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Mutters

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siebenten Band

30. September 1966

Nach der Lektüre eines unveröffentlichten Briefes von Sri Aurobindo

... Obwohl Paulus bemerkenswerte mystische Erfahrungen und sicherlich ein sehr tiefes spirituelles Wissen hatte (eher tief als umfassend, glaube ich), würde ich nicht darauf schwören, daß er sich hier auf einen supramentalisierten Körper bezieht 1 (einen PHYSISCHEN supramentalisierten Körper). Vielleicht auf den supramentalen Körper oder einen anderen Lichtkörper in seiner eigenen Sphäre und Ursubstanz, von dem er manchmal spürte, wie er ihn einhüllte und seinen Körper des Todes, als den er die materielle Hülle verspürte, wie aufhob. Diese Stelle gibt wie viele andere Anlaß zu mehreren Interpretationen und könnte sich auf eine rein supraphysische Erfahrung beziehen. Die Idee einer Transformation des Körpers findet sich in diversen Überlieferungen, aber ich bin niemals ganz sicher gewesen, ob es sich dabei um eine Veränderung in der Materie selbst handelt. In unserer Gegend gab es vor einiger Zeit einen Yogi, der das lehrte, aber er hoffte, im Licht aufzugehen, sobald die Verwandlung vollständig sein würde. Die Vishnuiten sprechen ebenfalls von einem göttlichen Körper, der diesen hier ersetzen wird, wenn die "Siddha" (Verwirklichung) erst vollständig ist. Aber noch einmal: Handelt es sich um einen physischen göttlichen Körper oder einen supraphysischen? Was auch immer, nichts hindert einen daran zu vermuten, daß alle diese Ideen, Intuitionen und Erfahrungen die physische Transformation ankündigen, auch wenn sie sie nicht genau kennzeichnen.

Sri Aurobindo
24. Dezember 1930, XXIV.1237

Merkwürdig, in den letzten Tagen war dies wieder der Gegenstand meiner Meditationen (kein gesuchtes Thema: es drängt sich von oben auf). Denn bei diesem ganzen Übergang von der Pflanze zum Tier und vom Tier zum Menschen (vor allem vom Tier zum Menschen) sind die Unterschiede der Form im Grunde gering: Die eigentliche Transformation lag in der Intervention einer anders wirkenden Bewußtseinskraft. Alle Unterschiede zwischen dem Leben des Tieres und dem des Menschen stammen von der Intervention des Mentals, doch die Substanz ist im wesentlichen dieselbe und unterliegt denselben Gesetzen der Gestaltung und der Konstruktion. Es besteht zum Beispiel kein großer Unterschied zwischen einem Kalb, das sich im Bauch der Kuh bildet, und einem Kind im Bauch der Mutter. Ein einziger Unterschied besteht, und zwar jener der Intervention des Mentals. Aber wenn wir ein PHYSISCHES Wesen ins Auge fassen, d.h. so sichtbar, wie das Physische es jetzt ist, und von gleicher Dichte, dessen Körper aber zum Beispiel keinen Kreislauf und keine Knochen bräuchte (vor allem diese beiden Dinge: Skelett und Blutkreislauf), kann man sich das kaum vorstellen. Und solange wir so sind, mit diesem Blutkreislauf und dieser Herzfunktion, könnte man sich zwar die Erneuerung der Kraft und der Energie durch die Macht des Geistes, durch andere Mittel also als Nahrung, durchaus vorstellen, doch wie ist die Festigkeit und der Zusammenhalt des Körpers ohne ein Skelett denkbar?... Das wäre also eine unendlich größere Transformation als die vom Tier zum Menschen. Es wäre ein Übergang vom Menschen zu einem Wesen, das nicht mehr auf dieselbe Weise gebaut wäre, das nicht mehr auf dieselbe Weise funktionieren würde, das wie eine Verdichtung oder Konkretisierung von "Etwas" wäre. Bislang gibt es auf der physischen Ebene nichts Entsprechendes, es sei denn, die Wissenschaftler hätten etwas gefunden, von dem ich noch nichts weiß.

Man könnte sich vorstellen, daß ein Licht oder eine neue Kraft den Zellen eine Art spontanes Leben, eine spontane Kraft einhaucht.

Ja, das meine ich ja: die Ernährung kann verschwinden, das ist vorstellbar.

Aber der ganze Körper könnte von dieser Kraft belebt werden. Der Körper könnte zum Beispiel geschmeidig bleiben. Obwohl er weiterhin seinen Knochenbau hätte, könnte er geschmeidig bleiben, von der Geschmeidigkeit eines Kindes sein.

Aber ein Kleinkind kann sich ja genau deshalb nicht aufrecht halten! Es kann seinen Körper nicht belasten. Was würde den Knochenbau ersetzen, nur als Beispiel?

Es könnten dieselben Elemente sein, aber mit einer Geschmeidigkeit. Elemente, deren Festigkeit nicht von der Starrheit herrührt, sondern von der Kraft des Lichts, oder?

Ja, das ist möglich... Ich will nur sagen, daß sich das vielleicht noch durch eine große Anzahl neuer Schöpfungen vollziehen wird. Der Übergang des Menschen zu diesem Wesen wird sich zum Beispiel vielleicht durch viele verschiedene Zwischenstadien vollziehen? Verstehst du, dieser Sprung erscheint mir ungeheuerlich.

Ich kann mir sehr wohl ein Wesen vorstellen, das die nötigen Kräfte durch eine spirituelle Macht, durch die Macht seines inneren Wesens absorbieren und sich erneuern und immer jung bleiben kann. Das ist sehr wohl denkbar. Vielleicht würde ihm dadurch sogar eine gewisse Geschmeidigkeit verliehen, so daß es seine Form bei Bedarf verändern könnte. Aber das völlige Verschwinden dieses Konstruktionssystems in einem Schritt, unmittelbar vom einen zum anderen, scheint... ja, das scheint Etappen zu benötigen.

Offensichtlich... es sei denn, es ereignet sich etwas, was wir gezwungenermaßen als "Wunder" bezeichnen müßten, weil wir es nicht verstehen – wie kann ein Körper wie der unserige etwas werden, das voll und ganz von einer höheren Kraft gebaut und angetrieben wird, ohne materielle Unterstützung?... Das hier (Mutter zwickt ihre Haut), wie kann sich das in etwas anderes verwandeln?... Dies scheint unmöglich zu sein.

Es erscheint wie ein Wunder, aber...

Ja, in all meinen Erfahrungen verstehe ich sehr gut die Möglichkeit, nicht mehr essen zu müssen: daß dieser ganze Prozeß verschwindet (oder die Methode der Aufnahme sich verändert, das ist möglich), aber wie kann sich die Struktur verwandeln?

Mir persönlich erscheint das nicht unmöglich.

Es erscheint dir nicht unmöglich?

Nein. Vielleicht ist das Einbildung, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, wie eine spirituelle Macht in den Körper eintritt und eine Art leuchtendes Anschwellen bewirkt, so daß plötzlich alles wie eine Blume aufblüht. Dieser schrumpelige Körper entfaltet sich endlich, wird strahlend, geschmeidig und lichthaft.

Geschmeidig, plastisch – ich kann mir auch vorstellen, daß der Körper plastisch wird, d.h. daß die Form nicht mehr starr ist wie jetzt. All das kann man sich vorstellen, aber...

Ich kann mir das sehr gut als eine Art leuchtendes Erblühen vorstellen: das Licht muß diese Kraft haben. Ohne etwas an der jetzigen Struktur zu zerstören.

Aber sichtbar? Etwas, das man anfassen könnte?

Ja. Einfach durch ein Entfalten. Was geschlossen war, entfaltet sich wie eine Blume, das ist alles. Aber es ist immer noch die Struktur einer Blume, nur ist sie entfaltet und strahlt, ja?

Ja, aber... (Mutter schüttelt den Kopf und verharrt einen Augenblick lang schweigend) Mir fehlt die Erfahrung, ich weiß es nicht.

Ich bin absolut davon überzeugt (weil ich Erfahrungen hatte, die es mir bewiesen haben), daß das Leben dieses Körpers – das Leben: das, was ihn sich bewegen und verwandeln läßt – durch eine Kraft ersetzt werden kann. Das heißt, es kann eine Art Unsterblichkeit geschaffen werden, und Abnutzung und Verschleiß können verschwinden. Diese beiden Dinge sind möglich: die Macht des Lebens kann kommen und die Abnutzung verschwinden. Und dies kann psychologisch erreicht werden, durch absoluten Gehorsam gegenüber dem göttlichen Impuls, was dazu führt, daß man in jedem Augenblick die nötige Kraft hat und das Notwendige tut – all dies sind Gewißheiten. Keine Hoffnung, keine Einbildung, sondern Gewißheiten. Nicht wahr, man muß den Körper erziehen und die Gewohnheiten langsam transformieren und verändern. Das ist möglich, all das ist möglich. Nur: Wieviel Zeit bräuchte man, um die Notwendigkeit des Skeletts aufzuheben (um nur bei diesem Problem zu bleiben)? Das scheint mir noch sehr weit entfernt zu sein. Das heißt, es sind noch viele Zwischenstadien erforderlich. Sri Aurobindo sagte, man könne das Leben beliebig verlängern. Das schon. Aber wir sind noch nicht aus etwas gebaut, das der Auflösung, der Notwendigkeit der Auflösung vollständig entgeht. Die Knochen sind sehr haltbar, das versteht sich, sie können sogar tausend Jahre halten, wenn die Umstände günstig sind, aber das ist keine GRUNDSÄTZLICHE Unsterblichkeit. Verstehst du, was ich meine?

Nein. Glaubst du, es müßte eine nicht-physische Substanz sein?

Ich weiß nicht, ob sie nicht-physisch ist, aber es ist eine Physis, die ich nicht kenne. Es ist nicht die Substanz, wie wir sie jetzt kennen, und schon gar nicht der Aufbau, wie wir ihn jetzt kennen.

Ich weiß nicht, aber wenn es ein PHYSISCHER Körper sein soll, wie Sri Aurobindo sagt, so will mir scheinen – obwohl das auch ein Traum sein mag –, daß er zum Beispiel wie eine Lotosknospe sein könnte: unser jetziger Körper ist wie eine kleine, harte, geschlossene Lotosknospe, und... dann entfaltet sie sich und wird zur Blüte.

Ja, aber das, mein Kind, das ist...

Was sollte dieses Licht nicht alles machen können mit den Elementen, die ihm zur Verfügung stehen? Es sind doch dieselben Dinge, dieselben Elemente, nur umgestaltet.

Aber pflanzliche Dinge sind nicht unsterblich.

Nein, das war nur ein Vergleich.

Aber genau das ist der springende Punkt!

Allein darum geht es. Ein ewiger Wandel, das ist begreiflich. Ich könnte mir sogar eine Blume vorstellen, die nicht welkt. Aber dieses Prinzip der Unsterblichkeit... Das heißt im Grunde ein Leben, das der Notwendigkeit der Erneuerung entgeht: die ewige Kraft würde sich direkt und ewig manifestieren, und dabei wäre es immer noch ein physischer Körper (Mutter berührt die Haut ihrer Hände).

Ich kann mir sehr wohl einen fortschreitenden Wandel vorstellen, und daß sich aus dieser Substanz etwas machen ließe, das sich von innen nach außen und auf ewig erneuert, das wäre dann die Unsterblichkeit. Nur scheint mir, daß zwischen dem, was jetzt ist, wie wir jetzt sind, und diesem anderen Lebensmodus viele Etappen erforderlich wären. Verstehst du, diese Zellen, mit all ihrem Bewußtsein und der Erfahrung, die sie mittlerweile haben – wenn man sie jetzt beispielsweise fragte: "Gibt es etwas, das ihr nicht tun könnt?", würden sie in aller Aufrichtigkeit antworten: "Nein. Was der Herr will, kann ich tun." Das ist ihr Bewußtseinszustand. Im Erscheinungsbild aber sieht es anders aus. Die persönliche Erfahrung stellt sich so dar: Alles, was ich mit der Gegenwart des Herrn tue, tue ich mühelos, ohne Schwierigkeiten, ohne Ermüdung, ohne Abnutzung, so (Mutter breitet die Arme in einem weiten, harmonischen Rhythmus aus), nur ist dies noch immer allen Einflüssen von außen ausgesetzt, und der Körper ist gezwungen, Dinge zu tun, die nicht unmittelbar der Ausdruck der höchsten Eingebung sind, daher die Ermüdung, die Reibung... Folglich wäre ein supramentaler Körper, der in einer Welt schwebt, die nicht die Erde ist, auch nicht das wahre!

Nein.

Man bräuchte etwas, das die Macht hätte, der Ansteckung zu widerstehen. Der Mensch kann der Ansteckung durch das Tier nicht widerstehen, er kann es nicht, er steht ständig in Beziehung damit. Wie wird dieses Wesen also vorgehen?... Es will einem scheinen, als werde es noch für lange, lange Zeit den Gesetzen der Ansteckung unterworfen sein.

Ich weiß nicht, aber mir erscheint es nicht unmöglich.

Nein?

Ich habe den Eindruck... wenn diese Macht des Lichts da ist – was kann ihr etwas anhaben?

Aber die ganze Welt würde verschwinden! Das ist es doch, verstehst du?

Wenn Das kommt, wenn der Herr da ist, gibt es nicht einen unter tausend, für den das nicht entsetzlich wäre. Nicht in den Überlegungen, nicht im Denken: nein, im Fleisch. Nimm einmal an... nimm an, es wäre so, und ein Wesen wäre die Verdichtung und der Ausdruck, eine Formel der höchsten Macht und des höchsten Lichts – was würde dann passieren!?

Nun ja, das ist das ganze Problem.

Ja.

Denn ich sehe die Schwierigkeit nicht in der Transformation an sich. Es scheint mir eher die Schwierigkeit der Welt zu sein.

Wenn sich alles zur gleichen Zeit transformieren könnte, dann ginge das, aber es sieht nicht danach aus. Wenn sich ein Wesen ganz allein transformiert...

Ja, das wäre vielleicht unerträglich.

Ja!

Vielleicht liegt hier das ganze Problem.

Multipliziere tausendmal, was ganz kleine Kinder erleben (ich spreche von jenen, die bloß physische, menschliche Wesen sind, nicht von denen, die Reinkarnationen sind). Wenn sie bloß physische Wesen sind, können sie mir nicht nahekommen, mein Kind. Sie fangen an zu zittern und zu weinen. Und ich liebe sie doch und empfange sie mit all meiner Zärtlichkeit und Ruhe – sie fangen an zu zittern und haben Angst: es ist zu stark. Bei jenen hingegen, die etwas anderes in sich tragen, bei bewußten Wesen, verhält es sich anders: sie blühen auf und sind glücklich. Aber wenn nur eine äußere Substanz da ist... Ich habe folgende Erfahrung gemacht: Ich lade die Atmosphäre auf, der Herr ist gegenwärtig – und ich habe gesehen, wie vierzig Jahre alte Menschen dort hineingingen und... brrt! sich buchstäblich aus dem Staub machten, ungeachtet aller Gebote der Höflichkeit, und dies, nachdem sie darum gebeten hatten, kommen zu dürfen, verstehst du! Im Grunde war alles gegeben, damit sie sich anständig aufführen sollten – unmöglich, sie konnten es nicht.

Aber sogar für mich, der ich dich gut kenne und Erfahrung mit dir habe, gibt es mitunter Zeiten, wo es furchterregend ist.

Aha, siehst du!

Nicht Angst, aber... ja wirklich... furchterregend.

Ich lege dir keine Worte in den Mund.

Man weiß es besser – innerlich schon: es gibt nichts zu fürchten, trotzdem...

Ja.

Trotzdem ist es sehr stark.

Nein, die Substanz selbst fürchtet sich.

Voilà.

Nimm also das Bewußtsein eines ganz kleinen Kindes, wenn du selbst schon...

In deinen Augen ist manchmal... da ist manchmal etwas...

(Mutter lacht)

 

1 "Das Vergängliche muß sich ins Unvergängliche kleiden, und das Sterbliche muß sich ins Unsterbliche hüllen. Wenn das Vergängliche sich in Unvergänglichkeit gekleidet und das Sterbliche sich in Unsterblichkeit gehüllt hat, dann wird sich erfüllen, was geschrieben steht: Der Tod ist verschlungen vom Sieg." (1. Kor. 53-54)

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