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Mutters

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zehnten Band

24. Dezember 1969

Sujata hat das Foto des Gurus von A.R. (dem Heiler) entdeckt. Hier ist es.

(Mutter schaut es an) Was trägt er auf dem Kopf?

Er trägt seine "jata" 1 und eine Art Federbusch oder Pfauenfeder im Haar.

(Lachend) Er scheint ein guter Mann zu sein.

Er muß ein einfacher Mensch sein.

Er ist 78 Jahre alt, und seine Mission besteht darin, ständig durch ganz Indien zu wandern. Er initiiert jeden, der es will, und seine Methode ist sehr einfach. Er sagt, es genüge, den göttlichen Namen zu rezitieren: "Hare Krishna, Hare Rama, Hare Krishna ..." Das genüge zur Reinigung.

Hare Krishna?... Er scheint wirklich ein braver Kerl zu sein.

Ja, er sieht freundlich aus.

Der Yoga für die einfachen Herzen.

Das ist gut, ich bin mit A.R.s Wahl zufrieden. Ja, das ist ein anständiger Mensch... A.R. muß hier (Geste zum Herzen) eine Art Wärme spüren, und so ist er glücklich. (Lachend) Für ihn sind wir zu weit oben.

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(Mutter zeigt ihre Weihnachtsbotschaft:)

Grüße an das neue Licht!
Möge es in allen Herzen wachsen.

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Etwas später

In seinen Aphorismen benutzt Sri Aurobindo immer das Wort "Gott", und wir übersetzten es mit Dieu... Aber heutzutage ruft das Wort Dieu im Geist der Menschen unannehmbare Assoziationen hervor, deshalb suche ich etwas anderes. Sogar Divin [das Göttliche]... Im Englischen ist Divine gut, denn es bedeutet nicht God sondern eben Divine. Aber im Französischen klingt Divin wie Dieu. Dennoch ist es das einzig mögliche Wort, denn "Wahrheit" wäre nur ein Teilaspekt, auch "Bewußtsein" ist ein Teilaspekt – alles, was man sonst benutzen könnte, erfaßt nur einen Teil.

Gestern erhielt ich eine Anfrage von M.H. (in sehr höflicher Form übrigens), warum das Heiraten, das früher im Ashram verboten war, nun offenbar erlaubt sei, da gewisse Leute heirateten und Kinder bekommen... Das muß ein Gerücht sein, oder er sah irgendwelche schwangeren Frauen in Auroville. Aber ich schickte ihm meine Erklärung, in der ich sagte, wenn es wahr wäre, daß die Heirat jetzt erlaubt sei und hier Kinder geboren werden, würde meine Antwort lauten: "Das ist so, weil das Göttliche es so gewollt hat." Auf diese Weise macht man ihm klar, daß die Frage von einem sehr ordinären Bewußtsein gestellt wurde. Als ich das schrieb, verwendete ich das Wort le Divin, weil ich nicht wußte, was ich sonst verwenden könnte... Danach erklärte ich ihm, wie die Dinge stehen: daß es überhaupt nicht so ist, sondern daß die Leute in Auroville Kinder bekommen. Ich erwähnte in der Antwort sogar, daß wir das Entbindungsheim in Auroville für all jene geschaffen haben, die sich wünschen, daß ihre Kinder Weltbürger seien. (Lachend) Von denen gibt es viele!

Aber als ich das Wort Divin schrieb... Was tun? Was kann man sagen?... Es ist eine Konvention, aber die Worte... In einem seiner Aphorismen sagt Sri Aurobindo, der Atheismus sei notwendig gewesen als Gegengewicht zu den Religionen, die so viel Unheil angerichtet haben 2... Aus dem Grund ist es unglücklich, das Wort Dieu zu gebrauchen.

Oft sage ich Vérité [Wahrheit] oder Conscience suprême [höchstes Bewußtsein], aber ich weiß sehr wohl, daß es nicht das richtige ist. Auch Divinité [Göttlichkeit]... In den alten indischen Überlieferungen sagten sie That: "Das" – aber auf französisch: Ça?...

Man kann es verwenden, aber nicht überall... Die Rishis sagten "Das Weite" (Brihat).

(nach einem Schweigen)

Was der Sache noch am nächsten käme, wäre la suprême Divinité [die höchste Gottheit], denn das ist nicht zu... Ich weiß nicht, wie ich sagen soll. Alles hat einen mentalen Anstrich, da kommt man nicht drum herum.

Das weiteste Wort ist immer noch "Bewußtsein" oder "das Höchste Bewußtsein".

Ja, "das Höchste Bewußtsein" paßt prima, wenn es sich um die Schöpfung handelt, denn das Höchste Bewußtsein ist genau das, was die Schöpfung geschaffen hat, aber (lachend) es gibt das darüber Liegende!

Darüber liegt "Das".

Ja.

Oft kann man das Wort "Das" mit großem Anfangsbuchstaben verwenden.

(Mutter nickt)

In den Sprachen Indiens gibt es das OM... etwas Wunderbares. Weißt du, was sie sagen? Daß OM die Summe aller Laute der Schöpfung ist, wie sie vom Höchsten wahrgenommen werden: er vernimmt das OM als einen Ruf an Ihn – das ist eine großartige Vorstellung, als Symbol, als... Nur...

Und als Kraft! Nicht nur als Symbol sondern als Kraft.

Oh, eine ungeheure Kraft – ungeheuer. Als ich es das erste Mal hörte... Ein gewisser Bernard hatte ein Jahr im Himalaya verbracht, und dort wurde er von verschiedenen Yogis besucht, die er gar nicht kannte. Er lebte ganz allein in einer Hütte. Einer dieser Yogis hatte sich eine Zeitlang wortlos an seine Seite gesetzt und war dann wieder gegangen. Dieser Yogi hatte ganz einfach "OM" zu ihm gesagt... Als Bernard nach Frankreich zurückkehrte, berichtete er von seinen Erfahrungen, und dabei sprach er diesen Laut aus. Damals wußte ich absolut nichts über Indien, aber als er das Wort OM aussprach... (Mutter senkt beide Arme) kam eine solche Kraft in meinen ganzen Körper, alles vibrierte, außerordentlich! Es war wie eine Offenbarung – alles fing an zu schwingen. Damals sagte ich mir: "Endlich der wahre Laut!" Und ich wußte überhaupt nichts: weder was er bedeutete noch sonst etwas.

(langes Schweigen)

Ich weiß nicht mehr, ob es ein Russe oder ein Engländer war, aber er ist als Begründer des Materialismus bekannt (ich erinnere mich nicht mehr genau). Weißt du, was er sagte?... (ich weiß nicht mehr in welcher Sprache) Er sagte: "Gott sei Dank, daß er mich zum Atheisten gemacht hat, daß er mich als Atheisten geschaffen hat!..."

Ich fand das charmant. Ich las es auf englisch: "Thank god, he made me an atheist!"

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(Gegen Ende des Gesprächs)

Ein Detail: Mein Körper ist überaus empfindlich geworden. Wenn jemand kommt, der über etwas unzufrieden ist, was ich getan oder gesagt habe... (ich weiß nicht, von welcher Art, das passierte bei drei Personen, mit denen der Kontakt normalerweise gut ist)... Das ist etwas ganz Neues. Hier (Mutter deutet auf die Stirn) ist alles still, da ist nichts, keine Wahrnehmung, aber plötzlich sind alle Nerven des Körpers wie gefoltert. Das kommt von der anwesenden Person, die äußerlich alle Zeichen der Ergebenheit zeigt, d.h. absolut kein sichtbarer Grund, keinerlei gesprochene oder direkte Bekundung: alle Nerven wie gefoltert. Genau wie bei der Nervenentzündung, die ich damals in Frankreich bekam, nachdem ich Indien verlassen hatte, aber noch akuter. Wenn dann die Person gegangen ist und ich mich allein (oder auch in Gegenwart anderer) nach innen kehre, klingt es allmählich wieder ab und verschwindet.

Dies ist der exakte Hinweis für Leute, die unzufrieden sind (unzufrieden über etwas, was ich gesagt oder getan habe, oder über die Art, wie das Göttliche sie durch jemanden behandelt, oder...), ihre Unzufriedenheit verursacht das. Bei diesen Dreien handelt es sich um Leute von völlig verschiedenem Charakter, mit verschiedener Einstellung, verschiedenen Gedanken... Und ich fragte mich: "Ist dies wirklich eine Auswirkung jener Kräfte, die man gemeinhin als "gegnerische Kräfte" bezeichnet, die auf diese Weise durch die Leute wirken?"

Das untersuche ich gerade.

Es kommt unerwartet; ich weiß, daß sie kommen werden, erwarte aber überhaupt nicht, daß es so sein wird, es entspricht keinerlei Erwartungen – ganz plötzlich, huch!... (Geste eines Schmerzes) Wenn sie weggehen, beruhigt es sich. Wenn ich mich im wahren Bewußtsein sammle, klingt es wieder ab, und die Nerven beruhigen sich. Man nennt das "Neuritis", die Nerven sind krank.

Ich bekam das in Frankreich, weil ich mein psychisches Wesen hier zurückgelassen hatte, als ich abreiste – dies war das Ergebnis. Es ist etwas... ein Einfluß, der den Körper wahrscheinlich von seinem Kontakt mit dem Göttlichen abschneidet. Das wird noch untersucht, verstehst du. Ich erwähnte es nicht, weil es noch untersucht wird. Das erste Mal passierte mir das schon vor mehr als einem Monat 3 . Das letzte Mal geschah es gestern – dreimal ist es vorgekommen. Bei drei völlig verschiedenen Personen: Charakter verschieden, Beschäftigung verschieden, alles verschieden, auch die Beziehungen.

Das wird gewiß ein Geheimnis enthüllen. (Lachend) Ich bin dabei, es zu untersuchen.

 

1 Typische Hindu-Haartracht, bei der das Haar oben auf dem Kopf in einen Knoten gewunden wird.

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2 241 – "Der Atheismus ist ein notwendiger Protest gegen die Bosheit der Kirchen und die Enge der Bekenntnisse. Gott gebraucht ihn als einen Stein, um diese beschmutzten Kartenhäuser zu zerschmettern."

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3 Vgl. das Gespräch vom 12. November.

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