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Mutters

Agenda

siebenten Band

26. März 1966

(Zunächst liest Mutter ihre Botschaft für die Eröffnung der Sportsaison im Ashram:)

Vielleicht ist es gut, euch daran zu erinnern, daß wir für ein besonderes Werk hier sind, für eine Arbeit, die anderswo nicht geschieht: Wir wollen in Kontakt mit dem höchsten Bewußtsein, dem universellen Bewußtsein treten, wir wollen es empfangen und manifestieren. Dazu brauchen wir eine sehr solide Basis, und unsere Basis ist unser physisches Wesen, unser Körper. Wir müssen also einen soliden, gesunden, ausdauernden, gewandten, agilen und starken Körper ausbilden, damit er für alle Eventualitäten bereit ist. Und es gibt kein besseres Mittel, den Körper zu bilden, als Übungen zu machen: Sport, Athletik, Gymnastik und all die anderen Spiele sind die besten Mittel, den Körper zu entwickeln und zu stärken.

Ich lade euch also ein, euer ganzes Herz, eure ganze Energie und euren ganzen Willen in die sportlichen Wettkämpfe zu legen, die heute beginnen.

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Lustige Dinge geschehen... Zum Beispiel nehme ich ein Papier wie dieses, das ich gerade vorgelesen habe, und ich sehe sehr gut; dann kommt die alte Gewohnheit (oder die Idee oder die Erinnerung), daß ich eine Lupe brauche, um zu sehen – und ich sehe nicht mehr. Dann vergesse ich wieder, daß es darum geht, zu sehen oder nicht zu sehen, und kann meine Arbeit sehr gut machen; ich nehme weder wahr, daß ich sehe, noch daß ich nicht sehe. Und das gilt für alles.

Für alles und jedes. Mitunter folge ich dem, was gerade abläuft, eine ganze Stunde lang: eine detailliert genaue Beobachtungsarbeit dessen, was sich hier (in Mutter) ereignet und was sich im Denken von ein oder zwei anderen Personen oder in ihrem Bewußtsein abspielt, mit einer sorgfältigen Beobachtung in allen Details, die den Unterschied zeigt zwischen dem, wie es normalerweise sein müßte (ganz einfach etwas Direktes, eine Bewegung, die stattfindet), und der Komplikation, die das Denken mit sich bringt – nicht das höhere Denken: das physische Denken, d.h. die Beobachtung und alle möglichen Ableitungen, begleitet von der Erinnerung an ähnliche Ereignisse und Dinge, die man gehört oder gesehen hat, und alle möglichen Beispiele von vergleichbaren Geschehnissen, die sich zufällig ereignen können – so ein Unsinn, mein Kind! Etwas Erschreckendes... das alles verdirbt und kompliziert: die geringste Kleinigkeit wird kompliziert.

In diesen Tagen hatte ich Beispiele von allen Komplikationen, die in der physischen Welt nur möglich sind, darin inbegriffen die Hypnose, die sogenannte Schwarze Magie und all die Phänomene, die sich in der unmittelbar an den physischen Bereich angrenzenden unsichtbaren Region ereignen – wie bestimmte Materialisationen, bestimmte Fälle von Verschwinden (Vorfälle, die ich selbst gesehen habe, die ich selber feststellen mußte; ich war gezwungen zu sehen, daß dies keine Einbildung war, sondern ein tatsächlicher Vorfall), aber dann, nach der Lösung des Geheimnisses, die Einsicht in den Mechanismus. Äußerst interessant, wie so etwas passieren kann, wie der Kontakt mit bestimmten entstellenden Vibrationen bestimmte Dinge möglich macht.

Nachdem ich gestern abend diese Botschaft geschrieben hatte (ich schrieb sie abends, nicht sehr angenehm, aber es war der einzige Moment, wo ich Zeit hatte; das Licht reichte nicht aus, aber ich tat es trotzdem). Nachdem ich das geschrieben hatte, verspürte ich einen starken Schmerz in den Schläfen. "Ach," sagte ich, "jetzt weiß ich es!" Hin und wieder, wenn ich vielen Leuten zugehört, viele Geburtstagskarten geschrieben oder viele Briefe beantwortet habe, macht sich eine Art Schwere in den Schläfen bemerkbar, ganz sonderbar (wo ich doch in meinem ganzen Leben nie Kopfschmerzen hatte, das ist nicht meine Art!). Ich sagte mir: "Was soll dieses neue Zeichen von Altersschwäche?" Dann bemerkte ich, daß es gar nicht das war: es waren die Augen. Ich habe das Geheimnis noch nicht herausgefunden, wie ich meine Augen gebrauchen soll. Wie ich gerade schon sagte: zuweilen sehe ich mit so außerordentlicher Genauigkeit, als kämen die Dinge auf mich zu, um sich zu zeigen – so klar, daß die kleinste Einzelheit wahrgenommen wird. Das ist das eine Extrem. Vom anderen habe ich schon einige Male gesprochen: eine Art Schleier. Ich weiß um die Dinge, sie sind in meinem Bewußtsein, aber ich sehe nur gerade genug, um nicht gegen sie zu stoßen oder sie umzuwerfen. Alles liegt wie hinter einem Schleier; ich weiß nur um die Sachen, und deshalb finde ich die Dinge und stoße nicht gegen sie oder zerbreche sie nicht, aber nicht, weil ich sie wirklich sehe – ich sehe nur ein verschwommenes Bild hinter einem Schleier. Das ist das andere Extrem. Zwischen den beiden gibt es alle möglichen Abstufungen. Und ich bin überzeugt, daß das so ist, um mir zu zeigen, daß die Augen noch fähig sind, genau zu sehen – das Instrument ist noch sehr gut –, ich weiß nur nicht, wie ich mich seiner bedienen soll. Weil ich früher denselben Gebrauch von ihnen machte wie alle anderen auch – von den Augen, den Händen, den Füßen, aus Gewohnheit, mehr oder weniger bewußt – ich war sehr stolz auf mein Bewußtsein! (lachend) Man ist immer sehr stolz: sehr stolz darauf, so bewußte Hände zu haben. Früher passierte es mir zum Beispiel, daß ich sagte: "Ich möchte zwölf Blatt Papier haben", und dann kümmerte ich mich nicht mehr darum – meine Hand geht, nimmt, und es sind genau zwölf. Das ist alles sehr lange her, aber es geschah MANCHMAL, wenn ich im passenden Zustand war, das heißt, wenn sich kein willkürlicher Wille einmischte. Das alles ist also ein Feld der Erfahrung und des Studiums der kleinsten Einzelheiten, die in sich selbst völlig unbedeutend, aber doch sehr lehrreich sind. Das ist dauernd so, rund um die Uhr, nachts, tagsüber (nachts geschieht es auf anderen Ebenen), aber alles ereignet sich auf der physischen Ebene, im mehr oder weniger subtilen Physischen.

Heute morgen geschah etwas sehr Amüsantes. Ich wusch mir gerade die Augen und den Mund; ich tue das vor Tagesanbruch, folglich benutze ich elektrisches Licht. In meinem Badezimmer gibt es eine Notlampe. Eine der neuesten Erfindungen: sie ist an den Strom angeschlossen, und solange es Strom gibt, bleibt sie ausgeschaltet und eine Batterie darin lädt sich auf. Wenn der Strom ausfällt, geht die Lampe an und bezieht Strom aus der Batterie. Das ist sehr gut gemacht; es wurde speziell für Krankenhäuser und Orte konstruiert, wo es keinen Stromausfall geben darf. Man hat sie mir im Bad installiert. Und heute morgen, als ich mir die Zähne putzte, fiel plötzlich der Strom aus. Ich machte natürlich weiter, weil ich die kleine Sicherheitslampe hatte. Doch dann ging ich dem nach. Das Licht bei C (und an allen anderen Orten) brannte, außer in dieser Zimmergruppe. Das war wirklich ein seltsames Phänomen. Dann "schaute" ich, und während ich dies tat, wurde ich mir einer Sache bewußt, die ich in all diesen Tagen nicht bemerkt hatte: ein Wille, mein gesamtes persönliches Leben zu desorganisieren. Das Verursachen von Stromausfällen ist ein bekanntes okkultes Mittel (ich weiß übrigens nicht, wie man dies anstellt, aber dieser Autor, der vor sehr langer Zeit einmal hierherkam, Brunton, sagte, dies sei ein beliebtes Mittel unter den Okkultisten: ein plötzlicher Stromausfall). Es gibt noch viele andere solche Dinge, um das Leben der Leute durcheinanderzubringen, mit der Idee, ihnen Angst einzujagen oder ihnen Katastrophen anzukündigen (mir kam das immer sehr kindisch vor). Jedenfalls sah ich, daß da ein Wille zur Desorganisation bestand (ich glaube zu wissen, wer hier dafür verantwortlich ist), und ich sah den ganzen Verlauf (gewundene Geste, als ob sich Mutter der Quelle nähere). Es hatte in der vorigen Nacht mitten in der Nacht angefangen: Als ich gegen Mitternacht aufstand, sah ich einen Willen, der mich dazu bringen wollte, mir um das Geld Sorgen zu machen. Und es hielt beharrlich an: der Gedanke, daß alles ganz schlecht läuft usw. Mitten in der Nacht sah ich das (ich war mit anderen Dingen beschäftigt, aber ich sah diesen Willen: Formationen), natürlich verfuhr ich mit ihnen, wie sie es verdienten. Doch ich sah, daß es anhielt, daß es weiterhin versuchte, die Leute zu stören, sie zu verwirren, und dabei den Strom ausfallen ließ, alle möglichen Dummheiten. Es ist nicht das erste Mal, daß so etwas passiert – es sind nicht immer dieselben Leute, denn wenn sie es einmal versucht haben und es auf sie zurückgefallen ist, versuchen sie es im allgemeinen kein zweites Mal. Das reicht ihnen dann. Aber es gibt andere, die sich für sehr tüchtig halten und mir beweisen wollen (lachend), daß sie recht haben und ich unrecht – im Grunde ist es immer das! Heute morgen verbrachte ich also eine halbe Stunde, bis es ihnen beliebte, den Strom wieder einzuschalten, und ich meine gewohnten Aktivitäten wieder aufnahm, eine halbe Stunde, in der ich mich herrlich damit amüsierte, einfach den Faden zu verfolgen (dieselbe Zickzackgeste zur Quelle), überallhin, wo es mischief [Unfug] anrichtete, worauf ich dann sehr freundlich "antwortete".

Im Grunde wissen die Leute, die im gewöhnlichen Bewußtsein leben, äußerst wenig von dem, was sich physisch ereignet. Sie glauben zu wissen, aber sie kennen nur die oberflächliche Erscheinung, etwa so wie ein Packpapier: das ganze Paket mitsamt alldem, was es enthält, steckt darunter. Sie sind so daran gewöhnt, daß sie immer eine Erklärung auf Lager haben. Ich fragte: "Wie kommt es, daß nur hier der Strom ausgefallen ist?" (Die Lichter waren überall an, nur die Leitung, die mein Zimmer mit Strom versorgt, war ausgefallen.) Ich fragte einfach, "um zu sehen". Man sagte mir: "Ach, ich weiß nicht, vielleicht war das Kabel alt und ist gebrochen!" (Mutter lacht) Ich sagte: "Schon recht."

So ist das. Sehr lustig. Warum geschieht Menschen, die gewöhnlich relativ pünktlich sind, plötzlich etwas Unerwartetes, und sie kommen alle gleichzeitig viel zu spät? Und immerzu kommen Dinge und verhindern, daß alles seinen ruhigen, harmonischen und einfachen Lauf nimmt. Dann betrachtet man in sich selbst die Art Schwingung, die in all dem steckt, und man bemerkt, daß da ein kleines "Beben" ist, und dieses Beben (Geste eines kaum wahrnehmbaren Zitterns) spricht auf die gewöhnliche Schwingung des gewöhnlichen Bewußtseins an. Das gewöhnliche Bewußtsein lebt in einem fortwährenden Zittern, es ist scheußlich, wenn man das bemerkt. Solange man es nicht bemerkt, scheint es ganz natürlich, aber wenn man sich dessen bewußt wird, fragt man sich, wieso die Leute nicht verrückt werden, das ist eine Gnade. Eine Art schwaches Zittern (dieselbe winzige und sehr schnelle Geste), ach, scheußlich!

Wenn also aus irgendeinem Grund eine Desorganisation eintritt, braucht man nur so zu machen (Mutter senkt beide Hände in einer Geste, die alles zum Stillstand bringt), um auf der Stelle alles anzuhalten (ich glaube allerdings, daß der eigentliche Grund für diese Störungen darin besteht, uns etwas zu lehren). Und diese Fähigkeit ist seit langem da, seit langem – vielfach brachliegend, aber sie ist da: die Macht. Und das gilt für ALLES: für weltweite Angelegenheiten, menschliche Umwälzungen, oder Naturkatastrophen wie Erdbeben, Springfluten, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen, auch für Kriege, Revolutionen und für Menschen, die einander töten, ohne überhaupt zu wissen, warum (wie dies jetzt gerade geschieht). Überall treibt sie etwas an. Hinter diesem "Zittern" steht der Wille zur Unordnung, der die Entfaltung der Harmonie verhindern will. Im Individuum, in der Gemeinschaft und auch in der Natur. Ein minutiöser, regelmäßiger Unterricht, der nichts vergißt und stets wiederholt, was nicht vollkommen verstanden wurde, der immer detaillierter wiederholt, damit man besser versteht... auch das Funktionieren in den Händen, in den Aktivitäten, in der Kraft, die hier durchgeht [durch Mutter], im Gebrauch der Schwingungen – und dieser Unterricht beinhaltet die große Lektion: wie man die Göttliche Kraft manifestiert.

Einfach wunderbar!

Wenn man es von der negativen Seite aus betrachtet, ist es 1 eine Spannung, etwas, das einen keine Sekunde lang in Ruhe läßt. Das stimmt, es läßt einem keine Minute lang Ruhe; denn im gewöhnlichen Bewußtsein, im normalen, gewöhnlichen Leben, ist die Ruhe gleichbedeutend mit Tamas. Die Ruhe ist das Zurückfallen in die Trägheit. Anstatt also eine Ruhe zu genießen, die einem guttut, ist es eine Ruhe, die einen abstumpft, und darüberhinaus muß man sich noch bemühen, das Bewußtsein wiederzuerlangen, das man verloren hat. Und so schläft die überwiegende Mehrzahl der Menschen. Aber jetzt ist die Lektion eine andere: wenn ich liege, um meinen Körper ruhen zu lassen und zu arbeiten, ohne mich zu regen (eine Arbeit, die keine Bewegung des Körpers bedingt) – sobald es den geringsten... nicht eigentlich "Absturz", aber doch einen Abfall in Richtung Unbewußtes gibt, fährt irgend etwas im Körper sofort auf, augenblicklich. Seit langem ist das so, seit zwei Jahren schon, aber die jetzige Reaktion ist augenblicklich, und es geschieht nur selten. Es handelt sich also um eine wirkliche Ruhe, die eine Ausdehnung und unendliche Weite des Wesens im vollen Licht bewirkt. Wunderbar!

Den ganzen Tag lang sind solche Lektionen zu lernen, immer wieder und für alles. Die Lektion ist am wenigsten ausgeprägt, wenn ich etwas schreiben oder Menschen sehen muß; aber selbst da wird mir die exakte Qualität der Schwingung der Leute gegeben (nicht ihre ständige Schwingung, sondern diejenige in diesem Augenblick), die Beschaffenheit ihres Bewußtseins wird mir sofort durch gewisse Reaktionen in meinem Körper klar (Geste auf verschiedenen Ebenen des Körpers). Die Nerven haben erst vor einigen Monaten ihre Arbeit der "Übertragung der Macht" begonnen. (Was ich die "Übertragung der Macht" nenne, ist dies: Anstatt daß die Nerven durch die komplexen, von der Natur, dem Charakter und dem materiellen Körperbewußtsein organisierten Kräfte bewegt werden und ihnen gehorchen, stimmen sie sich auf den göttlichen Willen ein und gehorchen ihm direkt.) Der Übergang vom einen Zustand zum anderen ist schwierig: da ist die ganze alte Gewohnheit, und nun soll die neue Gewohnheit angenommen werden. Ein ziemlich schwieriger Moment. Aber es verbleiben genügend alte Schwingungen, um genau abschätzen zu können (und das hat nichts mit dem Denken zu tun, es drückt sich nicht in Worten oder Gedanken aus, nichts von alledem: einfach nur Schwingungen), um den genauen Zustand zu erfahren, in dem die Leute sich befinden, mit denen man gerade zusammen ist. In dieser Hinsicht geht die Lektion weiter, was sehr interessant ist. Erstaunlich ist dabei, daß die empfänglichste Schwingung, die Schwingung, die am meisten mit dem übereinstimmt, was sie sein soll, sich am häufigsten in Kindern findet, in ganz kleinen Kindern... Ich sehe viele Menschen, aber ich verstehe jetzt, warum ich so viele sehe: Auf diese Weise lerne ich ungemein viel, durch diesen Kontakt, meine ich (mit Menschen, die ich nicht kenne, die ich mitunter zum erstenmal sehe oder die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe). Sehr interessant!

Wenn niemand da ist und ich allein bin oder nicht spreche, dann beschäftige ich mich nicht mit den anderen, das ist dann die innere Lektion: der ganze Wandel der Schwingung und wie die Welt organisiert ist. Heute morgen war es wirklich außerordentlich amüsant zu sehen, welche Unmenge von Dingen sich hinter dieser äußeren Erscheinung verbirgt, die schon kompliziert genug wirkt. Aber das ist noch gar nichts! Sie ist winzig, fadenscheinig, ohne Komplexität im Vergleich zu der MASSE der Dinge, die dahinter liegen und die... (Geste des Bohrens) sich ihren Weg an die Oberfläche graben. Lustig. Sicher würden neunundneunzig von hundert Leute in Panik geraten, wenn sie das wüßten und sehen könnten. Das wurde mir immer schon gesagt (ich las es, Sri Aurobindo sagte es mir oft, und auch Théon und Madame Théon): Eine Gnade bewirkt, daß die Menschen es nicht wissen. Denn wenn sie wüßten, wären sie entsetzt. Alles, was sich die ganze Zeit hinter den Kulissen abspielt, all die Komplexitäten, die die wahre Ursache oder die Instrumente all jener kleinen Begebenheiten sind, die keinerlei Bedeutung für uns haben, die aber bewirken, daß wir an einem Tag spüren, alles sei harmonisch, und an einem anderen, daß alles, was man tut, nur Mühe bereitet. Wenn man das einmal weiß, hat man natürlich auch den Schlüssel. Wenn man es jedoch weiß, bevor man den Schlüssel hat, ist es... eher bestürzend. Ich glaube, die Menschen verlieren den Verstand, weil sie in Verbindung mit bestimmten Schwingungen gebracht werden, bevor sie ein ausreichendes Wissen, einen hinreichenden Bewußtseinszustand erreicht haben.

Nun haben wir wieder unsere ganze Zeit vergeudet!

Aber wie geht der Übergang vor sich? Der Übergang zur Materialisierung? Welches ist das Geheimnis des Übergangs dieses sehr subtilen Physischen zum wirklichen Physischen? Wie kommt man von der einen auf die andere Seite?

Mein Kind, ich weiß nicht, welchen Vergleich ich heranziehen soll, aber ich bin sicher, daß es Dinge gibt, die so betrachtet (Mutter dreht ihr Handgelenk in eine Richtung) unsichtbar und so (in die andere Richtung) sichtbar sind. Ich habe den Eindruck, daß das, was uns als beträchtlicher Unterschied zwischen dem Greifbaren, dem Materiellen und dem Unsichtbaren oder Fließenden erscheint, nur ein Wechsel der Position ist. Vielleicht ein Wechsel der inneren Position, denn es ist kein Wechsel in der physischen, materiellen Position, aber doch ein Positionswechsel. Ich habe dies sicher schon Hunderte von Male erlebt: So (Geste in die eine Richtung) erscheint alles "natürlich", wie man es zu sehen gewohnt ist, und dann ist es plötzlich so (Geste in die andere Richtung), es verändert seine Beschaffenheit. Dabei ist nichts geschehen, außer etwas im Innern, im Bewußtsein: ein Positionswechsel. Erinnerst du dich an diesen Aphorismus, in dem Sri Aurobindo sagt, daß alles von der Beziehung zwischen dem Sonnenbewußtsein und dem Erdbewußtsein abhängt? 2 Als ich das zum ersten Mal las, verstand ich es nicht, ich glaubte, dies sei etwas in den sehr subtilen Bereichen, und dann, erst vor kurzem, nach einer dieser Erfahrungen, verstand ich mit einem Mal, und ich dachte: "Nein, das ist es!" Es ist keine Verschiebung, da sich nichts bewegt, und dennoch ist es eine Verlagerung, es ist ein Wechsel in der Beziehung, ein Wechsel der Position. Greifbarer ist es nicht, das ist das Wunderbare daran! Weißt du, kürzlich fand ich noch einen Satz von Sri Aurobindo: "Jetzt ist alles anders, und dennoch ist sich alles gleich geblieben" (das stand auf einer meiner Geburtstagskarten), ich las dies und dachte mir: "Sieh an, das also meint er damit!" Es stimmt, jetzt ist alles anders, und dennoch ist sich alles gleich geblieben. Man faßt es psychologisch auf, doch es ist nicht psychologisch: Es ist HIER (Mutter berührt die Materie). Aber bis man eine solide Basis hat... Vom Gesichtspunkt konkreter, physischer, materieller Dinge aus gesehen, glaube ich nicht, daß es Menschen gibt, die materialistischer sind, als ich es war, mit diesem ganzen praktischen gesunden Menschenverstand und Positivismus. Heute verstehe ich, warum das so war: Es gab meinem Körper eine wunderbare Basis des Gleichgewichts und schützte mich vor dieser Art Verrücktheit, von der wir zu Beginn sprachen. 3 Die Erklärungen, nach denen ich verlangte, waren immer materiell, und dies erschien mir so offensichtlich; es besteht kein Bedarf an Mysterien, absolut nicht: Die Dinge werden materiell erklärt. Folglich bin ich sicher, daß keine Tendenz zu mystischen Träumereien in mir ist, ganz und gar nicht, nein, dieser Körper hatte nichts Mystisches an sich. Nichts... Gott sei Dank!

Ich habe das beobachtet (nicht in meinem Kopf, denn es gibt für mich keine solchen Grenzen), in dieser Art Konglomerat hier: die annäherndste Erklärung ist eine "Verschiebung" – der Wahrnehmungswinkel ändert sich. Es ist aber nicht genau das, Worte sind ungenau, denn es ist viel subtiler und gleichzeitig viel umfassender. Ich habe den Wechsel einige Male beobachtet: dieser Wechsel gibt dem äußeren Bewußtsein den Eindruck einer Verschiebung, und zwar einer Verschiebung ohne Bewegung, das heißt, man wechselt nicht den Ort. Es ist nicht das, was man annehmen könnte: eine Wendung nach innen und eine Wendung nach außen, das ist es keineswegs – der Wahrnehmungswinkel verändert sich. Man ist in einem bestimmten Winkel, dann in einem anderen... Wie jene kleinen Dinge, mit denen man Kinder unterhält: in einer bestimmten Position sehen sie kompakt und hart und schwarz aus, und dann dreht man sie in eine andere Richtung, und sie sind klar, licht und transparent. So ähnlich ist das auch, aber nicht wirklich, es ist nur eine Annäherung.

Aber wenn man die Art und Weise kennt, wie sich der Wandel vollzieht, kann man...

Ja!

... kann man das Eindringen schlechter Schwingungen verhindern?

Ich habe nur ein Mittel (aber möglicherweise liegt das einfach daran, daß meine Natur so beschaffen ist), mein einziges Mittel ist die Auflösung des Selbst, die Idee (keine "Vorstellung"), daß einzig und allein der Höchste existiert.

Das ist ein weiterer interessanter Punkt, weil ich eine eingefleischte Atheistin war; allein schon der Gedanke an Gott machte mich wütend, bis ich etwa zwanzig war. Folglich besaß ich die solideste Basis – keine Einbildungen, kein mystischer Atavismus. Meine Mutter war absolut ungläubig und mein Vater auch, vom atavistischen Standpunkt aus war das also sehr gut: Positivismus, Materialismus. Nur dies: ein Wille zur Vollkommenheit in egal welchem Bereich, von ganz klein auf, ein Wille zur Perfektion und die Empfindung eines Bewußtseins ohne Grenzen – keine Grenzen in seinem Fortschritt, in seiner Macht und in seiner Ausdehnung. Das war von klein auf da. Mental jedoch eine absolute Weigerung, an einen "Gott" zu glauben; ich glaubte nur, was ich anfassen und sehen konnte. Und die ganze Fähigkeit, Erfahrungen zu haben, war schon da (sie manifestierten sich nicht, weil es noch nicht an der Zeit war). Einzig die Empfindung von Licht hier (Geste über dem Kopf) begann schon, als ich ganz klein war, mit fünf Jahren, sowie ein Wille zur Vollkommenheit: alles, was ich tat, mußte immer mein Bestmögliches sein. Und dann ein grenzenloses Bewußtsein. Diese beiden Dinge. Meine Rückkehr zu Gott geschah durch Théons Lehre, als mir zum erstenmal gesagt wurde: "Das Göttliche ist innen, hier" (Mutter pocht auf ihre Brust). Da fühlte ich mit einem Schlag: "Ja, so ist es!" Daraufhin machte ich die ganze Arbeit, die nötig ist, um Ihn wiederzufinden; und durch das hindurch (Herzzentrum) ging ich dahin (Geste der Verbindung nach oben mit dem Höchsten). Aber äußerlich, mental: keine Religion – ein Horror vor Religionen.

Jetzt sehe ich, daß dies die solidestmögliche Basis für diese Erfahrung war: dadurch besteht keine Gefahr von Einbildungen.

Ich habe viele Sachen ausprobiert, mir viele Dinge angeschaut, und ich sehe nur eine einzige Sache, die absolut ist und ein absolutes Ergebnis bringen kann, und zwar dies (nach oben gerichtete Geste). Alles auflösen, ganz und gar alles hingeben: "Für Dich, Herr – Du, Du, für Dich!" Es ist kein Wesen mit einer Form, nein, es ist auch keine formlose Kraft, es ist... Mit dem Denken hat das nichts zu tun, nur mit dem Kontakt. Ein unfehlbarer Kontakt, nichts kann diesen Kontakt imitieren, absolut nichts hat die Macht, ihn nachzuahmen. Und in jeder Schwierigkeit, jedesmal, was es auch sei, einfach das: "Alles ist an Dir, Herr. Alles für Dich, nur für Dich. Du allein kannst es tun, Du allein. Du allein bist die Wahrheit; Du allein bist die Macht." Ach, diese Worte bedeuten nichts, sie sind nur ein sehr ungeschickter Ausdruck von etwas... einer ungeheuren Macht.

Allein das, was wir von unserer Unfähigkeit, unserer Unbeholfenheit, unserem Mangel an Glauben da hineinmischen, beraubt Ihn seiner Macht. Von jenem Augenblick an, wo wir wirklich rein sind, das heißt ausschließlich unter Seinem Einfluß stehen, gibt es keinerlei Grenzen mehr – nicht eine, kein einziges Naturgesetz, das dem widerstehen könnte, nichts.

Allerdings muß der Moment gekommen sein, und es darf nichts mehr geben als Das – alles andere stört, was es auch sei, selbst die höchsten, schönsten, reinsten, edelsten und wunderbarsten Dinge – alles andere stört. Nur Das.

(Mutter öffnet Savitri:)

Da! Ist das nicht wunderbar?

When the hour of the Divine draws near... 4

Wenn aber die Stunde des Göttlichen sich naht...

 

1 "es" = das physische Mental

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2 102 – Für unsere Sinne ist es absolut richtig, daß die Sonne sich um die Erde dreht, für den Verstand aber ist das falsch. Für den Verstand ist es absolut richtig, daß sich die Erde um die Sonne dreht; in der höchsten Schau aber ist das falsch: Weder dreht sich die Erde, noch dreht sich die Sonne. Es gibt nur den Standpunktwechsel zwischen Sonnenbewußtsein und Erdbewußtsein.

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3 Zu Beginn des Gespräches hatte Mutter im Hinblick auf eine kranke Schülerin bemerkt: "Sie ist äußerst nervös und erregt. Ich sagte ihr, sie solle Beruhigungsmittel nehmen, ihr ganzes Leiden sei physisch – sie meint, das Opfer schrecklicher Asuras zu sein. Lächerlich! Es ist eine physische Störung, und sie braucht dafür nicht die Asuras zu bemühen."

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4 But when the hour of the Divine draws near,

The Mighty Mother shall take birth in Time

And God be born into the human clay ...

(XI.I.705)

Wenn aber die Stunde des Göttlichen sich naht,

dann soll die Mächtige Mutter sich in der Zeit gebären

und Gott geboren werden im menschlichen Lehm (dt. S. 719)

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