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Mutters

Agenda

achten Band

11. Januar 1967

...Die Besucherlisten für den Nachmittag sind so lang geworden, daß ich keine Zeit mehr übrig habe. Vorher begann ich meine tägliche Arbeit (die Post zu unterschreiben usw.) um halb vier, dann wurde es vier, jetzt ist es Viertel vor fünf. Damals, als ich um vier Uhr fertig wurde, konnte ich noch Savitri übersetzen (das ist sehr lange her); später wurde ich immerhin noch um halb fünf mit der Arbeit fertig und hatte noch Zeit, etwas zu essen; jetzt werde ich erst nach fünf Uhr damit fertig (lachend), dann ist alles schon gelaufen!

Es MUSS so sein, weil es so ist.

Vielleicht ist es eine Lektion (es ist ein Hinweis), aber es hat einen Zweck 1 .

Ich versuche, die Lektion zu verstehen, die ich verstehen soll. Ich lerne, sehr geduldig zu sein...

Ja.

Oh, eine Geduld... Die Leute: ständig gibt es Auflehnung, Beleidigungen, all das. Für mich bedeutet dies gar nichts, und manchmal ist es sogar amüsant – manchmal finde ich es komisch. Aber wenn ich es komisch finde, bin ich nicht in bester Verfassung, denn in meiner normalen Verfassung – im wahren Zustand des Mitgefühls – beeinträchtigt es nichts, es bewirkt nicht einmal ein kleines Wellengekräusel auf der Oberfläche: nichts. Wenn es komisch ist, veranlaßt es mich, an den Leuten, die dies oder jenes taten, zu arbeiten. Wenn etwas arbeitet, erscheint es mir amüsant.

Gestern stellte man mir die Frage, ob die Beleidigung – das Gefühl, beleidigt worden zu sein – und das, was man im Englischen self-respect nennt (das entspricht in etwa dem Selbstwertgefühl), einen Platz in der Sadhana haben. Selbstverständlich nicht. Aber ich sah die Bewegung sehr deutlich: daß ohne Ego, wenn das Ego nicht vorhanden ist, diese Art Gereiztheit im Wesen NICHT EXISTIEREN KANN. Denn ich ging weit zurück zu der Zeit, wo ich dies noch fühlte (vor Jahren), aber jetzt ist es nicht einmal mehr etwas Fremdes sondern etwas Unmögliches. Das ganze Wesen, und seltsamerweise sogar die physische Konstitution, versteht nicht, was dies bedeuten soll. Dasselbe trifft materiell bei einem Stoß zu (Mutter deutet auf eine Abschürfung an ihrem Ellbogen), man empfindet es nicht wie eine Verletzung 2 . Es fühlt sich nicht mehr so an. Meistens geschieht überhaupt nichts, es geht völlig unbemerkt im Ganzen unter. Aber wenn doch etwas passiert, ist es nur ein sehr... sehr sanftes, sehr intimes Empfinden einer Hilfe, die fühlbar werden will, einer Lektion, die man lernen muß. Aber nicht wie es verstandesmäßig geschieht, was immer zu einem Versteifen führt, nein, eine augenblickliche Darbietung des Wesens, das sich gibt, um zu lernen. Ich spreche von allen Zellen. Das ist sehr interessant. Wollte man dies mentalisieren, könnte man offenbar sagen, daß es der Eindruck oder das Bewußtsein der göttlichen Gegenwart in allen Dingen ist und daß sich die Art des Kontakts aus dem Zustand ergibt, in dem man sich befindet.

Das ist die Erfahrung des Körpers.

Beim einzelnen Menschen ist die einzige Wahrnehmung bei einem Stoß oder einem Konflikt, einem Schock, immer eine klare Vision des Egos – des Egos, das sich immer noch manifestiert. Sie sagen: "Es ist der andere." Ich würde nicht sagen: "Oh, der da war wütend" oder "Oh, dieser hier ..." Nein, es ist sein Ego; nicht einmal "sein" Ego: DAS Ego, das Prinzip Ego, das Ego-Prinzip, das sich immer noch einmischt. Das ist sehr interessant, denn für mich ist das Ego zu einer Art unpersönlicher Wesenseinheit geworden, während es für jeden anderen das ausgeprägte Empfinden seiner Persönlichkeit ist. Statt dessen ist es eine Seinsweise (man kann sie irdisch oder menschlich nennen), die hier oder da mehr oder weniger ausgeprägt vorherrscht und jedem eine mehr oder weniger ausgeprägte Illusion seiner Persönlichkeit gibt. Sehr interessant.

Ja, aber es ist ärgerlich, daß die anderen ihre Lektion nicht lernen, folglich... folglich bedrängen sie dich.

Oh, wenn sie ihre Lektion lernten, würde sich alles sehr schnell ändern.

Folglich wirst du bedrängt, verschlungen.

Das kann nicht geschehen.

Deine ganze Zeit wird in Anspruch genommen, all dein...

Man kann mich nicht verschlingen. (Lachend) Ich bin zu groß!

Dennoch wirst du materiell überlastet.

Ich stelle fest, daß es schlecht vorangeht, wenn ich mich widersetze. Solange ich den Eindruck des Fließens habe, gibt es keine Stöße mehr. Dasselbe gilt für diese Abschürfung (Mutter zeigt auf ihren Ellbogen). Wenn man sich versteift und die Dinge Widerstand leisten, stößt man sich. Wie bei den Leuten, die zu fallen wissen: sie fallen, ohne sich etwas zu brechen. Andere, die nicht zu fallen wissen, verletzen sich beim kleinsten Sturz. Das ist das gleiche. Man muß lernen, die vollkommene... Einheit zu sein. Verbessern, Richtigstellen bedeutet noch einen Widerstand.

Was wird geschehen [wenn die Invasion andauert]?... Das wird ja amüsant, wir werden sehen! (Mutter lacht) Da die anderen nicht im selben Zustand sind, werden sie sich vielleicht ärgern, aber daran kann ich nichts ändern. (Mutter lacht)

Man muß immer lachen, immer. Der Herr lacht. Er lacht, und sein Lachen ist so gut, so voller Liebe. Sein Lachen umhüllt einen in einer außerordentlichen Süße.

Auch das haben die Menschen entstellt – (lachend) sie haben alles entstellt!

 

1 Diese lange Periode der äußeren "Invasion" seit letztem Jahr und die verstärkten Schwierigkeiten mit "den Leuten", wie Mutter es ausdrückte, sollten in der Tat zu einer ersten ernsthaften Warnung führen, die Mutter einige Tage später, am 14. Januar, erhielt (Sri Aurobindo diktierte Mutter eine Notiz über die "kataleptische Trance", um die Transformation ohne Störung zu bewerkstelligen).

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2 Mutter verwendete das Wort "injure" im englischen Sinn injury: Verletzung, Wunde.

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