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Mutters

Agenda

siebenten Band

15. November 1966

...Ich bin inexistent.

Müde?

Nein, absolut weg (Geste nach oben). Ich bin mir darüber im klaren, daß es völlig nutzlos ist, irgend etwas zu wollen oder festzulegen: du siehst, wie spät es ist, 10 Uhr 45. Ich habe aufgegeben – ich bin nur noch ein Roboter, der Papiere unterschreibt, das ist alles; ob ich will oder nicht... das "Ich" hat vor langer Zeit aufgehört zu wollen –, aber auch nur eine physische Notwendigkeit zum Ausdruck zu bringen... nutzlos.

Ich bin wirklich weg.

Geh nicht!

Ach, das macht nichts. Das hier (Mutter deutet auf ihren Körper) ist ja noch da! Nein, eins nach dem anderen, in jeder Hinsicht: Ich sehe, was sein muß und was wahr ist, doch alles, alles verbündet sich dagegen, also... (dieselbe Geste des Rückzugs nach oben). Ich werde mich nicht verrückt machen. Ich ziehe mich zurück. Ich werde wieder zum Zeugen.

Man versteht die Gnade wirklich nicht.

Ich glaube, kein Mensch kann sie verstehen.

Weißt du, erst heute morgen erhielt ich eine Anfrage mit den Worten: "Warum handelt die Wahrheit nicht?" Ich werde dir meine Antwort sagen... es ist immer dieselbe (nach einem langen Briefwechsel):

"... Es ist offensichtlich, daß die Lösung in der Wahrheit liegt."

- "Warum dann die Verzögerung?"

"Weil die Wahrheit für die Lüge und die Böswilligkeit äußerst zerstörerisch ist. Würde sie unmittelbar auf die gegenwärtige Welt einwirken, bliebe nicht viel übrig... Geduldig bereitet sie ihr Kommen vor."

Das ist wahr, ich spüre es. Der Widerstand ist so TOTAL, daß nichts mehr übrig bliebe, wenn "Das" käme (Geste der Herabkunft auf die Erde).

Für diejenigen, die auf der richtigen Seite stehen, wirkt es natürlich aktiv.

(Mutter schenkt Satprem Blumen)

Du verstehst die Gnade nicht... Eines Tages wirst du sie verstehen, du wirst schon sehen.

Nicht, daß ich sie verstünde, aber ich sage "man" versteht sie nicht.

"Man"!... (Mutter lacht). Mein Kind, ich bin mal ganz grob: Darauf gibt "man" keinen Pfifferling!

Ich meine die Gnade deiner Gegenwart hier.

Ach du liebe Zeit! (Mutter lacht) Also wenn du das meinst – darauf gibt "man" erst recht keinen Pfifferling.

(Schweigen)

Ich habe ganz, ganz stark die Empfindung einer Macht... und diese herabkommende Macht ist so ungeheuerlich im Vergleich zu... Ach, wie klein da alles erscheint, wie dürftig, kraftlos, ohne jeden Großmut, ohne Weite im Vergleich dazu! Verstehst du, ich sehe eine beträchtliche Anzahl Menschen, und von Zeit zu Zeit fällt so etwas wie ein kleiner Strahl oder Tropfen von Dem herab, worauf der Mensch vor mir zu zittern beginnt! Er weiß nicht warum, aber er fängt an zu zittern. Also?...

Und das passiert die ganze Zeit.

Nur die Kinder nicht. Die sind so unschuldig! Zum Beispiel diese kleine Astha, die jeden Morgen kommt (es war ihr Entschluß, ich konnte nicht nein sagen. Sie hat einfach erklärt: "Ich komme!"): Anfangs machte sie ein "Pranam", ein ernsthaftes Pranam: sie legte ihren Kopf auf meine Füße und rollte ihn hin und her. Inzwischen hat sie etwas anderes gefunden: sie kommt, spricht mit niemandem, beobachtet die Leute, die da sind, und wenn sie dann sieht, daß alle beschäftigt sind, schlüpft sie unter den Tisch, nimmt meine Hand und fängt an, damit zu spielen: sie umfaßt sie, dreht sie, zieht an ihr. Und wenn sie mit der einen Seite fertig ist, kommt die andere dran. Und mit einer so schönen Freude, einem so schönen Vertrauen: "Ach, ist das ergötzlich!"

Das ist charmant.

Kinder sind so.

Andere fangen jedoch an zu heulen, sobald sie hereinkommen. Sie kommen herein und können es nicht aushalten: sie können nicht oder wollen nicht; eine Wut macht sich in ihnen breit (sie sind nicht sehr zahlreich).

Aber sie sind sehr spontan, und jene, die hier sind, kommen, kleben an meinen Knien, drehen und wenden sich und wollen überhaupt nicht mehr weggehen.

Dies erinnerte mich an bestimmte Erfahrungen von früher (sehr weit zurückliegend, mindestens zwei Jahre, bevor ich zum ersten Mal hierherkam). Ich kannte Sri Aurobindo noch nicht, nur die "Kosmische Lehre", und ich studierte den Okkultismus und arbeitete ernsthaft damit (Théon kannte ich auch noch nicht persönlich). Ich war voll in meinen eigenen Erfahrungen. Es war in Paris. Ich fuhr im Bus oder in der Metro, und da waren Leute – nicht nur einmal, sondern häufig – zum Beispiel eine Frau mit ihrem Kind. Das Kind verließ die Mutter abrupt (Kinder von drei, vier Jahren, sehr klein, die gerade anfangen zu laufen) und kam zu mir. Das passierte mehrere Male. Ich selbst war in meiner Meditation versunken und gab auf nichts und niemanden acht. Und auf einmal löste sich ein Kind von seiner Mutter, kam zu mir und drückte sich, paff, so an mich und umschlang meine Knie. Die Mutter entschuldigte sich dann, sie glaubte (lachend), dies sei unhöflich. Doch ich sagte: "Nein, schon gut!"

Und immer, wenn ich ruhig war, so schien mir, war da etwas, das gar nicht menschlich war: es war einfach da und handelte ruhig durch mich hindurch. Ich kümmerte mich nicht einmal darum. Ich machte sogar Experimente damit. Zum Beispiel war da einmal im Bus ein Mann, der ganz verkrampft war und weinte: man konnte sehen, daß er zutiefst unglücklich war. Ich regte mich nicht und schien nichts zu tun, aber ich sah, wie die "Kraft" zu diesem Mann ging und wie er sich allmählich entspannte, sich beruhigte und still wurde. Auch das kam mehrere Male vor. Und so wußte ich... Denn zu jener Zeit hatte ich noch kein großes Wissen. Zwar fühlte ich immer die Macht da oben, doch ich wußte nicht, was es war – es war einfach eine "Kraft", die kam und ruhig handelte. Jetzt ist es genauso, nur voll und ganz bewußt. Genau dasselbe: etwas, das vom Körper Besitz ergreift. Der Körper nimmt teil, in dem Sinne, daß er gar nicht den Eindruck hat, er "tue" etwas; er spürt sich selbst kaum. Er hat nur das Bewußtsein von einer... ach, so warmen und weichen, zugleich jedoch so ungeheuer mächtigen Schwingung, die einfach kommt, und er braucht nichts zu wollen und auch nichts zu versuchen. Er denkt nicht, er sucht nicht, er regt sich nicht (Mutter macht eine Geste, als ob sie ganz und gar im Herrn badete): es ist spontan und natürlich.

Und manchmal ist er müde, oder etwas geht nicht so gut, oder... (das rührt immer von einem Kontakt mit außen her; hinterher sehe ich und weiß ich, was die Ursache war). In jenem Augenblick aber ist da einfach ein Unbehagen oder eine Unordnung. Dann... ach! Eine totale Hingabe, mit dem Vertrauen eines Kindes an... etwas... das überall ist, um ihn herum, in ihm, dort, so (Geste des Einhüllens). Und die Aspiration des Körpers ist: "Möge einzig Das existieren!" Der ganze Rest... uff! Das ist überhaupt nichts, nur störend. "Möge nur Das da sein. Wenn nur Das existierte – was für eine wunderbare Welt wäre dies!"

So ist sein Gefühl. Alles andere ist entweder eine Qual oder zutiefst lächerlich. Jedenfalls so belanglos, so trocken, wie eine schlechte Imitation. Wirklich amüsant und komisch aber wird es, wenn... (Mutter bläst ihre Wangen auf) wenn das Ego sich aufbläst. Oh lala!... Die Egos, die sich behaupten und sagen: "Ich will, ich will nicht, ich habe beschlossen ..." Ach, mein Kind, das ist big fun! [ein großer Spaß]. Und sie sehen überhaupt nicht, daß sie nur Marionetten sind.

*
*   *

Etwas später

Vorletzte Nacht habe ich wieder die ganze Zeit mit Sri Aurobindo verbracht – mindestens vier Stunden in dieser subtilphysischen Welt. Er hat dort eine so schöne Wohnstätte. Einfach großartig. Und es ist nicht verschwommen. Es ist sehr konkret, und doch nicht starr, von einer Geschmeidigkeit, die sich an alle Notwendigkeiten anpaßt. Wirklich interessant.

Aber es ist noch in der Phase der Vorbereitung und Anpassung: noch nichts Endgültiges. Es sind Erfahrungen, Versuche, äußerst plastisch, eine Entstehungsphase, als ob es sich auf eine Manifestation vorbereitete, oder vielmehr, als ob es "lernte", das zu sein, was es sein soll. Sehr interessant.

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