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Mutters

Agenda

elften Band

21. März 1970

(Der Anfang dieses Gesprächs fand in Anwesenheit von Nolini und auf englisch statt.)

Hast du die Aphorismen von gestern erhalten?... Vielleicht kann dir Nolini etwas dazu sagen...

407 – Ich bin kein Bhakta [einer, der dem Weg der Liebe zum Göttlichen folgt], denn ich habe der Welt nicht für Gott entsagt. Wie kann ich dem entsagen, was Er mir gewaltsam genommen und mir gegen meinen Willen zurückgegeben hat? Das ist zu schwer für mich.

(Mutter lacht) Nun fragt mich T, was Sri Aurobindo damit sagen will.

Und dann ist da noch ein anderer Aphorismus.

411 – Sobald ich wußte, daß Gott eine Frau war... (Lachen) verstand ich vage, was Liebe ist; aber erst als ich selber eine Frau wurde und dem Meister und Geliebten folgte, habe ich die Liebe vollkommen gekannt.

Was will er genau damit sagen? Wißt ihr, wann er das geschrieben hat?...

Ich antwortete T folgendes:

"Darauf kann ich nicht antworten, denn solange er noch in einem Körper war, sagte er mir nie etwas darüber.

Wenn jemand das genaue Datum weiß, an dem er dies geschrieben hat, könnte das ein Hinweis sein.

Vielleicht könnte N Dir sagen, wann es geschrieben wurde oder ob Sri Aurobindo ihm etwas darüber gesagt hat."

(Zu Nolini:) Wissen Sie es vielleicht?

(Nolini:) Am Anfang, als er nach Pondicherry kam 1 .

Also ganz am Anfang... Was meint er denn damit, wenn er sagt: "Sobald ich wußte, daß Gott eine Frau war"?

(Nolini:) Er sagte immer, Krishna und Kali seien ein und dasselbe Wesen. Auch Ramakrishna ist einmal eine Frau geworden: Gott war Krishna, und er wurde zur Frau. Lange hatte er diesen Eindruck.

Für mich drückt diese Antwort natürlich seinen Sinn für Humor aus. (Mutter lacht)

(Satprem:) Ja, du hast T geschrieben: "Sri Aurobindo hatte einen genialen Humor, und es bleibt uns nichts anderes übrig, als in Bewunderung zu schweigen."

Das war meine erste Antwort, aber dann fragte mich T: "Warum genau hat Sri Aurobindo es so ausgedrückt?..." Das hängt von dem Datum ab, wo es geschrieben wurde.

(Satprem:) Dies scheint die gleiche Erfahrung zu sein wie für Ramakrishna.

(Nolini:) Er unterschrieb die Briefe aus jener Zeit nicht mit "Sri Aurobindo" sondern mit "Kali".

Ach, ja?

(Nolini:) Ja, immer... Alle seine Briefe an Motilal waren zum Beispiel so gezeichnet.

Aber die Art und Weise, es zu sagen!... (alle lachen)

*
*   *

Kurz darauf

Heute morgen hatte ich (d.h. DER KÖRPER) STUNDENLANG diese Erfahrung, daß nichts existiert außer dem Göttlichen. Die beiden Zustände sind so (Mutter verflechtet die Finger ihrer rechten Hand mit denen der linken). Stundenlang... Die Unpäßlichkeit, die durch ganz kleine Dinge 2 verursacht wird, ist viel größer als im gewöhnlichen Leben, aber auch das Wohlbefinden ist wunderbar, und die beiden sind so (dieselbe Geste einer engen Verschmelzung). Man muß sehr, sehr ruhig sein. Nur im inneren Frieden kann man das aushalten.

Der Körper ist nur dann fähig, dies auszuhalten, wenn er überzeugt ist, daß das Göttliche die einzige Wahrheit ist – dann geht es gut. Dann weiß er, daß der Schmerz, so intensiv er auch sein mag, bestimmt vorbeigehen wird. Deshalb bleibt er ruhig... Das jedenfalls habe ich gelernt... Gestern abend fing es an und dauerte noch den ganzen Morgen lang – eigentlich bis du gekommen bist, aber es ist immer noch da.

(langes Schweigen)

Ja, dieses Bewußtsein intensiviert gewissermaßen alles, um es erkennbarer zu machen: alle Lebensumstände. Phantastische Geschichten. Phantastisch... Unglaublich. Krankheiten, Mißverständnisse, Streitereien, alles, alles hat sich dermaßen zugespitzt, als wollte es einen zwingen, es deutlich zu sehen.

(Schweigen)

Etwas Lustiges hat sich ereignet: Eine Frau, die hier war (sie ist abgereist), hat einen Brief geschrieben, der in einem Umschlag ankam (mit Briefmarken und Poststempel aus Genf): ein Brief voller Beschimpfungen gegen den Ashram wegen der Behandlung, die man ihr angedeihen ließ. Gleichzeitig traf heute morgen ein Telegramm aus Bombay ein, worin sie sich für ihren Aufenthalt bedankte! Ja, ein Telegramm, voller Dankbarkeit, worin sie mir mitteilte: ich reise Samstag ab (also heute) nach Genf. Der Brief aus Genf kam vor dem Telegramm an, also schon gestern. Das Telegramm kam erst heute. (Mutter lacht)... Unmöglich zu verstehen. Und auf dem Telegramm stand das Datum mit dem gleichen Namen. Einer voller Beschimpfungen, der andere voller Dankbarkeit... Dies ist nicht das einzige Beispiel, aber es ist das neueste, deshalb erwähne ich es.

Offensichtlich herrscht ein Wille, alle unsere vermeintlichen gewohnten Kenntnisse durcheinanderzubringen.

(langes Schweigen)

Ach, es wird noch viel Zeit brauchen... Es geht so schnell wie nur möglich, aber sehr viel bleibt noch zu tun.

 

1 Im Jahre 1910.

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2 Mutter hatte eine geschwollene Wange wegen eines Zahnabszesses.

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