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Mutters

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ersten Band

10. August 1960

(Über zwei Professoren der Ashramschule, die Mutter schrieben, um zu fragen, ob "nur" Sri Aurobindo studiert werden sollte. Dieses Gespräch fand in Gegenwart von Pavitra statt.)

Ein achtseitiger Brief – nichts als Leidenschaft.

(Pavitra:) Ja, Mutter.

Das verläuft alles hier (Geste auf die Stirn).

(Pavitra:) Leidenschaft und Reaktionen.

Leidenschaft, Leidenschaft – aber diese Leidenschaft ist das gleiche wie die Reaktionen.

Sie stopfen es voll von etwas, das sie für Intellektualität halten, aber sie ist nicht gerade sehr leuchtend, ihre Intellektualität – aber nun... (Mutter zeigt einen Brief) Hier, ich werde euch das für eure Bereicherung vorlesen: (!)

"Und schließlich, liebe Mutter, was ich wirklich fragen wollte, ist das Ziel unseres Lehrzentrums. Ist es, Sri Aurobindos Werke zu lehren? Und nur diese? Alle seine Werke oder nur einige? Oder sollten wir die Schüler dafür vorbereiten, Sri Aurobindos und Mutters Werke zu lesen? Sollten wir sie auf das Ashramleben vorbereiten oder auch für "äußere" Tätigkeiten? So viele verschiedene Meinungen machen die Runden, und selbst die alten Schüler, von denen wir erwartet hätten, daß sie wissen, geben so viele widersprüchliche Erklärungen ..."

(lachend, zu Pavitra:) Das ist wohl an Sie gerichtet!

"... daß man nicht mehr weiß, was man glauben soll und worauf man sich gründen kann. Auf welcher Grundlage können wir also arbeiten, mangels eines wahren und sicheren Wissens? Ich bitte Sie, Mutter, uns aufzuklären."

Ich habe geantwortet, die Briefe müßten schon auf dem Weg sein. Ich schrieb (es war auf Englisch): das ist nicht so sehr eine Frage der Organisation wie der Haltung – als erstes. Dann sagte ich: mir scheint, solange die Professoren selber nicht die gewöhnliche Intellektualität verlassen (!), werden sie nie fähig sein, ihre Pflicht zu erfüllen.

Doch hier ist, was ich Z schrieb. (Mutter liest:)

"Die Frage ist nicht die Vorbereitung auf die Lektüre dieser oder anderer Werke. Es geht darum, all jene, die dazu fähig sind, aus der allgemeinen menschlichen Routine des Denkens, Fühlens und Handelns herauszuziehen; jenen, die hier sind, alle Voraussetzung zu geben, die Sklaverei der menschlichen Denk- und Handlungsweise abzuwerfen; jene, die zuhören wollen, zu lehren, daß es eine andere, wahrere Art zu leben gibt; lehren, daß Sri Aurobindo uns zeigte, wie wir das wahre Wesen werden und leben können – und daß das Ziel der Ausbildung hier darin besteht, die Kinder darauf vorzubereiten, dieses Leben zu leben, und sie dazu zu befähigen.

Für die anderen, jene, die auf die menschliche Weise denken und leben wollen, ist die Welt weit und sie hat Platz genug für alle.

Wir suchen keine große Anzahl, sondern eine Auslese. Wir suchen keine glänzenden Schüler, sondern lebendige Seelen."

Wenn ich ihnen das oft genug... in den Schädel hämmere, werden sie es vielleicht irgendwann begreifen.

Dann fragte Z wegen den Sprachen: sollte man EINE Sprache wählen oder... ich weiß nicht. Und wenn man nur EINE Sprache hat, welche Sprache?... Und sie schlägt vor: "Sollte es eine verbreitete oder internationale Sprache sein, oder die Muttersprache [der Schüler]?" Ich antwortete: "Wenn man nur EINE einzige Sprache kennt, sollte sie besser international oder verbreitet sein."

Das sind selbstverständliche Dinge, ich verstehe nicht einmal, warum das überhaupt diskutiert wird.

Dann stellen sie Fragen über das Lehren von Literatur und Dichtung. Ich habe geantwortet. Und unter meine Antwort schreibe ich:

"Studiert man sorgfältig, was Sri Aurobindo über alle Themen geschrieben hat ..."

Er hat über ALLES geschrieben, es gibt kein Thema, über das er nicht etwas schrieb! Man muß es lediglich überall finden können.

"... so kann man leicht ein vollständiges Wissen über die Dinge der Welt erlangen."

Was ich "studieren" nenne, heißt Sri Aurobindos Bücher herzunehmen, und wenn er dies zitiert, über jenes spricht, dann die betreffenden Bücher haben: er zitiert dies, dann muß man dieses Buch lesen; er spricht über jenes, dann muß man Schriften darüber studieren. Das meine ich mit "studieren". Nachdem man dann die verschiedenen Schriften gelesen hat, vergleicht man, was Sri Aurobindo darüber sagt, und dann hat man eine Gelegenheit zu verstehen. Wenn jemand wirklich lerneifrig ist, kann er mit Sri Aurobindos Büchern eine "Studie" über alles Geschriebene und Gelehrte machen. Man muß gerne arbeiten.

Ich SEHE ja diesen Geisteszustand, dieses Mental, oh!... es ist widerlich. Die Leute haben SOLCHE Angst sich zu kompromittieren, SOLCHE Angst auszusehen... als seien sie sektär; solche Angst auszusehen, als hätten sie einen Glauben, solche Angst... Oh, es ist schändlich!

Gut.

Das werde ich euch in den Schädel klopfen, bis es einsinkt!

*
*   *

(Pavitra gibt Mutter ein neues französisches Wörterbuch:
das "Alles-in-Einem")

Oh, die französischen Verben!...

(Pavitra:) Ja, Mutter, das ist ein Wörterbuch, in dem für jedes Verb steht, zu welcher Gruppe es gehört, wie es konjugiert wird...

Gruppe?

... Zum Beispiel "choyer" [umhegen]... (Pavitra zeigt Mutter die Seite), "choyer" wird wie "aboyer" [bellen] konjugiert.

Was für ein Vergleich! (Mutter lacht) Oh, diese psychologische Feinfühligkeit!

Aber mir geht es vor allem um die Rechtschreibung der Verben. Konjugieren kann ich, glaube ich!

(Pavitra:) Da steht alles: wie man Bridge spielt, wie man Tennis spielt, die Kunst, ein Huhn zu zerlegen...

Gut.

(Satprem:) "Alles-in-Einem", das ist schon fast Yoga!

*
*   *

(nachdem Pavitra das Zimmer verläßt)

Ich lese weiter im Yoga of Self-Perfection, das ist wirklich etwas... man sagt sich ohne Unterlaß: "hervorragend". Alles-alles-alles, alle Einzelheiten, alles steht dort. Er sah es voraus: sah dies voraus, gab die Lösung; sah jenes voraus, gab die Lösung; sah jenes, gab...

Hast du es gelesen?

Vor langer Zeit.

Was bringst du mir?

Bald werde ich die Essays on the Gita durchgelesen haben...

Ah!

... Für die Vorbereitung des Buches. 1 Ich bin noch nicht ganz durch, aber fast. Jeden Tag zwinge ich mich zu lesen ("zwinge", naja)...

Dort ist es auch AUSSERORDENTLICH!...

Ja, dort stehen viele Dinge.

Die Betonung auf die menschliche Göttlichkeit ist dort so interessant... Könnte man das in sich herstellen (bei den meisten Leuten, die ich kenne, sah ich das), könnte man in beständiger Weise dieses Gefühl der inneren Göttlichkeit herstellen, würde eine FÜLLE von Dingen... man braucht nicht die geringste Anstrengung zu unternehmen: sie fallen von euch wie Staub.

Man braucht nicht gegen die Schwierigkeiten zu reagieren; man wird sofort gezogen, als käme man heraus, so (Geste von zwei Fingern, die einen aus dem Schlamm ziehen).

 

1 Ein erstes Buch über Sri Aurobindo, das nie veröffentlicht wird (es hieß Sri Aurobindo und die Transformation der Welt). Es war für eine gewisse "Sammlung spiritueller Meister" bestimmt, und Sri Aurobindo vermochte nie in eine Sammlung zu treten.

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