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Mutters

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ersten Band

25. Juni 1959

(Brief von Satprem an Mutter)

Rameswaram, 25. Juni 1959

Liebe Mutter,

X bat mich, Dir zu erzählen, was er über meine früheren Leben sah (aber ich habe den Eindruck, daß er mir nicht alles gesagt hat und Dir gewisse Elemente selber sagen will).

Zuerst muß ich Dir einen Traum erzählen, den ich einige Tage nach meiner Ankunft in Rameswaram hatte. Ich wurde verfolgt und floh wie ein Mörder (diesen Traum hatte ich schon Hunderte Male, seit Jahren), aber diesmal enthielt der Traum ein neues Element: ich wurde verfolgt und erklomm eine Art Treppe, um zu entkommen, und plötzlich sah ich in einem Blitz eine weibliche Form ins Leere stürzen. Ich sah nur die untere Hälfte ihres Körpers (mit einer Art malvefarbenem Sari), weil sie bereits in Leere fiel. Und ich hatte das schreckliche Gefühl, diese Frau ins Leere gestoßen zu haben, und ich floh, erklomm diese Treppe, von meinen Verfolgern bedrängt, und da war dieses Bild der stürzenden Frau, das mir ein schreckliches Gefühl gab. Als ich das Ende der "Treppe" erreichte, versuchte ich eine Tür hinter mir zu schließen, um mich vor meinen Verfolgern zu schützen, aber sie waren bereits da, zu spät... und ich erwachte.

Letztes Mal, als ich in Rameswaram war, hatte ich zwei andere sehr eindringliche Träume, deren Bedeutung mir aber nicht recht klar war. Im einen erwürgte ich jemand mit bloßen Händen, es war ein fürchterliches Gefühl. Und im anderen sah ich eine nächtliche Szene mit einem erhängten Mann, den man herunterholte, alle möglichen Leute mit Laternen machten sich um den Kadaver zu schaffen, und plötzlich wußte ich, daß dieser Gehängte, den man herunterholte, ich war.

Ich hatte X nichts über diese Träume gesagt, als er mir die Geschichte meiner drei letzten Leben erzählte: dreimal beging ich Selbstmord; das erste Mal im Feuer, das zweite Mal durch Hängen und das dritte Mal indem ich mich ins Leere stürzte. Im ersten dieser drei Leben war ich mit einer "sehr guten" Frau verheiratet, aber aus irgendeinem Grund verließ ich sie und "wanderte hierhin und dorthin, auf der Suche nach etwas". Da begegnete ich einem Sannyasin, der mich zu seinem Schüler machen wollte. Aber ich konnte mich nicht entscheiden und war "weder auf der einen Seite noch auf der anderen". In diesem Zustand suchte mich meine Frau auf und flehte mich an, zu ihr zurückzukehren. Anscheinend wies ich sie zurück. Sie warf sich ins Feuer. Von Schrecken überkommen folgte ich ihr und ging auch ins Feuer. An diesem Punkt bildete sich "eine Verbindung" mit gewissen Wesen (des Jenseits) und ich fiel unter ihre Macht. Unter dem Einfluß dieser Wesen wiederholte sich dasselbe Drama in zwei weiteren Leben, mit leichten Variationen.

Im zweiten dieser drei Leben war ich wieder mit derselben Frau verheiratet und verließ sie wieder unter dem Einfluß desselben Mönchs, und wieder wanderte ich zwischen den zwei Welten hin und her. Wieder flehte meine Frau mich an und wieder wies ich sie zurück. Sie erhängte sich, und ich erhängte mich auch.

In meinem letzten Leben gelang es dem Mönch, mich zum Sannyasin zu machen, und als meine Frau kam und mich anflehte, sagte ich ihr: "Es ist zu spät, jetzt bin ich Sannyasin". Da stürzte sie sich ins Leere, und überwältigt vom Schrecken der plötzlichen Erkenntnis all dieser Dramen und der Güte meiner Frau (denn es scheint, sie war eine große Seele), warf auch ich mich wiederum ins Leere.

Und für dieses gegenwärtige Leben weißt Du ja.

X sagte mir: "Jetzt ist deine letzte Geburt, ich erhielt den Befehl, dich zu befreien." Sei's drum. Und er fügte hinzu: "Ich werde dir mit eigenen Händen das weiße Gewand geben."

X gab mir ein neues Mantra. Mein Körper ist sehr müde von zu großer nervlicher Spannung. Ich lebe in einer Art Höhle mit zehn Zentimetern Dreck auf dem Boden und den Wänden, mit zwei Öffnungen, eine zum Bazar und die andere auf einen verfallenen Innenhof mit einem Brunnen. Rechts neben mir wohnt eine Verrückte, die einen Teil des Tages kreischt. Nur mein Mantra brennt beinahe ständig in meinem Herzen, und ich-weiß-nicht-welche Hoffnung, daß die Zukunft eines Tages glücklich und wieder in Einklang sein wird. Und da sind Sujata und Du.

Dein Kind,

Satprem

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