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Mutters

Agenda

achten Band

16. September 1967

(Es geht um einen recht unangenehmen Brief, den Satprem von der katholischen Dame erhielt.)

Ja, der erste Eindruck war... unangenehm, dann dachte ich gründlich darüber nach; im Grunde rührt das ganze Übel daher, daß diese Person eine sehr hohe Meinung von sich selbst hat, sie beurteilt alles vom Gipfel ihrer Überlegenheit – nicht wahr, dieser Anschein wohlwollenden Mitleids für den Ashram... Das war mein erster Eindruck, als ich sie das erste Mal sah; seither hat er sich verstärkt, und dieser Brief bestätigt das vollkommen.

Ich sagte nichts, aber ich befragte F über diese Person, und schließlich sagte sie mir: "Ich habe dir bis jetzt nichts gesagt, da es Unbehagen in mir auslöste, aber heute berichte ich es dir. Zu Beginn sagte mir Frau Z eines Tages: "Aufgrund MEINER und IHRER Position bin ich überzeugt, daß wir dazu bestimmt sind, eine Annäherung der katholischen Kirche und des Ashrams zu bewirken ..."" F sagte mir: "Ich antwortete nicht, diskutierte nicht und ließ es fallen."

Aber ich sagte mir: "Das erklärt alles ..." Sie sah ihren Platz ganz oben auf dem "Gipfel" der katholischen Religion...

Ja, das sagte sie mir auch.

So ist es: sie wurde von Gott geschickt (lachend), um eine Annäherung zu bewirken.

Das Klügste ist, glaube ich, nichts zu sagen, es fallenzulassen – nicht zu diskutieren, nicht zu antworten. Wenn sie nochmals kommt (sie wird es nicht wagen, glaube ich), müssen wir nur höflich sein, das ist alles. Wenn wir antworten, spielen wir ihr Spiel (genau das will sie). Wenn du willst, bewahre ich beide Briefe nahe bei mir auf, den deinen und ihren, denn das schafft für mich ein Aktionszentrum.

Bevor sie zu mir kam, wußte ich nicht, daß sie so stark katholisch war, ich hatte nicht daran gedacht, aber als sie hier war, dachte ich einfach (ich sah es): "Meine Kleine, dir fehlt die für den Fortschritt unerläßliche Demut." Das ist alles. Dann kam all dies allmählich zum Vorschein, und gestern wurde es klar, denn es gehört eine gewisse Unverfrorenheit dazu, das zu sagen: "Wir sind dazu bestimmt, eine Annäherung zwischen der katholischen Kirche und dem Ashram zu bewirken."

Als ich ihren Brief erhielt, drehte mir die darin enthaltene Kraft buchstäblich den Magen um...

(langes Schweigen)

All dies ist Teil eines großen Organisationsplans im Mental 1...

Weißt du, in früheren Zeiten mußte man Prüfungen bestehen – es waren natürlich symbolische Dinge, aber sie wußten, daß sie Prüfungen zu bestehen hatten, so waren sie wachsam. Aber heutzutage... Ich erinnere mich, ganz am Anfang, als ich die Arbeit mit Sri Aurobindo begann, wies er mich darauf hin (ich hatte es selber auch schon bemerkt): Die Lebensumstände sind in jeder Minute so organisiert, daß derjenige, der dazu bestimmt ist, eine gewisse Arbeit zu tun, einerseits mit seinen eigenen Schwierigkeiten konfrontiert wird, um diese zu überwinden, und andererseits auch mit den Schwierigkeiten der Welt, in der er arbeitet, welche er ebenfalls besiegen muß. Wenn er genug Demut besitzt, um zu sehen, was er in sich selbst transformieren muß, um fähig zu werden, die Arbeit zu tun, geht alles gut. Wenn er aber voller Stolz und Eitelkeit ist und wenn er glaubt, daß die ganze Schuld außerhalb liegt und bei ihm gar keine, verläuft die Sache natürlich schlecht. Die Schwierigkeiten spitzen sich zu. Während der ganzen Zeit, als ich die Arbeit verrichtete... wieviele Jahre? Dreißig Jahre arbeitete ich mit Sri Aurobindo, während er da war, und ich war so bequem hinter ihm verborgen (Geste des Geborgenseins hinter Sri Aurobindo): Ich stand zwar vorn, ich erweckte den Anschein, die Arbeit zu verrichten, aber ich fühlte mich völlig beschützt, so hinter ihm verborgen (die gleiche Geste); ich war vollkommen ruhig und suchte weder zu verstehen noch zu wissen, nichts – ich richtete all meine Aufmerksamkeit auf... das, was zu tun war. Selten mußte ich ihm etwas sagen; manchmal fand ich mich einer Schwierigkeit gegenüber und erzählte ihm das, aber er brauchte nicht einmal zu antworten: sofort war es verstanden – dreißig Jahre ging das so.

Als er fortging, trat ein ganzer Teil – der materiellste Teil des supramentalen Herabstiegs bis zum mentalen Körper – sichtbar aus seinem Körper aus und drang in den meinen ein. Es war so konkret, daß ich spürte, wie die REIBUNG der Kräfte die Poren der Haut durchdrang... Ich erinnere mich, in dem Augenblick gesagt zu haben: "Mit dieser Erfahrung kann jeder Beliebige der Welt das Weiterleben beweisen." Es war... so konkret, als ob es materiell gewesen wäre. Danach geschah es natürlich im Bereich des Bewußtseins... Immer mehr erkannte ich, daß alles Geschehen, alle Leute, die wir treffen, alles, was uns persönlich zustößt (wenn man diesen kleinen Körper als Person nimmt), all das eine STÄNDIGE Probe ist: Man hält stand, oder man hält nicht stand – man macht einen Fortschritt, oder, wenn man nicht standhält, muß man wieder von vorn beginnen.

FÜR DEN KÖRPER ist es jetzt so geworden: Schmerzen, Störungen, Androhungen der Auflösung... Er hat immer dieses Bewußtsein, das innerlich aufrecht wie ein Schwert ist und das sagt: "Hältst du durch?" Die Zellen sind rührend in ihrem guten Willen: "Ach, so ist das? Gut, gut." Man verhält sich vollkommen ruhig und ruft den Herrn. Man wiederholt das Mantra, das automatisch kommt, und... der Friede stellt sich ein: augenblicklich ist der Schmerz verschwunden – alles, alle Bedrohungen verschwinden eine nach der anderen: "Herr, Du bist da..." Die Beweise sind so einschlägig, daß es unmöglich ist, sie zu widerlegen, diese wunderbare Gegenwart – so einfach, so einfach und so total bei allem, was kommt, bei allem, was geschieht, im geringsten Detail, um einen so schnell wie möglich zur Transformation zu führen.

Alles, was sich annähert – aus mehr oder weniger großen Abständen –, wird von der Bewegung erfaßt, ohne es überhaupt zu wissen.

Deshalb habe ich den Brief der Dame aufbewahrt.

Um auf ihre Voreingenommenheit für den Katholizismus zurückzukommen, da gibt es wirklich interessante Dinge... Du weißt, daß der Papst, als er nach Bombay kam, Dinge sagte, die ich ihm selbst so mitgeteilt hatte (Geste einer inneren Kommunikation), als wir unsere Unterhaltung führten 2 (sicherlich weiß er nicht, mit wem er sich unterhielt, aber ich denke, er ist bewußt genug, um zu wissen, daß er eine Unterhaltung hatte)... Wir hatten drei solche Unterhaltungen, wovon eine lang, wichtig und genau war, und er selbst war sehr berührt, und als es Zeit war, sich zu trennen – er, um in seinen Körper zurückzukehren, und ich, um meine Arbeit wieder aufzunehmen –, meinte er: "Was werden Sie über unsere Begegnung sagen?..." Ich habe dir das schon erzählt. Als er hierher nach Indien kam, drückte er genau das aus, was ich ihm gesagt hatte; die Entschlüsse, die er dort faßte, entsprechen genau dem, was ich vorgeschlagen hatte... Das beweist, daß es eine Wirkung hat.

Hast du von seiner letzten Entscheidung gehört?... Der Priester drehte in der Kirche seinen Gläubigen immer den Rücken zu, wenn er seine Messe las: er wandte sein Gesicht der Gottheit zu und stand mit dem Rücken zu den Gläubigen (sicherlich war die ursprüngliche Idee, daß er die Aspiration und das Gebet der Gläubigen vertrat, er wandte sich an das Göttliche). Jetzt sagte der Papst: "Dreht eure Altäre herum, blickt zur Öffentlichkeit und repräsentiert das Göttliche." Das ist interessant... Hier führen sie das gerade aus, und das Komische daran ist, daß sie U gebeten haben, die Arbeit zu übernehmen, die Altäre umzudrehen. So erfuhr ich es, U erzählte es mir; in allen Kirchen hier baten sie ihn, die Altäre umzubauen. Das ist eine schwere Arbeit, denn sie sind eingemauert.

(Schweigen)

In einem Punkt möchte ich in der Tiefe meines Bewußtseins Klarheit gewinnen. Wenn diese Person wiederkommt, soll ich ihr dann die Idee einer möglichen Versöhnung ihres Christus mit dem Yoga lassen, oder darf ich wirklich keine Illusionen bestehen lassen und gilt es, ihr zu sagen: Man muß da herauskommen, wenn man den Yoga betreiben will?

Als ich ihren Brief las und die ganze Geschichte erfuhr, verhielt ich mich wie immer (Geste einer unbewegten Darbietung nach oben), da kam die WAHRE Sache (keineswegs das, was sie denkt und was der Papst denkt, sondern die WAHRE Sache): eine wesentliche Einheit, die sich auf der Erde manifestieren wird, aber nicht nur für diese Religion, sondern für ALLE Religionen, die eine Manifestation... (sagen wir, um uns leichter verständlich zu machen) eines Avatars waren, das heißt etwas von oben Gesandtes, das zur Erde kam, eine Botschaft brachte und das in einer Religion resultierte (ich spreche nicht von all dem Aberglauben und der Unwissenheit). Das wird aufgerufen, wieder zu seinem Ursprung aufzusteigen und eine komplexe, vollkommene, totale Einheit zu bilden, das heißt, die Essenz aller menschlichen Aspirationen zum... unbekannten Göttlichen. Das wird nicht nur gutgeheißen: es EXISTIERT, das heißt, es ist bereit herabzukommen.

In den egoistischen, begrenzten, menschlichen Bewußtseinszuständen drückt es sich durch die eine oder andere Person aus, oder es drückt sich durch den Papst aus, der natürlich möchte, daß... 3 Das ist seine ganze Daseinsberechtigung, sonst wäre er nur ein kleiner Mensch wie viele andere. Das ganze Interesse des menschlichen Egoismus ist darin eingeschlossen. Genau dies entstellt alles. Aber es gibt ein "Etwas" (über das sie reden, ohne zu wissen, worum es geht), ein Etwas, das bereit ist, sich zu manifestieren. Gleichzeitig war es, als ob man mir sagte: "Sei ruhig, beunruhige dich nicht, du brauchst nichts zu tun, es WIRD SEIN, und wie gewöhnlich wirst du spontan das sagen, was du zu sagen hast, ohne es vorher zu wissen." Voilà.

Ich wollte sagen, wenn sie persönlich kommt, brauchen wir nicht versuchen, zu kämpfen oder sie zu überzeugen oder sie zu ändern, wir müssen nur... wir müssen eine Manifestation sein: weißt du, wie das Licht, das OHNE ABSICHT strahlt. So wird die Arbeit ordnungsgemäß ablaufen. Wir sind das Licht, das strahlt – ohne Absicht. Allein das Licht, das strahlt. Ganz spontan sagen wir das, was gesagt werden muß, aber ohne Absicht, ohne mentale Absicht. Wir tun, was wir tun müssen, wir sagen, was wir zu sagen haben – der Herr ist da.

Das ist interessant.

Man könnte von diesen Leuten sagen (lachend), daß ihr Ego die Haltung eingenommen hat, ein Instrument Gottes zu sein – aber es ist das Ego. Natürlich sehen sie dann nicht klar: sie sehen, was sie sehen wollen, sie tun, was sie tun wollen. Aber sie denken: "Ich bin ein Werkzeug Gottes."

Wir werden sehen.

Ich versuche, sie etwas ruhig zu halten, ich möchte nicht, daß sie zu sehr in dein Leben eingreift. Das ist eine unnütze Strapaze. Aber wenn du dich so verhältst, wenn du dich ins Licht zurückziehst und so verharrst, wird es dich nicht mehr ermüden oder jedenfalls sehr viel weniger.

(langes Schweigen)

Es ist diese außerordentliche Erfahrung, alles, was kommt, als ein Mittel zu nehmen, um zu lernen, das zu sein, was man sein soll – seine Empfänglichkeit, seine Wirksamkeit zu stärken –, dann spürt man augenblicklich eine wunderbare und allmächtige Gegenwart, aber "so", konkret.

Dann versteht man, daß nichts unmöglich ist.

 

1 Der große "Plan" ist die ganze Erweiterung des Christentums, das seit 1967 eine entscheidende Wende genommen zu haben scheint.

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2 Siehe Agenda Bd. 4 vom 3. Juli 1963 und vom 7. September 1963, und Bd. 5 vom 2. Dezember 1964.

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3 Mutter wollte wahrscheinlich sagen: der die Einheit unter katholischer Schirmherrschaft erreichen möchte.

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