Mutters
Agenda
elften Band
17. Oktober 1970
Ich habe einen Brief von Dr. V, er stellt eine Frage über etwas, das Sri Aurobindo gesagt hat.
(Satprem liest:)
"In der Synthese des Yoga spricht Sri Aurobindo von der Vervollkommnung des niederen Mentals, des psychischen Prana ..."
Was ist das?
Ich glaube, Sri Aurobindo nannte die vitale Substanz so.
"... und von seinen tyrannischen Ansprüchen, die das natürliche Haupthindernis darstellen, das in alles Handeln des Wesens eindringt.
Woher kommt dieses psychische Prana? Gehört es zum Psychischen, wie man es in der psychologischen Sprache Indiens versteht?"
Ja, damals benutzte Sri Aurobindo den Begriff des "psychischen Prana", aber dies bezeichnet überhaupt nicht das Psychische, die Seele, sondern ich glaube, er meint damit die primäre vitale Substanz... Dann fragt V noch:
"... hat dieses psychische Prana irgendeine Beziehung zum Aufbau der Psyche im Sinne der westlichen Psychologen?"
All diese Dinge weiß ich nicht. Das ist Philosophie... auf englisch würde ich sagen wordy [wortreich]. Das sind psychologische Begriffe, die ich überhaupt nicht kenne.
Ja, gewiß! Jedenfalls hat dies überhaupt keinen Bezug zu dem "Psychischen", der Seele, wie wir sie verstehen.
Es ist nutzlos, mich solche Dinge zu fragen – das interessiert mich überhaupt nicht.
Natürlich!
Sri Aurobindo benutzte alle möglichen Begriffssysteme, und erst am Schluß verwendete er jenes, das ich mitgebracht hatte, und damit verständigten wir uns. Zu Beginn, als ich ankam, sprach er von allen möglichen solchen Dingen.
Darüber hinaus (lachend) interessiert mich das nicht.
(Mutter gibt Satprem Suppenpäckchen)
Ich kann nicht essen.
*
* *
(Satprem liest das dritte Kapitel seines Buches vor: "Der Sonnenweg". Nach der Lektüre schaut Mutter Satprem lange mit einem bezaubernden Lächeln an.)
Du bist in eine neue Welt eingetreten... Für jene, die dir folgen können, wird das sehr gut sein.
Oh, dies ist ganz neu... (Lächelnd) Außerordentlich, das ist...
Ich habe den Eindruck einer neuen offenen Tür. Den Eindruck, als hättest du eine neue Tür für die Menschheit geöffnet.
Du selbst öffnest sie!
(Schweigen)
Außerordentlich.
Als hättest du der alten Welt "Lebewohl" gesagt.
Ja.
Jetzt (lachend) möchte ich gern die Fortsetzung hören. Wieviel hast du noch geschrieben?
Bis jetzt habe ich insgesamt zehn Kapitel geschrieben.
Und dies ist das dritte... Bah!
(Mutter schüttelt entzückt den Kopf)
Großartig, einfach großartig!
(Schweigen)
Wie kommt das?
Oh, liebe Mutter, ich bete und lasse es dann kommen.
Das ist es... das stammt OFFENSICHTLICH aus einer anderen Welt.
Man darf dich nicht stören, bis du fertig bist.
Ja... Tatsächlich versuchen viele Dinge, mich zu stören.
Ja.
Innen und außen.
Innen?
Ja, auch: Umstände.
Das darf nicht sein, man darf das nicht zulassen... Und die Leute dürfen es nicht lesen, bevor es fertig ist.
Ja, liebe Mutter.
Für die Einleitung bleiben wir bei unserem Programm... Hast du noch keinen Deutschen gefunden?
Nein, liebe Mutter, ich kenne keinen.
Ich habe gesucht und finde keinen. Es muß jemand mit etwas Intelligenz sein. Bis Februar muß es fertig sein. Aber zeige das Buch niemandem, bis es fertig ist.
Nur Sujata liest und tippt es.
(Lachend) Sujata ist niemand!
Es ist wirklich großartig.
Oh, liebe Mutter, ich versichere dir, das ist nicht mein Verdienst!
Ich möchte gern die Fortsetzung hören.
Ich hoffe, du wirst nicht enttäuscht sein.
Nein, nein.
Oh, ich bete so sehr darum, rein empfangen zu können.
(Schweigen)
Die gewöhnlichen Verleger sind unfähig zu... Wir müßten selber eine gute Ausgabe herausbringen (was die Herstellung angeht, kann es hier sehr gut gemacht werden), und dann eine großangelegte weltweite Öffentlichkeitsarbeit vorbereiten... Artikel in literarischen Zeitschriften für eine Werbekampagne veröffentlichen. Ich glaube, das wäre besser, als es einem Einzelnen zu überlassen, der... Wir müßten die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen – das können wir. Wenn man will, kann man.
Der einzige Vorteil der Verlage ist, daß sie bereits einen Namen haben und über Mittel verfügen, die Presse zu informieren – der Vertrieb. Darin liegt ihre Macht.
Aber es gibt Mittel, die Presse zu kontaktieren. Es gibt ein Mittel.
(Schweigen)
Wir werden... (Geste, eine Mauer zu durchbrechen)
(Schweigen)
Ich warte; ich werde dir meine Idee sagen, wenn du fertig bist – wenn du mir alles vorgelesen hast.
Ich habe eine Idee... Wenn du fertig bist.
Ich warte, bis ich das letzte Kapitel gelesen habe! (Lachen)
Denn damit läßt sich wirklich etwas machen.
(Schweigen)
Ich habe den Eindruck, dorthin zu gehen (Geste nach oben), ohne wieder herabzukommen. Das beweist, daß... Ich bekam einen außerordentlichen Eindruck, verstehst du: ich hörte DORT (selbe Geste über dem Kopf) und mußte nicht herabsteigen.
(Lachend) Ich warte auf die Fortsetzung!