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Mutters

Agenda

fünften Band

4. April 1964

Du gabst mir zwei Aufnahmen von Wanda Landowska; ich habe sie mir angehört. In einer davon gibt es eine Stelle, die ein reines Wunder ist. 1

Ja, nicht wahr!

Es dauert nicht lange – wie Kristall.

Ja, genau. Ich fand das außerordentlich.

Es ist von einer Schönheit! Ich habe noch nie etwas so Reines gehört.

Rein, ja, absolut rein.

Das ist ein göttliches Ausdrucksmittel. Es ist wirklich eine göttliche Manifestation auf Erden...

Ja, sehr rein – und einfach.

Ich habe mich immer gefragt, warum ich nicht als Musiker geboren wurde...

Du bist wohl ein Musiker gewesen.

Ich habe wirklich mein Leben lang bedauert, kein Musiker zu sein. Schreiben ist nie "das". Aber so eine Note einzufangen...

Oh, mein Kind, gestern oder vorgestern habe ich etwas gehört... Ich weiß nicht genau, was es ist – es ist keine Musik, d.h. es ist keine Wiedergabe irgendeines Musikinstrumentes, nein, es ist die Wiedergabe einer Schwingung von... Ich kann es nicht sagen, ich verstand nicht. 2 Aber darin... Zuerst hat man den Eindruck, sich in einem Irrenhaus zu befinden; es ist völlig unzusammenhängend, unverbunden, und alles ist unerwartet, weil keine Logik da ist – absolut nichts Mentales. So geht es von einem Ton zum andern, übergangslos, und der erste Eindruck ist völlig wie... es ist Wahnsinn. Aber wenn man hinhört, erscheint von Zeit zu Zeit ein Ton, der nicht der Ton eines Musikinstrumentes ist... absolut wunderbar! Er hält aber nur eine Sekunde an. Man möchte, daß er andauert – pfft, weg! Und von Zeit zu Zeit ist da eine Stimme, ganz so wie eine menschliche Stimme, man hört beinahe Worte – was mich auf den Gedanken brachte, daß der Klang unserer Stimme seinen Ursprung anderswo hat (ich weiß nicht, ob unten oder oben, darüber oder darunter; ich kann mir nicht erklären, woher diese Schwingungen kommen). Nach einer Weile sah ich, daß im Wesen (Mutters Wesen) etwas war, das... ich kann nicht sagen, interessiert war, aber es war etwas, das enjoyed [genoß], das nicht etwa eine "angenehme Empfindung", sondern so etwas wie ein Bedürfnis nach dem Unvorhergesehenen empfand, einem Unvorhergesehenen, das alles übersteigt, was man sich vorstellen kann: keinerlei Reihenfolge, keinerlei Logik, keinerlei Sinn, nichts. Es hat den ANSCHEIN eines Chaos, aber auf einmal empfand ich, daß es kein Chaos war, es unterstand einem anderen Gesetz, und kurz vor dem Ende hatte ich ein ausgesprochenes Bedürfnis, daß es lange weiterginge.

Zu Beginn lacht man, macht man sich lustig darüber, man kichert wie vor etwas furchtbar Komischem. Aber hin und wieder, oh!... Man hat nicht einmal Zeit, es zu genießen, und schon ist es weg – ein Wunder. Ein Wunder: ein Ton, wie ich noch keinen gehört habe, den kein Instrument hervorbringen kann.

Man geht durch alle möglichen Zustände, aber merkwürdigerweise habe ich entdeckt, daß im Wesen, irgendwo im Bewußtsein, eine Art Freude oder intensives Interesse für das absolut Unerwartete existiert – das Unerwartete, das für die Mentalität eine namenlose Absurdität ist.

Interessant.

 

1 Es handelt sich um die Interpretation eines "polnischen Volksliedes" von W. Landowska.

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2 Es handelt sich um elektronische Musik.

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