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Mutters

Agenda

vierten Band

22. Juni 1963

Beim Gehen [während des Japas] hatte ich eine recht amüsante Erfahrung. Ich sah mir die Haltung der Leute an (jene, die glauben, ein spirituelles Leben zu führen und ein surrender [Hingabe] vollzogen zu haben) und wie verärgert sie reagieren, wenn die Dinge nicht nach ihrer Vorstellung ablaufen! (Sie gestehen es sich nicht immer ein, sie sagen es nicht offen, aber es ist so.) Da sah ich plötzlich einen riesigen Roboter – gigantisch, prachtvoll, leuchtend, mit Gold und Schmuck bedeckt – ein ungeheures Wesen... aber eben ein Roboter. Allmächtig – allmächtig, er konnte alles tun, alles Erdenkliche: man mußte nur auf einen Knopf drücken, und er vollbrachte es. Es war... (lachend) als ob der Herr mir sagte: "Sieh mal, was ich für sie bin!"

Ich konnte das den Leuten nicht in dieser Form erzählen, aber ich schrieb eine Notiz. Er sagte: "Sieh mal, das bin ich für sie." Daraufhin schrieb ich (Mutter liest):

Der Herr ist kein allmächtiger Automat, den die Menschen durch den Auslöseknopf ihres Willens bewegen können. Dennoch erwartet das die große Mehrzahl derer, die sich Gott unterwerfen.

Dann schrieb ich es auf englisch nieder (wenn im Bulletin eine Lücke ist, werde ich es einfügen!)

The Lord is not an all-powerful automaton that the human beings can move by... (lachend) the push-button of their will...

Das ist sehr amüsant!

... and yet most of those who surrender to God expect that from Him.

Ich las das Pavitra vor, woraufhin er mir sagte: "Es ist trotzdem ein bißchen so!" Er verstand nicht ganz (Mutter lacht).

*
*   *

(Mutter kommt auf das vorhergehende Gespräch zurück, in dem sie erzählte, wie sie "unten" einen Ausweg suchte, die Erfahrung aber brüsk "oben" verließ.)

Der Vollständigkeit halber müßte man hinzufügen, daß man... nicht nur ein vages Wissen, sondern die Gewißheit hat, daß alle Wege nach oben offen und abgeschritten sind und daß sie jederzeit nach Belieben begangen werden können. Als ich aus der Erfahrung herauswollte, brauchte ich deshalb nur nach oben zu gehen. Die Wege sind also nicht verschlossen, im Gegenteil, sie sind abgeschritten, bekannt – aber das genügt nicht. Die Entsprechung unten fehlt.

(Schweigen)

Man hat alle möglichen Fluchtmittel gefunden und praktiziert. Aber diese führen nur individuell oder nach oben hinaus – niemand hat bis jetzt herausgefunden, wie sich das ändern läßt, was zu tun ist, damit es nicht mehr so sei.

Denn es kann nur aufhören, indem es ANDERS wird.

Und um etwas anderes zu werden, bedarf es dieses Fermentes der Transformation.

Es beginnt mit einer Zeit, die menschlich gesehen lang erscheinen mag, doch es handelt sich gewiß um... eine Übergangsperiode, in der zunächst die Wahrnehmung dessen entsteht, was sein sollte, gefolgt von der Aspiration und dem Willen, es zu werden, und schließlich der Arbeit der Transformation.

Wie weit sind wir mit der Arbeit der Transformation?...

(Schweigen)

Sri Aurobindo kam mit der Vorstellung oder dem Auftrag oder der Überzeugung, daß sie fällig sei. Aber in welchem Maße ist die Transformation fällig? Was heißt "fällig"? Über welchen Zeitraum erstreckt sich das?...

Es herrscht eine unerschütterliche Gewißheit, daß es schon SO IST, aber vom anderen Ende aus gesehen. Vom hiesigen Ende aus... sieht man es im Maßstab der gegenwärtigen Verfassung der Menschen und der irdischen Ereignisse, wie lange wird es also dauern? Ich weiß es nicht. Wo stehen wir auf der Wegstrecke, bei welcher Marke? Ich weiß es nicht.

Eine Gewißheit, wie WIR sie uns vorstellen, in dem Sinne, daß jemand, der weiß (und das kann nur der Höchste sein), uns klar sagen würde: "Dort stehst du", aber UNSERER Sicht entsprechend (Mutter lacht), das scheint offensichtlich nicht im Bereich des Möglichen zu liegen! Wahrscheinlich ist das eine vollkommen alberne Forderung.

Man spürt zwar vage, daß sie albern ist, wünscht sich aber doch des öfteren eine solche Gewißheit! (Lachen) Es mag albern sein, aber...

Nicht viel, kein großer Teil des Wesens will das wissen. Dieses Bedürfnis entsteht, wenn der Körper sich besonders seltsam fühlt, ÜBERHAUPT NICHT so, wie er vorher war, und auch nicht so, wie er glaubt, sein zu müssen; eine äußerst unbefriedigende Übergangsperiode, denn man spürt nicht mehr die Kraft und Fähigkeit, die man vorher hatte, andererseits fühlt man noch in keiner Weise die Macht und Fähigkeit, die man voraussieht – man steht auf halbem Wege, weder hier noch da. Von Zeit zu Zeit geschehen absolut verblüffende Dinge, die einen die Augen weit aufreißen lassen: "Aah, so ist das!" Und zugleich so aufreibende, zermürbende Beschränkungen...

Dieser äußerst kindische Teil braucht ein wenig Ermutigung: "Vorwärts, mach dir keine Sorgen, du bist auf dem Weg!" Aber das ist kindisch. Es gilt einfach, ruhig zu bleiben und weiterzumachen, ohne sich zu beunruhigen.

Irgendwo besteht eine scharfe Unterscheidungskraft, die sich sehr leicht in einen Kritiker verwandelt (das bleibt noch, wahrscheinlich aus einem gewissen Grund), und sie verlangt Gewißheiten. Ein Großteil des Wesens sagt: "Das ist nicht meine Sache. Ich bin hier, weil Du es willst. Wenn Du nicht wolltest, daß ich hier bin, wäre es nicht so." Keinerlei Bindung oder Verlangen (seit sehr langer Zeit, aber jetzt wird es zu einem fast zellularen Zustand). "Wenn Du mich hier beläßt, muß ich wohl etwas zu tun haben, und wenn ich hier etwas zu tun habe, genügt das völlig, und so beläßt Du mich hier..."

So geht das im Kreis.

Wie lange wird das noch dauern? – Das soll mich nicht bekümmern. Vielleicht wäre etwas ein wenig... erschrocken, wenn man ihm sagte, wieviel Zeit es erfordern wird (man kennt die Reaktionen nicht). Folglich ist es besser stillzuhalten. Aber es ist nicht interessant. Keine interessanten Geschichten. Nichts, überhaupt nichts...

Geduld.

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