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Mutters

Agenda

fünften Band

7. Dezember 1964

(Diese Unterhaltung fand im Musikzimmer statt. Mutter hatte Sunil, den Musikerschüler, und Sujata kommen lassen.)

Wer kann Mundharmonika spielen? (Gelächter) Ich habe soeben eine Mundharmonika aus Deutschland erhalten. (Zu Sunil:) Kannst du nicht spielen?... Nein?

(Sujata:) Satprem hat große Lust, ein Instrument spielen zu lernen, weißt du, Mutter.

(Satprem:) Aber nicht Mundharmonika!

(Zu Sunil:) Hat man dir gesagt, worum es geht? Nein? Kannst du nicht mehr Französisch, sag? – Er wagt nicht zu sprechen.

Voilà: Mir gefällt deine Musik, ich hingegen spiele nicht mehr. Ich habe keine Zeit. Ich komme nie dazu, vor einem Jahr habe ich zum letzten Mal gespielt; außer wenn Sujata kommt, dann spiele ich manchmal einige Noten. Es ist also völlig unmöglich, daß ich am ersten Januar spiele, ich dachte mir aber, daß wir vielleicht etwas arrangieren könnten. Heute lese ich euch die Botschaft zum ersten Januar vor (es ist keine "Botschaft"), und dann werden wir versuchen, etwas damit zu machen.

Kennst du dieses Instrument (die Orgel)? Kannst du sie spielen?... Sie hat Pedalen, mein Kind, die einen zur Verzweiflung bringen könnten! Ich kann nicht damit spielen. (Gelächter) Also wird Sujata die Pedalen bedienen, während ich die Noten spiele!

Wenn etwas kommt, kannst du es benutzen und mir eine Musik für den ersten Januar komponieren. Anstatt hier etwas von mir auf Band zu nehmen, werden wir den Leuten dann deine Musik vorspielen.

(Sunil:) Was du jetzt spielen wirst, werde ich aufzeichnen.

Nein, ich werde nicht spielen – ich tue nur so! Damit kannst du etwas machen. Verstehst du?

Vielleicht kommt auch überhaupt nichts! Ich habe keine Ahnung. Heute morgen... hast du etwa an deinen Besuch bei mir gedacht? Ja?... Ich hörte nämlich eine wunderschöne Musik – wunderschön! Aber es war eine Musik... man würde mindestens vier Hände oder mehrere Instrumente brauchen, um sie zu spielen. Wenn das käme...

Wartet mal... Die Botschaft (es ist keine "Botschaft"!)... Es gibt ein Foto von mir, in dem ich meine Hände verschränkt halte und wo ich glücklich aussehe (!); darunter schrieb ich: "Gegrüßt seist Du, o Wahrheit!" Und dann wollten sie es auf englisch – ich sagte: "Salute to the advent of Truth."

Das ist also das Thema.

Sehen wir mal, ob wir etwas finden. Heute morgen war es fabelhaft... Aber selbst wenn es da wäre, könnte ich es nicht spielen: es braucht dazu fast ein ganzes Orchester! Das dauerte zehn, fünfzehn Minuten... Ich weiß nicht einmal mehr, was es war – weg.

Versuchen wir es einfach, wir werden sehen!

(Musik)

So, das genügt!

Aber es war nicht das, was ich gehört hatte – überhaupt nicht! Es ist völlig weg...

(Mutter setzt sich wieder an die Orgel)

Schade, daß ich mich überhaupt nicht mehr erinnere. Es war wirklich schön: "die Hymne an die Wahrheit". Es glich einer bestimmten Symphonie von Beethoven... (oh, ich sage etwas Anstößiges:) ohne die Füllsel!

Alle menschliche Musik hat immer überflüssiges Beiwerk an sich. Sie haben eine Inspiration, und dazwischen gibt es Löcher, die sie mit ihrem "musikalischen Wissen" ausstaffieren. Aber heute morgen kam es direkt von oben, ohne jegliches Beiwerk. Das war sehr schön.

Nur bemühte ich mich überhaupt nicht, mich zu erinnern; ich sagte mir: "Es wird kommen" – und dann kam es nicht!

(Zu Sunil:) Hast du heute morgen keine Musik gehört?

(Sunil:) Was du eben gespielt hast, war wirklich hübsch.

Das ist gar nichts! Aber du wirst etwas daraus machen.

Was die Musik heute morgen ausdrückte, war ein Aufstieg der Aspiration, wie eine Eroberung, und dann entfaltete es sich auf einmal in einem blendenden Licht – ein Blitz. Eine Explosion von Licht. Und dieser Lichtblitz ENTLUD sich über der Welt. Es war sehr schön (!)

Ich sehe es immer noch, höre es aber nicht mehr.

Aber es wird so sein: Zuerst der Gruß: "Gegrüßt seist Du, o Wahrheit!" Nicht wahr, das Licht ist da, so: es kündet sich an. Worauf man es grüßt. Und dann steigt die ganze Aspiration schubweise auf zur Eroberung dieses Lichts, mit einem Ton, der ansteigt, der sich in die Höhe schwingt und sich dann festigt, der dann erneut aufsteigt und sich wieder festigt. Dann, angesichts des Lichts, entlädt es sich, wie eine explodierende Bombe. Schließlich fällt es in einem Funkenregen auf die Erde zurück.

Und am Ende möchte ich dann die große Stille der Wahrheit.

Es braucht etwas sehr Weites und Stilles – sehr weit. Sehr einfach. Einige sehr einfache große Noten.

Voilà.

Orgeltöne wären gut.

Die Orgel eignet sich gut für die Aspiration.

Die Explosion von Licht...? Ich weiß nicht, mit welchem Instrument.

Und für die Aspiration auch einige menschliche Stimmen.

Aber versuch nicht, das zu imitieren, was ich eben spielte: das ist nichts wert! Du wirst etwas machen, wie ich dir sagte: zuerst der Gruß – "wir freuen uns, Dich zu sehen", verstehst du: "Gegrüßt seist Du, o Licht! Gegrüßt seist Du, o Wahrheit!..."

Mach den Aufstieg stufenweise, begleitet und abgeschlossen von einer Welle der Aspiration: ein Aufschwung, ein großer Aufschwung. Und dann berührt man das Licht, und es explodiert. Man berührt die Wahrheit, man berührt das Licht... Das muß sehr schön werden. Worauf es in einem Lichtregen auf die Erde zurückfällt – fröhlich, leicht und sehr anmutig (Geste eines Wasserfalls). Und schließlich wird die Welt glückselig unter der Wahrheit – sehr still und glückselig.

Wie spät ist es?

Sieben vor elf.

Habe ich so lange gespielt?

Ich habe viel geschwatzt.

Du kamst zu spät.

Daran ist Nolini schuld – nicht ich! (Gelächter)

(Zu Satprem:) Ich sehe dich am Samstag – am Samstag hat das Fräulein Geburtstag. Wie alt wirst du?

(Sujata:) Neununddreißig.

Und er?

(Satprem:) Einundvierzig.

Schon...

Also auf Wiedersehen, Kinder. 1

 

1 Mutters Agenda mußte wegen einer schweren Operation Satprems am Folgetag dieses Gesprächs für einen Monat unterbrochen werden. (Von diesem Gespräch existiert eine Musikaufnahme.)

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