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Mutters

Agenda

elften Band

5. August 1970

(Dieses Gespräch war das letzte vor einer schweren Prüfung, die sich erneut durch eine einmonatige "Krankheit" ausdrückte. Es sei bemerkt, daß wie durch einen Zufall, der kein Zufall war, Mutters treue Assistentin am 6. August nach Bombay abreisen mußte, um sich einer Krebsoperation zu unterziehen. Sie war das letzte Element, auf das sich Mutter in ihrer unmittelbaren physischen Umgebung verlassen konnte. Nun wird sie allein sein zwischen ihrem "Wächter" und ihrem Arzt. Gleich am 6. August bekam sie ein Fieber und eine Erkältung.)

Die Geldreserven sind plötzlich leer – nichts mehr da! Ich erwarte Geld, aber es kommt nicht (Geld, das schon vor einem Monat fällig war). Seit langem bin ich nicht mehr in eine solche Situation geraten... (lachend) Ich kann dem Schatzmeister nichts mehr geben. Wenn ich dem Schatzmeister nichts mehr geben kann, werden die Schulden sofort riesig... Wir werden sehen.

Gibt es eine neue Entwicklung? Ich habe Z 1 nicht wieder gesehen.

Ich auch nicht.

Es muß Spannungen geben.

Ja, man kann hier nicht achtlos sein.

Ja...

(Mutter nimmt eine Blume in ihrer Nähe)

Willst du das "Schweigen"? – Nein, nicht Satprem! (Mutter lacht) Du könntest deine Arbeit nicht mehr tun. (Zu Sujata:) Willst du sie?

(Schweigen)

Ihr Sohn hatte einen Unfall.

Der Kleine von Z?

Ja, er war auf seinem Fahrrad und stieß, ich weiß nicht, gegen was – nichts Schlimmes, aber er zog sich eine Schnittwunde am Bein zu.

Das ist ein Symbol.

Ja. Ich fand das... ärgerlich.

Aber sie wird nicht verstehen – es sei denn, die Gnade bringt sie dazu.

(langes Schweigen)

Dieses Bewußtsein, das vor einem Jahr kam (inzwischen sind es anderthalb Jahre), scheint äußerst nachdrücklich und auf sehr eindeutige Weise für die Aufrichtigkeit zu arbeiten. Es duldet keine Heuchelei: man darf nicht vortäuschen, etwas zu sein, was man nicht ist. Es möchte, daß alles die WAHRE SACHE sei.

Ja, alles wird aufgedeckt.

Es zertrümmert alle Regeln, die nur Schein sind.

Für den Körper ist es ein ausgezeichneter Lehrer: es gibt ihm ständig Lektionen... Ich weiß nicht, ob alle Körper so sind, aber meiner fühlt sich wie ein kleines Kind, und er WILL in der Schule sein, er will, daß man ihm zeigt, wo er sich täuscht, er will alles lernen. Er lernt ständig. Aber alles, was von außen kommt... Das ist sehr interessant: Das Bewußtsein, das da ist (Geste nach oben) läßt sich durch nichts beeinflussen: es beobachtet, es sieht alles, empfängt aber nicht. Der Körper empfängt noch Vibrationen: Wenn sich gewisse Leute vor mir niedersetzen, treten plötzlich Schmerzen auf, etwas geht schlecht. Aber er weiß jetzt... (natürlich weiß er, daß er leidet), aber er nimmt es den anderen nicht übel: er tadelt nur sich selbst und nimmt es als Anzeichen für die Stellen, die noch nicht ausschließlich unter dem göttlichen Einfluß stehen. Von diesem Standpunkt aus gesehen ist das sehr interessant... Er kennt die Diskrepanz zwischen sich selbst und dem Bewußtsein des Wesens, das sich seiner bedient; er leidet nicht darunter, aber er ist von einer solchen Demut und vollkommenen Bescheidenheit! Er ist nicht erstaunt oder beunruhigt, denn er sagt stets: "Möge Dein Wille geschehen!" Das ist ein absolutes Gesetz geworden: "Dein Wille möge geschehen; das geht mich nichts an, ich bin unfähig zu urteilen und versuche es auch nicht – möge Dein Wille geschehen!" Er verharrt so (passive, sich hingebende Geste). Und wenn er "verschwindet", wenn er völlig hingegeben ist und nicht mehr separat existiert, wird die hindurchgehende Kraft... manchmal ist sie gewaltig. Manchmal kann das beobachtende Bewußtsein sehen, daß den Möglichkeiten wirklich keine Grenzen gesetzt sind. Aber es ist noch nicht "das", bei weitem nicht... Dies kommt wie ein Beispiel für das, was sein kann. Bis es spontan und natürlich wird...

(langes Schweigen)

Was hast du mitgebracht? Nichts?

Ich weiß nicht, ob das richtig ist, aber ich habe den Eindruck eines gewissen Unterschiedes zwischen deiner Gegenwart mit uns, so wie sie vor mehreren Jahren war, und heute, wenn ich so sagen darf. Zum Beispiel hatte ich früher oft den Eindruck, daß du dich aktiv mit uns beschäftigtest; jetzt habe ich das Gefühl... ich weiß nicht, ob es stimmt: daß es mehr einer Kraft überlassen ist... die nicht unpersönlich ist, aber...

Einen Großteil der Tätigkeiten habe ich diesem Bewußtsein überlassen, das stimmt. Ich lasse dieses Bewußtsein aktiv arbeiten, denn... ich merkte, daß es wirklich weiß. Ansonsten ist das Gefühl der Nähe zu euch viel stärker als vorher – sehr viel stärker. Ich habe fast den Eindruck, mich in euch zu bewegen (was ich vorher nicht hatte). Aber vielleicht übte mein Bewußtsein vorher einen Druck auf das eure aus (Geste eines Daumendruckes), während es das jetzt nicht mehr tun muß, denn... es ist, als ob ich es von innen her täte.

Ja, wenn man in deiner Nähe ist, ist es offensichtlich, man spürt es. Man spürt, daß du in uns bist.

Ja, so ist es.

Ganz und gar. Aber wenn man nicht physisch hier ist, empfindet man es eher als etwas Unpersönliches. Ich weiß nicht, ob das stimmt.

Vielleicht ist es unpersönlich geworden. Ich habe den Eindruck, daß selbst das Körperbewußtsein nur noch ein Minimum an Persönlichem aufweist. Manchmal spüre ich die Grenzen meines Körpers gar nicht mehr... (ich kann es nicht ausdrücken...) Ja, fast als wäre er flüssig geworden. Und ES SOLL KEINE persönliche Aktivität mehr geben. Aber innen, ja... ich kann das nicht erklären. Es ist nicht einmal eine Person, die größer geworden wäre, um die anderen in sich aufzunehmen, sondern eine Kraft, ein Bewußtsein, das über die Dinge AUSGEBREITET ist. Ich habe nicht den Eindruck einer Begrenzung, sondern von etwas, das sogar physisch ausgebreitet ist... Wenn jemand mit einer sehr aktiven kritischen Einstellung kommt und beobachten und urteilen will, ist es, als ob er direkt in mich einträte, verstehst du, es stört innen.

Ich denke nicht, daß die Aktion den Eindruck einer persönlichen Aktion erweckt – das ist schon seit langem vorbei (wenigstens seit Beginn dieses Jahres). Wenn mir die Leute schreiben, daß sie den Eindruck haben, "ich" hätte dies oder jenes für sie "getan", bin ich immer erstaunt. Würden sie sagen: "Die Kraft bewirkte dies", oder "das Bewußtsein tat jenes", würde mir das natürlicher erscheinen.

Das, was spricht, was beobachtet, ist ein Bewußtseinszentrum hier (Geste darüber), aber natürlich ist es nicht lokalisiert: es bedient sich dieses Körpers nur, um mit dem Mund oder den Sinnen zu kommunizieren. Es ist hier (gleiche Geste darüber). Und es hat nicht den Charakter einer Persönlichkeit... Wenn mir jemand die Frage stellt: "Wie sehen Sie das?" brauche ich einen Augenblick, um die Frage zu verstehen. Ich habe nicht das Gefühl einer "Person", die "sieht".

Gewisse Erfahrungen lassen mich denken, daß das Gefühl der persönlichen Abgegrenztheit für die physische Existenz nicht unbedingt nötig ist – das muß noch gelernt werden, aber es ist nicht unerläßlich. Man hatte immer den Eindruck, daß der abgegrenzte Körper nötig war, um eigenständige Individuen zu bilden – das ist nicht nötig. Man kann ohne Abgrenzung leben, der Körper kann ohne das leben... Spontan, d.h. seinen alten Gewohnheiten und Seinsweisen überlassen, ist dies sehr schwierig, es bewirkt eine innere Organisation, die ganz einer Störung gleicht – es ist sehr schwierig. Die Probleme stellen sich ständig für alles – ALLES –, jede Tätigkeit des Körpers wird dadurch in Frage gestellt 2 . Der Vorgang ist nicht mehr der alte, es ist nicht mehr, wie es war, aber "so wie es ist", ist es noch nicht zur spontanen Gewohnheit geworden, d.h. es ist nicht natürlich, deshalb erfordert es eine ständige Wachsamkeit des Bewußtseins – für alles, selbst um eine Mahlzeit herunterzuschlucken, verstehst du? Das erschwert das Leben – besonders, wenn ich Leute sehe. Ich empfange eine Menge Leute (vierzig, fünfzig Personen täglich). Jeder bringt etwas, das diese Art Bewußtsein, das all das funktionieren läßt, dazu zwingt, sich mit den von außen kommenden Dingen auseinanderzusetzen... Ich sehe, daß viele Leute krank werden (sie glauben krank zu sein, oder sie scheinen eine Krankheit zu haben oder haben sie wirklich) – in meinem Körper konkretisiert sich dies durch ihre Seinsweise, die die alte ist. Für das neue physische Bewußtsein könnte dies vermieden werden, aber... oh, das bedeutet eine solche Schwierigkeit! Durch eine Art bewußter Konzentration muß man einen Zustand, eine Seinsweise aufrechterhalten, die nicht natürlich ist nach der alten Natur und die offensichtlich die neue Seinsweise ist. Und so kann man die Krankheit vermeiden. Aber dies erfordert fast eine Herkulesarbeit.

Es ist schwierig.

Verstehst du, alle Unmöglichkeiten, alle "dies kann nicht sein, jenes kann nicht getan werden ...", all das ist hinweggefegt worden; aber es ist IM PRINZIP hinweggefegt worden, und nun muß es eine konkrete Tatsache werden.

Dies ist neu – erst seit Beginn des Jahres. Doch da ist die ganze alte Gewohnheit – man könnte sagen: eine neunzigjährige Gewohnheit. Und der Körper WEI&Szlig;, daß es nur eine Gewohnheit ist.

Aber...

*
*   *

(Mutter geht zur Übersetzung einiger Auszüge von Savitri über.)

The great World-Mother by her sacrifice

Has made her soul the body of our state...

II.I.99

[Die große Welten-Mutter hat durch dies ihr Opfer

die eigne Seele zu dem Körper unsres Zustandes gemacht.]

(dt. S. 109)

Dies ist interessant, ich hatte das nicht bemerkt: "has made her SOUL ..."

The divine intention suddenly shall be seen,

The end vindicate intuitions sure technique.

II.I.100

Die Absicht Gottes wird dann plötzlich sichtbar werden,

das Ziel die sichere Technik der Intuition rechtfertigen.

(dt. S. 110)

Das ist interessant...

 

1 Die Person, die den Ashram verlassen und ihre Kinder in eine Schweizer Schule bringen wollte.

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2 Durch das Fehlen von persönlichen Grenzen.

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