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Mutters

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elften Band

11. April 1970

(In bezug auf einen Text von Sri Aurobindo über den Unterschied zwischen den okkulten Kräften und der supramentalen Verwirklichung.)

"Die physische Natur bezeichnet nicht allein den Körper, der Ausdruck beinhaltet die Umwandlung des ganzen physischen Mentals, Vitals, der materiellen Natur – nicht indem ihnen Siddhis aufgezwungen werden, sondern indem eine neue physische Natur geschaffen wird, die als Behausung des supramentalen Wesens in einer neuen Evolution dienen soll. Mir ist nicht bekannt, daß dies durch einen hathayogischen oder anderen Vorgang vollbracht worden wäre. Mentale oder vitale okkulte Kraft können nur Siddhis der höheren Ebene in das individuelle Leben bringen – wie jener Sannyasin, der unbeschadet jedes Gift zu sich nehmen konnte, aber am Ende doch an Gift starb, als er einmal vergaß, die Bedingungen für die Siddhi einzuhalten. Die ins Auge gefaßte Funktion der supramentalen Kraft ist nicht ein Einfluß auf das Physische, um ihm anomale Fähigkeiten zu geben, vielmehr ein Zugang und eine Durchdringung, wobei es vollständig in ein supramentalisiertes Physisches verwandelt wird. Ich entnahm den Gedanken nicht dem Veda oder der Upanischade und weiß nicht, ob sich dort etwas Derartiges findet. Was ich hinsichtlich des Supramentals empfing, war ein unmittelbares, nicht hergeleitetes Wissen, das mir gegeben wurde; erst später fand ich gewisse bestätigende Offenbarungen in der Upanischade und im Veda." 1

11.9.1936
On Himself, XXVI.112

Was genau sagt er, was geschehen wird?

"... The working of the supramental power... is not an influence on the physical giving it abnormal faculties ..." [Das Wirken der supramentalen Kraft besteht nicht darin, das Physische zu beeinflussen, um ihm übernormale Fähigkeiten zu verleihen ...]

Nein, ganz und gar nicht!

"But an entrance and permeation ..." [sondern eine Durchdringung]

Ach, ja!

"... changing it wholly into a supramentalised physical" [um es vollständig in eine supramentalisierte Physis zu verwandeln].

(Schweigen)

Das Störende in meinem Fall (ich weiß nicht, ob alle Fälle ähnlich sind) ist, daß... Im gewöhnlichen Leben besitzt der Körper eine Art stabile Basis, dank derer er sich nicht unbehaglich fühlt und einfach weitermacht, während man mit etwas anderem beschäftigt sein kann: man beachtet seine Existenz nicht, und... er bedarf keiner ständigen Beachtung, um in einem "positiven" Zustand zu bleiben. Im gewöhnlichen Leben kümmert man sich normalerweise nur sehr wenig um seinen Körper: er ist ein automatisch funktionierendes Instrument. Aber unter den gegenwärtigen Umständen [von Mutter] fühlt sich der Körper, sobald seine Aufmerksamkeit nicht auf das Göttliche gerichtet ist und sobald er sich nicht auf das Göttliche stützt, SEHR elend. Das ist es... Wenn er äußerlich nichts tut, ist er konzentriert; auch wenn ich Leute sehe, ist er konzentriert – das geht alles sehr gut. Aber sobald er nicht mehr AKTIV konzentriert ist, fühlt er sich vollkommen elend. Und dann wird es schrecklich.

Fast die ganze Nacht verbringt er in einer konzentrierten Ruhe im Göttlichen, und das ist sehr gut, aber manchmal gleitet er noch in etwas, das dem Schlaf ähnelt, und dann fühlt er sich so elend! Schrecklich...

Ich weiß nicht, ob das nur seine Eigenart ist, aber die Atmosphäre (Mutter tastet die Luft um sich herum ab) ist voll von den absurdesten Suggestionen... Und all dies verschwindet nur, wenn er sich AKTIV konzentriert. Die meiste Zeit ist er so, aber dennoch gibt es Augenblicke... Zum Beispiel während des Essens ist es sehr schwierig. Jeder Bissen muß gleichsam bewußt als Opfergabe an das Göttliche und im vollen Bewußtsein des Göttlichen aufgenommen werden. Sonst geht es überhaupt nicht: ich kann nicht essen, ich kann nicht schlucken.

Ich weiß nicht, ob nur mein Körper so ist oder ob das allen so ergehen wird... Natürlich ist er sich sehr bewußt, daß dies eine Übergangsphase ist, aber... Es ist sehr schwierig.

(langes Schweigen)

Von Zeit zu Zeit erscheint für einige Sekunden etwas... vielleicht ein "Muster" dessen, was sein sollte, was sein wird – wann, weiß ich nicht –, aber das bleibt nur einige Sekunden lang. Etwas Wunderbares, aber...

(langes Schweigen)

Das Sprechen ist sehr schwierig geworden... (ich meine den materiellen Vorgang des Sprechens).

Wie sind deine Nächte?... Unverändert?

Ja... ich weiß nicht. Sie sind völlig unbewußt.

Aber du schläfst?

Ich habe den Eindruck, daß der Schlaf sehr leicht ist: Das geringste Geräusch weckt mich sofort auf.

(Mutter versinkt in Kontemplation)

Das ist sehr schwierig zu erklären: ein sehr merkwürdiger Eindruck... Als stünde man... am Rande – aber am Rande von was? Ich weiß es nicht... Etwas (Mutter schüttelt den Kopf).

(Mutter versinkt erneut in Kontemplation bis zum Ende des Gesprächs)

Das könnte die ganze Zeit andauern, verstehst du: es gibt keinen Grund, daß sich das ändern sollte. Es ist die ganze Zeit so.

Wie spät ist es?

Zwanzig nach elf.

Wenn du mich zum Sprechen bringen willst, mußt du Fragen mitbringen, sonst ist es nicht möglich.

Du meinst, ich sollte mit Fragen ankommen?

Wenn du willst!

Ich habe den Eindruck, wenn man so vor dir sitzt, daß... [Mutter lacht]... alles schmilzt.

Ja. Wenn dir das genügt...

Es ist eine merkwürdige Situation. Das Wesen ist überhaupt nicht auf sich selbst gerichtet: da ist nichts, es verhält sich so (Mutter streckt ihre Hände in die Unendlichkeit). Es bleibt einfach so. Man könnte es so sagen: Es empfängt Kräfte, behält sie aber nicht für sich selbst, sie dringen kaum ein [in Mutter], sondern es geht ständig so... (Geste eines immerwährenden Flusses, der durch Mutter hindurchfließt und sich ausbreitet). Ständig. Wenn man mit mir spricht, dann entsteht ein Punkt (Mutter zwickt einen Punkt im Raum), ein Konzentrationspunkt für einen Augenblick; sonst ist es ständig so (gleiche Geste eines unaufhörlichen Fließens), ständig. Es geht immerfort so (gleiche Geste nach "außen"). Er fühlt – der Körper fühlt die Kräfte kommen, aber... er fühlt nicht einmal, wie sie vorbeifließen und daß er sie weitergibt, überhaupt nicht, er ist so (gleiche Geste einer Verbreitung). Es geht hindurch... man weiß nicht durch was... sehr inexistent. Wenn aber auch nur ein Anflug von Selbstbewußtsein oder etwas Derartiges ins Spiel kommt, dann wird es überaus unangenehm, ein Unbehagen...

Ich habe bemerkt, daß es in der Gegenwart empfänglicher Menschen... Ich sehe ja viele Leute, und bei empfänglichen Menschen fängt es an zu fließen, fließen, fließen... und sonst nichts: keine Gedanken, keine... nicht einmal eine Empfindung. Und das Merkwürdige ist: Sobald sich der Körper seiner selbst bewußt wird... (er leidet nicht, es ist kein Schmerz), aber es ist etwas... ein unaussprechliches Unbehagen.

(Mutter hält Satprems Hände lange und schaut ihn an)

Sag mir eines... Hattest du das Gefühl zu empfangen oder zu geben?

Ich fühlte mich erfüllt.

Ach, gut... Dann ist es richtig. Das ist mein Idealzustand. In dem Augenblick ist es ganz ausgezeichnet. So geht es gut.

Ja, ich glaube, das ist es: ich habe nicht den Eindruck, daß [ich existiere]... es ist grenzenlos, das ist das Merkwürdige. Dies (Mutter deutet auf ihren Körper) ist völlig künstlich.

So ist es gut, kein...

Mein Kind...

Ja, es ist...

(Mutter lacht)

... das Göttliche ist da.

(Mutter lacht sehr)

...Und es ist eigenartig, ich habe überhaupt nicht den Eindruck, daß es von einem bestimmten Ort kommt. Es ist im Gegenteil eine Konzentration – eine Konzentration hier, wie... (lachend), als ob man eine Weite durch ein Loch hindurchzwängen wollte! (Mutter deutet einen engen Kreis an) Verstehst du... Und dennoch ist es nicht begrenzt, nur... diese Bewegung (Geste eines Fließens durch Mutter hindurch). Und dies richtet sich... [auf die Person, auf die Welt]. Es ist ausgerichtet.

Das ist der Idealzustand. (Mutter lacht)

 

1 (auf deutsch: Über sich selbst, Verlag Hinder + Deelmann, Gladenbach)

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