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Mutters

Agenda

sechsten Band

18. September 1965

(Über den indisch-pakistanischen Konflikt:)

Ich hatte vor, dir alle möglichen Papiere zu zeigen... Man wollte nämlich Erklärungen von mir haben – immer wollen sie mich zum Reden bringen!

(Mutter gibt Satprem eine
Hibiskusblüte, "Gnade" genannt.)

Jetzt ist die Zeit der Gnaden.

Kennst du diesen Text von Sri Aurobindo? (Mutter zeigt Satprem eine Notiz)

"Die Schlacht, die wir aufgenommen haben, ist nicht wie die Kriege von früher, als die Armee floh, sobald der König oder Anführer gefallen war. Der König, dem wir heute in den Krieg folgen, ist unser eigenes heiliges und unvergängliches Mutterland; der Anführer unseres Vormarsches ist der Allmächtige selbst."

(11. Mai 1907)

Daraufhin schrieb ich dies:

"Indien kämpft für den Triumph der Wahrheit, und es muß kämpfen 1, bis Indien und Pakistan wieder EINS geworden sind, denn das ist die Wahrheit ihres Wesens."

16. September 1965

Ein Mitglied der UNESCO stellte eine dumme Frage, die ungefähr so lautete: "Es gab eine Zeit, als Indien noch das spirituelle Bewußtsein darstellte (oder das spirituelle Bewußtsein lehrte, ich erinnere mich nicht mehr) – wer wird dies jetzt tun, da Indien in einen solchen Krieg verwickelt ist?" 2... Anstatt die Frage direkt zu beantworten (denn ich hätte ihm irgendwelche Dummheiten sagen müssen), antwortete ich mit dem, was ich dir soeben zum Lesen gab.

Natürlich! All diese Europäer... seit fünfzig Jahren erzählt man ihnen immer nur von Gandhi, jetzt verstehen sie überhaupt nichts mehr.

So ist es: Laßt euch die Gurgel durchschneiden, ohne einen Mucks zu machen.

Schau mal, hier ist ein weiterer Text, den jemand ausgegraben hat:

"Die heutige Weltlage ist kritisch. Auch Indiens Schicksal steht auf dem Spiel. Es gab eine Zeit, da Indien sich in vollkommener Sicherheit befand, ohne daß die geringste Gefahr bestand, daß es zum Opfer einer asurischen Aggression werden könnte. Aber die Dinge haben sich geändert. Menschen und Kräfte in Indien haben durch ihr Verhalten die asurischen Einflüsse heraufbeschworen; diese haben ihr Werk mit Tücke verrichtet und die frühere Sicherheit untergraben ..."

Sri Aurobindo,
25. Mai 1941

Das war vor langer Zeit. Ich war hier.

(Sujata:) Vor langer Zeit sagtest du: If there is another war, it will be over India. 3 [Wenn es zu einem neuen Krieg kommt, dann wird er in Indien stattfinden.]

Ja, das ist lange her.

Als es zur Teilung von Indien und Pakistan kam, schrieb Sri Aurobindo sehr eindringlich: Diese Teilung MUSS auf die eine oder andere Weise rückgängig gemacht werden, "durch welches Mittel auch immer" 4 . Und mir hat er gesagt: "Wenn sie die Wiedervereinigung nicht durch ein freundschaftliches Übereinkommen herbeiführen können, wird es auf dem Schlachtfeld geschehen."

Wenn man den offiziellen Erklärungen aus Delhi Glauben schenken will, haben sie aber überhaupt nicht vor, dieses Ziel entschlossen zu verfolgen. Sie wollen nur die Grenzen ein wenig "begradigen".

Heute morgen kam ein Brief von S.M., in dem steht, daß die Frage nie gelöst werden kann, wenn man nicht... (Geste, Pakistan hinwegzufegen).

Ja, aber das ist nicht die Meinung des Premierministers.

Der Premierminister... Sie haben alle Angst, Angst vor der Meinung der Weltöffentlichkeit. 5

Ja, so ist es.

Jedenfalls wird P heute nach Delhi reisen und meine ganze "Literatur" mitnehmen (sie hatten darum gebeten: "Was sagt Mutter dazu?").

Ist da nicht noch ein "Entretien" für das nächste Bulletin, das wir uns ansehen sollten? Es wäre besser, das jetzt zu erledigen.

Wir sollten diese Nummer lieber frühzeitig abschließen, denn... es könnte schwieriger werden.

Wird es deine Arbeit beeinträchtigen?

Möglicherweise.

Ich habe dir doch vor kurzem von diesem "Orkan" erzählt.

Jetzt hat China sein Ultimatum gestellt 6 .

Ich verstehe übrigens nicht, warum sie uns warnen. An ihrer Stelle würde ich das nicht vorher ankündigen.

Nein, sie wollen nicht zur Aktion schreiten.

Sie wollen nichts unternehmen?

Sie wollen Indien lediglich einschüchtern, ohne etwas zu unternehmen, und sie wollen wissen, wie die Welt darauf reagieren wird. Amerika hat sofort reagiert 7 .

(Schweigen)

In Pakistan befand sich ein hochmodernes Abschußzentrum nach amerikanischem Vorbild, wo man, ich weiß nicht genau, mit einem elektronischen System das Ziel anvisieren und mehrere tausend Granaten innerhalb kürzester Zeit abfeuern konnte – kurz, etwas Schreckliches –, Granaten, die genau dort einschlagen, wo man will. Ein ganzes System. Es wurde von ihnen noch weiter ausgebaut. Pakistan hatte es von den Amerikanern erhalten, und es mußte zerstört werden. Einer der indischen Piloten ließ sein Flugzeug darauf abstürzen. Natürlich zerstörte das Flugzeug alles – er selber kam dabei auch um. Die Anlage aber wurde vernichtet... Die Leute hier sind zu so etwas fähig. Wenn sie das fühlen, was Sri Aurobindo in dem Brief schrieb, den ich dir soeben gab, daß the Almighty is the leader of our march [der Allmächtige ist der Leiter unseres Vormarsches], wenn sie das fühlen... Genau das machte seinerzeit die Stärke der Japaner aus. Und darin liegt die Stärke der Leute hier, wenn sie erst einmal überzeugt sind. Die Japaner nahmen Port Arthur auf diese Weise ein; rings um die Festung herum war eine Art Graben wie bei den alten Burgen, und deshalb war kein Durchkommen; da ließen sie sich der Reihe nach solange töten, bis man über die Körper hinwegsteigen konnte: sie dienten als Brücke, füllten so den Graben aus, und die anderen konnten darüber hinweglaufen.

Diese Leute sind sich bewußt, daß der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang von etwas anderem ist; das gibt ihnen eine Kraft, die den Europäern unbekannt ist.

(beim Weggehen)

Es ist klar, daß die Umstände dazu dienen, einen weiterschreiten zu lassen.

 

1 Zuerst hatte Mutter geschrieben: "wird kämpfen"; am Nachmittag ersetzte sie "wird" durch "muß".

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2 Die Frage lautete: "Wenn sich sogar Indien, das (bis vor kurzem) mit dem Licht seiner spirituellen Lehrer die Hoffnung der Menschheit darstellte, in einen solchen Krieg verwickeln läßt, wer soll dann die Welt leiten?"

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3 Siehe Sri Aurobindo and the Mother on India and Her Destiny, S. 13.

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4 In seiner Botschaft am 15. August 1947, anläßlich der Unabhängigkeit Indiens, hatte Sri Aurobindo folgendes gesagt: "... Die alte religiöse Teilung zwischen Hindus und Moslems scheint sich jetzt zu einer permanenten politischen Teilung des Landes verhärtet zu haben. Es bleibt zu hoffen, daß diese geschaffene Tatsache nicht für immer als vollendet angenommen wird oder zumindest nur als vorübergehende Notlösung. Denn wenn sie anhält, riskiert Indien, ernsthaft geschwächt, wenn nicht gar verstümmelt zu werden: ein Bürgerkrieg wäre immer möglich, sogar eine neue Invasion und Fremdherrschaft. Die innere Entwicklung Indiens und sein Wohlergehen mögen beeinträchtigt, seine Position unter den Nationen mag geschwächt und sein Schicksal gefährdet oder sogar durchkreuzt werden. Dies darf nicht sein: die Teilung muß verschwinden. Hoffen wir, daß sie auf natürliche Weise verschwindet, indem man zunehmend die Notwendigkeit nicht nur des Friedens und der Eintracht, sondern auch der Zusammenarbeit erkennt, diese praktiziert und die für dieses Ziel notwendigen Mittel schafft. Auf diese Weise könnte die Einheit sich nach und nach in der einen oder anderen Form ergeben – wobei die genaue Form lediglich eine praktische, aber keine grundlegende Bedeutung hätte. Aber DURCH GLEICH WELCHES MITTEL, auf gleich welche Weise muß die Teilung verschwinden; die Einheit muß und wird zustandegebracht werden, denn sie ist für die Größe von Indiens Zukunft unabdingbar."

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5 Vier Tage später, am 22. September, wird Lal Bahadur Shastri den Waffenstillstand verkünden.

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6 China gab Indien drei Tage Zeit, seine Militärposten an den Grenzen von Sikkim zu räumen.

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7 Amerika erklärte sich bereit, Indien im Falle eines Angriffs von China beizustehen.

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