Mutters
Agenda
zwölften Band
(Es ist der Vorabend des 15. August. Mutter empfängt Satprem, ohne die Zeit zu haben, vorher alle anderen Besuche abzuschließen.)
Hast du etwas zu sagen?
Nein, gar nichts!
Es geht – es geht sogar gut.
Es geht gut. Der Körper beginnt zu... ich könnte sagen, die wahre Haltung zu kennen. Das heißt, er spürt mehr und mehr auf konkrete und AKUTE Weise, könnte ich sagen, daß es nur EIN Mittel gibt zu existieren, und zwar im göttlichen Bewußtsein. Alles übrige erscheint ihm gefährlich und unbekannt.
Gleichsam ständig im göttlichen Bewußtsein gebadet zu sein, das erscheint ihm die einzige Art zu existieren. Es gibt nichts anderes. Das ist die Haltung des Körpers. Er hat... es ist mehr als ein Eindruck, es ist... ich weiß nicht, fast ein akutes Gefühl, daß man nur im Göttlichen existieren kann und indem man sich ständig auf das Göttliche konzentriert. Und daß dies noch ein Übergang ist, um auf etwas zuzugehen, das noch... ich möchte nicht sagen, ein Traum, aber ein Wunder ist. DAS...
Er möchte immer weniger sprechen.
Ja.
Alles, was man sagt, erscheint ihm wie Kindereien.
(Schweigen)
Er hat kein Bedürfnis zu wissen: sein einziges Bedürfnis ist es, geformt, in Bewegung gesetzt und in jeder Weise gebraucht zu werden [vom Göttlichen], und er hat nur einen Traum, und zwar zu vergessen, daß er existiert – spontan der Ausdruck von etwas zu werden... (Mutter hat ein glückseliges Lächeln), das er das Göttliche nennt, das das einzig Wahre ist.
(Schweigen)
Und was tut Sri Aurobindo?... Siehst du ihn?
Ich "sehe" ihn nicht: ich fühle seine Gegenwart.
Ich hatte Gelegenheit, seine Briefe über mich zu lesen... Wie... Es ist wirklich ein Wunder, daß ich überlebte [nach seinem Weggang]... Mein ganzes Wesen... [brach zusammen]. Der Schutz und die Unterstützung waren so wunderbar!
Das innere Wesen war nicht betroffen, denn es blieb so, wie es war – diese Nähe, diese Vertrautheit blieben gleich –, aber das physische Wesen... Es ist ein Wunder, daß es überlebte.
Vor einigen Tagen sah ich Sri Aurobindo, und er beschäftigte sich mit Geld – er erhielt Geld, er erhielt sogar Dinge aus Gold 1 .
(Mutter lacht)
Das überraschte mich.
Warum?
Ich weiß nicht, ich stellte ihn mir nicht in dieser Art Beschäftigung vor.
Es war nicht notwendig, weil ich da war 2 .
Aber ich weiß, daß es ihn interessierte, in dem Sinne, daß er dachte, daß das Geld sehr frei und reichlich kommen sollte. Er dachte immer, daß die Leute alles, was sie hatten, geben sollten – und das war für ihn eine absolute Regel. Man hatte nicht zu fragen: sie sollten spontan alles geben, was sie hatten.
(Schweigen,
Mutter nimmt Satprems Hände)
Nächsten Mittwoch werden wir mehr Ruhe haben.
Der Körper hat nur einen "Ehrgeiz", möchte ich sagen: daß nur noch das Göttliche existiert, und daß er etwas sei, das das Göttliche benutzt und daß er absolut plastisch und ausdrucksvoll sei. Das ist es. Bis zu dem Moment, wo er nur noch im Göttlichen existieren wird.
Es gibt eine Art Vorwissen eines Zustandes, wo allein das Göttliche Bewußtsein ist. Das... (Mutter schließt die Augen mit einem ekstatischen Lächeln)
Allein das Göttliche Bewußtsein.
1 Satprem weiß nicht, ob es ein Zufall war, aber zwei Tage später (am 16. August) wurde der Dollar entwertet, und die Geldabkommen von Bretton-Woods brachen zusammen.
2 Mutter will sagen: Zu Lebzeiten Sri Aurobindos brauchte er sich nicht mit Geld zu befassen, weil Mutter da war.