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Mutters

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achten Band

15. April 1967

Hast du den Bericht über das LSD gelesen? Was sagst du dazu?

Er ist interessant. Sie haben Erfahrungen, die nicht nur als rohe Empfindungen einzustufen sind. Diese Droge setzt immerhin das Bewußtsein frei.

(Mutter sagt nichts)

Sie beseitigt die ganze Gewohnheit der Formationen.

Ja, gewiß, das schon.

Aber er sagt selbst, es sei besser, damit unter Aufsicht zu beginnen.

Aber bist du immer noch derselben Meinung, nachdem du das Ende gelesen hast? Du hattest ja nicht alles gelesen.

Es besteht absolut kein Zweifel daran, daß es das Gleichgewicht des Wesens zerstört. Aber offensichtlich kann es einen zu einem höheren Gleichgewicht führen. Allerdings beinhaltet dies ein Risiko.

(Schweigen)

Wahrscheinlich ist das ein Teil der Vorbereitungen, doch die Ergebnisse können ziemlich katastrophal sein.

Es könnte Teil einer wissenschaftlichen Disziplin sein. Aber dann müßte man es wie eine Disziplin ausüben, unter Überwachung erfahrener Leute.

Er sagt absichtlich nichts über die schädlichen Folgen. Ich habe persönlich zwei Leute getroffen, die die Erfahrung gemacht hatten und auf die es schreckliche Auswirkungen hatte – sie beschlossen, es nie wieder im Leben anzurühren.

Das erwähnt er absichtlich nicht.

Es müßte wie eine Lehrdisziplin studiert werden, mit allen Vorsichtsmaßnahmen und unter Aufsicht.

Es ist dasselbe wie alles andere: ein Mittel, das von unten ausgeht. Das wahre Mittel kommt von oben – das ist schwieriger, weniger spektakulär und nimmt mehr Zeit in Anspruch.

Als Studie und Beobachtung ist es gewiß sehr interessant. Aber es muß wissenschaftlich betrieben werden, mit Disziplin und sehr zielstrebig, wie eine Studie.

Offenbar bringt schon der Kontakt mit ein wenig Kraft von oben viele Leute durcheinander; hier wäre die Wirkung äußerst gravierend, glaube ich.

Man geht ein Risiko ein.

Für jemanden, der es als Studium betreibt, der bewußt ist, der schon viel weiß, sich selbst sehr gut unter Kontrolle hat und seine Reaktionen beherrscht, könnte es sehr interessant sein. Aber es einem armen Kerl zu verabreichen, der von nichts weiß und sich aus Neugier hineinstürzt, kann verheerende Folgen haben.

(Schweigen)

Im letzten Teil, das, was er als "zellulare Ebene" bezeichnet, ist es in der Tat die Beschreibung – EINE Beschreibung – der zellularen Phänomene und Tätigkeiten auf der ihnen eigenen Bewußtseinsebene, nämlich der des unendlich Kleinen. Er spricht von "großen Strömungen" und von "zellularen Transformationen" und alldem; es ist sehr zutreffend, nur 1... Es entspricht dem aktuellen Geschehen, aber es ist das Bewußtsein, reduziert auf die Dimension des unendlich Kleinen, eine Reproduktion dessen, was sich in den anderen Dimensionen ereignet. Aber nach all dieser Disziplin der Zellen, die jetzt mehrere Jahre andauert, macht mir seine Beschreibung den Eindruck derselben Sache, allerdings DURCH EINE ILLUSION GESEHEN. Das gestörte Gleichgewicht führt gerade zu dieser Illusion: die Illusion einer absoluten Realität, die tatsächlich eine völlig relative Wirklichkeit ist. Der Unterschied ist der, etwas mit dem Gefühl der Relativität zu sehen, mit einer ungeheuren Menge anderer Dinge zusammen, oder es ganz allein zu sehen, als eine ausschließliche und einzige Wirklichkeit. Es ist das Gefühl für die Harmonie und das Gleichgewicht des Ganzen, das fehlt. So wird es "ungeheuer", wie er sagt, manche Leute könnten es erschreckend finden. Dies genau deshalb, weil das Gleichgewicht fehlt. Das Gleiche trifft in einem ganz kleinen Maßstab für eine Person zu: diese Gesamtsicht, die einem die Größenordnung eines jeden Ereignisses vermittelt und allem die richtige Bedeutung zuweist, ändert alles. Wenn man ein Gefühl für das Gesamte hat, wird das, was schrecklich, katastrophal oder wunderbar erscheint, zu einem bloßen Teil des Ganzen. Der Sinn für das Gleichgewicht ist nicht mehr da. Als ich das Ende las, war mir dies noch eine weitere Bestätigung für meine Erfahrung.

In gewissen Fällen kann es nötig sein, das Gleichgewicht zu zerstören, um in Beziehung mit etwas Neuem zu treten, aber das ist immer gefährlich. Der Weg der Weihe und des surrender [Hingabe] an die höchste Macht liegt unendlich höher – er ist ein bißchen schwieriger. Schwieriger jedenfalls, als eine Droge zu schlucken, aber unendlich wertvoller.

Wir könnten es einen "für alle erreichbaren Yoga" nennen! Aber... es ist nicht ohne Gefahr.

Man sagt, daß schon recht viele Leute es nehmen...

(Schweigen)

Daß die Kraft arbeitet, daran besteht kein Zweifel, und es ist zweifellos die Auswirkung dieser Kraft.

Es gibt andere interessante Beispiele. Ein Birmane hat gerade den "Friedensnobelpreis" erhalten (vielleicht ist dir das bekannt). Er hat einen Artikel geschrieben (ich weiß nicht, in welcher Sprache er schrieb, jedenfalls erschien es auf französisch in einer Schweizer Zeitschrift), wo er etwas sagt, das jeder weiß, was aber auch allgemein vergessen wird: Würde man alles Geld, das für die Herstellung von Zerstörungsmitteln verschwendet wird, zum größeren Wohl der Menschheit verwenden, könnte man Wunder bewirken. 2 Dann fügt er hinzu (ich kann ihn nicht genau zitieren): damit so etwas geschehen kann, müssen die Menschen – die Nationen und die Menschen – aufhören, sich gegenseitig zu mißtrauen und einander zu fürchten, und wir müssen im Sinne der Einheit leben. Er sagt: DIE MENSCHLICHE NATUR MUSS SICH ÄNDERN, es ist höchste Zeit, daß sie sich ändert, und wir sollten alle dafür arbeiten, daß dies geschieht.

Ich bin sehr froh, dies zu hören. Er ist ein Mann, der das Wahre erfaßt hat.

Es beginnt sich auszubreiten. Auch in Korea sagt ein Mann dasselbe, und er ist Tausenden von Menschen bekannt. Sie rufen alle nach einer Änderung der Natur, einem "neuen Bewußtsein".

(langes Schweigen)

Etwas Interessantes zeigt sich im Bewußtsein der Zellen: Sie haben einen Sinn für Aufrichtigkeit, der VIEL exakter ist – was man im Englischen exacting [anspruchsvoll, streng] nennt – als im Vital und im Mental (das trifft sogar für das materielle Vital und Mental zu). Etwas Absolutes liegt in ihrer Aufrichtigkeit, das sehr bemerkenswert ist, und sie sind unter sich von einer Strenge, die ganz wunderbar ist. Das ist außerordentlich interessant. Gibt es etwas, irgendeinen Teil, irgendeine Bewegung, die zu mogeln versucht, packen sie sie so (Geste, nach etwas zu schnappen und ihm den Hals umzudrehen), auf eine so scharfe und präzise Weise... In allen vitalen oder mentalen Bewegungen gibt es immer eine Art Geschmeidigkeit (schlangenartige Geste), etwas, das versucht, sich zu arrangieren – hier jedoch, oh... (unbeugsame Geste). Wenn aber eine Anrufung, ein Gebet, das Geben seiner selbst, Hingabe und Vertrauen da ist, werden alle diese Dinge so rein – so rein und kristallklar, daß... oh!

Es gibt eine wachsende Überzeugung, daß eine in der Materie realisierte Vollkommenheit eine VIEL perfektere Vollkommenheit bedeutet als irgendwo sonst. Dort ist die Vollkommenheit von einer Stabilität, die sie sonst nirgendwo erreicht... Wenn sich die große Darbringung vollzieht, das freudige Geben, die freudige Hingabe, und irgend etwas mit dem geringsten Eigeninteresse dazwischenkommt – zum Beispiel irgendeine Stelle im Körper, die leidet (ein Schmerz oder eine Störung) und hofft oder wünscht oder erwartet, daß es besser wird – packen sie sie so (gleiche Geste des Ergreifens und Halsumdrehens) und sagen: "Oh, du Unaufrichtiger! Gib dich bedingungslos!" Großartig!

Das ist sehr interessant.

Diese Freude, diese Begeisterung ob der Tatsache, daß es MÖGLICH ist, völlig aufrichtig zu sein; man könnte fast sagen (es sind nur Worte), daß es "erlaubt" ist: "Das Leben ist eine solche Unordnung und ein solches Durcheinander von Unaufrichtigkeit, daß es wirklich DAS ist, was man von uns erwartet; DAS ist erlaubt, DAS muß verwirklicht werden: absolut sein in der Freude der Selbsthingabe." Das ist ein wahres Wunder.

Auch der Kontakt mit all diesen Wesen des Übermentals, mit all den Göttern und Gottheiten... Hier in den Zellen besteht eine Art... (wie soll ich sagen?) Direktheit und, ja, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, die sich sagt: "Ach, wie die sich aufspielen! (Mutter bläst ihre Backen auf) Was sind die bloß eingebildet!" Das ist äußerst interessant. Die Vision der Welt ist völlig anders, sehr viel aufrichtiger, ehrlicher und direkter. Seltsam.

Das Bewußtsein, das sich in den transformierten Zellen ausdrückt, ist ein Wunder. Es rechtfertigt all diese Zeitalter des Elends. Es hat sich wahrhaftig gelohnt, dahin zu gelangen, wirklich.

Insbesondere alle Vortäuschungen, alle Übertreibungen, alle Eitelkeiten, oh, all dies wird wie durch die unschuldigen Augen eines sehr reinen Kindes gesehen (viel besser noch! Das ist ein schwacher Vergleich).

(Schweigen)

Auch gibt es so etwas wie eine innere Richtschnur. Wenn irgendwo ein Schmerz auftritt oder sich irgend etwas querstellt, dann solltest du mal die Haltung der anderen sehen!... Ein strenger Ernst, der zuerst sagt (ich muß es übersetzen, dadurch verliert es seinen ganzen Charme), aber es fängt an mit: "Stell dich nicht so an, mach keine Geschichten!" (oder an alle gerichtet, je nachdem). Dann der Druck, sich zu unterwerfen. Und diese Aktion, überall das Licht fließen zu lassen... Man übersetzt es, und beim Übersetzen mischt sich leider immer das Mental ein; die Sache selbst denkt sich nicht, sie betrachtet sich nicht in ihrem Sein, sie ist sehr spontan. Sehr spontan und eben sehr aufrichtig. Das ist schön.

Es ist wie eine riesengroße Gesellschaft, nicht wahr.

Und bei der Arbeit gibt es Ansammlungen oder kleine Gruppen von Zellen, die mit einer Prägung verharren, mit überholten Prägungen. Oder manchmal hier (Geste zum Gehirn), aber da ist ein volles, starkes und dichtes Licht. Aber immer noch gibt es Winkel – viele kleine obskure Winkel –, verbunden mit der Erinnerung an die Umstände, die Ereignisse, die Empfindungen, die Wahrnehmungen, die zu dem geführt haben (der Prägung); all dies wird in einem neuen Licht gesehen, um aufgelöst zu werden. Und das... ja, wie sie sagen 3: "Man reist", man reist in einer ungeheuren Welt; es sind keine vergangenen Dinge... man reist in einer ungeheuren Gegenwart.

Allerdings reist man bewußt und freiwillig, statt durch die Wirkung einer Droge. Das ist viel besser.

Heute morgen erst wiederholte sich die Lektion, einfach mit noch immer haftenden Überresten von alten Dingen, Reaktionen und kleinen Bewegungen (inneren Bewegungen): "Eine einzige Lösung, nur eine Lösung: die Auflösung seiner selbst, die vollkommene Hingabe seiner selbst, das surrender von allem."

Und dann diese Freude des Lichts – die Schönheit, die Freude... eine solche Pracht!

(Schweigen)

Es ist das einzige Heilmittel.

Natürlich kann alles gut sein, alles ist möglich (das LSD), aber... es scheint ein ziemlich großer Umweg zu sein, um zum gleichen Ort zu gelangen.

 

1 Hier die Beschreibung der "zellularen Ebene" von Dr. Timothy Leary, einem Professor der Psychologie an der Harvard Universität: "Ungeheure Zellaggregate werden angetrieben, und das Bewußtsein wirbelt in seltsamen Landschaften, für die es weder Worte noch Konzepte gibt. Das LSD offenbart Dialoge der Zellen, die für den normalen Bewußtseinszustand nicht wahrnehmbar sind und für die wir keine adäquaten symbolischen Ausdrücke haben. Man wird eines Vorgangs gewahr, den man nie zuvor empfunden hat. Man fühlt sich selbst in die weichen Sümpfe seines eigenen Körpergewebes sinken, treibt langsam unter dunkelroten Aquädukten, schwebt durch endlose zellulare Gewebe, driftet langsam durch endlose Zellfabriken, sanft angetrieben wie von uralten unablässig klingelnden, läutenden, klirrenden, funkelnden und pumpenden Pendeluhren. Diese Erfahrung ist beeindruckend, wenn man sie zum ersten Mal macht; sie kann gleichzeitig eine schreckliche, furchterregende und wunderbare Erfahrung sein..." Dann seine Beschreibung der "vorzellularen Ebene": "Dein Nervensystem wird gewahr (wie Einstein), daß alle Materie, alle Struktur nichts als pulsierende Energie ist. Dein Körper und die Welt rundherum lösen sich in ein glitzerndes Gitterwerk von weißen Wellen auf. Du bist in die innerste Struktur der Materie eingedrungen und vibrierst in Harmonie mit ihrem ursprünglichen und kosmischen Puls."

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2 Mutter bezieht sich auf U Thant, den Generalsekretär der Vereinten Nationen: UNO, 10. April 1967: Die Tatsache, daß schon ein Bruchteil der Summen, die 1967 für Waffen ausgegeben werden, ökonomische, soziale, nationale und Weltprogramme in einem bis dahin unvorstellbaren Maße finanzieren könnten, ist für jedermann einleuchtend. Wenn sie sich vereinigen, sind die Menschen fähig, die Zukunft der menschlichen Entwicklung vorauszusehen und bis zu einem gewissen Punkt zu bestimmen. Das ist jedoch nur möglich, wenn wir aufhören, uns gegenseitig zu fürchten und zu belästigen und wenn wir die Umwandlung, die unvermeidlich stattfinden muß, zusammen akzeptieren, willkommen heißen und vorbereiten. Wenn dies eine Umwandlung der menschlichen Natur bedeutet, nun, dann ist es höchste Zeit, daran zu arbeiten; ganz bestimmt müssen sich gewisse politische Haltungen und Gewohnheiten der Menschen ändern. (La Suisse, Genf, 10. April 1967)

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3 Die Anhänger des LSD.

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