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Mutters

Agenda

zwölften Band

17. März 1971

Hast du mir nichts zu erzählen, keine Neuigkeiten?

Nein, liebe Mutter. Wie stehen die Dinge?

(nach einem Schweigen)

Weißt du, ich habe den Eindruck, daß der Körper... Weil er schnell weiterkommen will, wird er mit Peitschenschlägen vorangetrieben. Aber das ist rein persönlich... Ich beklage mich nicht.

Für die anderen ist das nicht interessant.

Als ertöne ein ständiges Glockengeläute (Mutter macht die Bewegung eines Hämmerns): "Du sagst, daß du nur für das Göttliche leben willst – dann lebe nur für das Göttliche, lebe nur ...", zum Körper auf die Weise (gleiche Geste eines Hämmerns)

Er sieht, wie sehr er noch dieser alten Welt angehört.

Aber nun, es geht.

(langes Schweigen)

Wir sind mitten im Übergang – für alles. Wie lange wird dieser Übergang dauern? Ich weiß es nicht... Ich habe den Eindruck, die Dinge schreiten so schnell voran wie nur möglich, und wenn sie schneller vorangingen, würde alles zerbrechen.

(langes Schweigen)

Und du?

Ich habe das Gefühl, einer Zurschaustellung aller Dinge des Unterbewußten und der niederen Natur beizuwohnen...

(Mutter bestätigt mit einem Kopfnicken)

Schrecklich.

Ja, alles widersetzt sich, so sehr es nur kann.

Ach, es ist schrecklich, liebe Mutter! Man hat das Gefühl einer Eigenmacht, die auf nichts hört, auf die man keinen Zugriff hat, die sich über alles mokiert, die nur auf Zerstörung hin orientiert ist – denn es ist wirklich eine Macht der Zerstörung, die sich über alles mokiert: nichts zählt. Etwas auf dem Grunde des Wesens ist zu allem bereit – zu töten, zu... zu allem nur möglichen.

(Mutter stimmt mit einem Kopfnicken zu)

Und es hat eine Eigenmacht in sich: man kann auf sie einreden, sie bedrohen, man kann sie warnen: "Wenn du das tust, passiert dir etwas." – Das ist ihr völlig egal.

(Mutter stimmt zu)

Man hat den Eindruck, vor einer Sache zu stehen... Man weiß nicht, was man tun soll, man weiß nicht, wie sie geheilt oder ausgemerzt werden kann.

Oh, das kann nicht aus der Welt heraustreten. Das ist es ja: Es muß an der Stelle sein, wo es NOTGEDRUNGEN transformiert werden wird – notwendigerweise.

Ja, aber wo... wo ist diese Stelle?

Genau!... Wir wissen es nicht. Wenn wir transparente Instrumente werden können – wir sind voll so vieler Trübheiten! Schrecklich, diese Undurchsichtigkeiten. Könnten wir... wie ein Leuchtfeuer des Göttlichen sein, das ständig strahlt und das nichts verschleiern könnte – dies ist das einzige Mittel. Wie ein Leuchtfeuer sein, das das Göttliche in die Welt projiziert. Es ist da, aber die Welt... wie du sagst, sie sieht es nicht, kümmert sich nicht darum. Man müßte daraus ein blendendes Leuchtfeuer machen, dem man unweigerlich ausgesetzt wäre.

Aber gibt es DA überhaupt einen Punkt, der zur Einsicht kommen kann?

Oh, ja – alles ist göttlich. Es gibt NUR das Göttliche. Aber es hat sich in Gegensätze aufgeteilt; und der extremste Gegensatz kann genau durch das extremste Göttliche berührt, besiegt und transformiert werden – kein Mittelweg kann das erreichen. Nur das äußerste Göttliche kann das äußerste Obskure transformieren: (Bewegung eines Insichaufnehmens) die Obskurität aufnehmen und auslöschen. Indem das Göttliche es in sich aufnimmt, kann es seine Wirkung auslöschen.

Aber das erfordert eine gewaltige Macht.

Ja.

Vor allem eine Durchhaltekraft. Das Wichtigste ist eine Durchhaltekraft, die sich durch nichts erschüttern läßt.

(langes Schweigen)

Wenn man es aus der Nähe betrachtet, ist es wirklich eine Macht der Zerstörung. Sagt man nämlich an dem Punkt: "Solltest du in diese Richtung gehen, wirst du sterben, es ist dein Untergang" – so ist ihr das völlig egal.

(Mutter nickt zustimmend)

Vollkommen.

Ja.

Sagt man ihr: "Du wirst dir einen Krebs holen, du wirst ...", so ist ihr das einerlei, nichts zählt – nichts.

(Mutter nickt)

Es will wirklich unseren Untergang – es will DEN Untergang.

(nach einem Schweigen)

Ja, aber das an sich ist die schlimmste Lüge, denn es ist unmöglich – die Welt kann nicht verschwinden. Folglich ist das an sich der Inbegriff der Lüge.

(sehr langes Schweigen,
Mutter schaut)

Es kommt so (Bewegung eines Hämmerns): Die einzige Lösung ist das EINE – es gibt eine Einheit. Immer: Die einzige Lösung ist die Einheit. Wir leiden unter einer Art Unfähigkeit zu sehen, daß alles, was wir "Lüge" nennen, das GLEICHE ist – wir sehen es nur falsch. Natürlich klingt das völlig dumm, und doch ist es das: EINSEINS-EINS-EINS... (gleiche Geste eines Hämmerns)

(Schweigen)

Die Lösung liegt in der Fähigkeit der Vereinigung. Aber wie?... (Mutter schüttelt den Kopf)

(langes Schweigen)

Weißt du, die Schöpfung ist das Ergebnis der Teilung; aber diese Schöpfung muß zur Einheit werden, um wieder göttlich zu werden. Jetzt klingt das wie absoluter Unsinn, und dennoch ist es das... Die Schöpfung ist das Ergebnis der Trennung (oder vielmehr, um genauer zu sein, die Trennung ist aus dem Ergebnis der Schöpfung entstanden), und folglich muß... Nur die Einheit kann das wieder gutmachen – wie? Ich weiß es nicht.

Aber wenn man in Gegenwart von... diesem Dunkel, dieser Finsternis, dieser Lüge steht, versteht man blitzartig, daß das nicht geschieht, um uns endgültig ins Verderben zu stürzen, sondern um uns zu etwas anderem zu führen.

Ja, ja. Ja.

Man versteht es blitzartig; dies geschieht, um uns zu einem stärkeren Lichtpunkt zu führen.

Ja.

Aber der Übergang ist nicht lustig.

(Mutter schüttelt den Kopf,
lange Konzentration,
Mutter nimmt Satprems Hände)

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