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Mutters

Agenda

fünften Band

29. August 1964

(Das folgende Gespräch bezieht sich auf den endgültigen Bruch Satprems mit seinem tantrischen Guru, mit dem er seit sechs Jahren zusammengearbeitet hatte. Der Anlaß für diesen Bruch erscheint wie eine Wiederholung dessen, was sich schon vor zwei Jahren zugetragen hatte, es handelte sich um eine kleine, wimmelnde Horde von Geschäftsleuten und von "Jüngern" auf der Jagd nach kleinen Machtbefugnissen. Satprem wollte X einmal mehr vor diesen Leuten warnen, denn er liebte ihn trotz allem. Dieser Bruch kostete Satprem beinahe das Leben, wie man später sehen wird. Man ersieht daraus, daß diese Dinge ein Spiel mit dem Feuer bedeuten.)

...Ich sehe sehr klar, daß sogar bei Umständen, wo man sich getäuscht zu haben glaubt, sogar bei Dingen, die eine Hoffnung im Keim erstickten und einem beweisen, daß das, was man erwartete, nicht legitim war, sogar in solchen Fällen gibt es keinen einzigen Umstand, keine einzige Begegnung, kein einziges Ereignis, das nicht GENAU dem entspricht, was nötig ist, um einen so schnell wie möglich zum Sieg zu führen.

Das ist eine Sache, die, für mich, absolut ist.

Ich konnte feststellen, daß jedesmal, wenn etwas passierte und ich mir sagte (zu jener Zeit): "Ah, das hätte ich nicht tun sollen: ich hätte es so machen sollen", oder "Ich hätte nicht so fühlen sollen: so wäre es besser gewesen ...", ich nachher, beim aufmerksamen Betrachten der Sache mit dem höheren Wissen und dem höheren Bewußtsein, erkennen konnte, daß es GENAU dem entsprach, was unter diesen Umständen zu tun war! Aber anstatt es wissentlich und bewußt zu tun, tat ich es mit der üblichen Unwissenheit der menschlichen Wesen. Wenn ich aber im Besitz des Wissens gewesen wäre, hätte ich genau dasselbe getan.

Folglich weiss ich, daß diese ganze Geschichte (mit X), deine Begegnung mit diesem Mann und seine Rolle in deinem Leben, absolut notwendig war und ein ganzes Zusammenspiel von Umständen mit sich brachte, die das Werk förderten. Nur beginnt man mit einer Illusion, und nach einer gewissen Zeit verliert man sie – aber den Gang der Ereignisse verändert man nicht, denn es kommt, wie es kommen muß.

Das ist eine absolute Sache für mich, es gibt nicht den geringsten Zweifel – nicht den Schatten eines Zweifels.

Und wie immer, wenn man nichts Erfreuliches zu sagen hat, ist es besser zu schweigen. Man hat nicht das Recht, das Wissen, das man besitzt und das von einem höheren Bewußtsein stammt, jenen weiterzugeben, die nicht fähig sind, es aufzunehmen. Aus diesem Grund hatte ich mich von Anfang an entschieden, nie mit X zu sprechen: Ich sage ihm nie etwas, und ich werde ihm nie etwas sagen, denn es gibt Dinge, die ich weiß und die ich sehe, die ich aber jenen, die sie nicht sehen und fühlen können, nicht enthüllen darf. Durch zu viele Worte wird ein viel größeres Ausmaß an Unordnung und Komplikationen geschaffen als durch das Schweigen. Folglich soll man nichts sagen und der Sache ihren Lauf lassen – man weiß, man WEISS mit Bestimmtheit, man läßt sich nicht täuschen, man weiß, worum es geht, aber man tut, was zu tun ist, ohne jeglichen Kommentar.

In deinem Fall wußte ich es von Anfang an. Schon ganz zu Beginn sah ich das Verhältnis zwischen dem, was der Wahrheit entsprach, und dem, was das Produkt der... (wie soll ich sagen?) der mentalen Hoffnung war, die du auf X gebaut hattest, aber ich sagte nichts. Ich wußte, daß seine Anwesenheit hier, der momentane Kontakt, für die Verwirklichung gewisser Dinge notwendig war – und ich ließ ihn kommen... und gehen.

Es ist so amüsant, wenn man die WAHRE SACHE allaugenblicklich von dem unterscheiden kann, was durch das mentale Wirken, durch die mentale Schöpfung und Aktivität hinzugefügt wird – die beiden Dinge treten so deutlich hervor! Aber die Weisheit läßt einen wissen, daß es nutzlos wäre, eine willkürliche Klärung durchzuführen, man muß die Dinge so laufen lassen, wie sie ablaufen müssen, damit das Wissen ein WIRKLICHES Wissen sein kann – zur richtigen Zeit, unter den richtigen Bedingungen und mit der richtigen Empfänglichkeit.

Man muß zu warten wissen.

Sri Aurobindo sagte, daß derjenige, der es verstehe, zu warten, die Zeit auf seiner Seite, on his side, habe.

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(Kurz danach fragt Mutter, welchen Aphorismus sie als nächstes kommentieren solle; Satprem antwortet, es sei die Geschichte von Narada und von Janaka, der den Yoga praktizierte und gleichzeitig das Leben eines normalen Menschen führte. 1)

Das ist merkwürdig! Ganz kürzlich, während des Gehens für mein Japa, kam mir diese ganze Geschichte von Narada. Sri Aurobindo sagte, daß selbst Narada getäuscht wurde und in Janaka keinen spirituellen Menschen erkannte – all dies kam mir ganz plötzlich. Ich sagte mir: "Sieh an, warum denke ich an so etwas?"

Und so ist es die ganze Zeit! Die ganze Zeit, ständig, ständig.

Die Erklärung kommt erst nachher.

Also schaute ich mir das an, alle möglichen Dinge kamen...

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(Darauf liest Satprem Mutter das erste Entretien des nächsten Bulletins vor und sagt ihr, das nächste Gespräch befasse sich mit den "Außerkörpererfahrungen".)

Schon wieder! Das ist lustig... Nicht nur die Erinnerung an die Zeit, da ich mich damit beschäftigte, sondern ein ganzes detailliertes Wissen über die verschiedenen Methoden und die Sicht dessen, was zu tun ist und wie, all dies kam mir in den letzten Tagen, und zwar auf die gleiche Weise wie die Geschichte von Janaka (Mutter deutet eine Art Film an, der abläuft): es kommt, somit wohne ich dem bei, ich sehe – alle möglichen Dinge – bis zu dem Augenblick, da die Arbeit abgeschlossen zu sein scheint, dann hört es auf, und es geht, wie es gekommen war – ich kann absolut nichts dafür.

Das ist merkwürdig.

So ist das jeden Tag, für alle möglichen Dinge. Es kam sogar vor, daß ich gewissen Vorfällen beiwohnte, die Ereignissen entsprachen, welche in andern Ländern gerade oder im nächsten Moment stattfanden. Aber das kommt ohne präzise Namen oder Details, die es einem erlauben würden, "den Propheten zu spielen". Unter diesem Gesichtspunkt ist es sehr interessant. Die verschiedenen Ereignisse in den verschiedenen Ländern wickeln sich auf dieselbe Art ab wie diese Geschichte von Janaka (Andeutung eines ablaufenden Films): es ist eine Geschichte, die "abläuft" (nicht immer sehr schöne Geschichten: Kriege, Streitereien, politische Kämpfe, alle möglichen Dinge, die kommen und ablaufen). Aber der Name des Landes und die Details erscheinen nicht, daher kann man nicht sagen: "Ach, wißt ihr, diese und diese Sache wird in dem und dem Land passieren." Erst wenn die Nachricht von außen kommt, sage ich mir: "Sieh an, das habe ich ja gesehen!"

Ich vermute, dieser Mangel an Präzision soll einen vor der Versuchung schützen, Enthüllungen zu machen. Aber ich spreche nie davon, eben weil es nicht von Interesse ist: es fehlt an genauen Details.

Interessant ist aber das Zusammentreffen: die Geschichte von Janaka und die andere Geschichte, die im gleichen Moment kommen... Das ist sehr interessant.

 

1 Narada war unsterblich wie die Götter, ein Halbgott, der die Macht hatte, auf Erden zu erscheinen, wann immer er wollte. Janaka, der König von Mithila zur Zeit der Upanishaden, war berühmt durch sein spirituelles Wissen und seine göttliche Verwirklichung, obwohl er ein weltliches Leben führte. Sri Aurobindo bezieht sich in Aphorismus 106 darauf: "Sannyasa [= Verzicht auf das weltliche Leben] besitzt ein offizielles Gewand und äußere Kennzeichen; deshalb glauben die Menschen, ihn leicht erkennen zu können. Die Freiheit eines Janaka aber gibt sich nicht zu erkennen, sie trägt das Gewand der Welt; selbst Narada war ihr gegenüber blind."

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