SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 13 Bande

Mutters

Agenda

dreizehnten Band

20. Januar 1973

(Am 18. Januar empfing Mutter den Dalai Lama. Es sei erwähnt, daß Mutter seit langem einige tibetanische Flüchtlinge im Ashram und in Auroville aufgenommen hatte.)

Hast du nichts zu sagen?

Es würde mich interessieren zu erfahren, was du mit dem Dalai Lama gefühlt hast...

Ein wirklich wohlwollender Mensch. Weißt du, er praktiziert das buddhistische Wohlwollen auf eine wirklich wunderbare Art.

Er scheint keinerlei Eigensucht zu haben. Das heißt, eine ständige Bemühung, das Wahre zu tun.

(Schweigen)

Sehr aktiv [mental] – wir hatten keinen sehr tiefen Kontakt.

Aber nach dem, was mir gesagt wurde, war er mit seinem Besuch zufrieden. Hast du etwas gehört?

Ja, man sagt, er sei zufrieden gewesen.

Hast du ihn nicht gesehen?

Nein. 1

Er ist ein junger Mann...

Aber ich sah ihn vor einigen Monaten im "Traum".

Sieh an!

Wir trafen uns – warum? Ich weiß es nicht.

Sehr wohlwollend – sehr wohlwollend.

Man sagte mir (ich weiß nicht, ob es wahr ist), er habe bemerkt: "Sri Aurobindo und die Mutter sind heute die wichtigsten Personen auf der Welt." – Ich weiß nicht, ob das stimmt.

Er scheint mit seinem Besuch zufrieden gewesen zu sein. Er war sehr zufrieden mit der Schule und den Schülern.

Auf der Ebene, wo ich lebe, scheint er nicht sehr bewußt zu sein. Aber ich weiß es nicht, auf jeden Fall ist seine Persönlichkeit überhaupt nicht belastend – er drängt sich nicht auf.

Ich hatte den Eindruck eines sehr starken Mannes – sehr stark. Und harmonisch stark. Sein rechter Arm war nackt, und er erweckte den Eindruck einer ruhigen, starken Kraft. Aber... ich hatte keinen sehr tiefen Kontakt... Ich weiß nicht.

Und hast du etwas für Tibet gesehen – siehst du etwas für dieses Land?

Ich habe ihm gesagt, daß Tibet wieder unabhängig sein wird. Er fragte mich wann. Ich sagte: "Das weiß ich nicht." 2

Sri Aurobindos Vorstellung war ein unabhängiges Tibet und eine Art große Föderation mit Indien. Aber wann? Ich weiß es nicht.

Tibet war in einen niedrigen Tantrismus eingeschlossen, und wahrscheinlich kamen die Chinesen, um sie von dieser Gefangenschaft zu befreien...

Ja.

Und wenn sie davon gereinigt sind (unglücklicherweise mit großen Verlusten), können sie vielleicht frei werden.

(Mutter nickt zustimmend)

Er gab mir dies (Mutter zeigt einen tibetanischen Buddha aus Kupfer). Ein Buddha. Steht dort etwas geschrieben [unter der Statue]?

Ja, eine Zeichnung.

Ich glaube, das ist Tibetanisch.

Es ist gut.

Ja, er hat ein gutes Gesicht.

(Schweigen)

Du hast ihn nicht gesehen?

Nein. Ich habe nur Fotos gesehen. Ich fand, er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Pavitra.

Sieh an!

Ja, sozusagen von derselben "Linie".

 

ADDENDUM

(Bericht des Besuchs vom Dalai Lama. Die Fragen des Dalai Lama wurden Mutter indirekt von Kireet, dem Sekretär des Universitätszentrums, gestellt.)

(Dalai Lama:) Mein Traum ist eine ideale wirtschaftliche Entwicklung in Tibet, eine ideale Organisation und Leistungsfähigkeit, wie man sie im Kommunismus findet, aber all das basierend und gründend auf den buddhistischen Tugenden von Mitgefühl und Liebe, so daß die Leute in Machtpositionen nicht in Korruption entarten. Was ist Mutters Ansicht über diesen Traum, und kann so etwas in Tibet verwirklicht werden?

Dies ist kein Traum. Es wird ganz natürlich geschehen. Aber ich weiß nicht, wieviel Zeit es beanspruchen wird. Das entspricht dem, was Sri Aurobindo über das Supramental gesagt hat.

Wahrheit, Liebe, Mitgefühl werden die Basis für die neue Schöpfung sein. Nicht die Umstände seiner Geburt sondern der wahre Wert eines Menschen soll ihm ein Recht auf Autorität verleihen.

Wenn Sri Aurobindos Lehre sich auf der Welt ausbreiten kann und wenn das Supramental sich voll manifestiert, dann wird das Supramental die Macht zur Befreiung Tibets sein.

Es wird unvermeidlich geschehen, es wird kommen; aber wenn es so wie jetzt weitergeht, wird es Jahrhunderte dauern. Wenn das Supramental jedoch manifestiert wird, kann es schnell kommen. Schnell bedeutet allerdings nicht in zehn oder zwanzig Jahren – das käme fast einem Wunder gleich.

(Kireet:) Aber das Supramental arbeitet jetzt sehr machtvoll.

Das tut es, es wirkt. Es wird sich mit genügend Macht manifestieren, wenn die richtigen Leute die Autorität haben.

Im Augenblick scheint es so, als würde die Opposition und Falschheit mit voller Macht angreifen, bevor sie stirbt. Noch nie haben die Menschen so viel gelogen wie jetzt. Diese alte Gewohnheit scheint spontan hervorzukommen. Sie muß gebrochen werden.

Wir sind sozusagen in einem sehr unangenehmen Augenblick der Weltgeschichte. Es ist interessant, denn die Aktion ist sehr machtvoll, aber ich kann diese Zeit nicht als erfreulich bezeichnen.

Aber das sagte ich dir schon; ich habe es geschrieben. 3

(Kireet:) Ja, Mutter. Du hast die Botschaft gegeben.

(Dalai Lama:) Ich selber habe keinen Wunsch, in der Regierung an der Macht zu bleiben, denn jegliche Regierung beinhaltet so viele Konflikte zwischen den verschiedenen Parteien, und als Regierender muß man stets für die eine oder andere Seite Partei ergreifen...

Man kann regieren, ohne sich auf die eine oder andere Seite zu stellen. Das ist der Fehler aller Regierungen; sie mindern dadurch ihre Fähigkeit ungeheuer.

Jenseits des Mentals gibt es ein höheres und tieferes Bewußtsein – sie würden dort ein Bewußtsein vorfinden, das alle Fähigkeiten voll einsetzen kann. Man muß ein Bewußtsein haben, das weit genug ist, so daß jede Fähigkeit an ihren Platz gesetzt werden kann, um eine allgemeine Harmonie zu schaffen.

(Dalai Lama:) Es gibt guten Willen und Aufrichtigkeit bei Leuten überall auf der Welt, aber die Anzahl dieser Leute ist nicht groß. Werden sie eine Wirkung haben und die Bedingungen in der Welt verändern können?

Es muß sich ändern – es wird sich ändern. Wenn die Leute aufrichtig sind, wird das jedoch die Zeit verkürzen; wenn die Leute aufrichtig sind, wird es schneller gehen.

Der erste und unerläßliche Schritt besteht darin, aller Falschheit ein Ende zu setzen. Falschheit ist all das, was in uns der Gegenwart des Göttlichen widerspricht.

 

1 Satprem mag keine Menschenmengen, und der ganze Ashram war in Aufruhr. Der Dalai Lama hatte den Wunsch geäußert, Mutter allein zu sehen, aber die Würdenträger des Ashrams klebten buchstäblich wie Kletten an ihm. Sie blieben während des ganzes Interviews im Zimmer anwesend. Unter diesen Bedingungen konnte er keinen "tiefen" Kontakt mit Mutter haben.

Rückwärts zum Text

2 Mutter antwortete: "Alles wird von der Empfänglichkeit der Welt für das supramentale Bewußtsein abhängen." Im Addendum werden die Fragen des Dalai Lama und Mutters Antworten wiedergegeben.

Rückwärts zum Text

3 Botschaft vom 26. November 1972: "Bevor sie stirbt, erhebt sich die Lüge mit ihrer ganzen Macht. Aber die Leute verstehen nur die Lektion der Katastrophe. Muß sie eintreten, damit sie ihre Augen für die Wahrheit öffnen? Ich verlange eine Anstrengung von allen, damit dies nicht nötig ist. Nur die Wahrheit kann uns retten: Wahrheit in den Worten, Wahrheit in den Handlungen, Wahrheit im Willen, Wahrheit in den Gefühlen. Man muß der Wahrheit dienen oder zugrundegehen."

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English