zeit fing sie an, so schmutzig zu sein, zu lügen und zu stehlen – ohne den geringsten Grund! (Sie hatte genug Geld, wurde gut behandelt, aß das gleiche wie wir auch – es gab also wirklich keinen Grund dafür!) Als ich sie dann fragte: "Aber warum nur?" (da war sie schon nicht mehr ganz jung), sagte sie: "Als ich hierhin zurückkam, überwältigte es mich, es ist stärker als ich." Das war mir eine Erleuchtung! Denn es widerstand ihrer ganzen Ausbildung.

Wir haben die Vorstellung, daß diese Leute sind, was sie sind, weil das Milieu und die Erziehung schlecht sind, weil die Bedingungen schwierig sind, daß darin die Gründe liegen – es ist nicht wahr!

Im universellen Gefüge VERKÖRPERN sie etwas, einen bestimmten Typ von Kraft und Schwingung. Und das muß entweder aufgelöst oder verwandelt werden... verwandeln? – das ist vielleicht... Vielleicht wird das zusammen mit den widrigen Kräften verschwinden, vielleicht wenn alles transformiert ist – wann, weiß ich nicht.

Auf jeden Fall versuchte ich wirklich mein Bestes, mit meiner ganzen Kraft und mit meinem ganzen Wissen. Und ich mochte sie wirklich gern, ich tat es nicht aus Wohltätigkeit, ich fand sie sehr interessant, aber ich mußte wirklich mit einer Art Grauen mitansehen, daß es sie wieder ergriff, von Tag zu Tag, mehr und mehr... bis wir sie schließlich fortschicken mußten, ihr sagen mußten: "Geh." Sie antwortete: "Ja, ich verstehe. Ich kann nicht bleiben."

Verstehst du, sie war in Frankreich, seit sie dreizehn war! Mit allem, was diese Leute für sie getan hatten (Ambroise Thomas, der war es! jetzt fällt es mir wieder ein). Sie waren so gut zu ihr. Natürlich hatte sie sehr gute Manieren angenommen, der ganze Anschein war gut.

All das, um dir zu sagen, daß es ungute Kontakte gibt. Ich kenne das sehr genau: ich konnte es nicht aushalten, daß solche Leute in mein Zimmer kamen – ich würde manchmal Stunden brauchen, um die Atmosphäre wiederherzustellen.

Man muß vorsichtig sein.

Hier hatten wir lange Zeit nur ein Minimum an Bediensteten, und die blieben immer getrennt: wir hatten nie eine Epidemie. Ich weiß nicht, wieviele Jahre lang (Jahre über Jahre, als Sri Aurobindo hier war), hatten wir keine einzige Epidemie. Das fing damit an, daß Leute mit Kindern hierhin zogen; sie brachten notwendigerweise Haushaltshilfen mit, und die gingen zum Basar oder ins Kino und dieses und jenes. Da begann all das.

Jetzt sieht die Lage schlecht aus: an die dreißig Masernfälle, vier oder fünf von Pocken und auch Windpocken. Paß auf dich auf, ich brauche dich in guter Gesundheit, sonst kommt die ganze Arbeit zum Stillstand!

Es gab solche Orte: plötzlich kam alles zum Erliegen. Keine Schule mehr, keine Post, kein Zugverkehr. Ich erinnere mich an ein kleines armes Dorf in Japan, wo sie eine Grippeepidemie hatten, die erste. Sie wußten nicht, was es war, und das ganze Dorf wurde krank. Es war im Winter und das Dorf war eingeschneit, ohne Verbindung zur Außenwelt (die Post kam nur alle zwei Wochen dorthin). Als der Postbote dann kam, waren alle gestorben, unterm Schnee vergraben.

Ich war in Japan, als das passierte.

Ein kleines verschneites Tal – niemand mehr.

 

1 Mutter schreitet beim Japa in ihrem Zimmer im ersten Stock auf und ab.

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2 Später fragte Satprem, was diese "Dinge" bedeuten. Mutter antwortete: "Das war zum Beispiel die Haltung eines Mannes gegenüber dem Leben und Gott, was er von sich hält, usw. Verstehst du, es kam eine Ansammlung von Wesenszügen und einer Handlung dieses Mannes, danach kam etwas anderes. Wie kann ich das beschreiben? Das sind ARBEITSPUNKTE, die so zu mir kommen: Dinge erscheinen in der Atmosphäre, damit ich sie sehe – ich sehe diese Dinge, und sie sind zu bearbeiten."

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3 Drei Tage später berichtigte sich Mutter: "Ich habe die Erfahrung nochmals betrachtet, und erkannte, daß es nicht vedisch sondern prä-vedisch ist. Die Erfahrung brachte mich in Verbindung mit einer älteren Zivilisation als der Veda: die Rishis und der Veda repräsentieren einen Übergang zwischen dieser verschwundenen Zivilisation und der indischen Zivilisation, die der vedischen entsprang. Gestern wurde mir das klar – sehr interessant.

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4 In den Veden personifizieren die Dasyus und Panis Wesen und Kräfte, die die Reichtümer und Lichter (symbolisiert durch Kuhherden) geraubt haben und sich in unterirdischen Höhlen verstecken. Der arische Krieger muß diese verlorenen Schätze, "die Sonne in der Dunkelheit", zurückholen – mit der Hilfe der Götter, indem er die Opferflamme entfacht. Das ist der Weg des unterirdischen Hinabstiegs.

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5 Indra ist in der indischen Mythologie der König der Götter, er ist Herr über die intellektuelle Kraft befreit von allen Einschränkungen und Schatten des physischen Bewußtseins.

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6 Später erklärte Mutter: "Alle Erfahrungen kamen nacheinander, aber jede neue löschte die vorhergehenden nicht aus. Das Bewußtsein, diese Höchste Einigkeit, blieb die ganze Zeit bis zum Ende, auch als die anderen Zentren wieder wach wurden. Jedes erwachende Zentrum brachte etwas hinzu, aber nahm dem vorhergehenden nichts weg. Also war am Ende alles gleichzeitig: eine Art globales, totales und gleichzeitiges Bewußtsein von allem... Siehst du, beim Aufstieg (ich muß "aufsteigen" und "herabsteigen" sagen, sonst können wir uns nicht verständigen), beim "Aufstieg" zu diesem Höchsten Bewußtsein wurde alles andere aufgehoben: das alleine blieb; nachdem das Höchste Bewußtsein erreicht war, BLIEB ES DIE GANZE ZEIT, ununterbrochen, bis zum Ende – es rührte sich nicht –, aber während dem erwachten die anderen Zentren, eines nach dem anderen. Jedes erwachte Zentrum nahm seinen Platz ein, ohne irgend etwas vom vorhergehenden oder vom folgenden wegzunehmen – als ich zum Ende kam, war auf diese Weise das Ganze zusammen und gleichzeitig: das Höchste Bewußtsein." Als Satprem fragte, ob dieses Höchste Bewußtsein das "neue Bewußtsein" sei, antwortete Mutter: "Nicht 'neu'! Man kann nicht 'neu' sagen: 'das Höchste Bewußtsein'." Diese ganze Erfahrung und Mutters Betonung, daß all das, im Gegensatz zur Erfahrung des Aufstiegs der Kundalini, "ohne eine Bewegung" geschah, führt uns zur Ansicht, daß in dieser Erfahrung das supramentale Bewußtsein in der Tiefe der Zellen irgendwie aus seiner Verborgenheit zutage trat, alle Schichten durchquerte und sich mit dem materiellsten Körperbewußtsein vereinigte.

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7 Mutter wiederholte später nochmals: "Die Macht, die jetzt wirkte, war eine ganz andere als vorher."

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