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Mutters

Agenda

dreizehnten Band

30. August 1972

Wie geht es dir?

Ich glaube, gut.

Mir auch! (Lachen)

(Schweigen)

Ich kann deutlich sehen: Anstatt des Denkens wird das Bewußtsein das Leben leiten. Wenn das Bewußtsein ruhig und offen dem Göttlichen gegenüber ist, geht alles gut. Doch ständig gelangen Dinge ins Bewußtsein, als kämen sie aus der ganzen Welt (Geste eines von allen Seiten kommenden Ansturms): alles, was die göttliche Aktion leugnet oder ihr widerspricht. Ständig kommt dies so (gleiche Geste). Wenn ich still bleiben kann (Geste der Darbietung mit offenen Händen) in der Haltung... (lächelnd) einer Nichtexistenz, eine Art... Ich weiß nicht, ob ich Transparenz oder Reglosigkeit sagen soll, aber etwas im Bewußtsein ist so (gleiche Geste der Darbietung mit offenen Händen). Auf die Weise geht es gut; sobald es jedoch anfängt, sich zu bewegen, das heißt, wenn die Person sich irgendwie manifestiert, wird es abscheulich. Das ist sehr stark.

Weißt du, die tausendjährigen Erfahrungen des physischen Körpers sagen: "Ach, dieser glückselige Zustand ist unmöglich" – genau diese Dummheit verzögert alles. Dies kommt gleichsam aus den Zellen des Körpers, die daran gewöhnt sind, zu kämpfen und zu leiden, und die nicht anerkennen können, daß die Dinge so geschehen (dieselbe Geste der Darbietung mit offenen Händen). Wenn es dann doch so ist, wird alles wunderbar.

Leider ist das nicht beständig. Es dauert nicht ständig an. Immer dringen Dinge ein (Geste eines Angriffs).

Aber jetzt sehe ich sehr deutlich und klar: Das Bewußtsein wird das Denken ersetzen.

Ja.

Und... (wie soll ich sagen?) ich sehe den Unterschied: Das Denken ist so (hektische und wirbelnde Geste), es rührt sich unentwegt; das Bewußtsein hingegen verhält sich so (Geste mit offenen Händen in einer Darbietung nach oben). Ich kann das nicht erklären.

(Mutter schließt die Augen und verharrt mit offenen Händen)

Hast du etwas zu sagen oder zu fragen?

Ich fragte mich, was ich tun könnte, um die Bewegung zu beschleunigen. Im praktischen Leben wird man von so vielen Dingen bestürmt... Was kann man tun, um die Bewegung zu beschleunigen?

Wenn es dir gelingt, davon unberührt zu bleiben, würde das einen großen Unterschied machen.

Ja.

Einen großen Unterschied.

Verstehst du, mein Körper beginnt – beginnt – zu wissen, daß die göttliche Seite ein Leben bedeutet, das... (Mutter breitet die Arme in einer Unermeßlichkeit aus) fortschrittlich und leuchtend ist; aber eine Ansammlung vergangener Erfahrungen sagt: "Ach, das ist unmöglich!" – Und dieses idiotische "Unmöglich" verzögert und beeinträchtigt die Dinge.

Dies liegt an der Tatsache, daß, sobald der Körper die wahre Haltung verläßt, alles schmerzlich wird: alles tut weh, alles ist unangenehm – überall spürt man Tod und Auflösung. Und das bestärkt sozusagen die Dummheit der Materie.

Um die Wahrheit zu sagen, möchte ich lieber nicht sprechen, es sei denn, um eine präzise Frage zu beantworten.

Ich frage mich, auf welchen genauen Punkt ich meine Aufmerksamkeit richten soll.

(nach einem Schweigen)

Fühlst du, daß du das Denken überschritten hast?

Oh, ja, ganz und gar. Das einzige, was noch bleibt, ist ein mechanisches Denken, aber sonst... Ich kann sagen, daß ich mich nie des Denkens bediene: ich habe immer das Gefühl, von oben zu schöpfen. Das spekulative Mental ist mir zum Beispiel unmöglich.

Nun, dann ist es gut, dann bist du auf dem richtigen Weg.

Ja, aber praktisch hat man den Eindruck, daß man kämpft und... daß man sich etwas verheddert.

Bei mir ist es so, als ob alles, worauf ich mich für mein Handeln zu stützen pflegte, ABSICHTLICH zusammenbricht, damit ich bei allem, selbst bei den kleinsten Dingen, nur noch sagen kann: Was Du willst! Das ist gleichsam meine einzige Zuflucht geworden.

Weißt du, ich erinnere mich an nichts mehr. Das heißt, wenn man mir aufträgt: "Sagen Sie folgendes zu dieser Person!", antworte ich sehr aufrichtig: "Ja." Und ein, zwei Minuten später weiß ich nicht mehr, was es ist 1... Ich erinnere mich an nichts – nichts.

Manchmal kann ich stundenlang in einer Art friedlicher und leuchtender Kontemplation verharren – und glauben, es seien bloß einige Minuten verstrichen.

Man muß in Kauf nehmen, daß man einem gewöhnlichen Beobachter, der nicht Bescheid weiß, erscheint wie ein... Gewiß denken neunundneunzig Prozent der Leute, daß ich... (lächelnd) verrückt geworden bin.

Nein, nein! Das nicht...

Es hat nicht die GERINGSTE Bedeutung.

Ich sehe es in ihrem Bewußtsein, und ich kann darüber nur lächeln. Ich muß es hinnehmen.

Aber nicht wenige sehen auch das Licht, weißt du.

Das ist möglich. (Lachend) Um so besser für sie.

(Schweigen)

Sehr häufig frage ich den Herrn: Wie kann ich jetzt helfen, wo ich nicht mehr klar sehe, nicht mehr gut höre, nicht mehr deutlich sprechen kann und Hilfe brauche, um mich zu bewegen? Das ist ein Zustand... Und der Körper spürt keinen Verfall. Er ist überzeugt, daß er seine Aktivität morgen wieder aufnehmen könnte, wenn der Herr es wollte. Die Kraft ist da (Mutter berührt ihre Arme, ihre Muskeln), eine zuweilen schreckliche Kraft... Warum nur?...

Dieser Zustand ist gewollt, damit... (lächelnd) damit man mich in Ruhe läßt.

Ja, das glaube ich auch, Mutter.

Sonst läßt man mir keine Ruhe.

Du würdest im Nu mit einer Welt belangloser Probleme überhäuft.

Ja, ihre Probleme sind alle belanglos. (Mutter lacht) Und von einer solchen Schamlosigkeit: keine Treue mehr in der Ehe und mangelnde Ehrlichkeit in der Arbeit. So ist das. Unglaublich – unglaublich. Die Leute stellen mir Fragen... (lachend), die unwahrscheinlichsten Fragen.

Alle Regeln... ach, als seien alle moralischen Regeln über den Haufen geworfen worden. Dem Anschein nach zu urteilen... Ich gebe dir ein Beispiel: Jemand [vom Ashram] hat ein "Reisebüro" eröffnet. Man gibt ihm Geld, um Fahrkarten zu bestellen. Er steckt das Geld in seine Tasche und kauft die Fahrkarten nicht (Lachen). Das ist doch unerhört!

(Schweigen)

Weißt du, das ist sicher ein gewollter Zustand, denn so, wie ich es in meinem kleinen Maßstab wahrnehme, habe ich den Eindruck, daß du in deiner Reglosigkeit eine gewaltige Sendestation bist.

Ja, das weiß ich. Das weiß ich. Gewaltig! Ja, eine Kraft... Aber selbst in meinen Händen: eine gewaltige Kraft.

(Schweigen)

(Lächelnd) Häufig sehe ich... (wie soll ich sagen?)... Du bist in diesem Bewußtsein, und ich schaue, um zu sehen, welchen Platz du im Bewußtsein einnimmst. Und... (Mutter verharrt mit geschlossenen Augen, lächelnd)

Mein Kind, ich möchte nicht, daß du... (Mutter macht eine Geste des sich Aufplusterns), ich sage dir das nicht, um dir Komplimente zu machen, das will ich nicht. Aber immer... du bist wie ein leuchtender Garten... mit klaren Formen (Mutter zeichnet etwas wie ein Rechteck), leuchtend und in Farben, die von leuchtendem Rosa bis ins Goldene gehen. So ist das. Und das bist du – so sehe ich dich. Immer.

Da ist eine grenzenlose Atmosphäre... Eine unermeßliche Atmosphäre, in Sri Aurobindos Aura gehüllt: blau... das helle, leuchtende Blau, das seine Farbe ist. Und darin sehe ich dich... Du bist wie ein deutlich angelegter Garten (gleiche Geste) und von einer Farbe... ein leuchtendes Rosa bis... eine leuchtende, goldene Atmosphäre. Ein leuchtender Garten. Genau das sehe ich – ich sehe ihn so (Mutter deutet auf ihre offenen Augen). Das ist sehr gut.

Es gibt noch einige verhärtete Punkte, das heißt Dinge... (wie soll ich sagen?) persönliche Starrheiten, aber... allmählich verschwindet das und transformiert sich. Das sehe ich.

(Mutter geht bis zum Ende in sich)

(Sujata:) Liebe Mutter, mein Onkel 2, der dich gestern gesehen hat, sagte mir: "Ich weiß nicht, ob du es siehst, aber ich sah ein Licht aus Mutters Gesicht kommen ..."

(Mutter lacht)

Da habe ich ihn gefragt: "Und welche Wirkung hat das auf dich?" Er sagte: "Weißt du, ich habe keinerlei Wünsche, nichts; ich habe ganz einfach das Verlangen, mich... davor zu verneigen."

(Mutter lächelt)

 

1 Aber wenn auch nur die geringste tiefere Wahrheit in dem lag, was man Mutter zu sagen bat, erinnerte sie sich bestens.

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2 Später hat diese Person Auroville sehr bei der indischen Regierung geholfen, als die Hochstapler die Aurovillianer ins Gefängnis stecken und deportieren wollten.

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