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Mutters

Agenda

zweiten Band

2. August 1961

Wenn man in das Unterbewußte hinabsteigt, kommt ein Punkt, wo es nicht mehr persönlich ist, die ganze Welt ist zugegen. Ich spreche nicht von dir, aber was können Leute wie wir tun, um das zu ändern? Es ist ein Danaiden-Faß! In jedem Augenblick kommen Vibrationen von der ganzen Welt herein. Wie kann man das ändern?

Nein, man muß das Problem von der anderen Seite betrachten.

Die Evolution beginnt beim Unbewußten, beim völlig Unbewußten. Aus diesem Unbewußten taucht allmählich ein Unterbewußtes auf, das heißt ein Halbbewußtes oder Viertelbewußtes.

Es gibt zwei verschiedene Aspekte. Nehmen wir das Leben auf der Erde (denn im Universum ist der Vorgang etwas anders). Das Leben auf der Erde beginnt beim völlig Unbewußten, und von da aus arbeitet das, was involviert war, ganz allmählich und verwandelt das Unbewußte in ein Halbbewußtes oder ein Unterbewußtes. Gleichzeitig findet eine individuelle Arbeit statt, die das INDIVIDUELLE Unbewußte zu einem individuellen Halbbewußten erweckt, und hier kann das Individuum natürlich einen Einfluß ausüben. Eigentlich ist es nicht wirklich individualisiert, denn die Individualisierung beginnt mit dem Bewußtsein. Wenn wir zum Beispiel das Unterbewußte der Pflanzen oder das Unterbewußte der Tiere nehmen, ist es nicht individualisiert. Was man das Verhalten eines Tieres nennt, beruht nicht auf einer Individualisierung sondern auf der Eigenheit der Art. Folglich hat sich das individuelle Unterbewußtsein schon aus dem allgemeinen Unterbewußten entwickelt. Aber wenn man herabsteigt, um an der Transformation zu arbeiten, um zum Beispiel Licht in die verschiedenen Schichten des Lebens zu bringen, dringt man in ein kosmisches, irdisches Unterbewußtes. Ein irdisches Unterbewußtes. Das ist kein individuelles Unterbewußtes, und die Arbeit geschieht in der Gesamtheit. Sie geschieht nicht durch eine Individualisierung sondern durch die entgegengesetzte Bewegung, durch eine Art Universalisierung.

Nein, ich wollte sagen, daß man sich automatisch universalisiert, wenn man fortschreitet...

Ja, notgedrungen.

Uns wird gesagt, daß man das Unterbewußte ändern muß, Licht hineinbringen muß. Aber da es universell ist, ist es unbegrenzt. Jeden Augenblick kommen neue Vibrationen herein.

Aber nein!

... Sie kommen von außen, von hier und da – endlos. Wie kann man das ändern?

Nein, es ist nicht endlos, denn es ist durch die Erdatmosphäre begrenzt.

Ja, das ist wenigstens etwas!

Ja, es ist also nicht endlos.

Aber wie kann man darauf einwirken? Alle diese Vibrationen, die ständig eindringen, all diese Dinge der Welt, der ganzen Erde?

Das ist nicht schwierig: Sobald du dich universalisierst, wirkst du auf das Ganze ein.

Aber selbst Buddha sagt, wenn ihr eine Vibration der Begierde habt, durchkreist diese Vibration die gesamte Erd-Atmosphäre, das Gegenteil wäre unmöglich! Es ist unmöglich, sich abzutrennen. Man trennt sich gedanklich ab, aber nicht in Wirklichkeit. Das heißt, wenn du versuchst, das Unterbewußte in dir zu beseitigen, muß deine Bewegung umfassend sein: sie kann nicht persönlich sein, es würde dir nie gelingen.

Ja, sicherlich, aber diese Vibrationen entstehen ununterbrochen aufs neue.

Nein, sie entstehen nicht neu.

Aber in jedem Augenblick haben Leute schlechte Regungen, also?

Es bleibt in der Erdatmosphäre bestehen. Es dreht seine Kreise in der Erdatmosphäre. Aber die Erdatmosphäre ist sehr klein im Vergleich zum Universum. Dort drinnen zieht es also seine Kreise. Im Gegenteil, durch den Fortlauf der Evolution gibt es einen Fortschritt: das heißt, daß das jetzige Unbewußte nicht mehr so unbewußt ist wie das Unbewußte am Anfang, und das jetzige Unterbewußte ist nicht ganz so unterbewußt und allgemein wie zu Beginn. Darin besteht ja die Evolution der Erde.

Aber wenn du sagst, es kreist in der Erdatmosphäre, heißt das nicht gerade, daß die Vibrationen immer aufs neue entstehen?

Aber sie entstehen nicht neu: sie kreisen, das ist nicht dasselbe!

Neu entstehen, würde heißen, daß ein neues Kontingent des Unbewußten und Unterbewußten von anderen Sphären oder vom Höchsten käme – das tut es eben nicht. Wir betrachten das als einen "Unfall": nun ist es einmal passiert. Es ist nicht Teil einer unendlichen und ewigen Schöpfung.

Haben unsere Vibrationen des Bewußtseins denn einen Einfluß, um diese allgemeinen Vibrationen zu ändern?

Oh, ja!

In der Tat sind wir die allerersten Instrumente, um anzufangen die Welt fortschreiten zu lassen. Zum Beispiel (das ist eine Art es auszudrücken) ist es wahrscheinlich, daß sich die Umwandlung vom Unbewußten zum Unterbewußten jetzt viel schneller und viel vollständiger vollzieht als vor dem Erscheinen des Menschen auf der Erde: Der Mensch ist eins der ersten Elemente der Transformation. Offensichtlich sind die Tiere bewußter als die Pflanzen, das ist gewiß, aber der "gewollte" (und folglich viel schnellere) Fortschritt ist nur der Menschheit eigen. Desgleichen erwartet man – erhofft man (mehr als erhofft) –, daß durch das Erscheinen der supramentalen Art auf der Erde die Arbeit viel schneller fortschreiten wird. Das wird unweigerlich auch den Menschen helfen. Und da die Dinge gemäß einer Ordnung gestaltet werden anstatt in mentaler Unordnung, werden wahrscheinlich auch die Tiere und alles andere davon Nutzen ziehen. Das heißt, daß die gesamte Erde als Einheit genommen immer schneller fortschreiten wird. Das Unbewußte (oh, alles kommt mir auf Englisch, das ist die Schwierigkeit) is meant to go: selbstverständlich wird das Unbewußte verschwinden und notgedrungen auch das Unterbewußte.

Heißt das, allgemein gesprochen, daß die physische Materie bewußt wird?

Ja, in gewisser Weise. Sie wird aufnahmefähig. Die Lebensweise wird sich nicht unbedingt verändern, aber die Form des Lebens. Die Materie wird "responsiv" (antwortend). Sagt man das auf Französisch, "responsif"?

Aufnahmebereit?

Nein, aufnahmebereit ist eine Sache, antwortend eine andere – das bedeutet zu antworten. Die Materie antwortet auf den bewußten Willen. Deshalb besteht ja eine Hoffnung – wie könnte es sonst eine Transformation geben? – Die Dinge blieben ewig wie sie sind! Auf was für einer Erde könnte die supramentale Rasse leben, wenn es keine Antwort der Materie gäbe, wenn die Materie nicht anfinge, zu vibrieren und auf den Willen zu antworten? Das wären ewig dieselben Schwierigkeiten. Das Problem ist ja nicht begrenzt: Selbst wenn man sich zum Beispiel eine Kraft über den Körper vorstellt, die das körperliche Leben verändert, muß dieses neue körperliche Leben in einer Umgebung existieren können – es kann nicht in der Luft hängen! Die Umgebung muß antworten.

Es ist offensichtlich, daß das Unbewußte, das Unterbewußte und das Halbbewußte, all das ein Versehen sind. Folglich gehören sie nicht endgültig der Schöpfung an, sie sind dazu bestimmt zu verschwinden, sich zu transformieren.

Als ich selbst vor Jahren mit Sri Aurobindo von Ebene zu Ebene ging (oder von Lebensweise zu Lebensweise) und wir das Unterbewußte erreichten, merkten wir, daß es dort nicht mehr individuell war: es war die ganze Erde. Das Übrige, das Mental, das Vital, das Körperliche (natürlich) ist individualisiert. Aber wenn man von dort aus weiter hinabsteigt ist das vorbei. Es gibt wohl etwas zwischen dem bewußten Leben des Körpers und diesem unbewußten irdischen Leben, wie Elemente, die herauskommen 1 und die das Ergebnis der Einwirkung des individuellen Bewußtseins auf die unterbewußte Substanz sind: das bewirkt eine Art Halbbewußtsein, das bestehen bleibt. Wenn man den Leuten zum Beispiel sagt: "Sie haben Ihre Schwierigkeiten ins Unbewußte verdrängt, und von dort werden sie wieder hochsteigen", handelt es sich nicht um das allgemeine Unterbewußte, sondern es ist etwas vom Unterbewußten, das sich unter der Einwirkung des individuellen Bewußtseins individualisiert hat. Es bleibt dort, darunter und steigt wieder auf. Das ist beinahe endlos, selbst der persönliche Teil.

Jede Nacht sehe ich weiterhin Dinge, immer bestürzendere Dinge, die so aus dem Unterbewußten hochsteigen, um transformiert zu werden. Das ist eine Art Gemisch – es ist nicht deutlich individualisiert – von allem, das im Leben nah war (mehr oder weniger nah). Dort sind zum Beispiel die Menschen vermischt. Man erlebt Dinge wieder, ein wenig wie die Leute Träume haben (es sind aber keine "Träume"), man erlebt all das wieder in einem gewissen Rahmen, einer gewissen Sammlung von symbolischen oder zumindest ausdrucksvollen Umständen. Vor zwei Tagen hatte ich es mit jemandem zu tun (ich hatte etwas mit jemandem zu tun, denn ich arbeite dort aktiv), und als ich die Person sah, fragte ich mich: "Aber ist es dieser oder jener?" Und als ich es mit einem objektiven Bewußtsein betrachtete (das Bewußtsein eines Zeugen, als ich weniger in der Handlung stand), merkte ich, daß es sich einfach um eine Mischung der beiden Personen handelte und daß all das im Unterbewußten vermischt ist!... Schon in Japan gab es vier Personen, die ich während meiner nächtlichen Tätigkeiten nie unterscheiden konnte. Die vier waren immer vermischt (und Gott weiß, daß sie sich nicht einmal kannten!) – vermischt, weil ihre unterbewußten Reaktionen identisch waren.

Im Grunde gibt das dem Ego seine Rechtfertigung. Denn hätten wir kein Ego gehabt, kein Ego geformt, hätten wir alle vermischt gelebt (lachend), mal der eine, mal der andere! Oh, wenn man das sieht, das war so komisch anderntags, so amüsant. Im ersten Augenblick war es etwas bestürzend, als ich es dann aber genauer betrachtete, war es höchst amüsant: zwei kleine Personen! Physisch sehen sie sich nicht ähnlich, aber sie sind vom ähnlichen Typ, das heißt klein und... kurz, es besteht eine Ähnlichkeit. Das ist wie diese vier Menschen in Japan: ein Amerikaner, ein Franzose, ein Japaner und noch ein anderer, jeder von einem anderen Land. Aber nachts waren sie alle gleich! Gleich, als sähe man den einen durch den anderen, wie vermischt – sehr amüsant.

Aber man individualisiert sich nur langsam und mühsam. Deshalb haben wir ein Ego, sonst hätten wir uns nie individualisiert, wir wären... (lachend) immer eine Art Marktplatz!

Im Grunde dient die Individualisierung – und infolgedessen die Notwendigkeit des Egos – dazu, daß die Rückkehr zum göttlichen Bewußtsein eine bewußte und gewollte Rückkehr mit der vollen, bewußten Beteiligung sei.

Zum Thema Individualisierung stellte ich mir eine Frage: Wenn man zum Beispiel vom "zentralen Wesen" spricht, besteht dieses Zentrale Wesen nicht im physischen Leben, es ist darüber, oder?

Es ist darinnen, darüber und überall! (Mutter lacht)

Nein, außer wenn du stets in der vierten Dimension zu denken lernst, läßt sich das niemals verstehen.

Aber Sri Aurobindo sagt, dieses zentrale Wesen sei "unborn" [ungeboren]. Ich würde gerne wissen, ob das zentrale Wesen etwas Individuelles ist, ob jeder ein zentrales Wesen hat?

Es ist nicht abgetrennt vom anderen.

Wie das: Es ist nicht abgetrennt vom anderen?Es ist nicht vom Göttlichen abgetrennt, es ist eins mit dem Göttlichen. Aber haben wir alle ein bestimmtes, individuelles zentrales Wesen oder ist es das zentrale Wesen aller?

In unserem Bewußtsein wird es persönlich. Es ist ein Phänomen des Bewußtseins.

Es ist nicht abgetrennt – nie abgetrennt.

Nein, nicht abgetrennt, aber hat es eine Individualität?

Es ist nie abgetrennt, weder vom Zentrum (wenn man das als "Zentrum" bezeichnen kann) noch vom Ganzen. Sobald man mit ihm in Verbindung steht, stellt sich das Problem nicht mehr: es ist völlig offensichtlich, es kann nicht anders sein.

Sri Aurobindo sagt nämlich, wenn man sich von seinem Ego befreit und das zentrale Wesen findet, bleibt eine Individualität bestehen, es bedeutet nicht die Auflösung. Man hat eine Persönlichkeit.

Ja, eine Persönlichkeit bleibt bestehen.

Demnach ist diese Persönlichkeit die des zentralen Wesens – das ist die wahre Persönlichkeit.

Ja.

Es ist also doch etwas Individuelles, es ist kein unpersönliches Ich.

Es ist individuell in der Handlung, in der Manifestation.

Dort liegt das Problem: Sri Aurobindo sagt, daß es bestehen bleibt, während alle alten Überlieferungen sagen, daß es mit der Auflösung des Körpers verschwindet.

Es ist ein fortdauerndes individuelles Ich?

Sonst könnte es kein fortdauerndes materielles Leben geben, denn das ist die eigentliche Charakteristik der Materialisierung. Müßte sie verschwinden, so würde das Phänomen der physischen Auflösung ein beständiges Phänomen, das heißt, es gäbe nie eine materielle Unsterblichkeit. Denn nachdem man eine gewisse... im Grunde, eine gewisse Summe von Illusionen oder Ungeregeltheiten oder Lügen erschöpft hätte, würde man zur Wahrheit zurückkehren. Während es nach Sri Aurobindo nicht so ist: Es ist die Wahrheit – diese Individualisierung, diese individuelle Personifizierung ist ein wirkliches göttliches Phänomen –, nur die Entstellung des Bewußtseins ist eine Lüge. Das heißt, wenn man das wahre Bewußtsein der Einheit wiederfindet (die Einheit ebenso im Manifestierten wie im Nicht-Manifestierten und in dem, was jenseits des Manifestierten und Nicht-Manifestierten liegt – "jenseits" heißt, gleichermaßen das Manifestierte und Nicht-Manifestierte enthaltend) dann umfaßt diese Wahrheit auch die materielle Personifizierung, sonst könnte das 2 nicht existieren.

Aber jeder hat eine unterschiedliche Persönlichkeit?

Ja... vielleicht nicht jeder im gegenwärtigen Chaos! Aber im Prinzip.

Jedes bewußte Wesen?

Ja, im Prinzip – jede WAHRE Seele.

Wahr, das heißt geformt?

Ja, "geformt", wenn du von unten anfängst. Aber wenn du es von oben nimmst...(Mutter lacht)

Jeder repräsentiert etwas vom Göttlichen?

So kann man sagen, aber das ist noch separativ.

Aber was ist diese Persönlichkeit!?

Eine Seinsart.

Das, was jeden von den anderen unterscheidet.

Es ist eine Seinsart, ja, in einer gewissen Weise, in seiner Essenz – in seiner Essenz, denn wenn es in der Manifestation wäre, wäre all das dazu bestimmt zu verschwinden. Ja, es sind Seinsarten. Wie in der ersten Manifestation, als es die vier Seinsarten gab, die die Erstgeschaffenen waren. 3

Aber dann gäbe es unzählige Seinsarten, von denen jede einen Aspekt repräsentiert?

Ja, ohne die Vielfalt gäbe es nicht Das Spiel.

Gerade übersetzte ich einen Text, wo Sri Aurobindo von "der Freudigkeit und vom Besitz des Einen durch die Vielzahl, der Vielzahl durch das Eine, und der Vielzahl durch die Vielzahl" spricht. 4 Wenn es also ein Spiel gibt, muß es unzählig sein: eine unzählige Vielfältigkeit.

Wie kommt es dann, daß alle, die in der Vergangenheit eine Verwirklichung erreichten, die das wahre Ich fanden, sagten, es bedeute die Auflösung des Individuums, es bliebe keine Persönlichkeit?

Nicht alle! Nur jene, die in die Nicht-Existenz eingingen.

Aber es ist offensichtlich, auf Grund des Inhalts der Veden zum Beispiel, daß die "Vorfahren", derer sie sich erinnern, Leute waren, die die Unsterblichkeit auf der Erde verwirklicht hatten (vielleicht gibt es sie noch, und wir wissen nicht wo sie sind!). Sie hatten dieselbe Auffassung wie Sri Aurobindo.

Die andere Überlieferung, von der Théon meinte, sie stünde am Ursprung der Kabbala (er sagte, sie wäre der Ursprung sowohl der Kabbala als auch der Veden), hatte dieselbe Vorstellung wie Sri Aurobindo, das heißt die des göttlichen Lebens, einer göttlichen Welt. Der Gipfel der Evolution sei die Vergöttlichung von allem Geschaffenen, und von da an gäbe es einen Fortschritt ohne Rückschritte (denn jetzt schreitet man immer fort und fällt zurück, schreitet fort und fällt zurück). Diese Bewegung des Rückschritts wäre nicht mehr nötig: es wird ein kontinuierlicher Anstieg sein. Sie hatten diese Auffassung. Denn Sri Aurobindo hatte zu dem Zeitpunkt, als ich Théon traf, noch nichts geschrieben. Théon sprach zu mir in sehr deutlichen Worten über diese Vorstellung. (Théon hatte alle möglichen Dinge geschrieben, aber nichts Philosophisches: alle möglichen Geschichten, phantastische Geschichten! Aber das Wissen dahinter war dasselbe.) Wenn man ihn fragte, woher er es hätte, sagte er, es wäre älter als die Kabbala und die Veden – er kannte den Rig Veda sehr gut.

Aber Théon hatte keinerlei Idee des Bhakti – Wegs [Liebe, Ergebenheit], ganz und gar nicht. Die Idee des surrender zum Göttlichen [Hingabe, Überantwortung] war ihm völlig fremd. Aber er stellte sich eine göttliche Gegenwart hier vor (Geste zum Herzzentrum), das immanente Göttliche und die Vereinigung mit Dem. Seiner Auffassung nach können wir durch eine Vereinigung mit Dem, und indem Es unser Wesen transformiert, zu einer göttlichen Schöpfung und zur Transformation der Erde gelangen.

Er vermittelte mir als erster die Idee, daß die Erde repräsentativ sei – eine symbolische Konzentration des universellen Handelns, um den göttlichen Kräften zu erlauben, sich zu inkarnieren und konkret zu arbeiten. All dies lernte ich von ihm.

Diesbezüglich sagst Du irgendwo, daß die Götter sich auch inkarnieren müssen, um völlig bewußt zu werden.

Ja, denn...

Wie ist das möglich? Sind die Götter nicht vollständig bewußt!?

Nein: sie haben kein psychisches Wesen – alles, was diese Seite des Lebens betrifft, besteht deshalb nicht für sie.

In allen Überlieferungen, die man hier in Indien findet (auch in anderen Ländern, in anderen Religionen), sind die Götter meistens unmögliche Wesen (!), und zwar genau weil sie kein psychisches Wesen haben. Das psychische Wesen ist nur dem irdischen Leben eigen. Das war (wie soll ich sagen?)... eine Gnade, um wiederherzustellen, wiedergutzumachen, was geschehen war.

Ja, aber die Götter sind sich des Göttlichen bewußt?

Hör zu, mein Kind, sie sind sich vor allem ihrer eigenen Göttlichkeit bewußt!

Sie sind mit dem Göttlichen verbunden, ja, aber sie haben nicht die geringste Idee von HINGABE. Diese Erfahrung hatte ich.

Ich hatte eine SEHR interessante Erfahrung – letztes Jahr oder im Jahr davor, ich erinnere mich nicht mehr, aber es war nachdem ich nach oben ging 5... Du weißt, daß zur Zeit der Pujas immer diese Göttinnen kommen (sie binden sich nicht an einen Körper, aber sie manifestieren sich). Diesmal (ich glaube, es war die Puja vom letzten Jahr, nicht länger her als das) kam Durga (Durga kommt immer einige Tage früher und bleibt in der Atmosphäre: sie ist hier, so – Geste, als ob sie mit Mutter umherginge), dieses Mal hatte ich während meiner Meditation oben eine Beziehung zu ihr, und diese neue Kraft war in mir, die jetzt im Körper ist – in diesem Körper – und... (wie soll ich sagen?) ich ließ sie am Begriff der Hingabe teilnehmen. Das gab ihr eine außergewöhnliche Erfahrung: die Freude, verbunden zu sein. Und sie verkündete: "Von nun an bin ich eine Bhakta 6 des Herrn."

Das war schön.

Sie bedeutet eine unglaubliche Kraft: eine ungeheure ewige universelle Kraft. Eine solche Erfahrung hatte sie niemals gehabt: zuvor hatte sie die Erfahrung IHRER Kraft. Sie erhielt Anordnungen und gehorchte, aber nur so, automatisch. Jetzt spürte sie plötzlich die EKSTASE, ein bewußtes Werkzeug zu sein.

Das war wirklich... wirklich schön.

Ich wußte es, denn ich erinnere mich der Zeit, als ich meine Meditationen in Sri Aurobindos Gegenwart abhielt. Ich kam die Treppe herunter, um mit den Leuten, die in der Halle warteten, zu meditieren – du weißt, da ist eine Plattform unter den Säulen: alle Götter saßen dort – Shiva, Krishna, Lakshmi, die Trimurti, alle, alle, alle, die Kleinen, die Großen, sie kamen und setzten sich dort hin. Es war richtig hübsch anzusehen. Sie kamen regelmäßig jeden Tag und wohnten der Meditation bei. Aber das war keine Anbetung des Höchsten, sie hatten nicht das geringste Bedürfnis nach dieser Vorstellung: sie hatten die volle Empfindung ihrer ewigen Göttlichkeit, jeder nach seiner Seinsart. Sie fühlten sich wohl als eine Art Gruppe, da jeder wußte, daß jeder all die anderen repräsentieren konnte (die geläufige Anbetung war so 7, und sie wußten es), aber sie hatten keine der Eigenschaften, die das psychische Leben gibt: keine tiefe Liebe, keine tiefe Zuneigung, keinen Sinn der Einheit. So war es nicht: sie hatten den Sinn für IHRE eigene Göttlichkeit. Sie hatten auch ganz besondere Regungen, aber nicht diese Anbetung des Höchsten und das Gefühl, Instrumente zu sein – sie repräsentierten den Höchsten. Jeder vertrat den Höchsten und war folglich völlig befriedigt mit seiner Repräsentation.

Nur Krishna, denn... Ich glaube, es war 1926, da begann ich eine Art Erschaffung des Overmind [Übermental], das heißt, ich ließ den Overmind in die Materie, auf die Erde herabkommen und begann all das vorzubereiten (Wunder begannen sich zu ereignen und alle möglichen Dinge).

Da bat ich diese Götter, sich zu inkarnieren, sich mit einem Körper zu identifizieren (manche lehnten es kategorisch ab), aber ich sah mit meinen eigenen Augen, wie Krishna, der immer mit Sri Aurobindo in Beziehung stand, zustimmte, in dessen Körper zu kommen. Das geschah an einem 24. November. Es war der Anfang von "Mother" 8 .

Ja, ich wollte dich schon fragen, was es mit der Verwirklichung von 1926 auf sich hatte?

Das war es: Krishna stimmte zu, in Sri Aurobindos Körper herabzukommen – sich dort NIEDERZULASSEN, verstehst du (es ist ein großer Unterschied, ob man sich inkarniert und niederläßt oder nur einen Einfluß ausübt, der kommt und geht, der wechselt). Die Götter wechseln ständig. Wir selbst, in unserem inneren Wesen, gehen, kommen, handeln an hundert oder tausend Plätzen zur selben Zeit, das ist offensichtlich. Es ist ein Unterschied, ob man bereit ist, in einer dauerhaften Weise an einen Körper gebunden zu sein oder einfach nach Belieben zu kommen – zwischen einem andauernden Einfluß und einer dauerhaften Gegenwart.

Diese Dinge versteht man erst mit der Erfahrung.

In welcher Hinsicht bezeichnete diese Verwirklichung eine Wende in Sri Aurobindos Sadhana?

Nein, das war ein wichtiges Phänomen FÜR DIE SCHÖPFUNG. Für ihn war es ziemlich gleichgültig. Ich sagte es ihm nur.

Von diesem Moment an beschloß er, sich zurückzuziehen und sich nicht mehr um die Angelegenheiten der Leute zu kümmern. Er rief alle, es gab eine letzte Versammlung (denn er ging jeden Tag heraus, traf alle, die ihn zu sehen kamen, plauderte mit ihnen – das ist der Ursprung der berühmten "Abendgespräche mit Sri Aurobindo" 9Mutter will etwas Kritisches sagen, dann besinnt sie sich – nun...) Er empfing die Leute, sie kamen – ich sah niemanden, ich wohnte in den inneren Zimmern. Er kam auf die Veranda heraus, sah alle, empfing die Leute, sprach, diskutierte, etc., und erst wenn er zurückkam, sah ich ihn.

Aber nach einiger Zeit hielt ich auch Meditationen mit den Leuten ab. (Ich hatte diese "übermentale Schöpfung" angefangen, jeden Gott in ein Wesen herabsteigen zu lassen: es war eine außerordentliche aufsteigende Kurve!) Ich war also in Beziehung mit all diesen Wesen, da sagte ich Krishna (denn ich sah ihn immer um Sri Aurobindo herum): "Das ist sehr freundlich, aber jetzt will ich eine Schöpfung auf der Erde: Inkarniere dich!" Er stimmte zu. Ich sah mit eigenen Augen (natürlich mit meinen inneren Augen), wie er sich mit Sri Aurobindo verband.

Da ging ich in Sri Aurobindos Zimmer und sagte ihm: "Dies sah ich". Er antwortete mir: Yes I know! – "Ja, ich weiß" – (Mutter lacht), und er sagte: "Gut, ich fasse den Entschluß, mich zurückzuziehen, und du übernimmst die Verantwortung für die Leute." (Es waren ungefähr dreißig.) Dann rief er alle und hielt eine letzte Zusammenkunft. Er setzte sich (mich ließ er an seiner Seite sitzen) und sagte den Leuten: "Ich habe euch herbeigerufen, um euch mitzuteilen, daß ich mich von heute an für meine Sadhana zurückziehe und Mutter die Verantwortung für alle übernehmen wird: an sie müßt ihr euch wenden, sie wird mich vertreten, sie wird die ganze Arbeit tun." – Mir hatte er nichts gesagt! (Mutter lacht sehr)

Es waren alles enge Vertraute, die immer sehr direkt mit Sri Aurobindo verkehrt hatten, und sie fragten: "Aber warum – warum – warum?" Er antwortete: "Man wird es euch erklären." Ich hatte nicht die geringste Absicht, irgend etwas zu erklären, und zog mich mit ihm zurück, aber Datta (eine Engländerin, die mit mir von Europa gekommen war und die bis zu ihrem Tode hier blieb – sie hatte gewisse Inspirationen) gab eine Erklärung ab. Als ich mit Sri Aurobindo das Zimmer verließ, begann sie zu sprechen. Sie sagte, daß sie Sri Aurobindo durch sich sprechen spüre, und sie erklärte alles: daß Krishna sich inkarniert hätte und Sri Aurobindo von diesem Moment an eine intensive Sadhana für die Herabkunft des Supramentals auf die Erde machen werde, daß es wie eine Zustimmung Krishnas zur Herabkunft des Supramentals auf die Erde sei. Und da Sri Aurobindo damit beschäftigt sein würde, könnte er sich nicht um die Leute kümmern, die er somit unter meine Obhut stellte, daß ich diese Arbeit übernähme.

Das war 1926.

Es war nur... (wie soll ich sagen?) Krishnas Teilnahme. Aber für Sri Aurobindo persönlich machte es keinen Unterschied: eine Formation aus der Vergangenheit akzeptierte, an der gegenwärtigen Schöpfung teilzunehmen, nicht mehr. Eine Herabkunft des Höchsten von vor einiger Zeit stimmte zu, an der neuen Manifestation teilzunehmen.

Shiva hingegen lehnte ab. Er sagte: "Nein. Wenn deine Arbeit beendet ist, werde ich kommen – nicht in eine Welt, wie sie jetzt ist. Aber ich will gerne helfen." Er hielt sich an dem Tag dort im Zimmer auf – er war so groß (lachend), daß sein Kopf die Decke berührte! – mit seinem besonderen Licht, das ein Spiel von Gold und Rot ist: ungeheuer, ein ungeheures Wesen! Ich erhob mich und... (es war, als manifestierte er sein höchstes Bewußtsein) ich stand aufrecht und... (wahrscheinlich mußte ich auch sehr groß geworden sein, denn mein Kopf war auf der Höhe seiner Schulter, knapp unter seinem Kopf – ich war also auch ziemlich groß). In dem Moment sagte er mir (natürlich nicht mit Worten): "Nein, ich will mich nicht an einen Körper binden, aber ich gebe dir ALLES, was du von mir haben willst". Ich sagte ihm nur: "Ich möchte kein physisches Ego mehr haben."

Mein Kind (lachend), es geschah! Außerordentlich!... Nach einiger Zeit ging ich zu Sri Aurobindo und sagte ihm: "Dies ist geschehen. Ich habe ein seltsames Gefühl (lachend), als ob es nicht mehr zusammenhielte, die Zellen halten nicht mehr zusammen! Sie werden sich zerstreuen!" Da sah er mich an, lachte und sagte: "Noch nicht." Not yet. Und diese Wirkung verschwand.

Aber der andere hatte mir wirklich gegeben, was ich wollte!

Not yet, sagte Sri Aurobindo.

Nein, es fehlte die Bereitschaft, es war zu früh, viel zu früh.

(Schweigen)

Dasselbe erlebte ich vor zwei Jahren. 10 Aber jetzt ist es etwas anderes, die Dinge sind jetzt anders.

Gut. Aber ich habe dir nicht geantwortet.

Doch, doch. Du hast eine Vielzahl von Fragen beantwortet!

 

1 Das heißt, die vom individuellen Unterbewußtsein entfernt oder beseitigt werden.

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2 "Das" bezeichnet wohl die physische Unsterblichkeit.

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3 Bewußtsein oder Licht, Leben, Liebe oder Wonne, Wahrheit, die die ersten Asuras oder Dämonen wurden.

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4 Siehe Thoughts and Glimpses: "Was war also der Anfang der Angelegenheit? Eine Existenz, die sich für die alleinige Freude des Seins vervielfältigte und die sich in zahllose Milliarden Formen tauchte, um sich schließlich unzählige Male wiederfinden zu können... Und was wird das Ende der Angelegenheit sein? Wenn der Honig sich gleichsam selbst schmecken könnte und alle seine Tropfen zur selben Zeit schmecken könnte, wenn alle Tropfen sich untereinander auskosten könnten und jeder die gesamte Wabe wie sich selbst auskostete; so sollte das Ende für Gott, die Seele des Menschen und das Universum sein."

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5 1958.

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6 Bhakta: Anbeterin

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7 Jeder Anbeter eines Kultes weiß sehr wohl, daß sein Gott nur eine besondere Art der Repräsentation einer einzigen Sache ist.

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8 Von 1926 an stellte Sri Aurobindo Mutter seinen Schülern offiziell als "Die Mutter" vor. Zuvor nannte er sie oft "Mirra".

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9 Evening Talks with Sri Aurobindo, von A.B. Purani.

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10 Wieder die Auflösung des physischen Egos.

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