Mutters
Agenda
dreizehnten Band
(Mutter ist sehr verspätet, sie läßt Satprem vor den andern Schülern rufen. Von Anfang an hält sie seine Hände. Es ist herzzerreißend.)
Es geht nicht gut. Es geht gar nicht gut. Ich sehe dich...
Es geht nicht gut.
Was geht nicht gut, liebe Mutter?
Ich möchte schreien... Aber...
(Schweigen)
Ich esse immer weniger, und so fühle ich mich ständig unwohl – eine große Schwäche 1 . Und dennoch fühle ich mich so stark!... Da ist nur... Nun.
Wenn ich reglos bin, habe ich eine Macht – eine fast unbegrenzte Macht.
Ja. Ja, das spürt man.
Auf die Weise.
Und wenn ich in meinem Körper bin, fühle ich mich so unwohl...
Ja, liebe Mutter, ich verstehe.
Und alles nimmt so viel Zeit in Anspruch! Heute morgen habe ich niemanden empfangen. Alle warten [die Besucher vor der Tür]. Mein Kind, was tun?
Ach, liebe Mutter!... Wir lieben dich, liebe Mutter.
Wie?
Wir lieben dich.
Was?
Wir lieben dich.
Ich weiß nicht einmal mehr, was du sagst.
Ich sage dir, daß ich dich liebe.
Oh, mein Kind...
(Mutter geht in sich, während sie Satprems Hände hält 2 .
Dann ertönt Champaklals Glocke, zweimal, dreimal.)
Wie spät ist es?
Elf Uhr, liebe Mutter.
Ist es zehn Uhr?
Nein, nein, elf.
Danke, mein Kind.
Oh, liebe Mutter!...
Danke, mein Kind.
Wir brauchen dich, liebe Mutter.
Danke.
Oh... oh! Danke, mein Kind...
Ach, Mutter, es ist eine solche Gnade, hier zu sein!
(Satprem legt seine Stirn auf Mutters Schoß)
Auf Wiedersehen, Mutter!
1 An diesem Tag fühlte Satprem, daß die Bewegung sich beschleunigte und daß der Augenblick kommen würde, wo ein radikal anderes Mittel nötig sein würde – vielleicht muß der höchste Druck des Todes "die allmächtige Macht" hervordringen lassen, die in den Zellen der Natur eingeschlossen ist, von der Sri Aurobindo in Savitri spricht? Als könne die höchste Macht nur aus dem höchsten Widerspruch zur Macht entspringen – bis der Tod seine Maske der Unsterblichkeit enthüllen wird.
2 Während dieser Meditation hätte Satprem am liebsten sein ganzes Leben in Mutters Körper einfließen lassen.