Mutters
Agenda
neunten Band
Mutter reicht Satprem den Text einer Notiz:
"Durch die Ausweitung seines Bewußtseins identifiziert sich der Körper mehr oder weniger mit denen, die ihn umgeben.
Jede Bemühung um Reinigung des eigenen physischen Bewußtseins in den anderen bedeutet entsprechend weniger Arbeit für diesen Körper."
Wenn sich nur jeder bemühen würde...
(Mutter nickt)
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* *
Gestern sah ich P.L. Er ist noch immer schrecklich nervös. Er sagt, es gehe ihm viel besser, aber bei der geringsten Kleinigkeit verkrampft er sich immer noch völlig. Es ist noch etwas um ihn herum...
Er muß noch hierbleiben, bis sich all das aufgelöst hat, bereinigt und zerstört ist.
Interessant, es geschehen interessante Dinge.
P.L. hatte einen interessanten Traum. Er notierte ihn sich, damit ich ihn dir erzähle... Ein sehr sonderbarer Traum, den er in einem Abstand von einigen Tagen dreimal hintereinander hatte. Genau denselben Traum, dieselbe Geschichte...
Jemand hat ihm diesen Traum geschickt.
Laß hören!
(Satprem liest:) "Ein Feiertag im Vatikan. Der Petersplatz ist brechend voll. Das Gefolge des Papstes, dem ich so oft aus nächster Nähe neben den Kardinälen beigewohnt habe, setzt sich in Bewegung. Anstelle des "sedia gestatoria" [der Sänfte des Papstes] geht dort jedoch ein riesiger Elefant, der eine bekannte Persönlichkeit auf dem Rücken trägt. Wer ist diese Persönlichkeit? Die Mutter? Nein, es ist Pavitra... Aber nein, es ist Satprem! Wieder nicht, es ist der Rektor der Schule... Je mehr ich meine Aufmerksamkeit auf die betreffende Persönlichkeit richten möchte, desto mehr verändert sich ihr Gesicht, wie in einem Kaleidoskop. In Wirklichkeit habe ich Schwierigkeiten, mich darauf zu konzentrieren, denn ich leide unter dem Gewicht des Elefanten, der seinen Einzug in den Petersdom hält. Tatsächlich befinde ich mich in einer sehr unbequemen Lage, denn ich bin nicht der Elefant: ich bin in seinen Füßen, seinen Zehennägeln, und sein Gewicht ist ungeheuer schwer, aus diesem Grund gelingt es mir nicht zu sehen, wer auf dem Elefanten sitzt. Inzwischen ist der Elefant auf der Höhe des Bernini-Baldachins im Petersdom angekommen, und schließlich erreicht er den Thron des Papstes, wo er seinen Platz einnimmt und sich hinsetzt ..."
(Mutter lacht)
"Auf seinem Kopf sitzt noch immer die gleiche Persönlichkeit: die liebe Mutter? Pavitra? Satprem? Ein Lehrer? Ich weiß es nicht. Ich kann den Körper nicht sehr gut sehen, und allein das Gesicht verändert sich... Plötzlich durchläuft eine ungeheure Schwingung die unermeßlich große anwesende Menschenmenge: Alles wird erschüttert, und aus diesem Gesinnungswandel entspringt ein mächtiger Ruf, ein Applaus für diese Kraft, die ihre Seelen durchdringt – die ganze Menge ist transformiert... Nach den Feierlichkeiten verläßt der Elefant den Dom. Ich stehe am Portal und betrachte die unendliche Menge, die sich weit, weit erstreckt. Ich würde gern wissen, wieviele Personen es sind, und schließlich erscheint am Horizont eine Ziffer: 1,6 Milliarden."
Dieser Mann ist erstaunlich empfänglich!
(langes Schweigen)
Dreimal sagst du?
Dreimal: am 9. Mai, am 11. und am 18. Mai.
Was war die Zahl?
1,6 Milliarden. Es scheint, dies entspricht etwa der ganzen Christenheit: nicht nur die Katholiken sondern alle Christen.
Das war es, was mir gesagt wurde. Mir wurde gesagt, dies sei die erste Bewegung – das erste Anzeichen der Bekehrung der Christenheit zur Wahrheit. Und es wurde deutlich gezeigt, daß dies BESCHLOSSEN worden war. Das sah ich.
So etwas hatte ich noch nie gesehen! Ich habe dir schon erzählt, als ich im Empfangszimmer war und P.L. hereinkam, geschah etwas so... Schwerwiegendes (wie soll ich sagen?...), etwas, das die Bedeutung und Solidität einer großen weltumfassenden Bewegung hatte: wie die großen Epochen, der Beginn eines großen Zeitalters. 1 Ich hatte so etwas noch nie verspürt. Das war vor seiner Abreise [zurück zum Vatikan]. Also sah ich mir die Sache an und erkannte, daß es von oben erlassen worden war: der Beginn der Bekehrung der Christenheit zur Wahrheit – das Christentum in seiner Gesamtheit.
Dort hat man das auch gespürt: ich habe dir von diesem Angriff erzählt, er war von einer Gewalt...
Es traf vor allem P.L. und dann zum Teil auch mich: es hat diesen Körper berührt. Aber weißt du, selbst vom allergewöhnlichsten, oberflächlichsten Gesichtspunkt aus war die Heilung wunderbar. Diese Dinge (Schwellungen) dauern im allgemeinen acht bis zehn Tage – nach zwei Tagen war alles vorbei. Dies... Mein Körper selbst, der doch daran gewöhnt ist, mit den Kräften in Verbindung zu stehen, war höchst erstaunt. Es war wirklich wunderbar.
Die konkrete Wirkung dieser Kraft, die Sri Aurobindo "die supramentale Kraft" nannte, ihr erster Kontakt und ihr erster Aspekt ist ein Aspekt der Wahrheit. 2 Oder wie Sri Aurobindo es ausdrückte: die Wahrheit muß sich vor der Macht der Liebe manifestieren.
Verglichen mit dem normalen Ablauf des Lebens gleicht dies tatsächlich einem Wunder – wunderbar in dem Sinne, als zumindest die Geschwindigkeit der Transformation und der Aktion ungewohnt ist.
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Nach einer langen Konzentration greift Mutter den Faden wieder auf:
Da waren noch zwei Kleinigkeiten, wirklich Kleinigkeiten, aber immerhin amüsant... Vor einem oder eineinhalb Jahren (ich erinnere mich nicht mehr genau) schickte mir jemand ein Album mit Fotos aus Frankreich, besonders aus Paris, und ich habe sie mir angesehen. Beim Blättern gefiel mir ein Foto der Quais besonders gut (ich sah es mir besonders aufmerksam an, in allen Einzelheiten), die Quais mit all den Bouquinistes. Im Vordergrund war ein Buchtrödler, ich sah ihn deutlich. Danach schloß ich das Album und legte es weg. Später wollte ich jemandem davon erzählen und sagte ihm: "Sehen Sie sich einmal die Buchtrödler in Paris an! Es gibt da ein Foto ..." Also blätterte ich im ganzen Buch, Seite um Seite – kein einziges Foto eines Buchtrödlers! Ich suchte das ganze Buch durch, wieder und wieder... kein einziges Foto eines Buchtrödlers. 3 Das war also wirklich ein Problem, ich sah mir das Album noch mehrere Male an und versuchte, eine Erklärung zu finden. Schließlich reisten M und G nach Paris und schickten mir eine Ansichtskarte von den Quais mit den Buchtrödlern – es war genau dieses Foto! Gestern erhielt ich die Karte. Das Bild war nicht im Album: ich erhielt es erst gestern, es war genau das Foto.
Das andere steht in Bezug zu R, der vor einigen Jahren einen Anfall von Filiarosis erlitt. Er hatte mir davon erzählt, doch es war weggegangen. Aber dann kam es wieder. Vielleicht drei oder vier Jahre später. Diesmal war es sehr heftig, und es gelang ihm nicht, es loszuwerden. Er beklagte sich darüber in einem Brief an mich. Ich sagte ihm, daß er einen "Rückfall in seinem Glauben" durchmache. Es scheint, dies war das dritte Mal, daß ich ihm das schrieb (ich hatte keine Ahnung – ich weiß nie, wie und weshalb ich etwas schreibe). Also antwortete er mir: "Dies ist das dritte Mal, daß Sie mir das schreiben, was bedeutet das?" Da erklärte ich es ihm. Als ich seinen Brief erhielt und ihm antwortete, tat ich, was ich immer tue: ich bringe die Person in Verbindung mit dem Herrn, und ich bitte um Sein Einschreiten... Er erhielt also meinen Brief, und heute schreibt er mir, daß er, während er ihn las, in einem Zeitraum von zehn oder zwanzig Minuten tatsächlich beobachten konnte, wie das Bein immer dünner wurde, und innerhalb von zehn, fünfzehn Minuten war die Schwellung verschwunden. (Der Fuß war zweimal so dick wie normal, das Bein war ganz geschwollen, du weißt wie das bei Elefantiasis ist.) Das schrieb er mir heute morgen... Und ich hatte ihm gesagt, daß die Kraft diesselbe war, aber nicht sein Glaube, und daß darum die Kraft nicht so viel Wirkung zeitigen konnte. Und er antwortete mir: "Ich las nur Ihren Brief, und vor meinen Augen verschwand alles!"
Wenn man diesen Körper fragt, gibt es nur... Er ist sich zweier Dinge bewußt: einer immer intensiveren Anbetung der Zellen, ach, wie... (Geste einer aufsteigenden Flamme), und gleichzeitig ein so deutliches Gefühl, wie weit sie noch von dem entfernt sind, was sie sein sollten, also ein Gefühl der Unwürdigkeit ihres Zustandes. Diese beiden Dinge existieren ständig nebeneinander. Das ist alles. Wenn man mir dann Fälle wie diesen erzählt, ob es nun eine Krankheit oder etwas anderes sei (so etwas bekomme ich jeden Tag drei–, vier–, fünfmal zu hören, das kommt andauernd vor – ich gebe dir diesen Fall als ein sehr konkretes Beispiel, weil es gerade eben geschah und du R kennst). Dabei ist sich der Körper nicht einmal bewußt, als Vermittler zu fungieren, denn seine Gebrechlichkeit und Unzulänglichkeit ist ihm allzu deutlich gegenwärtig... Ganz wie diese Heilung (die Schwellung in Mutters Gesicht), das war eine Heilung wie bei R, beinahe augenblicklich: es kam schlagartig und ging weg. Der Körper ist sich der Herrlichkeit des Wunders also vollkommen bewußt... eines Wunders, das jegliche Vorstellung übersteigt.
Und es gibt die sehr ausgeprägte Empfindung im Bewußtsein, daß die Zeit gekommen ist.
Neulich erklärte ich dies Rijuta: Diese unermeßlichen Perioden, in denen die Dinge sich vorbereiten – die Vergangenheit klingt ab, und die Zukunft bereitet sich vor –, unermeßliche Zeiträume... eintönig, grau, in denen die Dinge sich endlos wiederholen und alles den Eindruck erweckt, als müsse es ewig so bleiben. Zwischen zwei solchen Perioden tritt plötzlich die Veränderung ein. Wie der Augenblick, als der Mensch auf der Erde erschien – und nun handelt es sich um etwas anderes, ein anderes Wesen.
Jedenfalls werden wir ganz eindeutig die Vorzeichen sehen – wir sehen sie sogar schon... Das sagte ich Rijuta, während ich erzählte, daß der Präsident der Vereinigten Staaten nach Moskau reisen werde, um einen Friedensvertrag mit Vietnam zu unterzeichnen. Es gab drei Kriege, von denen der eine eingestellt, aber noch nicht beendet war (der zwischen Ägypten und Israel, dort ist man jetzt zu einer Übereinkunft gelangt). An den dritten erinnere ich mich nicht mehr. Drei gleichzeitig. Der Schwerwiegendste von den dreien war der zwischen Amerika und Vietnam. Ich sagte ihr also: Das ist ein Zeichen.
Und dies ist keine mentale Vorstellung, das sind keine Gedanken: als ich das sagte, SAH ich es, ich sah es.
Ja, etwas ist tatsächlich dabei, sich zu verändern.
Das sind noch Vorzeichen, Bewegungen, die etwas ankündigen, es ist noch verstreut, noch nicht zusammenhängend; für denjenigen aber, der zu sehen versteht, ist es klar.
(Schweigen)
Durch dieses letzte Abenteuer (der Angriff auf Mutter) hat der Körper vertrauen gelernt. Vorher war er noch ganz im Pessimismus befangen gewesen durch seine materielle Vergangenheit. Bestimmte Elemente dieser Vergangenheit, insbesondere die Eltern, waren ganz bewußt ausgewählt worden aufgrund ihres praktischen Sinns, ihrer sehr konkreten materiellen Ehrlichkeit: bloß nichts Mystisches – dies geschah absichtlich. Andererseits gab mir das jedoch eine Art von... nicht eigentlich Pessimismus, aber doch eine sehr akute Sicht der extremen Unzulänglichkeit der Dinge. Der Körper spürte das, und sein Glaube mußte gegen eine Angewohnheit ankämpfen, die stets die Schwierigkeit, das Hindernis, den Widerstand erwartete, und obwohl er einen vollkommenen Glauben in den letztlichen Sieg hat, konnte er doch nicht von der Gewohnheit lassen, auf dem Weg Schwierigkeiten zu erwarten... Dieses letzte Abenteuer gab ihm einen guten Schub nach vorn: sein Vertrauen ist jetzt viel lächelnder. Und die allgemeine Schau ist so, wie ich sie dir geschildert habe. Die ganze Zeit über, selbst angesichts der schlimmsten Schwierigkeiten, besteht immer... es dringt aus den Zellen hervor, wie eine goldene Hymne: die Beschwörung, der Anruf, die Beschwörung der höchsten Macht... Und dies mit einem solchen Glauben! Herrlich.
(Schweigen)
Und was haben die gegenwärtigen Ereignisse in Frankreich zu bedeuten? 4
Das ist ganz klar die Zukunft, die erwacht und die die Vergangenheit davonjagen möchte.
Hast du die Briefe der Kinder von S gelesen? Sie sind dort. Alle Studenten und die ganze Arbeiterklasse haben ihre Kräfte vereint. Natürlich ergibt dies mental ein Riesenmischmasch, alle möglichen Ideen sind da, aber die Kraft dahinter... Zum Beispiel wollen die Studenten die Lehrmethoden vollkommen ändern: sie fordern mit großem Nachdruck die Abschaffung aller Prüfungen. Sie selbst sind sich dessen nicht gewahr, aber sie werden von einer Kraft gedrängt, die die Manifestation einer wahreren Wahrheit will.
Sie selbst wollen keine Gewalt – es scheint, daß nicht sie es waren, die zuerst Gewalt anwendeten, sondern die Polizei. Das ist sehr interessant, denn die Polizei ist das Sinnbild der Verteidigung der Vergangenheit. Als ich die Briefe dieser Kinder las und man mir dann die Neuigkeiten brachte, kam es (dies wurde sehr klar gesagt, eine sehr klare Vision): Die Zukunft, die Höhere Kraft ZWINGT die Leute, das zu tun, was sie tun sollen. Zwischen jetzt und jenem (das sehr weit in der Zukunft liegt) muß die Macht einer REGLOSEN Masse sein. Und die Vision war klar: Wenn Millionen, nicht Tausende sondern Millionen von Menschen sich versammeln und die Gebäude einnehmen, die Plätze besetzen, absolut friedlich, sich schlicht versammeln und besetzen (natürlich mit Vertretern, die sagen, was sie wollen), dann wird dies Macht haben. Es darf aber keine Gewalt aufkommen: Sobald man zur Gewalt greift, ist das ein Rückfall in die Vergangenheit, es öffnet den Weg zu allen Konflikten... Zu dieser Zeit wußte ich nicht, daß es die Polizei war, die mit der Gewalt begonnen hatte; ich wußte es nicht, ich kannte die Einzelheiten der Geschichte nicht. Die Vision aber war sehr klar: eine Massenbesetzung, und diese Menschenmenge ist allmächtig in ihrer Reglosigkeit, sie setzt ihren Willen durch ihre bloße Anzahl durch, mit intellektuellen Vertretern für die Verhandlungen.
Ich weiß nicht... De Gaulle hat eine Öffnung für etwas, das über die rein materielle Kraft hinausgeht. Ist er der Situation gewachsen? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall aber gehört er zu den besten Instrumenten.
Nicht unbedingt in allen Einzelfällen, aber in der Richtung der Bewegung handelt es sich klar um den Willen, mit der Vergangenheit Schluß zu machen und das Tor der Zukunft zu überlassen.
Wie ein Ekel vor der Stagnation. Ja, ein Durst nach etwas Kommendem, das leuchtender und besser scheint. Und tatsächlich GIBT ES etwas – es handelt sich nicht um eine bloße Einbildung: ES GIBT etwas. Das ist das Schöne daran, es gibt etwas. ES GIBT eine Antwort. ES GIBT eine Kraft, die sich ausdrücken möchte.
Frankreich befindet sich in einer bevorzugten Lage: Indien an erster Stelle, gefolgt von Frankreich, aus Gründen der... einfach der Empfänglichkeit. Frankreich hat immer versucht, vorn zu sein (aus diesem Grund wurde mein Körper auch dort geboren).
(Schweigen)
Die Zeitungen sprechen von einem Streik von mehreren Millionen (die Kinder von J schrieben dies). Es hat aber überhaupt nicht den Charakter eines Streiks: das ist eine Revolution.
Ich kenne das. Ich weiß nicht, ob ich dir das jemals gesagt habe, aber es bestand schon immer eine Identifikation des Bewußtseins dieses Körpers mit allen revolutionären Bewegungen. Ich konnte das innerlich immer bewußt verfolgen und unterstützen, noch bevor man Nachrichten davon hatte: in Rußland, in Italien, in Spanien und anderswo – immer, überall –, und es handelt sich im wesentlichen immer um dieselbe Kraft, die das Eintreffen der Zukunft beschleunigen will – immer –, die ihre Aktionsmittel aber stets dem jeweiligen Zustand der Masse anpassen muß.
Und jetzt scheint der Zustand der Erde einen Punkt erreicht zu haben, wo die Manifestation der Masse in einer Art schweigendem, reglosem Willen zumindest möglich wird... Dies ist eine Zwischenphase, um jenen Zustand zu erreichen, wo die Masse unter der direkten Kontrolle der höchsten Kraft gehalten und von ihr bewegt wird.
Darauf gehen wir jedenfalls zu.
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* *
Gegen Ende des Gesprächs
Gestern sagte ich P.L., er möge es mich wissen lassen, wenn er das Bedürfnis verspürt, mich zu sehen. Natürlich wäre es vom materiellen Standpunkt aus besser, wenn dies nicht zu oft geschieht, denn ich bin überaus beschäftigt, aber wir werden sehen, was wir tun können. Es ist notwendig und sehr wichtig.
Ich sage ihm nichts über seinen Traum, oder kann ich ihm etwas sagen...?
Oh, du kannst ihm sagen, daß ich ihn bemerkenswert sensibel und empfänglich finde und daß eine SEHR TIEFE Wahrheit hinter seinem Traum steht, trotz der etwas kindlichen äußeren Form. Eine sehr tiefe Wahrheit.
Das ist nicht jemand, den man antreiben muß, im Gegenteil: er ist jemand, den man besser zurückhält, denn das Adhar (wie die Inder sagen), d.h. die materielle Hülle, ist nicht stark genug für die Kraft, die ihn bewegt. Das führt zu Krankheiten. Er ist kein Mann, den man motivieren muß: im Gegenteil, man muß ihn bremsen.
Aber er ist sehr bewußt – sehr bewußt, viel bewußter, als es dem Traume nach erscheint. Sehr bewußt... Auch dort ist ein Wendepunkt eingetreten, wo die gewaltige alte Formation des Christentums, die sich so über die Welt ausgebreitet hat (Geste einer Krake mit vielen Tentakeln), – die natürlich ihren Zweck erfüllt hat und getan hat, was sie tun sollte; sie kam, als es nötig war, usw., usw., wir wissen das –, aber jetzt ist der Wendepunkt, wo sie sich ändern muß, um ein Werkzeug der Wahrheit von morgen zu werden.
Und dieser Papst hat seine Arbeit verrichtet, so gut er konnte.
Vielleicht wird es noch über einen längeren Zeitraum hinweg nötig sein, daß P.L. ein nur teilweise bewußter Vermittler bleibt: nicht aktiv. Er dient als Vermittler, als Bindeglied (Geste einer Brücke zwischen Mutter und dem Vatikan). Er darf sich aber nicht... Er hat nicht die Fähigkeit, der ungeheuren Macht dieser Leute zu wiederstehen. Es ist wichtig, daß er sich sehr ruhig verhält – sehr ruhig, sehr friedlich –, daß er sein Leben glücklich weiterlebt und seine Aufgabe erfüllt.
1 Siehe auch das Gespräch vom 3. April 1968.
2 Es gilt hier zu verstehen, daß der Begriff "Wahrheit" nicht in einem philosophischen, ethischen oder ideellen Sinn verwendet wird: Es handelt sich um die Wirklichkeit, WIE SIE IST, die Welt, so WIE SIE IST, ohne Verhüllung durch die Falschheit. Das wirkliche Leben ist ein "Wunder".
3 Siehe auch Agenda Bd. 5 vom 5. Februar 1964.
4 Eine Art Generalstreik von acht Millionen Menschen, der mit einem Aufstand der Studenten und der Besetzung der Sorbonne begann.