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Mutters

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ersten Band

15. November 1958

(Über eine Erfahrung, die Mutter am 13. November in Zusammenhang mit Satprems Schwierigkeiten hatte)

Im Grunde genommen ist man vielleicht solange nicht von den feindlichen Kräften befreit, bis man nicht endgültig im Licht aufgetaucht ist, jenseits der niederen Hemisphäre. Dort verliert der Begriff "feindliche Kräfte" seinen Sinn: sie sind nur noch Kräfte des Fortschritts, die euch zum Fortschritt zwingen. Doch um die Dinge in dieser Weise zu sehen, muß man die niedere Hemisphäre verlassen haben, denn unten ist ihr Widerstand gegen den göttlichen Plan sehr reell.

In den alten Überlieferungen hieß es, man könne nicht länger als zwanzig Tage in diesem höheren Zustand leben, ohne seinen Körper zu verlassen und zum Höchsten Ursprung zurückzukehren. Jetzt trifft das nicht mehr zu.

Genau dieser Zustand der vollkommenen Harmonie jenseits aller Angriffe wird mit der supramentalen Verwirklichung möglich. Er wird sich für all jene verwirklichen, die für die supramentale Transformation bestimmt sind. Die feindlichen Kräfte wissen das wohl: in der supramentalen Welt werden sie automatisch verschwinden. Ohne weitere Nützlichkeit werden sie sich auflösen, ohne daß wir irgend etwas zu tun hätten, einfach durch die Gegenwart der supramentalen Kraft. Deshalb entfesseln sie sich jetzt mit solcher Wut, in einer Verneinung von allem, allem.

Aber die Verbindung zwischen den beiden Welten, die noch nicht erbaut wurde, ist jetzt dabei zu entstehen; das war die Bedeutung der Erfahrung vom 3. Februar 1958 1: eine Verbindung zwischen den beiden Welten herzustellen. Denn beide Welten bestehen bereits – nicht eine über der anderen: ineinander, in zwei verschiedenen Dimensionen. Nur besteht keine Kommunikation zwischen beiden; sie überlagern sich sozusagen, ohne verbunden zu sein. In der Erfahrung vom 3. Februar sah ich bestimmte Personen von hier (auch von anderswo), die bereits in einem Teil ihres Wesens der supramentalen Welt angehören, aber es gibt keine Verbindung, kein Bindeglied. Jetzt ist genau der Augenblick in der universellen Geschichte, dieses Bindeglied herzustellen.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Erfahrung vom 3. Februar und der vom 7. November [die allmächtige Feder]? Ist das, was du auf dem Grund des Unbewußten gefunden hast, dasselbe Supramental?

Die Erfahrung vom 7. November bedeutete eine neue Etappe in der Konstruktion des Bindeglieds zwischen den beiden Welten. Ich wurde wirklich in den Ursprung der supramentalen Schöpfung geschleudert: dieses warme Gold, diese lebendige, ungeheure Macht, dieser erhabene Friede. Und ich sah noch einmal, daß die herrschenden Werte der supramentalen Welt nichts mit unseren Werten hier zu tun haben, selbst die Werte unserer höchsten Weisheit, selbst jene, die wir für die göttlichsten halten, wenn wir ständig in der göttlichen Gegenwart leben – sie sind völlig anders.

Nicht nur in unserem Zustand der Anbetung und Hingabe an den Höchsten, sondern auch in unserem Zustand der Identifikation ist die BESCHAFFENHEIT der Identifikation völlig anders, je nachdem ob wir uns auf dieser Seite befinden, in dieser Hemisphäre fortschreiten, oder ob wir auf die andere Seite gekommen sind, die andere Welt, die andere Hemisphäre, die höhere Hemisphäre erreicht haben.

Die Beschaffenheit oder Art der Beziehung, die ich in dem Moment mit dem Höchsten hatte, war vollkommen anders als die, die wir hier haben – selbst die Identifikation hatte eine andere Beschaffenheit. Bei all den niederen Bewegungen versteht man sehr leicht, daß sie anders werden, aber das war der Gipfel unserer Erfahrung hier, diese Identifikation, die bewirkt, daß es der Höchste ist, der entscheidet und lebt – er entscheidet und lebt auf andere Weise, wenn wir in dieser Hemisphäre sind, als wenn wir im supramentalen Leben sind. Und was in dem Moment [der Erfahrung vom 13. November] die Intensität der Erfahrung ausmachte, war, daß es mir gelang, die beiden Bewußtseinszustände gleichzeitig zu erkennen, wenn auch verschwommen. Es ist fast, als wäre der Höchste selbst anders, das heißt unsere Erfahrung von ihm. Dennoch ist es in beiden Fällen der Kontakt mit dem Höchsten. Wahrscheinlich ist unsere Wahrnehmung von ihm anders, oder unsere Art, es zu übersetzen, jedenfalls ist die Beschaffenheit der Erfahrung anders.

In der anderen Hemisphäre herrscht eine Intensität und eine Fülle, die sich durch eine andere Macht als hier ausdrücken. Wie das beschreiben? – Man kann es nicht.

Die Beschaffenheit des Bewußtseins selbst scheint sich zu ändern. Es ist nicht etwas Höheres als der Gipfel, den wir hier erreichen können, es ist keine WEITERE Stufe, nein: hier sind wir am Ende, wir haben den Gipfel erreicht... Die Beschaffenheit ist anders. Beschaffenheit in dem Sinn, daß dort eine Fülle, ein Reichtum, eine Macht besteht (dies ist nur eine Übersetzung auf unsere Art), aber "etwas" dort... entgeht uns. Es bedeutet wirklich eine neue Bewußtseinsumkehrung.

Wenn wir anfangen das spirituelle Leben zu leben, ereignet sich eine Umkehrung des Bewußtseins, die uns beweist, daß wir das spirituelle Leben begonnen haben; nun, eine weitere Umkehrung vollzieht sich, wenn wir die supramentale Welt betreten.

Und vielleicht wird es jedesmal, wenn eine neue Welt sich öffnet, eine weitere Umkehrung geben. Das bedeutet, daß sogar unser spirituelles Leben, das eine so totale Umkehrung im Vergleich zum gewöhnlichen Leben darstellt, wieder so völlig anders im Verhältnis zum supramentalen Bewußtsein, zur supramentalen Verwirklichung erscheint, daß... die Werte beinahe entgegengesetzt sind.

Man könnte es folgendermaßen illustrieren (aber das ist ungenau, mehr als verringert, entstellt): es ist, als wäre unser ganzes spirituelles Leben aus Silber gemacht, während das supramentale aus Gold besteht, als hätte das ganze spirituelle Leben hier eine Schwingung von Silber, nicht kalt, aber einfach ein Licht, ein Licht, das bis zum Gipfel reicht, ein völlig reines, reines und intensives Licht, doch die supramentale Welt enthält einen Reichtum und eine Macht, die den ganzen Unterschied ausmachen. Das ganze spirituelle Leben des psychischen Wesens und unser ganzes gegenwärtiges Bewußtsein, das dem gewöhnlichen Bewußtsein so warm, so voll, so wunderbar, so leuchtend erscheint, diese ganze Pracht wirkt arm im Verhältnis zur Pracht der neuen Welt.

Das Phänomen läßt sich sehr gut so erklären: aufeinanderfolgende Umkehrungen bewirken, daß sich mit jeder weiteren Stufe ein IMMER neuer Reichtum der Schöpfung offenbart und alles Vorhergehende dann als Ärmlichkeit erscheint. Das, was uns im Vergleich zu unserem gewohnten Leben als höchster Reichtum erscheint, wirkt wie eine Ärmlichkeit verglichen mit dieser neuen Umkehrung des Bewußtseins. Das war meine Erfahrung.

Letzte Nacht, als ich versuchte zu verstehen, was fehlt, damit ich dich wirklich vollständig aus dieser Schwierigkeit herausbringen könnte, erinnerte ich mich wieder an das, was ich neulich über die Macht, die Macht der Transformation, die wahre Macht der Verwirklichung, die supramentale Macht sagte. Wenn man das betritt, wenn man darin auftaucht, dann sieht man – sieht, daß es im Vergleich zu dem, was wir hier sind, wirklich die Allmächtigkeit bedeutet. Da berührte ich, erlebte ich wieder die beiden Zustände zugleich.

Aber solange das nicht eine vollendete Tatsache geworden ist, wird es noch ein allmählicher Vorgang, ein Anstieg sein: nach und nach gewinnt man an Grund, steigt höher und höher; doch solange die neue Umkehrung sich nicht vollzogen hat, ist es, als wäre alles noch zu tun. Das ist die Wiederholung der Erfahrung von unten – sie wiederholt sich oben.

(Schweigen)

Jedesmal hat man den Eindruck, vorher an der Oberfläche der Dinge gelebt zu haben. Dieser Eindruck wiederholt sich wieder und wieder. Bei jeder neuen Eroberung hat man den Eindruck: bisher lebte ich nur an der Oberfläche der Dinge – an der Oberfläche der Verwirklichung, an der Oberfläche der Hingabe, an der Oberfläche der Macht. Es war nur die Oberfläche der Dinge, die Oberfläche der Erfahrung. Hinter einer Oberfläche gibt es eine Tiefe, und erst wenn man in diese Tiefe dringt, berührt man das Wahre. Diese Erfahrung wiederholt sich jedesmal: das, was als Tiefe erschien, wird eine Oberfläche. Eine Oberfläche mit allem, was sie an Ungenauigkeit, ja, Künstlichkeit bedeutet – künstlich, eine künstliche Übertragung. Es macht den Eindruck von etwas nicht wirklich Lebendem, einer Kopie, einer Nachahmung: ein Bild, eine Reflektion, nicht DIE Sache selber. Betritt man eine andere Region, so hat man den Eindruck, die Quelle und die Macht und die Wahrheit der Dinge zu entdecken; und diese Quelle, diese Macht und diese Wahrheit werden ihrerseits eine Erscheinung, eine Nachahmung, eine Übertragung im Vergleich zu etwas Konkretem: die neue Verwirklichung.

(Schweigen)

In der Zwischenzeit müssen wir einfach zugeben, daß wir den Schlüssel noch nicht besitzen, wir halten ihn noch nicht in den Händen. Oder besser gesagt, wir wissen genau, wo er liegt, es bleibt nur eines zu tun: die vollkommene Hingabe, von der Sri Aurobindo spricht, die vollständige Unterwerfung unter den Göttlichen Willen, was auch geschieht, auch in der Nacht.

Es kommt Nacht und Sonne, Nacht und Sonne, wieder die Nacht, viele Nächte, aber man muß sich an diesen Willen der Hingabe klammern, sich wie im Sturm festklammern, und alles in die Hände des Höchsten Herrn legen. Bis an den Tag, wo es die ewige Sonne sein wird, der vollkommene Sieg.

 

1 Das supramentale Schiff.

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