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Mutters

Agenda

dritten Band

20. November 1962

(Mutter sieht müde aus)

Es sieht schlecht aus, sehr schlecht.

Sie stehen kurz davor, Assam einzunehmen – die Dinge laufen ungünstig.

Aber was ist ihr Beweggrund? Warum tun sie das?

Offenbar bringen die Chinesen Landkarten in Umlauf, die Nepal, Bhutan, Assam und all diese Länder als Teile Chinas zeigen.

Es ist also ihre Absicht, sich dort niederzulassen.

Es ist nicht recht klar, warum.

Nationaler Ehrgeiz. Um einen ständigen Druck auf Indien auszuüben und es zu zwingen, kommunistisch zu werden.

Um ihnen ihr Gesetz aufzuzwingen – sie stehen vor der Tür und können hereinkommen, wann immer sie wollen.

Warum haben sie Tibet eingenommen?

Dann erklärten sie, daß der Gauri Shankar chinesisch sei – der Gipfel der Welt gehört zu China, nicht zu Indien... Ehrgeiz!

(Schweigen)

Dieser Teil von Bengalen und Assam ist voll von Chinesen, die sich dort vor Jahren ansiedelten. Abertausende von ihnen leben dort und betreiben Geschäfte. Alle Kommunisten unterstützen sie, und es scheint, daß sie eine sehr genaue und sorgfältige Liste angelegt haben, welche Leute für oder wider den Kommunismus sind. (Wonach urteilen sie? Ich weiß nicht – wohl nach den Handlungen und Worten der Leute.) Die Absicht dabei ist, auf diese Weise alles einzunehmen (Geste der Umzingelung Indiens).

Es sieht schlimm aus.

Die Dinge scheinen eine böse Wendung zu nehmen.

Aber was ich vielleicht noch unerhörter finde als die Unfähigkeit der Führer – Nehru, Menon und so weiter – ist, daß es seit zwanzig Jahren keinen einzigen Inder gibt, der die Dinge klar sieht und sie ausspricht – es gibt niemanden in Indien, niemanden! Zwanzig Jahre lang gab es zwei Idole, Nehru und Gandhi, und dann 400 Millionen verdummte Menschen, niemand unter ihnen mit einer klaren Sicht. Wie ist das möglich?... Daß es niemanden gab?

Aber Nehru hatte eine sehr gute Presse im Ausland! In Europa, in Amerika behandelte man ihn fast wie einen Gott. Und Gandhi erst recht! Sie waren... Ach, die ganze Welt ist so, mein Kind! Sie verstehen nichts. Sie verstehen nichts.

(Schweigen)

Wir werden sehen!

Ich glaube, es wird sich zeigen! Es wird jetzt sein: wir werden es sehen.

Vielleicht werden wir es von einer anderen Welt aus sehen! (Lachend) Das ist möglich.

In Amerika und in Rußland haben sie Bomben (die Chinesen prahlen nicht damit, aber sie haben sie vielleicht auch): eine Bombe genügt, um eine Stadt zu zerstören – völlig ausreichend, es braucht keine zwei, eine genügt. Besonders die Russen: eine einzige Bombe für eine ganze Stadt, selbst eine Stadt wie London, bruff, und nichts steht mehr. (So die Theorie, aber schließlich ist immer etwas Wahres daran.) Wir haben gesehen, was in Hiroshima geschah, das war schlimm genug. Das steht in einem Verhältnis von zehn zu tausend. Jenes war zehn, und was sie jetzt haben, ist tausend.

Das heißt, sie haben ihre ganze Intelligenz für die Zerstörung eingesetzt.

Einige behaupten: "Das wird sie davon abhalten, sich zu bekämpfen." Aber das ist kindisch!

(langes Schweigen)

China hat seine Botschaft schon aus Delhi abgezogen. Die Inder haben ihre Botschaft aus Peking noch nicht abgezogen. Sie werden dazu gezwungen sein. Das ist keine einseitige Angelegenheit, wo eine Partei ihre Botschaft abzieht und die andere sie bestehen läßt – und sobald sie die Botschaft zurückziehen, wird angefangen zu bombardieren.

Jetzt gibt es nicht mehr viele Flugzeuge mit einem Piloten – das ist veraltet. Die Flugzeuge machen das ganz allein. Es ist nur noch Mechanik. Da ist wirklich eine Macht über die mechanischste Materie vonnöten. Was zum Beispiel den Schutz angeht: da hilft kein menschlicher Wille mehr, nicht einmal mehr Wesen der irdischen Atmosphäre. Nur noch der Höchste kann entscheiden – so wie Er entscheidet, daß es geschehe, so entscheidet Er auch [daß es nicht geschehe]. Das ist alles. Es gibt nur noch Ihn.

Es besteht keine Hoffnung mehr, daß ein menschliches Wesen mit seiner Macht euch beschützen könnte – das genügt nicht mehr. Wenn der Herr euch beschützt, ist es gut, und euch passiert nichts. Aber wie soll man wissen, was Er entscheiden wird? Wenn Er die Zerstörung beschließt, muß die Erde sie wirklich nötig haben, andernfalls würde Er das nicht tun.

Am besten man denkt nicht daran. Wir werden ja sehen. Wir werden es von dieser Welt oder von einer subtileren Welt aus sehen! Das ist alles.

Jedenfalls war es eine sehr schlimme Nacht, und am Morgen erwachte ich völlig entkräftet, mit vielen Schwierigkeiten, die noch nicht vorbei sind 1 .

*
*   *

Etwas später

Wenn es sich zum Schlechten wendet, kann sich bald niemand mehr rühren. Wir werden wieder wie in einem Ei eingeschlossen sein (Geste).

Als Sri Aurobindo noch da war, brauchte man sich nur zu ihm ins Zimmer zu setzen, und man hatte das Gefühl, völlig beschützt zu sein – was auch zutraf.

Die einzige Gefahr damals war Japan, und Japan hatte offiziell erklärt, daß sie Pondicherry nicht bombardieren würden, wegen Sri Aurobindo. Aber damals saßen schließlich noch Menschen in den Flugzeugen: Sie konnten noch entscheiden, nicht zu bombardieren. Einer Rakete hingegen sagt man nicht: "Schlag nicht dort ein!" – Sie schlägt ein, wo sie hinfällt.

Ja, aber man weiß nicht, warum sie hierher kommen sollten.

Wenn sie Madras bombardieren wollen, ist das zu nahe. Zwischen den Ölquellen (die sie haben wollen) in Assam (sehr nützlich zu besitzen) und den Chinesen besteht derselbe Abstand wie zwischen Pondicherry und Madras, verstehst du... Sicherlich haben sie eine motorisierte Armee, für sie ist das nichts.

Nun...

Während der ganzen Nacht (jedenfalls während eines guten Teils der Nacht) umgaben mich Indira Gandhis Gedanken (Indira Gandhi ist Nehrus Tochter), und ihr wurde der Schmuck übergeben 2 – man schickte ihn Nehru, der ihn Indira 3 gab. Daraufhin schrieb sie mir gestern einen Brief, einen sehr... (Mutter sucht nach einem Wort) sehr liebenswerten Brief. Ein Brief von jemandem, der verstand, daß es etwas zu bedeuten hatte – nicht in weltlicher Hinsicht, sondern weil es wichtig war zu wissen, daß ich eine Geste der Zusammenarbeit machte. Das war aber noch nicht alles. Der Brief kam gestern an. Gewöhnlich, wenn ich einen Brief sehe, sehe ich ihn natürlich schon VORHER. Aber SIE selber dachte [an Mutter], dachte wieder und wieder. Nehru ist immer sehr verschwommen: seine mentale Kraft reicht für seine Stellung nicht aus, er hat nicht die nötige mentale Kraft. Bei ihm ist immer alles vernebelt. Wenn man sich auf ihn einstellt, hat man immer diesen Eindruck (verschwommene Geste), nicht solide. Aber bei ihr kam es wieder und wieder und wieder. Sie müssen wohl anfangen zu fühlen, daß etwas anderes vonnöten ist als das, was sie haben.

Wir werden sehen.

Ich vergesse nicht, daß Sri Aurobindo sagte – erklärte (es steht geschrieben) –, daß die supramentale Kraft 1967 hinter allen Regierungen der Erde stehen werde. Diese oder andere Leute würden unmittelbar (vielleicht nicht bewußt, aber unmittelbar) unter dem Einfluß der supramentalen Kräfte stehen, die sie das Nötige tun lassen. Das erste Ergebnis wird somit eine Art allgemeine Zusammenarbeit sein – das sagte er mir ausdrücklich und schrieb es auch. Das also sah er. Aber er sagte nicht, daß wir... ohne Katastrophen dorthin gelangen würden. Das sagte er nicht.

Gut, mein Kind.

Das nächste Mal wirst du dein Buch mitbringen.

Ich hoffe, ja.

Nein, es muß sein!

Ich tappe im Dunkeln... Weißt du, seit Jahren habe ich die Intuition, die Vorahnung, daß 1963 ein schreckliches Jahr sein wird – in persönlicher Hinsicht.

1963.

In persönlicher Hinsicht, denn für mich kommen alle zehn Jahre (43, 53)... Alle zehn Jahre kamen für mich Katastrophen.

Die Bezeichnung [als katastrophal], die wir dafür verwenden, hängt von unserer beschränkten individuellen Sicht ab, doch die Tatsache selbst trifft wahrscheinlich vollauf zu: Es wird einen schwerwiegenden Umsturz geben. Aber das heißt nicht, daß dieser katastrophal sein muß, verstehst du, es ist vielleicht gerade die Öffnung zu etwas Höherem und eine neue Geburt zur Wahrheit. Ich bin mir eines sehr schnellen Voranschreitens [von Satprem] völlig sicher, denn ich sehe das voraus. Aber ich sehe keine persönlichen Katastrophen. Ganz und gar nicht.

Es sei denn... Einmal (es war zur Zeit, als Sri Aurobindo noch hier war) sah ich... Es war aber bloß eine Vision, und es gibt viele Visionen – besonders damals –, die als Möglichkeiten kommen, die in einer gewissen Welt geformt werden und die sich hier auf der Erde manifestieren wollen. Sie kommen zu mir, damit ich sie durch meine Einwilligung unterstütze, wenn mich das interessiert. Dort gibt es von allem etwas! Die Auswahl wird in dem Augenblick vorgenommen. In einer Vision war Pondicherry durch die Wirkung einer Bombe völlig zerstört (damals gab es noch keine Bomben, die diese Wirkung haben, es war also teilweise eine Vorahnung), wenn das wirklich eintritt... (Mutter lacht) Als Folge davon war ich an einem Ort verschüttet, der radioaktiv verseucht war (er war unterirdisch, aber nicht flachgedrückt: eine Art Grotte hatte sich gebildet), dort blieb ich zweitausend Jahre lang.

Nach zweitausend Jahren erwachte ich in einem verjüngten Körper. Es war eine sehr amüsante kleine Geschichte!... Ich sage "Vision", aber das sind keine Dinge, die man wie in einem Film sieht: man LEBT sie. Ich verließ diese verschüttete Höhle auf mehr oder weniger komplizierte Weise, und an Stelle von Pondicherry (alles war weggefegt) gab es Leute, die arbeiteten – sie waren SEHR ANDERS. Sie waren ganz sonderbar. Ich muß einen komischen Eindruck erweckt haben, denn ich trug eine Art Kostüm, das nichts mit ihrer Zeit zu tun hatte. (Das Kostüm war auch erhalten geblieben – wie in einem Märchenbuch, verstehst du!) Natürlich zog ich einige Aufmerksamkeit auf mich, und sie versuchten, mir etwas klarzumachen. Einer sagte: "Ach, ja! Ich weiß ..." (Ich verstand, denn ich verstand seine Gedanken – diese 2000 Jahre erlaubten mir, die Gedanken der Leute zu lesen.) Sie führten mich zu einem alten Weisen, einem sehr alten Mann, mit dem ich sprach und der alle möglichen Bücher durchzublättern begann (er hatte viele, viele Bücher), und auf einmal rief er: "Ach, Französisch! – Eine alte Sprache." (Mutter lacht)

Das war sehr amüsant. Ich erzählte es Sri Aurobindo, der herzlich lachte.

 

1 Am selben Tag, dem 20. November, verkündete China die Feuereinstellung und zog seine Truppen zurück.

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2 Mutter sandte einen speziellen Botschafter nach Delhi mit einer symbolischen Gabe von 925 Gramm Gold (darunter ihr eigener Schmuck), um zur nationalen Verteidigung beizutragen.

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3 Indira Gandhi kam vier Jahre später, im Januar 1966, an die Macht.

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