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Mutters

Agenda

zehnten Band

18. Oktober 1969

Heute ist Durga Puja... Weißt du, daß ich einen Löwen unter meinen Füßen habe?

(das Kissen unter Mutters Füßen)

Zieh daran!... (lachend) Er ist freundlich. Er bleibt ruhig.

Was bringst du denn?... Nichts. Heute ist es noch gar nicht so spät...

Hast du nichts?... Ich auch nicht, außer Neuigkeiten von A.R. Er ist in seiner Hütte am Strand und sagt, er fühle sich sehr wohl, aber er beunruhige sich etwas: "Wäre es nicht nützlicher, wenn ich Leute sähe?..." Ich ließ ihm antworten, er selbst habe das Bedürfnis geäußert, allein zu sein. Er hatte zwei Leistenbrüche. Einen hat er geheilt (das hat er dir alles erzählt), und den zweiten heilte er absichtlich nicht, denn er setzte es sich in den Kopf, wenn er das wahre Bewußtsein hätte, würde er von selber geheilt... Theoretisch ist das wahr, aber... läßt es sich in einem Leben realisieren? Ich weiß es nicht. Ich sah, daß er heilen würde, wenn er ihn wieder nach innen drücken würde (das ist möglich). Aber das lehnt er ab – er verlangt fast ein Wunder... Er ließ mich durch F fragen, ob es nicht nützlicher wäre, wenn er wieder anfinge, Leute zu sehen. Ich sagte: "Das ist ausschließlich SEINE Sache, er muß wissen, was er will." – Nicht "was er will": Was er tun SOLL – den Auftrag empfangen und tun, was er tun soll. Ich kann nichts sagen. Ich habe ihm die physischen Bedingungen gegeben, die er suchte. Als du mir davon erzähltest, schaute ich und konzentrierte mich, und ich sah sehr deutlich, daß sein Leistenbruch heilen könnte, wenn er ihn wieder nach innen drückte. Aber er lehnt das ab. Jetzt weiß ich nicht mehr. Theoretisch ist das, was er sagt, vollkommen richtig, aber, ABER...

Er vollbrachte mehrere Wunder an anderen.

Ja, das hat er getan, er kann es tun. Es ist möglich. Wie gesagt: theoretisch ist das sehr gut möglich – wir werden sehen.

Welche Art von Verwirklichung fehlt ihm denn?

Ich weiß es nicht, er ließ mir mitteilen, er möchte sagen können: "Ich bin" 1 . Und mit "ich" meint er, glaube ich, das höhere Bewußtsein (ich weiß nicht, ob er die Vorstellung des Göttlichen oder einer "höchsten Harmonie" hat oder was, ich weiß es nicht – vielleicht weiß er es selbst nicht). Er will sagen können: "ich bin"... Für mich ist der Vorgang... Wie gesagt, nichts ist unmöglich, aber ich mag viel lieber die Vorgangsweise: "Du bist". Verstehst du, damit das "Ich" verschwindet.

Aber er ist ein Mann ohne Ich.

Er hat eins. Er ist äußerst großzügig und selbstlos, aber er hat eins.

Dennoch hatte ich niemals den Eindruck, daß er sagte: "Ich heile ..."

(nach einem Schweigen)

Ich habe den starken Eindruck, daß er ziehen will... Er sagt: "Das Göttliche ist in allem", und damit meint er: "Ich bin das Göttliche." Ich fand es (wie soll ich sagen?) in yogischer Hinsicht, in Hinsicht auf die Disziplin, weitaus hilfreicher, zu sagen: "Du bist", als zu sagen, "ich bin". Verstehst du den Unterschied?

Ich verstehe sehr wohl.

Das liegt daran, daß er noch sehr stark das Gefühl eines individuellen Körpers hat.

Seitdem mein Körper seine eigene Individualität nicht mehr fühlt, ist es ganz spontan und natürlich "Du bist" – alle Zellen, jede Zelle: Du bist.

Für die Zellen gibt es kein "Ich".

Offensichtlich geht jeder seinen eigenen Weg, also sagte ich ihm nicht: "Das darf man nicht tun." Ich habe mich davor gehütet.

Ja, denn nach seiner Realisation wurde er sehr beeinflußt durch die Lehren der Swamis, für die es immer heißt: "Du bist Das." 2

Sie haben unrecht.

Für den ganzen alten indischen Yoga war der Körper etwas Untransformierbares und folglich eine vorübergehende Notwendigkeit, die wieder verschwinden wird. Für Sri Aurobindo hingegen ist der Körper transformierbar, und sobald er transformierbar ist, sieht der Körper sich selbst nicht mehr als Individuum sondern als der Herr. Und ich versichere dir, daß dies spontan, natürlich... und glückselig ist. Die Vorstellung einer abgetrennten Person ist ein schmerzhafter Notbehelf.

Ich war mit A.R. zusammen, als er hier meditierte... sein Körper ist noch EIN Körper.

Aber er hat die Realisation von "Dem".

Ja... auf gewisse Weise.

Deshalb sagte ich (denn er ist sich der göttlichen Gegenwart sehr bewußt): "Fragen Sie mich nicht, was Sie tun sollen: Sie müssen es in Ihrem eigenen Körper wissen." Ich kann es ihm nicht sagen, denn... denn das Göttliche verwirklicht sich in jedem auf unterschiedliche Weise – sonst bräuchte es nur eine Person zu geben.

Ich will ihm keinerlei Ratschläge erteilen, ich weigere mich absolut.

Was ich in seinem Fall bemerkenswert finde, ist die Art, wie er seine Verwirklichung INKARNIERT hat, denn es ist wirklich nicht etwas, das er mit gekreuzten Beinen in Meditation erlangt: er ist spürbar erfüllt von diesem Bewußtsein. Das finde ich wirklich bemerkenswert.

(nach einem Schweigen)

Hier in Indien rührt die Unbeweglichkeit von der Verachtung des Körpers her: sie wollen seine Existenz so weit als möglich aufheben. Sri Aurobindo protestierte dagegen, indem er sagte: "Nein, der Körper muß an der Erfahrung TEILHABEN." Natürlich ist A.R. überzeugt, daß der Körper an der Erfahrung teilhaben muß, und deshalb hat er die richtige Haltung. Aber als Bestätigung will er JETZT das Bewußtsein dessen verwirklichen, was Sri Aurobindo das Supramental nennt. Das heißt, das Göttliche zu SEIN, ohne Unterscheidung zwischen dem Körper und dem Rest. Das Göttliche sein...

Wenn der Augenblick dafür gekommen ist, um so besser; und deshalb will ich nicht eingreifen. Aber ich weiß nicht, ob der Augenblick gekommen ist... Zuweilen ist der Körper völlig überzeugt – in solchen Momenten erscheint es unmöglich, daß der Augenblick nicht gekommen ist –, aber in anderen Augenblicken verschleiert es sich völlig. Das kommt daher, daß trotz allem, selbst jetzt noch, das Bewußtsein einer Vermischung sehr klar wird. Das heißt, es ist erst eine teilweise Verwirklichung; sie ist noch bruchstückhaft. Und dies aus einem sehr einfachen Grund (kein Argument kann einen darüber hinwegtäuschen): auf die eine oder andere Weise muß sich die Erscheinung verändern. Dieser Körper hat Fähigkeiten – das ist sichtbar –, Fähigkeiten, die viele andere Körper nicht haben, aber es ist noch ungewiß, nicht fest begründet und nicht total. In dieser Übergangsperiode wird es sicher irgendwann EINEN geben, der auf die andere Seite gelangt, d.h. der zur Verwirklichung gelangt – irgendwann muß ja eine Verwirklichung stattfinden. Es muß so sein... Jedenfalls hat A.R. eine gute Einstellung, deshalb kann man nichts sagen. Aber da er mental nicht entwickelt ist, besteht dort eine Mischung von Einflüssen 3 – daran liegt es. Nicht an seinem Körper sondern am Mental. Und diese Vermischung will ich auch nicht ersetzen durch eine (Mutter deutet mit einer Geste eine sich aufzwingende Autorität an)... Alles, was ich tun kann, ist, die nötige Atmosphäre zu schaffen, und damit hat's sich.

Ich habe einen Brief von N.S. 4 erhalten, in dem sie mir sagt, sie sei ganz verzweifelt, das Rendezvous verpaßt zu haben, das ich ihr mit A.R. gegeben hatte. Aber ich bin nicht sicher... [daß es so nicht besser ist]. Sie sagt, sie sei mit einer Stunde Verspätung zur Verabredung gekommen, weil sie ich weiß nicht wo war, und sie war vollkommen durchnäßt und mußte ihre Kleider wechseln. Sie hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen, er möge bitte auf sie warten. Aber als sie ankam, war er schon weg. Sie weiß nicht, ob L die Nachricht nicht erhielt oder ob er sie nicht weitergeleitet hat. Sie schreibt mir, sie wolle bei der nächsten Gelegenheit kommen, um ihn zu sehen... Ich ließ ihr antworten, daß er sich im Augenblick zurückgezogen habe, aber daß ich sie, sobald er seine Aktivität wieder aufnähme, davon in Kenntnis setzen werde. Aber ich sagte nichts zu A.R., denn...

Ich hoffe für N.S., daß sie ihn trifft, aber ich hoffe nicht, daß er ihr seine großen Pläne für die Umwandlung Indiens unterbreitet. 5

Bestimmt nicht. Ich bin mir sicher, daß der Moment dafür nicht gekommen ist.

Ich hoffe, daß er N.S. nicht in diese... unnützen Dinge verwickelt.

Deshalb hat er sie auch nicht getroffen... Alles, was geschieht, geschieht ABSICHTLICH. Wir haben große Mühe, das zu verstehen, aber... Hier fängt etwas an, es zu verstehen (Mutter zeigt auf ihren Körper), und als man mir sagte, daß sie sich nicht getroffen hatten, dachte ich: "Das ist sehr weise, es ist nicht der Augenblick."

Ja, das glaube ich auch.

Deshalb sagte ich N.S., daß ich sie benachrichtigen werde. Wir werden sehen.

Aber ich habe bei diesem Mann das Gefühl, vor einem Geheimnis zu stehen, das ich selbst verwirklichen und verstehen sollte.

Ja.

Auf mich macht er den Eindruck, als besitze er etwas, das mir helfen könnte.

Ja. Er kann es aber nur deshalb "besitzen", weil sein Mental nicht entwickelt ist. Der Anteil des Mentals in der Zusammensetzung des Wesens ist recht... dürftig, so daß es nicht interveniert.

So ist das. Für eine VOLLKOMMENE Verwirklichung muß das gesamte Wesen erleuchtet sein; aber für eine anfängliche Verwirklichung ist es wahrscheinlich leichter für einen Körper, der kein sehr entwickeltes Mental hat. Seitdem er hier ist, habe ich das eingehend studiert, und ich bin völlig davon überzeugt, folglich... Da wir auf dem Höhepunkt der mentalen Möglichkeiten angelangt waren, konnten wir es sozusagen an seinem Maximum zurücklassen – als das Mental auf dem Höhepunkt angelangt war, dankte es ab. Das ist genau richtig für die integrale Verwirklichung, aber normalerweise ist ein Körper, der zu sehr daran gewöhnt ist, dem Mental zu gehorchen, nicht plastisch genug, um sich zu transformieren. Deshalb wurde mein Mental weggeschickt... Diesen Vorgang kann man jedoch nicht... man kann andere nicht dazu ermutigen, es zu tun. Denn unter zehn Leuten würden neun sterben.

Das Mental?

Wenn das Mental fortgeht.

Glaubst du, ich würde sterben?

Das Mental und das Vital.

Ja, beim Vital, da verstehe ich, aber wenn du mir mein Mental nähmest...

Nein, mein Kind! Ich weigere mich, das zu tun. (Mutter lacht) Es muß... Es muß abdanken.

Hat mein Mental nicht abgedankt?

Es muß abdanken und stillbleiben.

Ich habe den Eindruck, mir fehlt ein Bindeglied zwischen "etwas", das ich sehr deutlich dort oben spüre, das konkret ist, und der Realität, die ich lebe.

Es ist sehr materiell.

Aber ich habe den Eindruck, daß etwas fehlt, wie ein Bindeglied, irgend etwas...

Kein "Bindeglied"...

Es mangelt eher an einer Passivität. Alles ist zu aktiv.

Damit die Kraft möglichst rasch hindurchdringen kann, um den Körper zu erreichen, ist eine GROSSE Passivität erforderlich. Ich sehe das: Jedesmal, wenn ein großer Druck herrscht, um auf den einen oder anderen Teil des Körpers einzuwirken, beginnt es immer mit einer absoluten Passivität, die... man könnte dies als "die Vollendung der Trägheit" bezeichnen. Die Vollendung dessen, was die ursprüngliche Trägheit nur unvollkommen repräsentiert, etwas ohne jegliche eigene Aktivität. Besonders denjenigen, die eine große mentale Entwicklung durchgemacht haben, fällt dies SEHR schwer, denn der Körper hat sein ganzes Leben daran gearbeitet, dem Mental gegenüber empfänglich zu sein, und genau dieser Zustand des Gehorsams und der Fügsamkeit gegenüber dem Mental muß beseitigt werden.

Wie soll ich das erklären?... Die Entwicklung durch das Mental führt zu einem ständigen und allgemeinen Wachzustand des ganzen Wesens – selbst im materiellsten Bereich. Dieser Wachzustand führt auch zu einem Zustand, der das Gegenteil des Schlafes ist. Für die Empfänglichkeit gegenüber der höchsten Kraft bedarf es jedoch im Gegenteil einer Art Reglosigkeit – der Reglosigkeit eines Schlafes, aber ABSOLUT BEWUSST. Der Körper spürt den Unterschied. Er spürt den Unterschied so stark, daß... Wenn ich mich zum Beispiel abends hinlege und mich in diesem Zustand ausruhe, bleibe ich stundenlang so. Wenn ich dabei auch nur für einen kurzen Moment in den gewöhnlichen Schlaf abgleite, erwacht mein Körper augenblicklich mit einer schrecklichen Beklemmung und geht wieder in diesen anderen Zustand über. Diese Beklemmung überkommt mich von Zeit zu Zeit – sie verschwindet, sobald er wieder die wahre Haltung einnimmt: einen absolut bewußten Zustand der Reglosigkeit. "Reglosigkeit" ist nicht das richtige Wort... Es ist fast das Gegenteil einer Trägheit in Reglosigkeit.

Dies zeigte mir, warum die Schöpfung mit der Trägheit anfing. Diesen Zustand müßte man wiederfinden (Mutter zeichnet eine ungeheure Kurve), nachdem man alle Zustände des Bewußtseins durchlaufen hat. Und dies beschert uns... (lachend) für uns erscheint das alles wie eine riesige Verschwendung. Wenn man es jedoch vorsätzlich erreicht, ist es kein Schlamassel mehr.

Die Schwierigkeit, der ich häufig begegne, ist auch ein Bedürfnis nach Aktivität in der Aspiration.

Ja, ja.

Ich habe den Eindruck, daß ich nicht aufhören sollte, mich aktiv zu bemühen. Oft könnte ich einfach alles gehenlassen, ohne mich zu rühren, aber...

Ja, aber dann kommt die Aspiration.

Ich spüre ein Bedürfnis nach Aktivität in der Aspiration.

Ja, dies geschieht, um der Trägheit entgegenzuwirken – weil wir noch das Erbe der Trägheit in uns tragen.

Was soll man denn in dem Fall tun? Soll man alles sich ausbreiten lassen oder... in einer aktiven Aspiration beharren, die wirklich intensiv ist?

Das ist schwierig zu sagen, denn ich bin überzeugt, daß jeder seinen eigenen Weg geht, aber für meinen Körper ist der Weg, diese aktive Aspiration zu haben.

Die aktive Aspiration. Ja, aber dann ist es nicht mehr diese Unbewegtheit.

Ihm ist das gelungen, er hat die Vorgangsweise erfaßt.

Beides zusammen, die Vereinigung der beiden?

Ja, es ist ihm gelungen, beides zusammen zu erreichen: eine vollkommene Unbewegtheit und eine INTENSIVE Aspiration. Wenn es eine Reglosigkeit ohne Aspiration ist, fällt der Körper in einen schrecklichen Angstzustand, der ihn augenblicklich weckt. Das ist es: eine INTENSIVE Aspiration. Er verharrt absolut reglos im Innern, als würden alle diese Zellen reglos... Das muß es sein: Was wir als "intensive Aspiration" bezeichnen, muß die supramentale Schwingung sein. Das muß die göttliche Schwingung sein, die wahre göttliche Schwingung. Das habe ich mir oft gesagt.

Aber wenn der Körper auch nur für fünf Minuten in den Zustand der Trägheit verfällt – eine Unbewegtheit ohne Aspiration –, wird er von einer solchen Angst aufgeschreckt, als müßte er sterben. So drastisch ist das. Und für ihn ist die Unbewegtheit... Ja, er hat den Eindruck, daß die höchste Schwingung, die Schwingung des wahren Bewußtseins so EXTREM INTENSIV ist, daß sie... wie das Äquivalent der Reglosigkeit erscheint – eine Intensität, die nicht sichtbar ist (für uns). Diese Intensität ist so extrem, daß sie für uns wie Reglosigkeit erscheint.

Dieser Zustand stabilisiert sich jetzt.

Genau dies ließ ihn den Schöpfungsprozeß verstehen (denn jetzt versteht der Körper). Man könnte fast sagen, es begann mit einem Zustand der Vollkommenheit, der jedoch unbewußt war, und jetzt muß die Schöpfung von diesem Zustand der unbewußten Vollkommenheit zu einem Zustand bewußter Vollkommenheit übergehen, und zwischen den beiden herrscht die Unvollkommenheit.

Worte sind idiotisch, aber du verstehst.

(Schweigen)

Weißt du, man hat den Eindruck, unmittelbar an der Schwelle zum Verständnis zu stehen. Dabei handelt es sich keineswegs um ein mentales Verständnis (das hatten wir schon, aber es bedeutet nichts; das ist völlig wertlos) – ein GELEBTES Verstehen, und dieses kann das Mental nicht haben, es kann es nicht. Man hat den Eindruck, daß allein der Körper – vorausgesetzt er ist aufnahmefähig, offen und wahrscheinlich zumindest teilweise transformiert – dieses Verständnis erlangen kann, das Verständnis der Schöpfung (dessen, was wir als die Schöpfung bezeichnen): warum und wie, beides. Nichts Gedachtes, nichts Gefühltes: etwas Gelebtes, und das ist die einzige Art zu wissen... Es ist gelebt. Ein Bewußtsein.

Wenn dieses Verständnis kommt, dann macht es so (Geste eines leuchtenden Anschwellens). Es kommt so, und dann verblaßt es; dann kommt es wieder und verblaßt erneut. Aber während es da ist, erscheint es so offensichtlich, so einfach, daß man sich fragt, wie man das nur verfehlen konnte.

Es braucht noch Zeit... Wieviel Zeit? Ich weiß es nicht. Aber unsere Zeitauffassung ist auch sehr willkürlich.

Wir wollen unsere Erfahrungen immer in den alten Bewußtseinszustand übertragen, das ist das Elend. Wir denken, es sei nötig, es sei unerläßlich – und das ist aufreibend. Das verzögert die Sache schrecklich.

(Schweigen)

Alles, alles, alles, was die Menschen gesagt haben, alles, was sie geschrieben haben, alles, was sie gelehrt haben, ist nur eine Ausdrucksweise, ein Versuch, sich verständlich zu machen, aber das ist unmöglich. Und wenn man bedenkt (lachend), wie viele Kämpfe für solch relative Dinge gefochten wurden...

(langes Schweigen)

Wenn ich jetzt den Ablauf der Tage und die Geschehnisse betrachte, so ist die Erfahrung des Körpers die folgende... In gewisser Weise lebt er manchmal im Bewußtsein der Unsterblichkeit, aber durch die Einflüsse (und zuweilen noch durch die alte Gewohnheit) fällt er wieder in das alte Bewußtsein der Sterblichkeit zurück, und das ist wirklich... Sobald er jetzt in dieses zurückfällt, empfindet er eine schreckliche Beklemmung, und nur wenn er dort herauskommt und in das wahre Bewußtsein eintritt, vergeht sie wieder. Ich verstehe, warum manche Leute wie die alten Yogis von der Unwirklichkeit der Welt sprachen, denn für das Bewußtsein der Unsterblichkeit ist das Bewußtsein der Sterblichkeit eine irreale Absurdität. Und es verhält sich so (Mutter schiebt die Finger der einen Hand in die der anderen, das Hin und Her zwischen den beiden Bewußtseinszuständen andeutend), bald ist es so, bald ist es so. Und der andere Zustand, der Zustand der Unsterblichkeit, ist ein unwandelbarer Friede, ruhig, mit... wie Wellen von rasender Geschwindigkeit, so schnell, daß sie wie unbewegt erscheinen. Und das ist so: nichts rührt sich (anscheinend) innerhalb einer gewaltigen Bewegung. Sobald der andere Zustand kommt, kehren alle gewöhnlichen Vorstellungen wieder zurück, das heißt... in seinem jetzigen Zustand versetzt ihn das buchstäblich in eine schreckliche Beklemmung und in das Leiden der Lüge. Aber es ist immer noch so (gleiche Geste eines Hin und Her)...

Die einzig wirksame Weise, um da herauszukommen, ist die Selbsthingabe, das surrender. Dies wird nicht durch Worte oder Gedanken oder sonst irgend etwas ausgedrückt, sondern es ist ein Zustand, ein Schwingungszustand, in dem ALLEIN die göttliche Schwingung zählt. Damit kommen die Dinge wieder in Ordnung.

Aber sobald man von alldem spricht...

Und es ist konstant, wohl bemerkt: es geschieht nachts, es geschieht morgens (die Morgen sind gewöhnlich sehr schwierig), und dann gibt es andere Male... (unermeßliche, ebenmäßige Geste mit einem Lächeln), wo keine Probleme mehr bestehen – alle Probleme sind weg –, keine Probleme mehr, keine Schwierigkeiten mehr, nichts.

(Schweigen)

Hinter allem, allem bleibt immer noch ein Hintergrund unbewußter Negation (vor allem als Hintergrund); überall ist sie noch da: man ißt, man atmet – und empfängt diese Negation... Um all dies zu transformieren, ist noch eine kolossale Arbeit zu verrichten. Wenn man sozusagen "auf der anderen Seite" ist (es sind keine Seiten, aber im anderen Zustand), erscheint es so natürlich, so einfach, daß man sich fragt, warum es nicht immer so ist, warum es so schwierig erscheint. Und sobald man wieder auf der hiesigen Seite ist, wird alles (Mutter nimmt ihren Kopf zwischen ihre Hände)... Die Mischung ist immer noch da, das ist unbestreitbar.

Der gewöhnliche Zustand, der alte Zustand, bedeutet ganz bewußt (d.h. es ist eine bewußte Wahrnehmung) Tod und Leiden. Und im anderen Zustand erscheint der Tod und das Leiden als absolut... unwirklich. Voilà.

Dieser Körper scheint sich (wie soll ich sagen?) seiner Dummheit sehr, sehr bewußt zu sein... Ja, so etwas wie ein ausdauernder und dummer guter Wille. Er ist sich dessen sehr bewußt. Ihm wird klargemacht, daß dieser Zustand für die Ausführung der Arbeit unerläßlich war, daß jemand, der... Der geringste böse Wille steht natürlich außer Frage, aber ohne diese Art von... nicht Unbewußtheit, aber ohne diese unwissende Einfachheit (etwas in der Art) wäre die Ausdauer sehr schwer beizubehalten.

Er stellt keine Fragen, aber von Zeit zu Zeit wird ihm sein mittelmäßiger Zustand bewußt. Natürlich fragt er sich, wieso er zu dieser Arbeit auserwählt wurde. Dann erscheint deutlich, daß es wegen dieses guten Willens ist, der aus seinem Gefühl der Nichtigkeit resultiert... Das geringste Gefühl von Fähigkeit oder Selbstwert macht die Ausdauer zunichte. Da er in keiner Weise so veranlagt ist, kann er fortfahren.

Habe ich dir die Geschichte von diesem Kind erzählt, das mich besuchte?... Dieses Kind kam und brachte das (Mutter zeigt auf einen kleinen gelben Vogel auf ihrem Tisch), es glaubte, das sei ein Schwan (es ist eine Gans); es gab mir die Figur sehr lieb und sagte mir: "Das bist du." Ich sah in seinen Gedanken, daß es überzeugt davon war, es sei ein Schwan, das heißt die Seele. Ich hingegen, mit meinen Augen, sah, daß es eine Gans war (Mutter lacht), und ich sagte: "Ja, das stimmt!" (Lachen) Und das war genau... Oh, ich hebe sie auf, es ist genau das – eine Gans (Mutter lacht).

Voilà.

Hier: (Mutter gibt eine Transformations-Blüte) die richtige.

Für dich auch...

(Satprem legt seine Stirn auf Mutters Schoß)

Vor allem dies: keine Ungeduld.

Eine vertrauensvolle Geduld.

Im Grunde geht alles für jeden so gut wie möglich. Nur die alten Regungen werden ständig ungeduldig... Betrachtet man die Gesamtheit, so wurde die Ungeduld sicher geschaffen, um der Trägheit entgegenzuwirken – aber das gilt nicht mehr, diese Zeit ist vorbei.

 

Addendum

(Fragen des Heilers an Mutter:)

(A.R.) Ich hatte zwei Leistenbrüche. Einen habe ich geheilt, und den anderen habe ich absichtlich gelassen, denn ich suche die größtmögliche Öffnung des Bewußtseins, die ein Mensch erreichen kann. Wenn mein Bewußtsein sich ausreichend weitet, werden mein Leistenbruch und die Krankheit meines [gelähmten] Freundes automatisch heilen. An dem Tag, wo ich ohne die Spur einer Krankheit aufwache, werde ich in meinem Körper den Beweis haben, daß sich mein Bewußtsein voll geöffnet hat. Ich möchte wirklich sagen können: "ICH BIN."

Theoretisch ist das wahr, aber dies ist offensichtlich seine Angelegenheit; möge er seine Erfahrung machen.

Man hat keinerlei Recht, in irgendeiner Weise einzugreifen.

(A.R.) Ich habe mich gefragt, ob ich nicht für Mutter, für ihre Arbeit, irgendwie nützlicher sein könnte, als hier zu sein und den ganzen Tag zu meditieren.

Nein, ich sehe das nicht so.

Man muß von einer totalen Geschmeidigkeit gegenüber dem Göttlichen Bewußtsein in sich sein. In dem Maße, wie man es sich ganz allein ausdrücken läßt, lenkt Es das Tun der Menschen.

(A.R.) Indien braucht Wasser. Es wäre nötig, nach dem Gesetz der Harmonie harmonische Regenfälle zu erhalten, die genügend Wasser für die Vegetation bringen, ohne jedoch Schaden anzurichten. Ich halte das für realisierbar. Wenn dies nicht zu verwirklichen ist, dann läßt sich gar nichts verwirklichen. Aber soll man es tun? Soll man zum Beispiel einen Sturm abwenden?... Es genügt, darum zu bitten. Soll man also die Göttliche Kraft bitten, im einen statt im anderen Sinne zu handeln? 6

In jedem Fall tut die Göttliche Kraft nur, was sie will, und es ist die Göttliche Kraft in ihm, die danach strebt, den Sturm abzuwenden.

 

1 Siehe Text im Addendum.

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2 Tat tvam asi.

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3 Satprem hatte diese Kluft zwischen A.R.s lebendiger Erfahrung und der Mentalisierung seiner Erfahrung sehr intensiv gespürt, so als wolle er das Meer in ein abgestuftes Thermometer einsperren.

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4 Indiras Freundin, eine Ministerin der indischen Regierung.

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5 Das ist ein typisches Beispiel der "Vermischung der Einflüsse", von der Mutter spricht.

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6 In der Tat begann es so ausgiebig zu regnen wie seit achtzig Jahren nicht mehr.

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