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Mutters

Agenda

achten Band

19. Oktober 1967

Wie es scheint, kündigt das Evangelium für dieses Jahr einen großen Kampf an...

Das Evangelium? In diesem Jahr?

Nicht explizit in diesem Jahr, aber es heißt, daß es vor der Wiederkunft Christi eine schreckliche Schlacht geben wird... Ich selbst weiß nichts davon. Aber eine Schülerin, eine Dame aus Holland, schrieb einen Brief: Es scheint, alle dort sind in großer Angst, eine Panik herrscht im ganzen Land, und man sagt, es sei das vorhergesagte Jahr des Kampfes. Hier in Indien (sie haben sich nicht untereinander verständigt), sagten Astrologen, daß September und Oktober die Monate eines schrecklichen Kampfes sein würden – vielleicht kein Krieg, aber ein Kampf zwischen der Wahrheit und der Lüge. Dort in Holland scheint es wie im Jahr 1000 zu sein: sie versammeln sich zu Meditationen, zu Anrufungen, zu gemeinsamen Gebeten... Hier ist es dasselbe, es herrscht Panik.

Ein Kampf findet statt. Man kann keinen Finger rühren, ohne eine Schlacht zu provozieren.

Ich gebe dir ein sehr alltägliches Beispiel: Die Regierung schuldet mir 175000 Rupien, und ich brauche sie unbedingt. Sie schulden sie mir seit einem halben Jahr; vor zwei Wochen schickte man mir ein Schreiben und sagte mir: Hier ist es. Ich war erleichtert, denn ich muß vor Monatsende bezahlen. Aber das Schreiben war nur ein Versprechen des Schecks, und jetzt sind die Zahlungen abgeschlossen, in diesem Jahr wird nichts mehr ausbezahlt... Verstehst du, auf diese Art, und ALLES ist so. Wenn ich kein Geld benötigte, wäre es mir ziemlich egal, nur ist jetzt "Dipavali" 1, ein Haus ist zu bezahlen, und alles sammelt sich an. So ist es: bei der geringsten Sache entsteht ein Kampf.

Dasselbe gilt für Auroville: Ein ganzer Teil der Regierung ist absolut enthusiastisch, aber drei oder vier Individuen hier im Staate Madras sind völlig dagegen und tun schreckliche Dinge: sie bringen alles zum Stillstand. Minister kommen (wie gewöhnlich), man trifft sie, sie versprechen einem wörtlich: "Ich stehe Ihnen bei, Sie werden alles bekommen, was Sie wollen"; sie verlassen das Zimmer und schicken ein Telegramm an ihren Sekretär: "Unterzeichnen Sie diese Papiere nicht." Überall solche Lügen, verstehst du.

Aber was amüsant ist: Hier sind es Hindus, dort drüben sind es Christen, und beide treffen sich in den Sternen und verkünden, es sei dieses Jahr, in diesem Augenblick hier.

Was denkst du darüber?

Was ich darüber denke? Ich fühle diesen Kampf seit langem – das Feld eines häßlichen Kampfes, ein Kampf in Form von Bosheiten, die sich überall manifestieren, so sehr sie können... Für mich ist das einzige Heilmittel, sich ruhig zu verhalten – ruhig zu sein und den Sturm vorbeiziehen zu lassen, sich nicht zu rühren.

Man sagte, wir würden im September einen Krieg mit China haben: das ließ sich verhindern.

Der Monat Oktober ist noch nicht zu Ende, wir werden sehen. Aber daß ein Kampf stattfinden werde, sagte ich schon zu Beginn des Jahres; ich sagte, daß man in diesem Jahr unbedingt eine Entscheidung fällen und dann durchhalten müsse.

Aber irgendwie hat man den Eindruck, es wäre besser, es käme äußerlich zum Ausbruch.

(Mutter schüttelt verneinend den Kopf) Nicht bei den Zerstörungsmitteln, die sie jetzt gefunden haben. Nicht mit dem, was sie jetzt entdeckt haben – das hält sie übrigens zurück, sie könnten ja ganze Städte zerstören.

Die Russen haben Apparate auf die Venus geschickt. Sie brauchten vier Monate für den Weg. In den Apparaten gab es Verbindungssysteme wie beim Radio, die Daten aussandten. Sie haben eine Vorrichtung, Erde aufzusammeln und zu analysieren: alles mit Maschinen. Der Satellit landete auf der Venus, und jetzt bringen sie jeden Tag Meldungen: "Wie es auf der Venus aussieht." (Mutter lacht) Sie prahlen ein wenig damit. Die Amerikaner gaben sich mit dem Mond zufrieden – auf den Mond gelangt man recht schnell. Aber die Russen brauchten vier Monate, um die Venus zu erreichen. Es hat geklappt, sie erhielten die Meldung, die elektronischen Einrichtungen funktionieren.

Ja, aber auf der Erde funktioniert es nicht!

Auf der Erde!... Ein Humorist schrieb in einem Artikel, daß die Amerikaner schließlich auf dem Mond landeten, und als sie sich umschauten, sahen sie plötzlich Leute ankommen: "Oh, Mondbewohner!" Sie konnten sich nicht verständigen (sie sprachen miteinander, aber sie verstanden sich nicht). Einer sprach sowohl Englisch als auch die andere Sprache, und so merkten sie, daß die "Mondbewohner" Russen waren! Das war sehr amüsant.

Ich weiß nicht mehr genau, früher las ich das Evangelium, aber ich erinnere mich nicht mehr, ich wußte nicht, daß man eine große Schlacht ankündigte. Ich weiß, daß man darin das Jüngste Gericht ankündigt, wo alle Menschen aus den Gräbern auferstehen und vor dem göttlichen Herrn erscheinen werden, der auf seinem Thron sitzt (Mutter lacht), und der sagt ihnen dann, ob sie... (lachend) Er wird die einen auf die eine Seite und die anderen auf die andere schicken... Ich übertreibe nicht, so steht es geschrieben.

(Dann schenkt Mutter Blumen) Das bereitet mir Freude. Das ist die Freude meines Lebens.

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Etwas später

Der Arzt ist wieder hingefallen (gerade am Abend vor seinem Geburtstag), und er hat sich den Arm verletzt, anscheinend hat er eine innere Blutung. Er teilte mir heute morgen mit, es werde mehr als zwei Monate dauern... Aber das ist bei allen so: Die Leute werden genau in dem Augenblick krank, wo sie nicht krank werden sollten (und sie werden gesund, wenn es nicht nötig ist, daß sie gesund werden!). Verstehst du, die ganze Zeit besteht eine allgemein verbreitete, kleinliche Bösartigkeit. Ich sage ihnen (den kleinen unsichtbaren Wesen): "Ihr seid dumm", aber sie sind durchaus zufrieden, wenn man ihnen das sagt; sie denken sich: "Die müssen ganz schön verärgert sein, um uns zu sagen, daß wir dumm sind".

Und ich sah... Gestern war der Geburtstag des Arztes, ich gab ihm eine Meditation (er hatte darum gebeten). Vor der Meditation bat er mich sehr freundlich: "Oh, ich möchte Frieden in meinem ganzen Körper, mein Körper findet keinen Frieden." Ich stellte Frieden her. Während einer Viertelstunde war er glückselig. Dann kam plötzlich etwas wie eine Wolke (kriechende, ziemlich niedrige Geste in der Atmosphäre), und er spürte eine Art Unbewußtheit: elend, elend, so elend, er war erschrocken. Da mußte ich die Meditation beenden. Er war es nicht: es ging nicht von ihm aus. Ich sah es (dieselbe kriechende Geste). Ich sehe es kommen, daher kann es mir nichts anhaben – ich sehe es, und ich sehe sogar den Charakter, den es annimmt, die Suggestionen, die es mit sich führt, und all das. Es kommt mit solcher Macht, daß ich gezwungen bin, es zu sehen – ich sehe. Es gibt nur EINE Lösung (bis jetzt): die absolute Unbewegtheit der allerhöchsten Kraft – aber kein Gegenstoß, einfach so (unbewegte, unbeugsame Geste). Zum Schluß erschöpft es sich und fällt zusammen. Aber man muß durchhalten, und nicht viele Leute können durchhalten – es ist hart. Es ist hart, es ist bösartig, es ist gemein, es ist so (Geste dicht am Boden), und es ist SEHR MATERIELL, sehr materiell: es berührt die Zellen, es stört die Ordnung. Der Körper beginnt sich unwohl zu fühlen: "Was ist los?" Unwohl. Bei allen ist es so; sie fragen mich, was es sei, und ich antworte: "Verhaltet euch ruhig – Friede-Friede-Friede-Friede", in der Weise.

Wenn man zu reagieren versucht, ist es viel stärker als man selbst: es dringt hinein, dann ist die Unordnung innen, und man wird krank. Oder man fällt auf die Nase wie der Arzt.

Scheußlich, einfach scheußlich.

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*   *

(Etwas später konzentriert sich Mutter auf das Foto einer Europäerin, die entfernt mit dem Ashram verbunden ist.)

...Ich fühle nichts. Ich habe keinen Kontakt – einen gewissen Kontakt habe ich mit allen, aber ich möchte sagen, hier besteht keine besondere Verbindung: das Psychische scheint völlig eingeschlafen zu sein. Ihr Kontakt ist vital und intellektuell. Das Psychische ist eingeschlafen oder abwesend, im Hintergrund, und bewegt sich nicht.

Ihre Schwierigkeiten müssen hauptsächlich mentaler Natur sein.

Was kann all das retten?

Gerade weil es zu viele solche Leute gibt, ist die Erde in solchen Schwierigkeiten! Viel zu viele Menschen stecken im Mental: mentale Schwierigkeiten, mentale Schwierigkeiten... Dort dringt man nicht durch (verschlossene Geste), man dringt nicht durch, man kann es nicht berühren. So ist es ein endloser Prozeß, und gerade dies bewirkt die Notwendigkeit von... bumm! Kämpfe, Kriege, Konflikte.

Ein brennender Glaube, eine psychische Aspiration, Elan, Selbsthingabe – aber nein, immer nur das: Selbstbezogenheit, Selbstbezogenheit... Allein die Selbsthingabe kann die Welt retten.

(Schweigen)

Der mentale Glaube genügt nicht, ein psychischer Elan ist vonnöten – Selbsthingabe, Selbstaufgabe.

Der Körper selbst lernt gerade, daß jedesmal, wenn er an sich denkt, eine kleine Katastrophe eintritt – keine "Katastrophe", aber ich möchte sagen, im Verhältnis zum Körper: eine zellulare Katastrophe, jedesmal, wenn er auf sich selbst bezogen ist. Er muß sich selbst ganz vergessen und darf auf keinen Fall versuchen, Unterstützung, Trost, Verständnis, Hilfe zu finden, nicht so (horizontale, umgebende Geste), nur da (Geste, die Handflächen nach oben geöffnet, während beide Hände ein nach unten zeigendes Dreieck bilden): Die einzige Unterstützung ist das Göttliche. Die einzige Hilfe, die einzige Verantwortung. Alles übrige... Nichts kommt von einem menschlichen Wesen oder geht auf es zu, ohne vermischt zu sein; und Vermischtsein bedeutet Konflikt.

Wir sind im Augenblick der Extreme: und sogar Extreme im ganz Materiellen. Habe ich euch voriges Mal erzählt, daß ich die erste Blüte einer Pflanze hatte, die sichtbar die supramentale Macht war? – So eine Blüte (Geste), eine Hibiskusblüte. Gestern gab es die erste Blume einer anderen Pflanze, auch eine Hibiskus, so groß, weiß wie Schnee, mit einer solchen Farbe im Zentrum! Eine unbestimmbare Farbe, man kann sie nicht benennen... ein goldenes Rosa, aber so schön, daß man sich fragt, wie solche Farben physisch existieren können. Eine so große Blüte (ungefähr fünfzehn Zentimeter). Es war SICHTBAR (es drückte sich so aus) der Sieg der Liebe, die Macht der Liebe... Man könnte meinen, daß die ganze physische Natur, oh, sie ist so (Geste einer intensiven Aspiration), sie versucht – sie versucht, und es gibt eine Antwort. Sie haben die Gnade, kein Mental zu haben.

Das war wirklich schön. Sie verwelkte leider, sonst hätte ich sie aufgehoben, um sie dir zu zeigen; so schön! Oh, es war so sehr... (die gleiche Geste von Begeisterung und Aspiration): der Durst, der Durst nach dem Göttlichen, allein der Durst nach dem Göttlichen. Alle mentalen Grübeleien, alle mentalen Komplikationen, all das dreht sich endlos im Kreise. Ja, genau das führt zu den gegenwärtigen Ereignissen: ein häßlicher Konflikt, wirklich häßlich, zwischen der Lüge und der Wahrheit.

Die Regierung ist verdorben. Leute, deren Taktik und Handlungsprinzip nur die Lüge ist: täuschen, täuschen, täuschen. Und natürlich sich selbst täuschen.

Weißt du, es sind die Tage der Pujas: erst Durgas Tage, und bald wird Kalis Tag kommen; nun sind alle Kräfte so (Geste, bereit zuzuschlagen), und bei dem geringsten Hinweis würden sie losstürmen. Man muß sie ständig zurückhalten (Geste des Stillhaltens), gut aufpassen und nicht das geringste Ungehaltensein empfinden, sonst...

Das höchste Bewußtsein dort oben schaut sich das an und... das höchste Lächeln.

Ich habe dir von der Begegnung mit Durga erzählt. Kali ist da und wartet. Natürlich bedeutet sie eine immense Macht – eine Macht... sie sind viel stärker, viel mächtiger als die wimmelnde Menschheit, und wenn man sie loslegen läßt... Ich möchte wirklich, daß die Liebe den Sieg SOFORT davonträgt – sie wird es auch tun, sie wird es tun, aber... nicht erst nach so viel Zerstörung.

(Schweigen)

Wir haben einen Höhepunkt erreicht, denn man hat wirklich den Eindruck, daß das Mental über die Materie triumphiert, und es ist davon überzeugt. Überzeugt – man geht, wohin man will, man weiß, was überall passiert... aber man weiß nicht, was in einem selbst geschieht.

 

1 Das Fest des Lichtes in Indien.

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