SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 11 Bande

Mutters

Agenda

elften Band

16. September 1970

(Mutter schien es viel besser zu gehen. Nachdem sie "Transformations"-Blüten verteilt hatte, trat sie in eine lange, friedliche Kontemplation.)

Der Friede ist zurückgekommen... Von Zeit zu Zeit noch eine Spannung.

(langes Schweigen)

Hast du nichts zu fragen?

Nein, liebe Mutter.

(Mutter tritt aufs neue in Kontemplation)

Hast du keine Fragen?

Man hat den Eindruck, daß die Macht [in Mutters Nähe] immer mächtiger wird.

(nach einem Schweigen)

Die Leute, die krank waren, haben sich wieder erholt 1 .

Ist denn etwas von der Empfindung zur Erkenntnis geworden?

Oh ja. Das schon.

Die Trennung zwischen der Empfindung und dem Bewußtsein ist sehr klar geworden, das heißt... ich sah gewisse Dinge.

(langes Schweigen)

Während ein oder zwei Stunden hatte ich sogar das Ananda der Schöpfung... Das erschien so natürlich! Ich fragte mich: "In was für einer Verirrung steckte ich denn bloß?" Ich konnte es nicht begreifen. Ich konnte diese Hölle nicht verstehen. Ich konnte nicht verstehen, wieso ich dort war. Und ich hab auch nicht lange gesucht, weil ich mir sagte: "Dorthin will ich nicht zurückkehren!" Mit der konkreten Wahrnehmung der göttlichen Gegenwart und der ständigen Aktion der Gnade kam das Bewußtsein völlig zurück, und ich versuchte nicht lange zu verstehen, wie ich in den anderen Zustand gelangt war – das genügte mir!... Es kam ganz plötzlich: eines Morgens, nachdem ich eine relativ ruhige Nacht verbracht hatte. Von Zeit zu Zeit spüre ich noch eine Art Beklemmung, etwas... ein Unbehagen – ein Unbehagen und eine Bedrängnis –, deshalb gebe ich acht, mich nicht innerlich zu konzentrieren.

(Schweigen)

Ich werde das später erfahren.

Einen Hinweis hatte ich heute morgen, in Form eines Traums. Als es Zeit war aufzuwachen, fand ich mich... (wie soll ich sagen?) crawling, kriechend auf einem Dach, während ich jemanden trug, ein Mädchen (eine junge Frau). Ich trug diese Person mit beiden Händen, und es gelang mir, über das Dach zu kriechen, um auf der anderen Seite hinunterzuklettern. Das Dach war so (Geste eines steilen Grats), ich war auf dem Dachfirst. Das heißt, ich vollführte eine unmögliche Akrobatik, gefährlicher und schwieriger ging es gar nicht – ich tat dies ABSICHTLICH, und gleichzeitig war es völlig NUTZLOS.

Da sagte ich mir... Ich "wachte auf", d.h. ich kam in dem Augenblick dort heraus, wo ich mir sagte: "Aber warum tue ich denn das?" Diese Person war charmant, sie war sehr nett, aber... sie war wie ein Kind, eine kraftlose Person: sie konnte sich nicht selbständig bewegen. Ihr Kopf... sie war sehr bewußt, sehr hübsch – sehr bewußt. Und... ihre Hände und Arme waren irgendwie kraftlos oder unvollständig oder... ich weiß nicht. Natürlich war das alles symbolisch. Ich befand mich auf dem First eines SEHR HOHEN DACHS, und ich trug diese Person (Geste mit den Armen), und ich fragte mich: "Warum mache ich denn so viel Umstände?..." Unten standen Leute, und sie fragten (lachend): "Ist das nötig?..." So beschloß ich aufzuhören. Aber ich mochte dieses Mädchen sehr, und... sie war SEHR freundlich, ich will sagen, sie hatte ein schönes Bewußtsein. Schließlich beschloß ich: "Genug mit dieser Akrobatik!" Ich wachte auf und kehrte zu meinem normalen Wachzustand zurück.

Es war ein Traum, aber es war kein Traum – es war eine eigentliche Tätigkeit, und alle meine Nerven, alle meine Muskeln, mein ganzer Wille waren schrecklich angespannt im Schlaf.

Zweimal hatte ich nachts das Gefühl, in eine VÖLLIG neue Weise, die Dinge zu sehen und zu fühlen, einzutreten. Als täte ich äußerst schwierige und völlig nutzlose Dinge... Heute morgen sagte ich mir: "Sieh, wie du bist!..." Fast unmögliche, äußerst schwierige Dinge, und ich tat sie mühelos – aber es schien völlig nutzlos; es gab keinen Grund, sie zu tun.

Heute morgen dachte ich lange darüber nach... Wahrscheinlich rührt ein großer Teil der Schwierigkeit der Arbeit von... man kann sagen, von einer Dummheit meinerseits her.

Dennoch sage ich in meinem bewußten Bewußtsein ständig: "Was Du möchtest, Herr, was Du möchtest ..." Aber im Körper muß es eine Gewohnheit unnützer Anstrengung geben.

Vor etwa drei Wochen, als du noch mitten in dieser Erfahrung warst, sagtest du: "Ich weiß nicht, ob ich mich erinnern werde, aber vielleicht wird sich das Psychische erinnern, denn es war anwesend." Und du sagtest: "Es ist etwas Gewaltiges und doch fast Banales, so einfach ist es."

(Mutter nickt,
Schweigen)

Heute morgen war dies sehr klar und zwingend, wie um mir eine Lektion zu erteilen.

Es ist noch vermischt: Zuweilen kehren dieser Druck und dieses Unbehagen zurück, und ich sehe deutlich, daß es vor allem mit dem zu tun hat, was im Wesen der Vergangenheit angehört – das, was noch in der Gewohnheit seiner vergangenen Funktionsweise steckt.

(Schweigen)

Das war wirklich ein Kunststück: Ich trug dieses Mädchen auf beiden Armen und kletterte auf den Knien über den Dachfirst. Ein Haus mit mindestens vier oder fünf Etagen. Es war absolut wahnsinnig. Ich tat es ganz natürlich, mühelos, als mich auf einmal etwas wie ein Bewußtsein, das mich beobachtete, sagen ließ: "Aber warum tue ich denn das?..." Dem Mädchen, das ich in den Armen hielt, sagte ich: "Wie nett du bist!" Und sie war... sie war lieb, sogar leuchtend und bewußt – aber absolut machtlos. Völlig machtlos: als hätte sie weder Arme noch Beine. Etwas völlig Kraftloses... Seltsam.

Ich sah die Leute, die unten waren (sie mußten einen Stock tiefer sein) und mich fast lachend betrachteten (jedenfalls amüsiert) und sagten: "Aber warum tun Sie denn das?..." Ich erwachte mit dem Eindruck, daß ich mein Leben schrecklich kompliziert mache – schwierig und gefährlich –, absolut unnütz.

Darüber staunte ich heute morgen lange. Lange war ich unter diesem Einfluß. Ich sagte mir (lachend): "Irgendwo muß ich extrem dumm sein!"

Das Mädchen hatte ein so schönes Bewußtsein!

War es das neue Bewußtsein?

Ich glaube nicht...

Nein?

Ich weiß nicht.

Jedenfalls war sie völlig kraftlos: ich mußte sie tragen.

Vielleicht das neue Bewußtsein DES KÖRPERS?

Ich hatte den Eindruck, daß keinerlei Grund bestand, dies zu tun... Ich weiß nicht.

(Mutter verharrt lange schweigend
und deutet durch eine Geste an, daß sie es nicht weiß)

Und diese Frau verschwand nicht. Ich weiß nicht... sie verschwand nicht. Die Beziehung änderte sich – ich glaube, es ist eine Frage der Beziehung, denn die Beziehung änderte sich: ich hatte den Eindruck, daß sie nicht mehr getrennt war, etwas in der Art.

Vielleicht ist es die Trennung zwischen den beiden, die 2...

Vielleicht soll das das Gefühl der Trennung zwischen den beiden symbolisieren?

Wir werden sehen.

(langes Schweigen)

Wir werden sehen.

Offensichtlich findet eine große Veränderung statt. Allerdings gleicht es... ganz dem Bewußtseinszustand, den ich vorher hatte. Der Bewußtseinszustand scheint sich nicht verändert zu haben.

Heute morgen hatte ich den Eindruck, daß ich nach all diesen Tagen hier wie aus einem schlechten Traum herauskomme... Ich hatte das Bewußtsein verloren, das ich in meinem Körper hatte 3 .

Ich weiß nicht... Es gibt noch vieles zu verstehen.

Ich weiß nicht.

Es kann zwei Dinge bedeuten: Entweder war ich dabei, meinen Körper zu verlassen und in die andere Welt überzugehen, und kam dann zurück (das ist es vielleicht), oder ich war in einer Übergangsphase für die Transformation und kam nun aus der gefährlichen, kritischen Stelle heraus. Eins von beiden. Welches ist es? Wir werden sehen.

Verstehst du, was ich sagen will?

Ich weiß nicht...

(Schweigen)

Ich will mir ABSOLUT NICHTS einbilden, was es auch sei – wie man es immer tut: Schlüsse ziehen und sagen: "So ist es." Absolut nicht, ich lehne das kategorisch ab. Ich weiß es einfach nicht. Ich schaue, und dann werden wir ja sehen! (Mutter lacht)

Auf jeden Fall ist der Albtraum vorbei.

Aber die Natur erinnert sich an die Erfahrung, und sie ist noch... (schwimmende Geste) sie fühlt sich noch nicht ganz sicher.

Es besteht auch der Eindruck, daß die Natur, bevor sie bereit ist, in diese neue Schöpfung einzutreten, die GANZE alte Schöpfung vollständig kennen mußte, und daß dies... die Ergänzung war. Aber das war wirklich etwas Schreckliches (Mutter nimmt ihren Kopf in die Hände)... Könnte ich doch bloß... Ich sah mich so, BETEND, daß all dies nicht mehr in der Welt sein möge. Könnte ich doch bloß durch diese Tage des Schreckens die Welt von dem befreit haben, dann würde es mir nichts ausmachen. Denn... (Mutter ergreift ihren Kopf) das ist schrecklich. Wäre dies aus der Welt genommen worden...

Dieses Gefühl also: Wenn ich, indem ich dies durchlebe, die Welt davon befreien könnte... dann macht es mir nichts aus.

Wir werden sehen... wir werden sehen.

(Mutter hält Satprems und Sujatas Hände)

*
*   *

(Nachdem Satprem gegangen war, sprach Mutter noch mit Sujata und erläuterte ihre Erfahrung auf dem Dach folgendermaßen:)

Sie war eine Person wie du, von deiner Größe (1,58 m), von deiner Statur, und ich sagte zu ihr: "Du bist so lieb!..." Sie war ganz strahlend, aber die Arme und Beine waren wie an den Körper geklebt. Ohne Angst – weder ich noch das Mädchen hatten Angst.

 

1 Insbesondere Mutters Gehilfin, die eine Krebsoperation durchgemacht hat (und die immer noch in Bombay ist). Leider wird sie ihre Arbeit bei Mutter nicht wieder aufnehmen.

Rückwärts zum Text

2 Vielleicht wollte Mutter sagen, daß die Trennung zwischen dem Körper und diesem Bewußtsein die Ursache dieser Hölle war.

Rückwärts zum Text

3 Vielleicht war das die Person, die Mutter trug? Aber man fragt sich wirklich, ob sie Mutter nicht Medikamente verabreicht hatten... Dieses Problem wird noch öfter auftauchen.

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English