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Mutters

Agenda

siebenten Band

22. Oktober 1966

(Sujata:) P ist krank.

Schon wieder! Was ist denn los mit diesem Mädchen?

Was sollte sie innerlich tun?

Keine Angst haben, krank zu werden! Das sollte sie tun.

Verstehst du, sie sagen: "Aber ich BIN krank." Sie behaupten das Gegenteil: daß sie krank sind und deshalb Angst haben. Das ist nicht wahr! Zuerst haben sie Angst, und dann werden sie krank. Die ganze Zeit hegen sie diese Befürchtung: "O je, was wird wohl passieren?" Und dann passiert halt etwas! (Mutter lacht) Dieser arme Körper, er hat den Eindruck, man erwarte das von ihm, und gehorcht.

Ja, von hundert Menschen sind neunundneunzig so. Das geschieht mehr oder weniger unterbewußt, d.h. es ist kein deutlich empfundener Gedanke. Also leugnen sie es: "Nein, nein!" Sie wissen nichts davon, sie wissen nicht, was sich in ihrem Inneren abspielt.

(Mutter schenkt Satprem Blumen, sie sieht erschöpft aus)

Laß uns eine halbe Stunde still sein – es sei denn, du möchtest etwas sagen.

Vielleicht möchtest du selber etwas sagen?

Nein, ich habe nichts zu sagen, nichts. Total erschöpft, ich bin völlig aufgerieben.

(Plötzlich schlägt Mutter vor, Satprem möge an den Gesprächstagen um 10 Uhr 15 direkt in ihr Zimmer eintreten, auch wenn die Sekretäre noch da seien.)

(Satprem fragt ungläubig:) Du meinst, ich soll um Viertel nach zehn kommen?

Du könntest einfach hereinkommen, wir werden sehen, was passiert.

Aber ich möchte dich auch nicht in eine unangenehme Lage bringen...

Ach, wenn du wüßtest, wie sehr... In mir gibt es keine Reaktion, verstehst du. Ich sehe das sehr deutlich, mit einem klaren Wissen um die Konsequenzen, aber es gibt keine Reaktion. Ich werde einfach eine Art Maschine, die unterzeichnet, dies und jenes macht... Und wenn ich dann etwas schreiben muß, tue ich es automatisch. Ich verharre absolut leer, schweigend, so (Geste der Reglosigkeit, nach oben gerichtet), und dann lasse ich es, und entweder kommt Sri Aurobindo oder etwas von ganz oben und diktiert (je nach Fall). Ich selbst bin so (dieselbe Geste), mehr und mehr: inexistent, eine Maschine.

Ich habe ihnen schon öfter gesagt, daß dies sehr wohl auch einem raffinierten Roboter überlassen werden könnte, weil es einfach nicht der Mühe wert ist (lachend), daß ich selber da bin. Ein ausgeklügelter Roboter: Man drückt einen Knopf für die eine Sache, einen anderen Knopf für eine andere, und er funktioniert.

Du kennst ja die Situation: während vierundzwanzig Stunden am Tag gibt es NICHT EINE MINUTE, wo ich allein bin 1 . Zusätzlich zur äußeren Horde kommt die innere Horde: von überallher, die ganze Zeit, ein unaufhörliches Kommen und Gehen, und immer mehr, immer mehr. Also bin ich so (Geste, die ein weit gestreutes Bewußtsein andeutet), nur noch eine Art Bewußtsein, das reagiert, ohne jegliche Anteilnahme. Ein Bewußtsein, das mechanisch antwortet.

Ich glaube, anders wäre es unmöglich.

Ja, menschlich gesehen ist dein Leben eine Hölle.

Sonst würde ich entweder verrückt oder krank: es ist nicht möglich. Glücklicherweise liegt es im Bereich des Möglichen! Das heißt, die Arbeit wird automatisch getan, ich brauche mich nicht anzustrengen.

Auch die Zahl der Dinge nimmt zu (Mutter schaut sich um). Als ich am Anfang in dieses Zimmer einzog, war es leer; als man das Musikzimmer einrichtete, war es leer. Jetzt (Mutter weist amüsiert auf die vollgestopften Fensterbänke und Regale im ganzen Zimmer), nirgends ist mehr Platz. Zum Bersten vollgestopft! Da wundere ich mich über die Leute: es gibt welche, die sich verarmt fühlen oder die sich langweilen. Diese beiden Kategorien sind für mich schlicht unverständlich. Wie kann man nur Zeit haben, sich zu langweilen! Und wie kann es einem an etwas mangeln?

Die Arbeit (für alle) wächst immer mehr an; die Post ist unglaublich! Es regnet Briefe von allen Seiten. Ich habe einen Brief aus Amerika erhalten (Mutter lacht), von jemandem, den ich überhaupt nicht kenne und der Grammophonplatten mit meiner Stimme gehört hat, und irgendwie scheinen diese Leute "okkulte Erfahrungen" zu haben, oder vielleicht betreiben sie "Spiritismus", jedenfalls schreibt er mir, daß er meine Stimme gehört habe und ich ihm "Enthüllungen" über ihn gab. Und... (lachend) ganz phantastische Enthüllungen! Er sagt, da es meine Stimme sei, hege er keine Zweifel (er nimmt selbst die ausgefallensten Dinge hin), aber zur Sicherheit möchte er mich doch lieber fragen (!), ob ich es sei, die ihm diese Dinge sagt. Unter anderem soll ich ihm geoffenbart haben, er sei eine kombinierte Reinkarnation aus Buddha, Christus, dem Erzengel Gabriel, Napoleon und Karl dem Großen!... Ich werde ihm mitteilen, daß diese fünf Persönlichkeiten unterschiedlichen "Linien der Manifestation" angehören, daher ist es wenig wahrscheinlich, sie in einer einzigen Persönlichkeit (einem einzigen menschlichen Wesen) vereinigt zu finden.

Offensichtlich sind das kleine vitale Wesenheiten, die sich amüsieren. Sie amüsieren sich, und je ausgefallener es ist, desto mehr Spaß macht es ihnen!

Aber nach den Briefen zu urteilen – der ganzen Post –, gibt es eine Art okkulter Aktivität, die sich auf sehr merkwürdige Weise auf der Erde ausbreitet. In Korea gibt es ein Wesen, das sich als "neuer Avatar" bezeichnet... Von der Sorte gibt es sehr viele, überall. Auf materieller Ebene bewirkt dies, daß die Leute ihr Gleichgewicht zu verlieren scheinen. Man hat den Eindruck, die ganze Erde sei halbverrückt geworden. Und mit ihren neuen Erfindungen kann sich das durch seltsame Phänomene ausdrücken.

In diesem Jahrhundert, vom Beginn des Jahrhunderts an bis heute, läßt sich ein unglaublicher Wandel auf der Erde feststellen – im Denken, im Handeln, in der Herstellung von Dingen, in den Erfindungen. Es ist wirklich phantastisch, daß gewisse Dinge von der Zeit der Jahrhundertwende so veraltet erscheinen, als lägen sie mindestens zweihundert Jahre zurück. Merkwürdig.

Offensichtlich geht alles schnell.

Die Menschen scheinen es so eilig zu haben... Als stürme man voran, ohne zu wissen warum und wieso, und am Ende wartet ein hübsches Loch... Ich weiß nicht, was passieren wird.

(Schweigen)

Wenn es dir nichts ausmacht... (mit einem schelmischen Lächeln), das heißt, wenn du keine empfindlichen Nerven hast, dann komm das nächste Mal um Viertel nach zehn und setz dich ruhig hin! Das wird zumindest eine Lektion sein. Wir werden sehen, was passiert.

Um wieviel Uhr?

Viertel nach zehn. Mach die Tür in aller Ruhe auf und komm herein! Mir persönlich wird das viel Spaß bereiten.

Ich habe nämlich alles versucht, aber es nützt nichts. Wenn ich ihnen sage: "Es ist Zeit", mit all meiner Autorität, antworten sie: "Ja", und machen einfach weiter.

Ach, mein Kind (sich zu Sujata wendend), morgen sehe ich vor dir zweiundvierzig Leute – zweiundvierzig! 2

 

1 Auch nachts bleibt ein "Wächter" in Mutters Zimmer.

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2 Wir erinnern uns nicht mehr an die Wirkung, die unser plötzliches Erscheinen um 10 Uhr 15 hatte, wahrscheinlich keine oder eine wenig angenehme, denn das Experiment wurde nicht wiederholt.

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