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Mutters

Agenda

siebenten Band

26. November 1966

(Mutter sieht sehr müde aus. Sie hat an diesem Morgen nichts gegessen, und sie hat niemanden empfangen. Als Satprem kommt, schenkt sie ihm Blumen und Fertigsuppen, die sie aus Israel erhalten hat:)

Du bist es doch, die nicht ißt!

(Lachend) Ich hatte keine Lust. Dabei sind diese Suppen das einzige, was ich wirklich zu mir nehmen kann... Nur, verstehst du, ich mache keine Übungen, ich bewege mich den ganzen Tag lang nicht, also kann ich mich wirklich nicht überessen!

Aber der Körper braucht doch auch Nahrung, oder?

Ich weiß nicht... Die Angriffe nehmen ungeheuer zu, und heute, zum Beispiel, wußte ich nur noch eine Lösung, nämlich liegenzubleiben. Nichts essen, nichts sagen, nicht bewegen, solange das andauerte. Jetzt geht es. Sobald ich mich nicht mehr bewege, nichts mehr esse, nicht mehr handle, geht es.

Diese Anfälle sind schon lange nicht mehr gekommen. Ich habe dir schon öfter gesagt, daß ich diesen Anfällen bisher widerstehen konnte, aber dieses Mal, heute morgen, war es ungeheuerlich. Ungeheuerlich. Es war genau wie dieser Herr [der Tod], der versucht, alles zu entwurzeln. Ich habe mich gewehrt und gewehrt, und dann auf einmal... konnte der Körper nicht mehr gehen, ich mußte mich hinlegen und mich still verhalten. Und dann nicht essen – ich hatte einfach keine Lust zu essen. Ich kann nur essen, wenn alles gut steht.

Sobald die Reglosigkeit da ist, die Kontemplation, geht es gut.

(Schweigen)

Nein, es ist ein Beharren – mit derselben Beharrlichkeit wie dieser Herr [der Tod] – auf der Unmöglichkeit der Sache, mit so offensichtlichen Beweisen... Natürlich bewegt sich innen nichts, sondern es lächelt – es rührt sich nicht. Aber der Körper... es verursacht eine schreckliche Anspannung in ihm. Er ist sich seiner Gebrechlichkeit nämlich sehr bewußt – er kann sich nicht rühmen, schon transformiert zu sein. Er ist sich völlig bewußt, daß er noch Millionen Kilometer von der Transformation entfernt ist. Daher ist es nicht schwer, ihn zu entmutigen. Schwieriger ist, ihm die Gewißheit zu geben, daß es anders sein wird. Er versteht nicht einmal ganz, wie es überhaupt anders werden kann. Und dazu kommen all die anderen Anschauungen, all die sogenannten Offenbarungen, die Himmel usw. Das ganze Christentum wie auch der Islam haben das Problem sehr einfach gelöst: "Ach nein! Hier wird es niemals gut sein – aber dort oben, da kann es vollkommen sein." Das versteht sich. Und dann gibt es noch den ganzen Glauben an das Nirvana und den Buddhismus: "Die Welt ist ein Irrtum, der verschwinden muß." All dies überfällt mich in Wogen, und der Körper fühlt sich sehr... verstehst du, er hätte gern die Gewißheit, daß er eine Chance hat. Das passiert ihm nicht oft. Aber es war zu stark. Es kam von allen Seiten zugleich, so stark: "Diese Materie kann nicht transformiert werden." Er kämpfte und kämpfte und kämpfte, und auf einmal war er gezwungen, sich hinzulegen. Aber sobald er ausgestreckt liegt und sich ganz und gar überantwortet, herrscht Friede, ein so mächtiger Friede – so tief und mächtig. Und dann geht es gut.

Diese Attacke ging mit einer Unzahl von Suggestionen einher – nicht Suggestionen, es sind eher Formationen. Feindliche Formationen der Desorganisation. Zum Beispiel so eine, wie sie C packte (einer von Mutters Assistenten, der krank geworden ist). Zwei Tage zuvor wurde ich gewarnt und versuchte mein Bestes: ich konnte nichts tun. Ich konnte nichts tun, denn er wurde schwach. Und jetzt zieht sich das endlos hin. Sogar der Arzt sagt, es gebe überhaupt keinen Grund, warum das so lange anhalte. Es wird endlos, weil er nachgegeben hat. Somit muß all dies langsam zurückerobert werden. Und es kommt zu jedem, jeder Umstand ist betroffen – nicht zu mir, niemals zu mir, weil es keine Wirkung hat. Wenn die Suggestion kommt, sage ich: "Na und? Was kann mir das schon anhaben! Mir ist das egal." Also versucht es sein Glück erst gar nicht. Aber sonst befällt es jeden, um alles in Unordnung zu bringen, alle, einen nach dem anderen. Und heute morgen war es bei allen zugleich, eine vollständige Desorganisation bei allen. Ich habe mich gewehrt und gewehrt und gewehrt, und dann auf einmal war da etwas, das... (Mutter macht eine Handbewegung) Da hat der Körper gesagt: in Ordnung!

Wenn ich ruhig bleibe, geht es vorüber. Ich habe eine Mahlzeit ausgelassen. Der Arzt ist unglücklich, aber (lachend) mich freut es. Die Mahlzeiten sind Arbeit, viel Arbeit.

Es ist das erste Mal in diesem Jahr, daß mir das passiert. Früher kam es ziemlich häufig vor, aber in diesem Jahr ist es das erste Mal. Das beweist, daß die Dinge besser werden, trotz allem... Ach, aber es war schrecklich! Man kann sich nicht vorstellen, wie das ist. Es packt die ganze Welt, alle Menschen, alle Umstände, alles, und dann bewirkt es den Zerfall – ganz wie dieser Herr – ich glaube, er ist das! Aber es kommt nicht in poetischer Form [wie in Savitri], verstehst du, das ist kein Dichter – es kommt mit der ganzen Niederträchtigkeit des Lebens. Und darauf besteht es absolut, besonders in diesen vergangenen Tagen. Ich sagte mir: "Siehst du, alles, was geschrieben steht, was gesagt wurde, bewegt sich immer in einem Bereich der Schönheit, der Harmonie und Größe, und das Problem stellt sich immerhin mit Würde. Doch sobald es ganz praktisch und materiell wird, ist es so klein, so gemein, so eng und häßlich!"... Das ist der Beweis. Wenn man außerhalb dieses Bereichs steht, ist alles in Ordnung, man kann allen Problemen ins Gesicht sehen. Aber wenn man dort hinabsteigt, ist es so häßlich, so winzig, so erbärmlich... Man ist so sehr ein Sklave der Bedürfnisse, ach!... Eine Stunde, zwei Stunden hält man durch. Dann aber... Und es stimmt, das physische Leben ist häßlich – nicht überall, aber trotzdem... Ich denke immer an die Pflanzen und Blumen. Die sind wahrhaft schön, sie sind eine Ausnahme. Aber das menschliche Leben ist so schäbig, mit seinen groben und zwingenden Bedürfnissen. So schäbig... Erst wenn man in einer etwas höheren Schau zu leben beginnt, kann man dem entrinnen. In allen Schriften gibt es sehr wenige Menschen, die die Schäbigkeit des Lebens akzeptieren. Und eben darauf besteht dieser Herr. Ich sagte: Na gut. Die Antwort des Körpers ist sehr einfach: "Ganz bestimmt ist es nicht unser Wille, daß es so weitergeht, wie es jetzt ist." Er findet es nicht gerade schön. Vielmehr stellen wir uns ein Leben vor – genauso objektiv wie unser materielles Leben –, das nicht all diesen schäbigen Bedürfnissen unterworfen ist, sondern viel harmonischer und spontaner wäre. Das ist es, was wir wollen. Er aber sagt, dies sei unmöglich. Uns hat "man" gesagt, es sei nicht nur möglich sondern eine Gewißheit. Und so entbrennt der Kampf.

Und dann kommt das große Argument: "Ja, ja, eines Tages wird es so sein, aber wann?... Bis jetzt steckt ihr noch ganz tief in der Suppe, das kann sich gar nicht ändern! Also wird es so weitergehen. Nach Jahrtausenden, ja, da wird es vielleicht anders sein." Das ist das letzte Argument. Er leugnet nicht mehr die Möglichkeit, sondern sagt: "Nur weil ihr einen Zipfel erhascht habt, hofft ihr, es jetzt zu schaffen, aber das ist kindisch."

Worauf der Körper selbst sagt: "Aber natürlich akzeptiere ich das, ich verstehe sehr wohl! Das ist es nicht, was ich will; ich will nicht irgend etwas Beliebiges. Ich will einfach, was der höchste Herr will, nichts anderes – was er beschlossen hat, wird sein. Sagt er, es ist zu Ende, so ist es zu Ende. Sagt er, es geht weiter, so geht es weiter." Und da dieser Kerl so nicht durchkommt, setzt es Schläge auf allen Seiten ab: dieser da oder jener, dieser Umstand, alles, alles gerät in Unordnung. Dann fange ich an zu arbeiten [um den Angriff zu kontern].

Heute war es wirklich sehr raffiniert. Er ist sehr raffiniert.

Ein großer Witzbold.

Gut.

Ich habe also meine Arbeit nicht getan; nichts habe ich getan. Ich habe nur beschlossen, daß ich dich sehen wollte – nicht um zu arbeiten, sondern um dich zu sehen.

(Schweigen)

Um die anderen zu schützen, ist das sehr wirksam, denn ich mache mich an die Arbeit und kämpfe. Für diesen Körper ist das einzige Argument: "Du siehst doch, daß er sich weiter auflöst, was erhoffst du dir also? Es geht weiter bergab, bis es aufhört."

Doch wenn man die Sache ganz vorurteilsfrei und objektiv anschaut, dann ist es nur der Anschein von Auflösung, nichts Reales. Im Gegenteil, in mancher Hinsicht ist er viel solider als vorher.

Der wichtigste Punkt aber ist, was man die "Unwirklichkeit der Zersetzung" nennen könnte, in anderen Worten: alles, was nicht harmonisch ist und in Unordnung gerät, erweckt mehr und mehr den Eindruck einer Illusion – mehr und mehr ist dies eine Täuschung –, und es bedürfte nur einer gewissen inneren Bewegung des Bewußtseins, damit es nicht mehr existiert.

An dieser Stelle erhebt sich das Problem noch einmal. Denn es gibt verschiedene Erfahrungen in allen möglichen winzigen Einzelheiten, detaillierte Erfahrungen verschiedener Bewußtseinshaltungen, um herauszufinden, welche wirksam ist. Ein breites Studienfeld. Mikroskopisch, weißt du, aber äußerst interessant. Und die Antwort ist immer dieselbe, sie ist so schön: "Wenn du vergißt, daß du bist, und es nur noch den Herrn gibt, verschwinden alle Schwierigkeiten augenblicklich." Auf der Stelle. Eben noch war die Schwierigkeit da. Eine Sekunde später ist sie weg. Aber dies läßt sich nicht künstlich fabrizieren. Es ist kein mentaler oder irgendein persönlicher Wille, diese Haltung einzunehmen: es muß völlig spontan sein. Wenn es aber spontan ist, dann verschwinden alle Schwierigkeiten AUGENBLICKLICH.

Nicht mehr existieren – allein der Herr existiert.

Das ist das einzige Heilmittel.

Aber wie soll man das anstellen?... Verstehst du, das surrender, die Selbsthingabe, das Annehmen, all dies wird immer umfassender und immer besser. Aber das genügt nicht – es genügt einfach nicht. Selbst dieser Versuch des Bewußtseins, sich auf die Existenz des Herrn zu konzentrieren und alles andere zu vergessen – nicht einmal das genügt. Es hat eine Wirkung, aber sie ist gemischt, es ist nicht "das". Doch wenn es einem gelingt, nicht mehr dazusein, so daß nur noch der Herr existiert – eine augenblickliche Glorie, einfach wunderbar!

Aber es ist schwierig. Da ist eine sehr alte Gewohnheit, die im Wege steht.

Dennoch: dies ist das einzige Heilmittel, es gibt kein anderes. Es ist nicht einmal mehr ein surrender (das Wort "surrender" trifft die Sache nicht, weil da immer noch "etwas" ist, das das surrender macht, und das ist falsch). Es ist auch keine Verneinung, weil nichts verneint wird. Ich kann es nicht erklären. Nur: allein der Herr existiert – ein Wunder! Ein augenblickliches Wunder.

Und dies bis in die winzigsten Details, verstehst du? Es geht nicht mehr um "wichtige" oder "interessante" Dinge, nichts dergleichen. Es betrifft eine Aktion auf der Zellebene. Und dies ist das einzige Mittel.

Wann wird die Materie für "das" bereit sein? Das ist die Frage.

Innerlich ist es einfach, aber äußerlich... Plötzlich ist da, vor allem hier in der Gehirnmasse (Geste zu den Schläfen), eine Bewegung der Herabkunft, der Inbesitznahme durch den Herrn, und äußerlich hat man den Eindruck, als würde man ohnmächtig. Deshalb kann man nicht mehr aufrecht stehen, man muß sich hinlegen. Aber wenn man liegt, löst sich alles fast augenblicklich auf: das Zeitgefühl, die Schwierigkeit, alles, alles – nichts mehr existiert außer einer lichten, friedvollen und so starken Unermeßlichkeit.

Dies ist also die Lektion des Tages.

(Mutter lacht) Es ist gut, wir haben einen weiteren Schritt gemacht – einen großen Schritt.

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