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Sri Aurobindo

Briefe über den Yoga

Band 1

DIE EBENEN UND TEILE DES WESENS

I. Bewusstsein

II. Sachchidananda

III. Supramental – Obermental

IV. Jivatman (Zentrales Wesen)

V. Die Seele und das seelische Wesen

VI. Das innere Wesen und das wahre Wesen

VII. Das umhüllende Bewusstsein

VIII. Das Kosmische Bewusstsein

IX. Das Mental

X. Das vitale Wesen

XI. Das Physische Bewusstsein, das Physische Mental

XII. Das Unterbewusste, das Unbewusste

XIII. Die Zentren

I. Bewusstsein

Die Menschen wissen nichts von sich und haben nicht gelernt, die verschiedenen Teile ihres Wesens zu unterscheiden; diese werden von ihnen meist unter dem Begriff ihres Mentals zusammengefasst und in einen Topf geworfen, da sie diese mit Hilfe eines mentalen Wahrnehmens und Verstehens erkennen oder fühlen; aus diesem Grunde begreifen sie ihre eigene Verfassung und ihre eigenen Taten nicht oder aber – wenn überhaupt – nur oberflächlich. Es gehört zur Grundlage dieses Yoga, sich der großen Kompliziertheit unserer Natur bewusst zu werden, die verschiedenen Kräfte, die sie bewegen, zu erkennen und über sie die Kontrolle eines lenkenden Wissens zu erlangen. Wir bestehen aus vielen Teilen – unserem Denken und Willen, unserer Wahrnehmung, unserem Gefühl und Handeln –, doch wir erkennen weder die Herkunft noch den Weg, den diese Impulse in uns einschlagen, und gewahren lediglich ihre verworrenen und durcheinandergewürfelten Folgen an der Oberfläche, denen wir bestenfalls eine unsichere und wechselhafte Ordnung auferlegen können.

Eine Hilfe sind uns allein jene Teile des Wesens, die bereits dem Lichte zugewandt sind. Dieses Licht des Göttlichen Bewusstseins von darüber zu rufen, das seelische Wesen hervortreten zu lassen und eine Flamme des Strebens zu entfachen, die das nach außen gewandte Mental spirituell erweckt und das vitale Wesen entzündet, das ist der Ausweg.

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Jeder Teil des Wesens hat seine eigene Natur oder sogar verschiedene Naturen, die alle in dem einen Teil enthalten sind.

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Meiner Erfahrung nach ist Bewusstsein kein Phänomen, das von den Reaktionen der Person auf die Kräfte der Natur abhängt und auf nichts anderes als ein Erkennen oder Deuten dieser Reaktionen hinausläuft. Wäre dies so, dann würde, sobald die Person still und reglos wird und keine Reaktionen mehr zeigt, so dass keine erkennende oder auswertende Tätigkeit zustandekommt, kein Bewusstsein vorhanden sein. Dies jedoch widerspricht einigen grundlegenden Erfahrungen des Yoga, zum Beispiel einem schweigenden, reglosen Bewusstsein, unendlich ausgebreitet, auf die Person nicht angewiesen, statt dessen unpersönlich und universal, Kontakte weder erkennend noch interpretierend, jedoch reglos sich selbst gewahrend, von Reaktionen nicht abhängig, sondern in sich verharrend, auch wenn keine Reaktionen stattfinden. Die subjektive Person als solche ist lediglich eine Gestaltung des Bewusstseins, das eine Macht ist, die dem Wesen, dem Selbst oder Purusha innewohnt und nicht der Tätigkeit der vorübergehend manifestierten Persönlichkeit. Bewusstsein ist eine dem Dasein innewohnende Realität. Es ist vorhanden, auch wenn es nicht an der Oberfläche tätig, sondern still und reglos ist; es ist sogar vorhanden, wenn es an der Oberfläche unsichtbar ist und nicht auf äußere Dinge reagiert, sie nicht wahrnimmt, sondern zurückgezogen und innerlich tätig oder untätig ist; es ist selbst dann vorhanden, wenn es uns gänzlich abwesend zu sein scheint und das Wesen unserem Auge unbewusst und unbelebt vorkommt.

Bewusstsein ist nicht nur eine Macht der Wahrnehmung des Selbstes und der Dinge, es ist oder besitzt ebenfalls eine dynamische und schöpferische Energie. Es kann seine eigenen Reaktionen bestimmen oder sich der Reaktionen enthalten; es vermag nicht nur auf Kräfte zu reagieren, sondern kann aus sich Kräfte erschaffen oder hervorbringen. Bewusstsein ist Chit, doch ebenfalls Chit Shakti.

Bewusstsein wird meist mit dem Mental identifiziert, doch das mentale Bewusstsein ist nur der menschliche Bereich, der genausowenig alle möglichen Bewusstseinsbereiche erfasst, wie menschliches Sehen alle Farbabstufungen oder menschliches Hören alle Tonabstufungen erfasst – denn es gibt vieles darunter und darüber, das für den Menschen unsichtbar und unhörbar ist. Ebenso gibt es Bewusstseinsbereiche über und unter der menschlichen Ebene, mit denen der durchschnittliche Mensch keinen Kontakt hat und die ihm daher unbewusst erscheinen – supramentale, obermentale und submentale Bereiche.

Wenn Yajnavalkya sagt, dass es kein Bewusstsein im Brahman-Zustand gäbe, spricht er von einem Bewusstsein, wie das menschliche Wesen es kennt. Der Brahman-Zustand ist der eines höchsten Daseins, das sich im höchsten Grade seiner selbst bewusst ist, svayaṃprakāśa – es ist der Sachchidananda-Zustand, Dasein-Bewusstsein-Seligkeit. Selbst wenn man davon als “jenseits von Dem” spricht, parātparam, bedeutet dies nicht, dass es ein Zustand des Nicht-Seins oder Nicht-Bewusstseins ist, sondern dass er sich vielmehr jenseits der höchsten spirituellen Sphäre des kosmischen Daseins und Bewusstseins befindet (jenem “Ursprung darüber” in dem erleuchteten Paradoxon des Rigveda). Aus der Beschreibung des chinesischen Tao und des buddhistischen śūnya geht hervor, dass jenes ein Nichts ist, in dem alles ist – genauso ist es mit der Verneinung des Bewusstseins dort. Überbewusst oder unterbewusst sind nur relative Ausdrücke; wenn wir uns in das Überbewusste erheben, sehen wir, dass es ein größeres Bewusstsein ist als unser bislang höchstes und uns daher in unserem normalen Dasein verschlossen ist; und wenn wir in das Unterbewusste eintreten können, finden wir dort ein Bewusstsein, das anders als das unsere an seiner untersten mentalen Grenze und uns aus diesem Grund normalerweise nicht zugänglich ist. Das Unbewusste schließlich ist nichts als ein involvierter Bewusstseinszustand, der, obschon auf andere Weise als das Tao oder śūnya, alle Dinge unterdrückt in sich enthält, so dass unter einem Druck von oben oder von innen sich alles daraus zu entfalten vermag – “eine untätige Seele mit nachtwandlerischer Kraft”.

Die Abstufungen des Bewusstseins sind universale Zustände, die nicht von der Einstellung der subjektiven Persönlichkeit abhängen; vielmehr wird die Einstellung der subjektiven Persönlichkeit von der Bewusstseinsebene bestimmt auf der sie gemäß ihrem Typus oder evolutionären Entwicklungsstadium eingeordnet ist.

Es ist deutlich, dass mit Bewusstsein etwas gemeint ist, das im wesentlichen durchweg das gleiche ist, das jedoch seinem Zustand, seiner Voraussetzung und Wirkungsweise nach verschieden ist; es können in ihm in andersartigen Abstufungen oder Formen jene Tätigkeiten, die wir Bewusstsein nennen, bestehen, und zwar in einem entweder unterdrückten, ungeordneten oder in einem unterschiedlich geordneten Zustand; in anderen Zuständen hingegen können sich andere Tätigkeiten manifestieren, die unterdrückt, ungeordnet oder latent in uns vorhanden sind, oder aber weniger vollkommen manifestiert, weniger ausgebreitet, weniger intensiv und machtvoll sind als in jenen höheren Bereichen oberhalb unserer höchsten mentalen Grenze.

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Es hängt ganz davon ab, wo das Bewusstsein sich festigt und konzentriert. Konzentriert oder festigt sich das Bewusstsein im Ego, dann ist es mit dem Ego identifiziert; konzentriert es sich im Mental, dann ist es mit dem Mental und seinen Tätigkeiten identifiziert und so weiter. Richtet das Bewusstsein sich nach außen, dann sagt inan, es lebt im äußeren Wesen, es vergisst sein inneres Mental, sein inneres Vital und seine innerste Seele; wendet es sich nach innen und verlagert dorthin sein zentrales Gewicht, dann erkennt es sich als das innere Wesen oder noch tiefer als das seelische Wesen; erhebt es sich aus dem Körper zu jenen Ebenen, auf denen das Selbst sich in natürlicher Weise seiner Weite und Freiheit bewusst ist, dann erkennt es sich als das Selbst und nicht als Mental, Leben oder Körper. Dieses Ausgerichtetsein des Bewusstseins ist es, das den ganzen Unterschied ausmacht. Daher muss man das Bewusstsein im Herzen oder im Mental sammeln, um sich nach innen oder oben wenden zu können. Das Ausgerichtetsein des Bewusstseins entscheidet alles und macht den Menschen überwiegend mental, vital, körperlich oder seelisch, gebunden oder frei, losgelöst im Purusha oder verstrickt in die Prakriti.

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Bewusstsein bedarf keines reinen individuellen “Ich”, um den zentralisierenden Akzent auf verschiedene Weise zu lenken; wo der Akzent sich zentralisiert, dort klammert sich das “Ich” an, so dass man sich dann für ein mentales oder physisches Wesen hält, oder was immer es sei. Das Bewusstsein in mir kann auf diese oder jene Weise ausgerichtet sein – es kann sich hinab in das Physische wenden und dort in der physischen Natur wirken und alles übrige eine Zeitlang dahinter oder darüber bewahren; oder es kann zur Ebene über dem Kopf aufsteigen, über Mental, Leben und Körper stehen und diese als instrumentale, niedere Formen seiner selbst ansehen, oder sie gar nicht sehen und in das freie, unterschiedslose Selbst tauchen; oder es kann in ein aktives, dynamisch-kosmisches Bewusstsein eingehen und sich mit diesem identifizieren, oder es kann ungezählte andere Dinge tun, ohne auf die Hilfe dieser stark überschätzen und vorwitzigen Fliege am Rad angewiesen zu sein, die du das reine individuelle “Ich” nennst. Das wirkliche “Ich”, wenn du schon dieses Wort gebrauchen willst, ist nicht “rein individuell”, also kein scharf umgrenztes, abgesondertes Ego, sondern es ist so weit wie das Universum selbst und noch weiter; es vermag das Universum in sich zu enthalten, doch ist dies nicht der ahaṃkāra, es ist der Atman.

Bewusstsein ist etwas Grundlegendes, die grundlegende Tatsache im Dasein, und die Energie, das Fließen, die Bewegung des Bewusstseins erschaffen das Universum und alles, was es enthält; sowohl der Makrokosmos als auch der Mikrokosmos sind nichts als Bewusstsein, das sich selber ordnet. Wenn zum Beispiel Bewusstsein in seiner Bewegung oder vielmehr in einer gewissen Richtung seiner Bewegung sich in seinem Wirken verliert, wird es eine scheinbar “unbewusste” Energie;wenn es sich in der Form verliert, wird es zum Elektron, dem Atom, dem stofflichen Objekt. In Wirklichkeit aber ist es immer noch Bewusstsein, das in der Energie wirkt und sowohl die Form als auch die Evolution der Form bestimmt. Sobald es sich langsam, evolutionär aus der Materie befreien will, doch immer noch in der Form befindlich, taucht es als Leben, als Tier, als Mensch empor und kann sich aus seiner Involution noch weiter entfalten und mehr werden als nur Mensch. Wenn du dies verstehst, dann sollte es nicht schwer sein, weiterhin zu erkennen, dass es sich subjektiv als ein körperliches, ein vitales, ein mentales und als ein seelisches Bewusstsein ausdrücken kann; all diese sind im Menschen gegenwärtig, doch da sie im äußeren Bewusstsein vermischt sind und ihren wahren Zustand dahinter im inneren Wesen haben, vermag man sie allein dann voll wahrzunehmen, wenn man den zutiefst begrenzenden Stress des Bewusstseins, der uns in unserem äußeren Wesen leben lässt, auflöst, und erwacht und sich im inneren Wesen sammelt. Das Bewusstsein in uns muss durch seine nach außen gerichtet Konzentration, seinen nach außen gerichteten Stress all diese Dinge hinter eine Wand oder einen Schleier schieben; daher muss es diese Wand oder diesen Schleier niederreißen, damit es wiederum in sein Ausgerichtetsein auf die inneren Teile des Wesens zurückfinden kann – das ist es, was wir innerlich leben nennen; dann erscheint uns unser äußeres Wesen als etwas Kleines, Oberflächliches, und wir sind oder werden uns des weiten, reichen und unerschöpflichen Königreiches in uns bewusst. Auf gleiche Weise trennt das Bewusstsein in uns mit Hilfe eines Lids oder einer Hülle oder wie immer man es nennen will die niederen Ebenen von Mental, Leben und Körper, die von der Seele gestützt werden, von den höheren Ebenen, welche die spirituellen Königreiche bergen, in denen das Selbst immer frei und unbegrenzt ist; es vermag jedoch das Lid oder die Hülle aufzureißen und nach dort aufzusteigen, das Selbst zu werden, frei und weit und leuchtend, oder aber von dort den Einfluss, den Widerschein und schließlich sogar die Gegenwart und Macht des höheren Bewusstseins in die niedere Natur herabzubringen.

Nun also, das ist Bewusstsein; es ist nicht aus Teilen zusammengesetzt, es ist grundlegend für das Wesen und drückt selbst alle Teile, die es manifestieren will. aus; es entwickelt sie durch ein fortschreitendes Herabkommen von oben nach unten, von spirituellen Ebenen bis hin zur Involution in der Materie, oder es drückt sie in einem aufwärtsgerichteten, sichtbaren Wirken aus durch das, was wir Evolution nennen. Will es in dir durch den Ego-Sinn wirken, dann glaubst du, es ist das klar umrissene individuelle “Ich”, das alles tut; wenn es sich aber von diesem begrenzten Wirken zu befreien beginnt, dann wirst du dein “Ich”-Gefühl ausdehnen, bis es in der Unendlichkeit zerbirst und aufhört zu bestehen, oder aber du streifst es ab und entfaltest dich in spiritueller Weite. Natürlich ist dies nicht das Bewusstsein, wie das moderne materialistische Denken es versteht; letzteres wird von der Wissenschaft beherrscht, die Bewusstsein lediglich als Phänomen betrachtet, das aus der unbewussten Materie auftaucht und das aus bestimmten Reaktionen des menschlichen Systems auf äußere Dinge besteht. Dies ist jedoch nur eine Erscheinungsform von Bewusstsein, es ist nicht Bewusstsein als solches; es ist sogar nur ein Bruchteil des möglichen Phänomens Bewusstsein und kann von dem Bewusstsein der Wirklichkeit, der Essenz des Daseins, keine Vorstellung geben.

Das ist alles für heute. Du wirst dir dies, da es grundlegend ist, einprägen müssen, bevor es Sinn hat weiterzugehen.

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Bewusstsein besteht aus zwei Elementen, dem Wahrnehmen des Selbstes und der Dinge und Kräfte sowie aus bewusster Macht. Das Wahrnehmen ist zuerst erforderlich, das heißt, du musst die Dinge im rechten Bewusstsein wahrnehmen, in der rechten Weise, du musst sie in ihrer Wahrheit sehen; doch das Wahrnehmen als solches ist nicht genug. Es müssen ein Wille und eine Kraft vorhanden sein, die das Bewusstsein wirksam machen. Jemand kann sich dessen, was verändert und zurechtgerückt werden muss, voll bewusst sein, ist aber unfähig, die Veränderung zu vollziehen. Ein anderer mag die Willenskraft besitzen, doch, da ihm die rechte Wahrnehmung fehlt, nicht in der Lage sein, sie in der rechten Weise und am rechten Ort anzuwenden. Der Vorteil, im wahren Bewusstsein zu leben, ist, dass du die rechte Wahrnehmung besitzt, dass sein Wille sich im Einklang mit dem Willen der Mutter befindet und du die Kraft der Mutter rufen kannst, damit sie die Wandlung vollzieht. Denjenigen, die im Mental und Vital leben, fällt dies nicht leicht; sie müssen meist ihre persönliche Bemühung einsetzen, da die Wahrnehmung, der Wille und die Kraft des Mentals und Vitals verstreut und unvollkommen sind und die verrichtete Arbeit unvollständig und unbestimmt ist. Allein im Supramental sind Wahrnehmung, Wille und Kraft immer eine Bewegung und selbsttätig wirksam.

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II. Sachchidananda

Sachchidananda ist der Eine in einem dreifachen Aspekt. Im Höchsten sind diese Keine Drei, sondern Eins; Dasein ist Bewusstsein, Bewusstsein ist Seligkeit, und derart sind sie untrennbar – und nicht nur untrennbar, sondern so sehr eins, dass sie gar nicht zu unterscheiden sind. Auf den höheren Ebenen der Manifestation werden sie dann trinitär und, obgleich immer noch untrennbar, kann eines von ihnen mehr hervorragen und grundlegender sein oder die anderen lenken. In den niederen Ebenen darunter werden sie zwar in ihrer Erscheinungsform trennbar, jedoch nicht in ihrer geheimen Wirklichkeit, und eines kann erscheinungsmäßig ohne die anderen bestehen; auf diese Weise gelangen wir zur Wahrnehmung dessen, was uns als unbewusstes oder leidvolles Dasein erscheint oder als ein Bewusstsein ohne Ananda. Tatsächlich, ohne diese ihre Trennung hätten sich Leid und Unwissenheit, Falschheit und Tod und das, was wir die Unbewusstheit nennen, in der Erfahrung nicht manifestieren können – und die Evolution eines begrenzten und leidenden Bewusstseins aus der universalen Nicht-Bewusstheit der Materie wäre nicht möglich gewesen.

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Das Supramental befindet sich zwischen dem Sachchidananda und der niederen Schöpfung. Es allein enthält die sich selbst bestimmende Wahrheit des Göttlichen Bewusstseins und ist für eine Wahrheits-Schöpfung notwendig.

Man kann natürlich Sachchidananda auch in Bezug auf Mental, Leben und Körper verwirklichen, doch ist dies doch etwas Fixiertes, das durch seine Gegenwart die niedere Prakriti stützt, jedoch nicht umwandelt. Das Supramental allein vermag die niedere Natur umzuwandeln.

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Die supramentale Macht ist es, die Mental, Leben und Körper umwandelt –, nicht das Sachchidananda-Bewusstsein, das unbeteiligt alles stützt. Doch durch die Erfahrung von Sachchidananda, reines Dasein-Bewusstsein-Seligkeit, wird der Aufstieg zum Supramental und die Herabkunft des Supramentals (in einem viel späteren Stadium) möglich. Denn zunächst muss man von der üblichen Begrenzung durch die mentalen, vitalen und körperlichen Formungen frei werden, und diese Befreiung erfolgt durch die Erfahrung des Sachchidananda-Friedens, seiner Ruhe, Reinheit und seiner Weite.

In eine Leere einzutreten hat nichts mit dem Supramental zu tun. Die große Leere wird vielmehr vom Mental erreicht, das seine Begrenzungen überschreitet und dabei einem negativen und quietistischen Weg folgt. Das Mental, aus Unwissenheit bestehend, muss sich auslöschen, um in die höchste Wahrheit einzutreten – das zumindest glaubt es. Doch das Supramental, welches das Wahrheits-Bewusstsein und Göttliche Wissen ist, braucht sich zu diesem Zweck nicht auszulöschen.

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Im supramentalen Bewusstsein gibt es keine Probleme – ein Problem wird durch die vom Mental errichtete Spaltung geschaffen. Das Supramental sieht die Wahrheit als ein einziges Ganzes, und alles hat in diesem Ganzen seinen Platz. Das Supramental ist auch spirituell, doch die alten Yogasysteme erlangen Sachchidananda durch das spiritualisierte Mental und treten in das ewig statische Einssein des Sachchidananda oder vielmehr des reinen sat[Sein] ein, das absolut und ewig ist, oder aber in ein absolutes und ewiges Nicht-Sein. Unser Yoga, nachdem er Sachchidananda auf der spiritualisierten Mental-Ebene erreicht hat, schreitet fort, indem er es auf der supramentalen Ebene verwirklicht.

Der höchste, überkosmische Sachchidananda steht über allem. Das Supramental kann als seine Macht des Selbst-Erkennens und Welt-Erkennens beschrieben werden, die Welt in sich erkennend und nicht außerhalb. Um daher bewusst im höchsten Sachchidananda zu leben, muss man durch das Supramental hindurch. Sobald man sich im Überkosmischen, fern der Schöpfung befindet, gibt es weder Probleme noch ihre Lösungen. Lebt man sowohl in der Transzendenz als auch im Kosmischen zugleich, so ist das allein durch das supramentale Bewusstsein im höchsten Sachchidananda-Bewusstsein möglich – warum also sollte diese Frage entstehen? Warum sollte ein Unterschied zwischen der höchsten Sachchidananda-Sicht des Kosmos und derjenigen des Supramentals bestehen? Deine Schwierigkeit rührt wahrscheinlich daher, dass du beides in den Begriffen des Mentals betrachtest.

Das Supramental ist ein Bewusstsein, das völlig verschieden ist nicht nur vom spiritualisierten Mental, sondern auch von den Ebenen über dem spiritualisierten Mental, die zwischen diesem und der supramentalen Ebene liegen. Hat man einmal das Obermental auf dem Weg zum Supramental überschritten, tritt man in ein Bewusstsein ein, auf das die Normen der anderen Ebenen durchaus nicht mehr anwendbar sind und in dem ein und dieselbe Wahrheit – wie zum Beispiel Sachchidananda und die Wahrheit dieses Universums – auf ganz andere Weise gesehen wird und eine andere dynamische Wirkung hat. Dies ergibt sich folgerichtig aus der Tatsache, dass das Supramental unteilbares Wissen besitzt, das Obermental hingegen durch die Einung in der Teilung wirkt, während das Mental, indem es teilt, diese Teilung als primäre Tatsache ansieht, denn auf dieser beruht seine natürliche Methode, zum Wissen zu gelangen.

Auf allen Ebenen ist die essentielle Erfahrung von Sachchidananda die gleiche – reines Dasein, Bewusstsein, reine Seligkeit –, und das Mental ist häufig mit ihr als der alleinigen Wahrheit zufrieden und verwirft alles übrige als Teil der großen Illusion; doch es gibt auch eine dynamische Erfahrung des Göttlichen oder des Daseins (zum Beispiel als der Eine und die Vielen, als das Persönliche und Unpersönliche und Endliche usw.), die für das integrale Wissen wesentlich ist. Die dynamische Erfahrung ist auf den niederen Ebenen nicht die gleiche wie auf den höheren, den dazwischenliegenden spirituellen Ebenen und im Supramental. Auf den niederen Ebenen können die Gegensätze nur zusammengefügt und harmonisiert werden, im Supramental hingegen schmelzen sie zusammen und sind untrennbar eins. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Das Universum ist Dynamik, Bewegung – die essentielle Erfahrung des Sachchidananda als solchem, fern von Dynamik und Bewegung, ist statisch. Die volle dynamische Wahrheit des Sachchidananda und des Universums sowie ihre Bedeutung können durch kein anderes Bewusstsein als das des Supramentals erkannt werden, da die Instrumentation auf allen anderen, niedrigeren Ebenen eine geringere ist; daher besteht eine Diskrepanz zwischen der Fülle statischer Erfahrung und der Unvollständigkeit der dynamischen Macht und Erkenntnis, die von dem geringeren Licht und der geringeren Macht anderer Ebenen herrührt. Das ist der Grund, weshalb das Bewusstsein anderer spiritueller Ebenen, selbst wenn es herabkommt, keine durchgreifende Veränderung im Erdbewusstsein bewirken kann, es vermag dieses lediglich abzuwandeln oder zu bereichern. Die radikale Umwandlung bedarf der Herabkunft einer supramentalen Macht und Natur.

Man kann nicht von zwei Arten von Sachchidananda sprechen, denn Sachchidananda ist immer der gleiche – doch die Erkenntnis des Sachchidananda und des Universums sind je nach der Bewusstseinsstufe der Erfahrung verschieden.

Die persönliche Verwirklichung des Göttlichen kann mit oder ohne Form stattfinden. Ohne Form ist es die Gegenwart der lebendigen Göttlichen Person, die in allem gefühlt wird. In der Form erscheint es im Bildnis des Einen, den man anbetet. Das Göttliche kann sich dem bhakta oder Suchenden immer in einer Form offenbaren. Man nimmt es in der Form wahr, in der man es anbetet oder sucht, oder aber in einer Form, die der Göttlichen Person, dem Gegenstand der Anbetung angemessen ist. Wie diese sich manifestiert, hängt von vielen Dingen ab und ist zu verschiedenartig, um es auf eine einzige Regel zu beschränken. Manchmal wird die Göttliche Gegenwart in einer Form im Herzen erkannt, manchmal in einem der anderen Zentren, manchmal über einem und von dort her lenkend, manchmal wird sie außerhalb und vor einem gesehen, als wäre sie eine verkörperte Person. Man gewinnt hierdurch eine innige Beziehung, eine fortwährende Führung oder, wenn sie innerlich gefühlt oder geschaut wird, eine sehr starke und konkrete Verwirklichung der immerwährenden Gegenwart. Man muss sich jedoch der Reinheit seiner Anbetung und seines Suchens sehr sicher sein, denn der Nachteil dieser Art verkörperter Beziehung besteht darin, dass andere Kräfte die Form nachahmen oder die Stimme oder Führung fälschen können und dies umsomehr, wenn es sich um ein ersonnenes und kein wahres Bildnis handelt. Viele wurden auf diese Weise irregeführt, da Stolz, Eitelkeit und Begehren in ihnen stark ausgeprägt waren und sie der feineren seelischen Wahrnehmung beraubten die nicht von mentalen Art ist, und durch die augenblicklich das Licht der Mutter auf Irreführungen und Fehler gelenkt werden kann.

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1. Mit einer überkosmischen Wirklichkeit meine ich den höchsten Sachchidananda über dieser und jeder Schöpfung, der durch keine von ihnen gebunden ist, aus dem jedoch die ganze Schöpfung und das gesamte Universum hervorgehen.

2. Das Supramental und das Überkosmische sind nicht das gleiche. Wenn es so wäre, könnte es keinen supramentalen Bereich und keine Herabkunft des supramentalen Prinzips in die stoffliche Welt geben; wir würden vielmehr zu der Vorstellung zurückkehren, dass die göttliche Wahrheit und Wirklichkeit allein im Jenseits bestehen kann und das Universum – jedes Universum – nur eine Halbwahrheit oder eine Illusion der Unwissenheit ist.

3. Mit dem Supramental meine ich das Wahrheits-Bewusstsein sowohl im Universum als auch darüber, durch welches das Göttliche nicht nur sein eigenes Wesen und Sein erkennt, sondern auch seine Schöpfung. Sein grundlegender Charakter ist Wissen durch Identität, durch welches das Selbst erkannt wird, der Göttliche Sachchidananda erkannt wird, aber auch die Wahrheit der Schöpfung erkannt wird, denn auch diese ist Das, sarvaṃ khalvidaṃ brahma, vāsudevaḥ sarvam, usw. Das Mental ist ein Instrument der Unwissenheit, das zu wissen versucht; das Supramental ist das Wissende, das Wissen besitzt, da es mit diesem und dem Gewussten eins ist und daher alle Dinge im Licht Seiner eigenen Wahrheit sieht, im Licht ihres wahren Selbstes, das Er ist. Es ist eine dynamische und nicht nur eine statische Macht, nicht nur ein Wissen, sondern ein Wille, der mit dem Wissen übereinstimmt; es gibt eine supramentale Macht oder Shakti, die ihre Welt des Lichtes und der Wahrheit direkt manifestieren kann; in dieser gründet sich lichtvoll alles auf der Harmonie und dem Einssein des Einen, und sie wird nicht von einem Schleier der Unwissenheit oder einer anderen Entstellung verzerrt. Das Supramental überschreitet daher nicht die gesamte mögliche Schöpfung, sondern befindet sich über der Dreiheit von Mental, Leben und Materie, aus der unsere derzeitige Erfahrung dieser Schöpfung besteht.

4. Das Obermental ist eine Art Abgesandter des Supramentals (dies ist als Metapher zu verstehen), welches das gegenwärtige evolutionäre Universum stützt, in dem wir hier in der Materie leben. Hätte das Supramental von Anfang an als die direkte schöpferische Macht hier gewirkt, dann wäre eine Welt wie die jetzige unmöglich gewesen; sie wäre von Anbeginn an voll des göttlichen Lichtes gewesen, es hätte keine Involution in der Unbewusstheit der Materie gegeben und folglich auch keine allmählich aufstrebende Evolution des Bewusstseins in der Materie. Man muss sich daher eine Trennungslinie zwischen der höheren Hälfte des Bewusstseins-Universums, parārdha, und der niederen, aparārdha, vorstellen. Die höhere Hälfte besteht aus Sat, Chit, Ananda und Mahas [dem Supramental]; die niedere Hälfte besteht aus dem Mental, dem Leben und der Materie. Die Trennungslinie wird durch das dazwischenliegende Obermental gebildet, das, obwohl selbst lichthaft, das volle, .unteilbare supramentale Licht von uns fernhält; tatsächlich hängt es von diesem ab, doch indem es das Licht empfängt, trennt es dieses, teilt es auf und bricht es in gesonderte Aspekte, Mächte und Vielheiten aller Art, von denen jede durch eine weitere Bewusstseins-Minderung möglich wird, derart, wie wir sie schließlich im Mental erreichen, das wir als die einzige oder hauptsächliche Wahrheit anerkennen, während wir alles übrige als zweitrangig und ihm entgegengesetzt betrachten. Auf dieses Wirken des Obermentals wären die Worte der Upanishad anwendbar: “Das Gesicht der Wahrheit wird von einem goldenen Lid verdeckt” oder jene des Veda: “ṛtena ṛtam apihitam”, die Wahrheit, die von einer Wahrheit verhüllt wird. Hier [im Universum] wirkt eine Art vidyā-avidyāmayī māyā, eine Maya, die aus Wissen und Unwissenheit besteht und das Überwiegen der Unwissenheit, avidyā, möglich macht. Auf Grund dieses ursprünglich trennenden Prinzips betrachtet das Mental zum Beispiel das Unpersönliche als die Wahrheit, das Persönliche hingegen nur als Maske; oder aber das persönlich Göttliche als die größte Wahrheit, das unpersönliche hingegen nur als einen Aspekt; auf diese Weise entstehen all die einander widersprechenden Philosophien und Religionen, von denen jede einen Aspekt oder eine Macht der Wahrheit hervorhebt, die dem Mental als die volle und ausreichende Erklärung der Dinge dargeboten werden; oder eine der Gottheiten des Göttlichen wird über alle anderen als der wahre Gott erhoben, über dem es keinen anderen oder ebenso hohen oder höheren geben kann. Dieses teilende Prinzip folgt dem mentalen Wissen des Menschen überall hin, und selbst wenn er glaubt, bei der endlichen Einheit angelangt zu sein, ist es lediglich eine konstruierte Einheit, die sich auf einem Aspekt gründet. Auf diese Weise sucht der Wissenschaftler die Einheit des Wissens auf einem rein physischen Aspekt der Dinge zu gründen, auf Energie oder Materie, auf Elektrizität oder Äther; wohingegen der Mayavadin glaubt, er habe das absolute advaita [Ein Sein] erreicht, wenn er das Dasein in zwei Hälften teilt und den oberen Teil Brahman und den unteren Maya nennt. Dies ist der Grund, warum durch mentales Wissen niemals eine endgültige Lösung einer Sache erreicht werden kann, denn die Aspekte des Daseins, wie sie vom Obermental verteilt werden, sind zahllos-. und man könnte Philosophien und Religionen in alle Zeit endlos vervielfachen.

Im Obermental selbst gibt es diese Wirrnis nicht, denn das Obermental erkennt den Einen als die Stütze, die Essenz und die grundlegende Macht aller Dinge; in dem ihm eigenen dynamischen Spiel betont es jedoch seine trennende Macht der Vielfalt und sucht jeder Kraft, jedem Aspekt die volle Möglichkeit der Offenbarung zu geben, wobei es vom zugrundeliegenden Einssein ausgeht, um Disharmonie und Konflikt zu vermeiden. Jede Gottheit erschafft demnach ihre eigene Welt, doch ohne Widerstreit mit anderen; jeder Aspekt, jede Idee oder jede Kraft der Dinge kann in ihrer vollen eigenen Energie oder ihrem eigenen Glanz gefühlt werden und ihre Werte hervorbringen, doch schafft dies keine Disharmonie, da das Obermental den Sinn des Unendlichen besitzt und im wahren Unendlichen (nicht im räumlichen) viele übereinstimmende Unendlichkeiten möglich sind. Diese dem Obermental eigene Gewissheit ist jedoch nicht auf die niederen Bewusstseinsebenen, die es stützt und beherrscht, übertragbar, denn je weiter man die Abstufungen [der Ebenen] herabsteigt, überwiegen Trennung und Vielfalt immer mehr; im Mental als solchem wird dann die zugrundeliegende Einheit verschwommen, abstrakt, unbestimmt und unbestimmbar – das einzig scheinbar Konkrete ist die Erscheinungsform, die ihrem Wesen nach Gestalt und Bildnis ist; die Selbstschau des Einen beginnt bereits zu schwinden. Das Mental arbeitet mit Hilfe von Vorstellung und Begriffsbildung, indem es seine geformten Daten trennt und zusammenfügt; es vermag eine Synthese zu bilden und sie als Ganzes zu betrachten; wenn es jedoch die Wirklichkeit der Dinge sucht, nimmt es seine Zuflucht in Abstraktionen, da es nicht die konkrete Schau und Erfahrung besitzt, nach denen der Mystiker und spirituelle Suchende Ausschau halten. Um das Selbst und die Wirklichkeit direkt oder wahrhaft erkennen zu können, muss das Mental still sein und das Licht dieser Dinge widerspiegeln oder die Selbst-Überschreitung und Umwandlung vollziehen; dies jedoch ist allein möglich, indem entweder ein höheres Licht in das Mental herabkommt oder durch sein Aufsteigen und Annehmen eines höheren Daseins-Lichtes oder seinem Eintauchen darin. In der Materie unterhalb des Mentals erreichen wir den Höhepunkt der Zersplitterung und Trennung; der Eine, obwohl im Geheimen vorhanden, ist nicht mehr erkennbar, und wir haben die volle Unwissenheit erreicht, sogar eine grundlegende Unbewusstheit, aus der das Universum Bewusstsein und Wissen entwickeln muss.

5. Wenn wir Goloka oder Vaikuntha als die Welt einer Gottheit, sei es Vishnu oder Krishna, betrachten, würden wir natürlich ihren Ort oder Ursprung in der Obermental-Ebene suchen. Das Obermental ist der Bereich der höchsten Götter-Welten. Doch Vaikuntha oder Goloka sind menschliche Auffassungen von Daseinszuständen, die jenseits der Menschheit liegen. Goloka ist offensichtlich eine Welt der Liebe, der Schönheit, des Ananda, voller spirituellem Leuchten (die Kuh ist das Symbol spirituellen Lichtes); die Seelen dort, die Gopas und Gopis, sind ihre Besitzer und Bewahrer. Es ist nicht notwendig, eine bestimmte Ebene dieser Manifestation zuzuordnen; tatsächlich können ihr Widerschein, ihr Besitz oder ihre Voraussetzungen auf jeder Ebene des Bewusstseins vorhanden sein –, auf der mentalen, vitalen und selbst auf der feinstofflichen Ebene. Die von dir erwähnte Erklärung hierfür ist daher nicht auszuschließen, sie ist durchaus möglich.

6. Es ist nicht möglich, nirvāṇa in einer Welt oder auf einer Ebene zu lokalisieren, denn die Sehnsucht nach nirvana besteht in einer Abkehr von der Welt und den Werten der Welt; nirvāṇa ist ein Zustand des Bewusstseins oder vielmehr des Überbewusstseins ohne Ort oder Ebene. Es ist mehr als nur eine Art von nirvāṇa möglich. Der Mensch, der ein mentales Wesen in einem Körper ist, manomaya puruṣa, unternimmt diesen Versuch der Abkehr vom Kosmos mit Hilfe des spiritualisierten Mentals; er hat keine andere Möglichkeit, und dies lässt ihm die Abkehr wie ein Verlöschen oder eine Auflösung, laya oder nirvana, erscheinen; denn das Verlöschen des Mentals mit allem, was von ihm abhängt, einschließlich des trennenden Egos, in etwas Jenseitiges ist der natürliche, der beinahe unerlässliche Weg eines derartigen Sich-Zurückziehens. In einem mehr bejahenden Yoga, welcher die Transzendenz und nicht die Abkehr sucht, gäbe es diese Unausweichlichkeit nicht, denn hier bestünde der bereits erwähnte Weg in der Selbstüberschreitung oder der Umwandlung des mentalen Wesens. Diese kann man aber auch mit Hilfe einer bestimmten nirvāṇa-Erfahrung erlangen, einem absoluten Schweigen des Mentals, einem Aufhören seiner Tätigkeiten, Begriffsbildungen, Vorstellungen, was so vollständig sein kann, dass sowohl dem schweigenden Mental als auch den untätigen Sinnen die ganze Welt ihrer Dichte und Wirklichkeit beraubt wird und die Dinge lediglich als nicht-substantielle Formen erscheinen, ohne wirkliche Veränderung, oder aber in Etwas treibend, das ein namenloses Unendliches ist: Dieses Unendliche oder etwas jenseits davon ist Das, welches allein wirklich ist; eine absolute Ruhe, ein Frieden, eine Befreiung wären der daraus resultierende Zustand. Das Tun bestünde fort, doch würde das schweigende, befreite Bewusstsein es weder auslösen noch daran teilnehmen; eine namenlose Macht täte alles, bis das Herabkommen von oben beginnt, welches das Bewusstsein umwandelt und sein Schweigen und seine Freiheit zur Grundlage eines leuchtenden Wissens, Handelns und Ananda macht. Doch dieser Weg wäre selten; meist genügt das Schweigen des Mentals, eine Befreiung des Bewusstseins, eine Zurückweisung seines Glaubens an die endgültigen Werte oder Wahrheiten der unvollkommenen Vorstellungen oder Begriffsbildungen des Mentals, um das höhere Wirken zu ermöglichen.

7. Nun zum kosmischen Bewusstsein und nirvāṇa. Das kosmische Bewusstsein ist eine komplizierte Angelegenheit. Es hat zwei Seiten, einmal die Erfahrung des freien, unendlichen, schweigenden, untätigen Selbstes, eins in allem und jenseits von allem; und dann die direkte Erfahrung der kosmischen Energie und ihrer Kräfte, ihres Wirkens und ihrer Formungen; diese letztere Erfahrung ist erst dann vollständig, wenn man das Gefühl hat, mit dem Universum im Einklang zu stehen, es zu durchdringen, zu überschreiten, es zu enthalten. Bis dahin mag man direkte Kontakte, Verbindungen und Austausch mit kosmischen Kräften, Wesenheiten und Bewegungen haben, doch nicht das volle Einssein des Mentals mit dem kosmischen Mental, des Lebens mit dem kosmischen Leben, des Körpers und physischen Bewusstseins mit der kosmischen stofflichen Energie und ihrer Substanz. Und weiterhin, es kann eine Verwirklichung des Kosmischen Selbstes stattfinden, doch ohne die Verwirklichung des dynamischen, universalen Einsseins. Oder aber es kann eine dynamische Universalisierung des Bewusstseins stattfinden, ohne die Erfahrung des freien, statischen, überall gegenwärtigen Selbstes – das Inanspruchgenommensein durch die größeren Energien, das man auf diese Weise erfährt, und das Gefallen an ihnen würden jedoch ein Anhalten auf dem Weg der Befreiung bedeuten. Ebenso kann die Identifizierung oder Universalisierung auf einer bestimmten Stufe oder Ebene ausgeprägter sein als auf einer anderen, also vorwiegend mental oder vorwiegend emotional (was sich in universalem Mitleid oder in universaler Liebe ausdrücken würde) oder aber vital (in der Erfahrung universaler Lebenskräfte) oder physisch. Doch auf jeden Fall, sogar in der vollen Verwirklichung und Erfahrung, sollte es klar sein, dass dieses Kosmische Spiel letzten Endes etwas Begrenztes, Unwissendes und seiner wahren Natur nach Unvollkommenes ist. Die freie Seele kann es unberührt und unbewegt von seinen Unvollständigkeiten und seiner Wechselhaftigkeit betrachten, sie kann ein bestimmtes Werk verrichten, allen zu helfen versuchen oder ein Instrument des Göttlichen sein, doch gleichen weder die Arbeit noch die Instrumentierung in irgendeiner Weise der Vollendung oder gar dem vollen Licht, der Macht, der Seligkeit des Göttlichen. Dies könnte allein durch einen Aufstieg in höhere Seins-Ebenen erlangt werden oder durch deren Herabkommen in das eigene Bewusstsein – und wenn dies nicht wahrgenommen oder angenommen würde, bliebe immer noch die Sehnsucht nach nirvāṇa als Fluchtweg bestehen. Der andere Weg wäre das Aufsteigen in diese höheren Ebenen nach dem Tod – die Himmel der Religionen bedeuten letzten Endes nichts anderes als ein derartiges Streben nach einem größeren, leuchtenden und glückseligen Göttlichen Dasein.

Man könnte jedoch fragen, ob nicht sowohl die Ablehnung des Kosmischen oder die Sehnsucht nach nirvana als auch das Verlangen nach einer Göttlichen Transzendenz überflüssig wären, wenn die höheren Ebenen oder das Obermental selbst ihr Bewusstsein mit all ihrer Macht, ihrem Licht, ihrer Freiheit und Weite manifestieren und diese in ein individuelles Bewusstsein hier herabkommen würden. Doch letzten Endes würde diese Welt in ihrem Grund die gleiche bleiben, obwohl man in einem leuchtenden, weiten, freien Bewusstsein in der Einung mit dem Göttlichen lebte, das Universum in sich umarmend, obwohl man ein Kanal für große Energien oder Schöpfungen spiritueller oder äußerlicher Art wäre; es bestünde ein Abgrund der Verschiedenheit zwischen dem inneren Spirit und seinem Träger und Stoff, auf die er einwirkt, sowie zwischen dem inneren Bewusstsein und der Welt, in der er tätig ist. Die innere, subjektive, individuelle Vollendung würde vollkommen sein, ihr dynamisches Ergebnis wäre jedoch ungenügend, unharmonisch, ein Gemisch und nicht der vollendete Einklang des Inneren mit dem Äußeren, jener neue integrale Lebensrhythmus hier, der wahrhaft göttlich genannt werden könnte. Einzig ein Bewusstsein wie das supramentale, absolut und in vollkommenem Einssein mit seinem Ursprung, ein Wahrheits-Bewusstseins, das mit der Macht versehen ist, seine eigenen, freien Bestimmungen zu schaffen, könnte eine vollendete Harmonie und den Rhythmus der höheren Hemisphäre auf dieser niedersten Stufe der niederen Hemisphäre errichten. Ob dies geschieht oder nicht, hängt vom Sinn des evolutionären Daseins ab; es hängt davon ab, ob dieses Dasein seiner wahren Natur nach unvollkommen und zum Scheitern verurteilt ist; in diesem Fall wäre der letzte Ausweg der Seele, die diesem sinnlosen Universum entflieht, entweder ein negativer Weg der Transzendenz mit Hilfe einer Art nirvāṇa oder ein positiver Weg der Transzendenz durch das Aufbrechen des leuchtenden Schirms des Obermentals, hiraṇmaya pātra, in etwas, das sich darüber befindet; außer man würde tatsächlich wie der Amitabha Buddha durch das Mitleid oder den inneren Göttlichen Willen zurückgehalten, um den nach oben zum Licht gerichteten Kampf derjenigen, die sich hier noch in der Dunkelheit der Unwissenheit befinden, zu unterstützen und daran teilzunehmen. Ist dagegen diese Welt eine līlā, ein Spiel der spirituellen Involution und Evolution, in der eine Macht nach der anderen bis hin zur höchsten erscheinen muss – so wie bereits Materie, Leben und Mental aus dem scheinbar unbestimmbaren Unbewussten erschienen sind –, dann ist ein anderer Höhepunkt möglich.

Das Verlangen nach nirvāṇa wird durch zwei auslösende Kräfte hervorgerufen. Die eine ist die Erfahrung der Unvollkommenheit, der Sorge, des Todes und des Leidens dieser Welt – das ursprüngliche Motiv des Buddha. nirvāṇa jedoch wäre, um diesem Elend zu entkommen, nicht unbedingt erforderlich, wenn es höhere Welten gibt, in die man aufsteigen kann und die ohne diese Unvollkommenheit und Sorge, diesen Tod und dieses Leiden sind. Doch gegen diese andere Möglichkeit des Entkommens spricht die Vorstellung, dass auch diese höheren Welten vergänglich und ein Teil der Unwissenheit sind, dass man immer wieder hierher zurückkehren muss, bis man die Unwissenheit überwunden hat, und dass Wirklichkeit und kosmisches Leben wie Wahrheit und Falschheit sind, einander entgegengerichtet und unvereinbar. Und damit kommen wir zur zweiten auslösenden Kraft, der des Rufes nach der Transzendenz. Wenn das Transzendente nicht nur überkosmisch, sondern auch eine ferne Unerreichbarkeit, avyavahāryam, ist, die man allein durch die Verneinung von allem Hiesigen zu erreichen vermag, dann ist eine Art nirvāṇa, ja sogar ein absolutes nirvāṇa unvermeidlich. Wenn andererseits das Göttliche transzendent, jedoch nicht unerreichbar ist, wird der Ruf fortbestehen und die Seele das bunte kosmische Spiel verlassen um der Glückseligkeit eines transzendenten Daseins willen; doch ein absolutes nirvana wäre dann nicht unerlässlich; eine glückselige Einung mit dem Göttlichen würde sich dem Suchenden als Weg anbieten. Das ist der Grund, warum das Kosmische Bewusstsein nicht genug und der Drang, sich davon abzuwenden, so stark ist – erst dann, wenn man das goldene Lid des Obermentals durchbrochen und es geöffnet hat, erst wenn man sich den dynamischen Kontakt mit dem Supramental sowie ein Herabkommen seines Lichtes und seiner Macht zum Ziel gesetzt hat, wird es anders sein.

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Das Göttliche ist überall auf allen Ebenen des Bewusstseins, und es wird von uns auf verschiedenen Wegen und in den verschiedenen Aspekten Seines Wesens erkannt. Doch es gibt einen Höchsten, der über all diesen Wegen und Aspekten und Ebenen steht und aus dem diese hervorgehen.

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Das Göttliche kann überall sein und ist überall, verhüllt oder halbmanifest oder im Begriff, sich zu manifestieren, auf allen Ebenen des Bewusstseins; im Supramental beginnt es, sich ohne Maske oder Verhüllung in seiner eigenen, wahren Form, svarūpa, zu manifestieren.

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Ich glaube nicht, dass zwischen einem System spirituellen und okkulten Wissens und einem anderen wechselseitige Verbindungen immer hergestellt werden können. Alle befassen sich zwar mit dem gleichen Stoff, doch gibt es Unterschiede des Standpunktes, Unterschiede der Auffassung, es gibt Verschiedenheiten, was die mentale Vorstellung dessen anbelangt, was erkannt und erfahren wird, und es gibt grundverschiedene pragmatische Ziele und unterschiedliche Wege, die abgesteckt und gebahnt sind und denen man folgt; die Systeme unterscheiden sich, jedes schafft sich sein eigenes Schema, seine eigene Technik.

Im alten indischen System gibt es nur ein trinitarisches Höchstes, Sachchidananda. Sprichst du aber von der oberen Hemisphäre als der höchsten, dann sind es drei Ebenen, die Sat-Ebene, die Chit-Ebene, die Ananda-Ebene. Das Supramental könnte man als vierte hinzufügen, da es sich auf die drei anderen gründet und zur oberen Hemisphäre gehört. Die indischen Systeme unterscheiden nicht zwischen zwei grundverschiedenen Mächten und Ebenen des Bewusstseins, nämlich derjenigen, die wir das Obermental nennen, und der anderen, dem wahren Supramental oder der Göttlichen Gnosis. Das ist der Grund ihres Irrtums bezüglich der Maya (die Macht des Obermentals oder vidyā-avidyā) und warum sie diese für die höchste schöpferische Macht ansahen. Indem sie derart bei etwas Halt machten, was nur ein halbes Licht war, verloren sie das Geheimnis der Umwandlung;Vaishnava– und Tantra-Yoga suchten zwar tastend danach, um es wiederzufinden, und befanden sich manchmal am Rande des Erfolgs. Für die übrigen Systeme hingegen war dieser Irrtum – das jedenfalls ist meine Meinung – der Hemmschuh für alle Versuche, die dynamische göttliche Wahrheit zu entdecken; ich kenne kein System, das nicht glaubte, sobald sich der Glanz des Obermentals herabsenkte, dass dies die wahre Erleuchtung, die Gnosis sei; das Ergebnis war, dass sie dort entweder Halt machten und nicht weiterkamen oder aber zu der Schlussfolgerung gelangten, dass auch dieser Glanz nur Maya oder līlā sei und dass es allein Eines zu tun galt, nämlich darüber hinaus in das unbewegliche, untätige Schweigen des Höchsten zu gelangen.

Vielleicht sind mit dem Höchsten vielmehr die drei Fundamente der gegenwärtigen Schöpfung gemeint. Im indischen Denksystem sind es Ishvara, Shakti und Jiva oder auch Sachchidananda, Maya, Jiva. In unserem System, das über die gegenwärtige Manifestation hinauszugelangen versucht, könnten jene sehr wohl als gegeben angenommen und vom Standpunkt der Bewusstseinsebenen aus betrachtet werden; die drei obersten, also Ananda (mit Sat und Cit, die darauf beruhen), sowie das Supramental und Obermental wären in diesem Fall die drei Höchsten. Das Obermental befindet sich auf dem Gipfel der niederen Hemisphäre, und du musst hindurch und über das Obermental hinaus, wenn du das Supramental erreichen willst; über dem Supramental und jenseits davon befinden sich die Welten von Sachchidananda.

Du sprichst von der Kluft unterhalb des Obermentals. Doch ist dort wirklich eine Kluft vorhanden -, gibt es irgendeine andere Kluft als menschliche Unbewusstheit? In der Reihenfolge der Bewusstseinsebenen oder -stufen gibt es nirgendwo eine wirkliche Kluft, es sind immer Verbindungsstufen vorhanden, und man kann Schritt für Schritt aufsteigen. Zwischen dem Obermental und dem menschlichen Mental gibt es eine Anzahl von immer lichtvolleren Abstufungen; da diese dem menschlichen Mental jedoch überbewusst sind (außer einer oder zwei der untersten, mit denen es direkte Kontakte hat), neigt es dazu, sie als eine Art höheres Unbewusstes zu betrachten. Daher spricht eine der Upanischaden von dem Ishvara-Bewusstsein als suṣupti, tiefer Schlaf, da der Mensch meist nur im Samadhi Zustand darin eintreten kann, solange er nicht versucht, sein Wachbewusstsein in einen höheren Zustand zu verwandeln.

Tatsächlich gibt es zwei Systeme, die im Aufbau des Wesens und seiner Teile gleichzeitig wirken: das eine ist konzentrisch, eine Folge von Ringen oder Hüllen mit der Seele im Zentrum; das andere ist vertikal, ein Aufsteigen und Herabkommen ähnlich einer Treppenflucht, eine Folge übereinanderliegender Ebenen mit dem Supramental-Obermental als zentralem Punkt des Übergangs jenseits des Menschlichen in das Göttliche. Für diesen Übergang, wenn er gleichzeitig eine Umwandlung bewirken soll, gibt es nur einen Weg, einen Pfad. Zuerst muss eine Wende nach innen erfolgen, ein Nach-innen-Gehen, um das innerste seelische Wesen aufzufinden, um es hervortreten zu lassen, wobei zur gleichen Zeit das innere Mental, das innere Vital und die inneren physischen Teile der Natur enthüllt werden. Das nächste ist ein Emporsteigen, eine Folge von nach oben gerichteten Verwandlungen, und eine Wende nach unten, um die niederen Teile umzuformen. Nachdem man die innere Wandlung vollzogen hat, wird die gesamte niedere Natur durchseelt und für die göttliche Veränderung bereitgemacht. Indem man aufsteigt, überschreitet man das menschliche Mental, und auf jeder Stufe des Aufstiegs findet eine Wandlung in ein neues Bewusstsein statt; dieses neue Bewusstsein durchdringt die Gesamtheit der menschlichen Natur. Indem wir uns derart über den Verstand erheben, vom erleuchteten höheren Mental bis zum intuitiven Bewusstsein, beginnen wir, die Dinge nicht mehr von der intellektuellen Ebene her zu betrachten oder mit Hilfe des Intellektes als Instrument, sondern von einer größeren, intuitiven Höhe und mit Hilfe eines von der Intuition geprägten Willens, Fühlens, Empfindens. Sinnes und physischen Kontaktes. Während man derart von der Intuition zu einer größeren Obermental-Höhe fortschreitet, findet eine erneute Verwandlung statt, und wir betrachten und erfahren die Dinge über das Obermental-Bewusstsein und über ein Mental, ein Herz, ein Vital und einen Körper, die vom Denken des Obermentals durchdrungen sind – von seinem Sehnen, Wollen, Fühlen und Empfinden, von seinem Spiel der Kräfte, von seiner Berührung. Die letzte Verwandlung jedoch ist die supramentale, denn ist man einmal dort angelangt, ist einmal die menschliche Natur supramentalisiert, dann befinden wir uns jenseits der Unwissenheit, und eine Wandlung des Bewusstseins ist nicht länger erforderlich, obwohl ein weiteres göttliches Fortschreiten, ja sogar eine unendliche Entwicklung noch möglich ist.

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Es gibt eine Welt der Unwissenheit, es gibt auch Welten der Wahrheit. Schöpfung hat keinen Anfang und kein Ende. Nur von einer bestimmten Schöpfung kann man sagen, sie habe einen Anfang und ein Ende.

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Du darfst nicht vergessen, dass es Spiegelungen von Höheren Welten auf den niederen Ebenen gibt, die leicht als das Höchste für dieses Stadium der Evolution erfahren werden können. Der höchste Sachchidananda ist keine Welt, er ist überkosmisch. Die Welt des Sat (Satyaloka) ist die höchste der Stufenfolge, die mit diesem Universum verbunden ist.

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Dies ist die ursprüngliche Tapaloka, die Welt der bewussten Kraft, deren Prinzip cit und deren Macht Tapas ist, doch gibt es auch andere Tapas-Welten auf anderen, darunterliegenden Ebenen. Es gibt eine solche auf der mentalen, eine weitere auf der vitalen Ebene. Von einer dieser Tapas-Welten muss das Wesen, das du sahst, gekommen sein.

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Es gibt eine vitale Ebene (in sich bestehend) über dem stofflichen, sichtbaren Universum; es gibt eine mentale Ebene (in sich bestehend) über der vitalen und stofflichen Ebene. Diese drei zusammen – das Mental, das Vital und das Physische – werden das dreifache Universum der niederen Hemisphäre genannt. Sie wurden im Erdbewusstsein durch die Evolution geformt, doch bestanden sie vor der Evolution für sich über dem Erdbewusstsein und über der stofflichen Ebene, zu der die Erde gehört.

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Wenn wir die Abstufung der Welten oder Ebenen als Ganzes betrachten, erkennen wir sie als eine große, zusammenhängende, komplexe Bewegung; die höheren wirken auf die niederen ein, die niederen reagieren auf die höheren und entwickeln und manifestieren in sich, innerhalb ihrer eigenen Gegebenheiten etwas, das der höheren Macht und deren Wirken entspricht. So entfaltete die stoffliche Welt, indem sie einem Druck der vitalen Ebene nachgab, das Leben und später das Mental, indem sie einem Druck der mentalen Ebene folgte. Nun versucht sie, das Supramental zu entfalten, einem Druck der supramentalen Ebene gehorchend. Dies heißt im einzelnen, dass bestimmte Kräfte, Bewegungen, Mächte und Wesenheiten einer höheren Welt in eine niedere eindringen können, um dort angemessene und korrespondierende Formen zu schaffen, die sie mit dem stofflichen Bereich verbinden und dort ihr Wirken gleichsam nachbilden oder übertragen. Und alles, was hier erschaffen wurde, besitzt feinstoffliche Hüllen oder Formen, die es stützen und erhalten und die es mit den von oben wirkenden Kräften verbinden. Der Mensch zum Beispiel besitzt neben seinem grobstofflichen physischen Körper feinstofflichere Hüllen oder Körper, durch welche er im Verborgenen in direkter Verbindung mit überstofflichen Bewusstseinsebenen steht und durch deren Mächte, Bewegungen und Wesenheiten er beeinflusst werden kann. Was im Leben stattfindet, hat immer präexistente Bewegungen und Formen in den okkult-vitalen Ebenen hinter sich; was im Mental stattfindet, setzt präexistente Bewegungen und Formen in den okkult-mentalen Ebenen voraus. Dies ist ein Aspekt der Dinge, der immer offenkundiger, eindringlicher und wichtiger wird, je weiter wir in einem dynamischen Yoga voranschreiten.

Doch all dies darf nicht in einem zu starren, mechanischen Sinn aufgefasst werden. Es ist eine ungeheuer plastische Bewegung, voll des Spiels der Möglichkeiten, und sie muss mit anpassungsfähigem und feinem Empfinden oder Sinn von einem aufmerksamen Bewusstsein erfasst werden. Man kann dies auf keine unerbittlich logische oder mathematische Formel zurückführen. Zwei oder drei Punkte will ich hervorheben, damit wir diese Plastizität nicht aus dem Auge verlieren.

Als erstes, jede Ebene ist, trotz ihrer Verbindung mit anderen darüber oder darunter, dennoch eine Welt für sich, mit eigenen Bewegungen, Kräften, Wesenheiten, Typen und Formen, die um ihrer selbst und derentwillen besteht, ihren eigenen Gesetzen gemäß, ihrer eigenen Manifestation wegen und ohne wahrnehmbaren Bezug zu anderen Gliedern der großen Reihen. Daher sehen wir, wenn wir die vitale oder feinstofflich-physische Ebene betrachten, große Bereiche, die meist für sich bestehen, ohne jede Beziehung zur stofflichen Welt und ohne Neigung, auf diese einzuwirken oder sie zu beeinflussen, viel weniger noch eine entsprechende Manifestation in diese herabzusenden.

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Wir können bestenfalls sagen, dass das Vorhandensein einer Sache auf der vitalen oder feinstofflich-physischen oder auf irgendeiner anderen Ebene die Möglichkeit für eine entsprechende Manifestation in der physischen Welt schafft. Es ist jedoch ein übriges erforderlich, damit diese statische oder latente Möglichkeit sich in eine dynamische Macht oder in einen tatsächlichen Impuls zu einer stofflichen Gestaltung wandelt. Dieses übrige kann in einem Ruf von der stofflichen Ebene bestehen; zum Beispiel eine Kraft oder ein Mensch im physischen Dasein tritt in Kontakt mit einer überphysischen Macht oder Welt oder einem Teil von ihr und wird veranlasst, diese in das Erdenleben herabzubringen. Oder aber es kann ein Impuls sein, der aus der vitalen oder einer anderen Ebene stammt: zum Beispiel wird ein vitales Wesen veranlasst, sein Wirken auf die Erde auszudehnen und dort ein Königreich für sich oder für das Spiel der Kräfte in seinem ureigenen Bereich zu errichten. Oder es kann auch durch einen Druck von darüber sein; wenn zum Beispiel eine supramentale oder mentale Macht ihre Gestaltung von oben herabbringt und Formen und Bewegungen auf der vitalen Ebene als einem Durchgangsbereich für deren Gestaltung in der stofflichen Welt entwickelt. Oder aber es kann sein, dass alle diese Dinge zusammenwirken, wobei dann die größte Wahrscheinlichkeit einer wirklichen Gestaltung in der Materie besteht.

Daraus folgt als nächstes, dass nur ein kleiner Teil der Tätigkeit der vitalen oder einer anderen höheren Ebene das Erdendasein betrifft. Doch selbst dies erzeugt eine Unzahl von Möglichkeiten, die viel größer ist, als die Erde in der ihr eigenen, weniger plastischen Struktur gleichzeitig manifestieren oder enthalten kann. Nicht all diese Möglichkeiten verwirklichen sich; einige scheitern völlig und hinterlassen bestenfalls eine Idee, die zu nichts führt; einige versuchen und führen zu nichts, selbst wenn sie eine Zeitlang tätig waren. Andere bewirken eine halbe Manifestation; dies ist das häufigste Ergebnis, umsomehr als diese vitalen oder anderen überstofflichen Kräfte in Widerstreit geraten und nicht nur den Widerstand des physischen Bewusstseins und der Materie überwinden müssen, sondern ebenfalls ihren eigenen verbissenen Widerstand gegeneinander. Einer gewissen Anzahl gelingt es, eine vollständigere und erfolgreichere Schöpfung herabzubringen, und wenn du diese mit ihrem Original auf der höheren Ebene vergleichst, wirst du eine starke Ähnlichkeit erkennen oder sogar eine scheinbar genaue Nachbildung oder Übertragung von der überphysischen auf die physische Struktur. Doch selbst hier ist die Genauigkeit nur eine scheinbare; allein die Tatsache der Übertragung auf eine andere Substanz oder einen anderen Rhythmus der Manifestation bedingt eine Verschiedenheit. Es ist etwas Neues, das sich manifestiert, und das ist es, was diese Erschaffung lohnend macht. Welchen Wert hätte zum Beispiel eine supramentale Schöpfung auf Erden, solange sie nur die Wiederholung einer supramentalen Schöpfung auf der supramentalen Ebene wäre? Sie ist es im Prinzip, und doch ist sie etwas anderes, nämlich eine siegreiche neue Selbst-Entdeckung des Göttlichen unter Voraussetzungen, die nirgendwo anders zu finden sind.

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Kein Zweifel, das feinstoffliche Physische ist dem Physischen am nächsten und ähnlichsten. Und dennoch unterscheiden sich die Voraussetzungen und die Sache selbst. Zum Beispiel hat das feinstoffliche Physische eine Freiheit, Plastizität, Intensität, eine Macht, Farbe, Weite, ein mannigfaches Spiel (Tausende von Dingen gibt es dort, die hier nicht sind), für die wir bislang auf Erden noch keine Möglichkeit haben. Und doch gibt es hier etwas, eine Macht des Göttlichen, welche jenes andere trotz seiner größeren Freiheiten nicht besitzt, etwas, was die Erschaffung schwieriger macht, doch letzten Endes die Mühe lohnt.

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Das meiste geschieht erst im Vital, bevor es im Physischen geschieht; doch nicht alles, was im Vital geschieht, verwirklicht sich im Physischen oder auf die gleiche Weise. Es findet immer oder meist eine Veränderung der Form, Zeit und Umstände statt, entsprechend den unterschiedlichen Voraussetzungen auf der physischen Ebene.

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Diese Beobachtungen sind als Ganzes gesehen richtig. Jede Ebene ist in sich wahr, doch in Bezug auf das Supramental nur teilweise wahr. Sobald diese höheren Wahrheiten in das Physische gelangen, versuchen sie sich zu verwirklichen, doch gelingt ihnen dies nur teilweise und unter den Voraussetzungen der stofflichen Ebene. Allein das Supramental vermag diese Schwierigkeit zu überwinden.

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Die himmlischen Welten befinden sich über dem Körper. Die Teile des Körpers korrespondieren mit entsprechenden Ebenen, dem feinstofflich Physischen, dem höheren, mittleren und unteren Vital, dem Mental. Jede Ebene ist in Verbindung mit verschiedenen Welten, die ihr zugeordnet sind.

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Gemeint ist das äußere Bewusstsein, das innere Bewusstsein, das Überbewusste (Vaisvanara, Taijasa und Prajna der Mandukya-Upanishad). Die Ausdrücke Wachen, Traum, Schlaf werden deswegen angewendet, da im gewöhnlichen Bewusstsein des Menschen allein das Äußere wach, während das innere Wesen meist unterschwellig ist und auf direkte Weise nur im Schlaf handelt, wo seine Regungen als Träume und Visionen empfunden werden; das Überbewusste hingegen (Supramental, Obermental) befindet sich sogar jenseits dieses Bereichs und erscheint dem Mental wie tiefer Schlaf.

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Doch warum willst du diese Dinge mit der Seele verbinden? Diese vier Namen (Vaisvanara, Taijasa, Prajna und Kutastha) beziehen sich auf vier Beschaffenheiten des transzendenten und universalen Brahman oder Selbstes, sie sind lediglich Seins– und Bewusstseinszustände: Das Selbst, das den Wachzustand oder das sthūla-Bewusstsein stützt; das Selbst, das den Traum-Zustand oder das feine Bewusstsein stützt; das Selbst, das den Zustand des Tief-Schlafs oder das Kausale Bewusstsein stützt, karaṇa, und das Selbst im überkosmischen Bewusstsein. Die Individualität nimmt natürlich daran teil, doch sind es Zustände des Selbstes, nicht das Selbst und die Seele. Die Bedeutung dieser Ausdrücke ist in der Mandukya-Upanishad festgelegt.

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Die beiden Versionen der drei Namen bedeuten jedes mal dasselbe: Visva oder Virat, der Spirit des äußeren Universums; Hiranyagarbha oder Taijasa, (der leuchtende), der Spirit der inneren Ebenen, Prajna oder Ishvara, der Überbewusste Spirit, Herr aller Dinge und das höchste Selbst, auf dem alles beruht. Das Mental kann nicht der Ishvara sein.

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Virat ist die äußere Manifestation, und wenn wir diese insgesamt als Brahman ansehen ohne zu wissen, was sich hinter der Manifestation befindet, werden wir dem intellektuellen Irrtum des Pantheismus erliegen und nicht erkennen, dass das Göttliche mehr ist als diese äußere Manifestation und nicht allein durch diese erkannt werden kann. Im Vital können wir den Fehler begehen, alles Dunkle und Unvollkommene in gleicher Weise anzunehmen wie all das, was für das Licht und die göttliche Vollendung steht. Es sind noch viele andere sich daraus ergebende Fehler möglich.

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III. Supramental – Obermental

Mit dem Supramental meine ich das volle Wahrheits-Bewusstsein der Göttlichen Natur, in dem das Prinzip der Teilung und Unwissenheit keinen Platz hat; es ist immer ein volles Licht und Wissen, die jeglichem mentalen Stoff und aller mentalen Bewegung übergeordnet sind. Zwischen dem Supramental und dem menschlichen Mental befindet sich eine Anzahl von Bereichen, Ebenen oder Schichten des Bewusstseins, – man kann es auf vielfältige Art und Weise betrachten –, in denen das Element oder die Substanz des Mentals und infolgedessen auch seine Regungen immer leuchtender, machtvoller und weiter werden. Das Obermental ist der höchste dieser Bereiche, es ist voll Licht und Macht; doch vom darüberliegenden Standpunkt aus betrachtet, ist es die Scheidelinie, an der sich die Seele vom vollkommenen, unteilbaren Wissen abwendet und in die Unwissenheit herabkommt. Denn obgleich es der Wahrheit entstammt, beginnt hier die Trennung der Wahrheitsaspekte sowie der Kräfte und ihres Wirkens, als seien sie unabhängige Wahrheiten; und dieser Prozess mündet, je weiter man in das gewöhnliche Mental, Leben und die Materie herabkommt, in einer vollständigen Teilung, Absplitterung und Abspaltung von der unteilbaren Wahrheit darüber. Hier gibt es nicht mehr das essentielle, absolute, vollkommen harmonische und einende Wissen oder, besser noch, ein Wissen, das immer harmonisch, da es immer eins ist, weil dies zum Wesen des Supramentals gehört. Erst im Supramental hören die mentalen Trennungen und Widersprüche auf, die Probleme, die unser teilendes und zergliederndes Mental schafft, verschwinden, und die Wahrheit wird als leuchtendes Ganzes gesehen. Im Obermental gibt es noch nicht den eigentlichen Sturz in die Unwissenheit, doch ist der erste Schritt, der diesen Fall unausweichlich macht, getan.

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Das Supramental ist die Eine Wahrheit, es entfaltet und bestimmt die Manifestation seiner Mächte, und alle diese Mächte wirken als eine vielfältige Einheit, in Harmonie, ohne Widerstreit oder Zusammenprall, gemäß dem Einen Willen, der ihnen allen innewohnt. Das Obermental ergreift diese Wahrheiten und Mächte und setzt jede einzelne von ihnen als eine für sich bestehende Kraft mit ihren unausbleiblichen Folgen in Tätigkeit – in ihrem Wirken kann Harmonie sein, doch diese ist eher künstlich und einseitig und nicht innewohnend und unausweichlich; in dem Maße wie man vom höchsten Obermental herabkommt, mehren sich Teilung, Zusammenprall und Widerstreit der Kräfte, die Trennbarkeit dominiert, die Unwissenheit wächst und das Dasein wird zu einem Aufeinanderprallen von Möglichkeiten, einem Gemisch gegensätzlicher Halbwahrheiten, ein ungelöstes und offensichtlich unlösbares Rätsel und Zusammensetzspiel.

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Es würde den Versuch nicht lohnen, das Supramental zu erreichen, wenn es uns nicht eine größere und vollständigere Wahrheit als irgendeine der niederen Ebenen brächte. Jede Ebene hat ihre eigenen Wahrheiten. Einige sind auf einer höheren Ebene nicht länger wahr, zum Beispiel sind Begehren und Ego Wahrheiten der mentalen, vitalen und physischen Unwissenheit – ein Mensch auf dieser Bewusstseinsebene ohne Ego und Begehren wäre wie ein tamasischer Automat. In dem Maße, wie wir uns bewusstseinsmäßig erheben, erscheinen Ego und Begehren nicht länger als Wahrheiten, sondern als Falschheiten, welche die wahre Person und den wahren Willen entstellen. Der Kampf zwischen den Mächten des Lichtes und den Mächten der Finsternis ist hier [auf unserer Bewusstseinsebene] eine Wahrheit, doch sobald wir emporsteigen wird er immer weniger wahr, und im Supramental besitzt er überhaupt keine Wahrheit mehr. Andere Wahrheiten hingegen bleiben bestehen, doch sie verändern ihren Charakter, ihre Bedeutung, ihren Platz im Ganzen. Der Unterschied oder Gegensatz zwischen dem Persönlichen und dem Unpersönlichen ist eine Wahrheit des Obermentals, im Supramental hingegen sind sie untrennbar eins und besitzen keine gesonderte Wahrheit mehr. Doch einer, der die Wahrheiten des Obermentals nicht gemeistert und gelebt hat, vermag die supramentale Wahrheit nicht zu erreichen. Das Mental des Menschen, voll unzulänglichem Stolz, unterscheidet scharf, will alles andere als Unwahrheit bezeichnen und mit einem Sprung die höchste Wahrheit erreichen wie immer sie auch sei – doch ist dies ein ehrgeiziger und anmaßender Fehler. Man hat Stufe um Stufe zu erklimmen und seine Füße bei jedem Schritt fest aufzusetzen, damit man den Gipfel erreicht.

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Ich verstehe nicht. Das Persönlich-Göttliche ist nicht das gleiche wie der avatār. Was ich sagte war, dass die Trennung zwischen den beiden Aspekten des Göttlichen der Vorstellungswelt des Obermentals entstammt, das verschiedene Seiten des Göttlichen in gesonderte Wesenheiten aufteilt. So trennt es Sat, Chit und Ananda, damit sie drei voneinander getrennte, verschiedene Aspekte werden. Tatsächlich aber gibt es in jener Wirklichkeit kein Getrenntsein, die drei Aspekte sind derart ineinander verschmolzen, derart untrennbar eins, dass sie eine einzige, ungeteilte Wirklichkeit bilden. Das gleiche gilt für das Persönliche und Unpersönliche, saguṇa und nirguṇa, den Schweigenden und Tätigen Brahman. In Wirklichkeit sind es keine entgegengesetzten und unvereinbaren Aspekte; was wir das Persönliche und das Unpersönliche nennen, ist untrennbar als einzige Wahrheit ineinander verschmolzen. Tatsächlich ist “ineinander verschmolzen” sogar ein falscher Ausdruck, denn sie waren nie getrennt, so dass man sie hätte verschmelzen müssen. Aller Zwist darüber, ob entweder das Unpersönliche Wesen die einzig wahre Wahrheit oder das Persönliche Wesen die einzig höchste Wahrheit sei, sind vom Mental erschaffene Streitfragen, die von diesem trennenden Aspekt des Obermentals herrühren. Das Obermental leugnet keinen Aspekt, so wie das Mental es tut, es anerkennt sie alle als Aspekte der Einen Wahrheit; doch indem es sie trennt, verlegt es den Streit in das unwissendere, begrenztere und geteilte Mental, da das Mental nicht zu erkennen vermag, wie zwei entgegengesetzte Dinge zusammen in einer Wahrheit bestehen können, wie zum Beispiel das Göttliche nirguṇo guṇī, unpersönlich-persönlich, sein kann; es hat nicht die Erfahrung, was hinter den beiden Worten steht, und fasst sie daher einzeln in einem absoluten Sinn auf. Das Unpersönliche ist Dasein, Bewusstsein, Seligkeit, nicht eine Person, sondern ein Zustand. Die Person ist das Seiende, das Bewusste, das Selige; Bewusstsein, Dasein, Seligkeit als getrennte Dinge aufgefasst, sind lediglich Zustände ihres Wesens. Doch tatsächlich sind die beiden (persönliches Wesen und ewiger Zustand) untrennbar und eine Wirklichkeit.

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Es ist in der Sprache des Mentals kaum auszudrücken, was das Supramental ist, selbst in der des spiritualisierten Mentals, denn es ist insgesamt ein anderes Bewusstsein und handelt auf andere Art und Weise. Was immer man darüber sagen würde, würde voraussichtlich nicht verstanden oder aber missverstanden werden. Einzig und allein indem wir in das Supramental hineinwachsen, können wir begreifen, was es ist, und auch dies erst nach einer langen Entwicklung, in deren Verlauf das erhöhte und erleuchtete Mental zur reinen Intuition wird (doch nicht jenes vermischte Etwas, das meist unter diesem Namen läuft) und sich in das Obermental zusammenballt; danach kann das Obermental in das Supramental erhoben und mit ihm verschmolzen werden, bis es eine Umwandlung erfährt.

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Im Supramental ist alles selbstwissend, selbstleuchtend, es gibt keine Teilungen, Gegensätze oder getrennten Aspekte wie im Mental, das nach dem Prinzip der Gliederung des Wissens in einzelne Teile arbeitet, die es dann einander gegenüberstellt. Das Obermental nähert sich an seinem höchsten Punkt dem Supramental und wird oft damit verwechselt, vermag es jedoch nicht zu erreichen, außer durch Erhöhung und Umwandlung.

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Das kosmische Bewusstsein öffnet sich im Suchenden (manchmal direkt, manchmal indirekt) durch die Macht des Obermentals, die das Mental von seinen kleinen Zergliederungen befreit, und man erkennt den kosmischen Spirit und das Spiel der kosmischen Kräfte.

Von der oder zumindest durch die Obermental-Ebene wird die ursprüngliche Anordnung der Dinge dieser Welt vorherbestimmt; denn von ihr stammen die ersten determinierenden Vibrationen. Doch es gibt entsprechende Bewegungen auf allen Ebenen, der Mental-Ebene, Vital-Ebene, sogar der physischen Ebene; und in einem sehr klaren und erleuchteten Zustand des niedrigen Bewusstseins ist es möglich, diese Bewegungen wahrzunehmen, den Plan der Dinge zu verstehen und entweder ein bewusstes Instrument zu sein oder in begrenztem Ausmaß sogar ein bestimmender Wille oder eine bestimmende Kraft. Doch der Stoff der niederen Ebenen vermischt sich immer mit den Obermentalkräften, sobald diese herabkommen, und mindert ihre Wahrheit und Macht oder fälscht und entstellt sie sogar.

Das Obermental selbst vermag einen Teil des supramentalen Lichtes den niederen Bewusstseinsebenen zu vermitteln; doch solange das Supramental sich nicht direkt manifestiert, wird sein Licht bereits im Obermental abgewandelt und in seiner Auswirkung dann weiterhin abgewandelt durch die Bedürfnisse, Forderungen und beschränkten Möglichkeiten der individuellen Natur. Der Erfolg dieses verminderten und abgewandelten Lichtes, zum Beispiel bei der Läuterung des Physischen, kann kein unmittelbarer und absoluter sein, so wie es das volle und direkte supramentale Wirken wäre; er ist vielmehr ein relativer, was durch die individuelle Natur und das Gleichgewicht universaler Kräfte bedingt ist sowie durch die Behinderung seitens feindlicher Mächte; sein Ergebnis ist unvollkommen, da das niedere Wirken endlos zu sein scheint; und er ist in seinem Ausmaß und seiner Wirksamkeit mangels einer völligen Zustimmung durch die physische Natur begrenzt.

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Das Obermental muss erreicht und herabgebracht werden, bevor die Herabkunft des Supramentals überhaupt möglich ist denn das Obermental ist der Übergang vom Mental zum Supramental.

Aus dem Obermental rühren all die verschiedenen Anordnungen der schöpferischen Wahrheit der Dinge her. Vom Obermental gelangen sie herab zur [Ebene der] Intuition und werden von dort auf das Erleuchtete und Höhere Mental übertragen, um dann für unseren Verstand geordnet zu werden. Doch sie verlieren bei der Übertragung auf niedere Ebenen mehr und mehr von ihrer Macht und Gewissheit. Und was sie an Kraft einer unmittelbar erkannten Wahrheit besitzen, geht schließlich im menschlichen Mental verloren; denn dem menschlichen Verstand stellen sie sich als lediglich spekulative Ideen dar, nicht als verwirklichte Wahrheit, nicht als direkte Schau, nicht als dynamische Vision, die mit einer konkreten, unwiderlegbaren Erfahrung verbunden ist.

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Es gibt verschiedene Ebenen des Obermentals. Die eine ist mental und erschafft auf direktem Wege alle Gestaltungen, die sich darunter in der mentalen Welt manifestieren – das ist das mentale Obermental. Darüber befindet sich die Obermental-Intuition. Noch weiter oberhalb befinden sich die Ebenen des Obermentals, die mehr und mehr mit dem Supramental verbunden sind und einen teilweise supramentalen Charakter haben. Der höchste der Obermental-Bereiche ist das supramentale Obermental oder die Obermental-Gnosis. Doch sind dies Dinge, die du nicht verstehen kannst, solange du keine höhere Erfahrung hast, zur Zeit jedenfalls noch nicht. Nur diejenigen, die voll in das kosmische Bewusstsein eingetreten sind, können sie begreifen, und selbst diese nicht sofort. Man muss zunächst die Erfahrung des höheren Mentals, des erleuchteten Mentals und der Intuition voll erlangt haben, bevor man sie verstehen kann.

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So einfach ist es nicht – doch der Verständlichkeit halber kann man das Obermental in vier Ebenen einteilen: das mentale Obermental und jene drei, von denen du schreibst (intuitives, eigentliches und supramentales Obermental); doch es gibt viele Stufen auf jeder einzelnen dieser Ebenen, und jede kann als eine Ebene für sich betrachtet werden.

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Das ist nicht unmöglich – es ist auf jeder der höheren Ebenen durchaus möglich –, die Unendlichkeit ist überall, wenn man einmal die individuellen Begrenzungen durchbrochen hat.

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Es gibt viele Stadien des Überganges vom mentalen Obermental zum supramentalen Obermental und von dort zum Supramental. Es wäre voreilig zu sagen: “Dies ist das letzte, höchste Obermental”.

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Was du das supramentale Obermental nennst1, ist noch das Obermental und nicht Teil des wahren Supramentals. Man kann das wahre Supramental nicht erreichen (außer in einer Art Trance oder im Samadhi-Zustand), solange man nicht die Wahrheit des Obermentals im Leben, Sprechen, Handeln und im äußeren Wissen gefestigt und nicht nur in der Meditation und inneren Schau erfahren hat.

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Zu jener Zeit, als die letzten Kapitel des Buches “The Synthesis of Yoga” [“Die Synthese des Yoga”] im “Arya” erschienen, war der Begriff “Obermental” noch nicht geprägt und wird daher dort nicht gebraucht. Was in jenen Kapiteln beschrieben wird, ist das Wirken des Supramentals, sobald dieses in die Obermental-Ebenen herabkommt und das Wirken des Obermentals aufnimmt und umwandelt. Das höchste Supramental oder die Göttliche Gnosis, in sich bestehend, ist etwas, das noch jenseits davon und ziemlich darüber liegt. In den letzten Kapiteln sollte aufgezeigt werden, wie schwierig dies zu erreichen ist und wieviele Ebenen es zwischen dem menschlichen Mental und dem Supramental gibt; und wie selbst das Supramental bei seinem Herabkommen mit dem niedrigen Wirken vermischt und in etwas Geringeres als die eigentliche Wahrheit verwandelt wird. Doch diese Kapitel wurden nicht geschrieben.

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Die Unterscheidung [zwischen Obermental und Supramental] wurde im “Arya” nicht gemacht, da zu jener Zeit das, was ich jetzt das Obermental nenne, als eine niedere Ebene des Supramentals angesehen wurde, und zwar deshalb, weil ich sie vom Mental her betrachtete. Die wahre Unvollkommenheit des Obermentals, seine Begrenzung, die eine Welt der Unwissenheit entstehen ließ, wird erst dann voll erkannt, wenn man es vom physischen Bewusstsein her, also vom Resultat (Unwissenheit in der Materie) zur Ursache hin (Teilung der Wahrheit durch das Obermental) betrachtet. Auf seiner eigenen Ebene scheint das Obermental lediglich ein zergliedertes, vielseitiges Spiel der Wahrheit zu sein und kann daher vom Mental leicht als ein supramentaler Bereich angesehen werden. Auch das Mental, sobald es vom Licht des Obermentals überflutet wird, fühlt sich in einer erstaunlichen Offenbarung der göttlichen Wahrheit lebend. Die Schwierigkeiten beginnen, wenn wir es mit dem Vital zu tun bekommen und noch mehr mit dem Physischen. Dann nämlich wird es unumgänglich, dem Problem zu begegnen und scharf zwischen Obermental und Supramental zu unterscheiden, denn es zeigt sich dann, dass die Macht des Obermentals (trotz seines Lichtes und Glanzes) nicht ausreicht, um die Unwissenheit zu überwinden, da es selbst dem Gesetz der Teilung unterliegt, aus dem die Unwissenheit stammt. Man muss es überschreiten, muss das Obermental supramentalisieren, damit das Mental und alles übrige sich der endgültigen Wandlung unterziehen können.

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Was er das Obermental nennt, sind wahrscheinlich die ersten Bewusstseinsschichten, die über dem Mental liegen. Es können aber auch Erfahrungen von höheren Mental– oder Vitalebenen sein. Dem menschlichen Mental erscheinen sie alle so groß, dass sie leicht für das Obermental bzw. Supramental gehalten werden. Indirekte Kontakte mit dem Obermental können stattfinden, wenn man sich dem Kosmischen Bewusstsein öffnet, und mehr noch, wenn man in dieses Bewusstsein frei eintritt. Eine unmittelbare Obermental-Erfahrung kann nicht stattfinden, solange nicht wenigstens ein Teil des Wesens in der Weite und dem Frieden verwurzelt ist.

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Die Ebene der Intuition liegt über der des erleuchteten Mentals; dieses ist nichts anderes als das höhere Mental, erhoben in ein größeres Leuchten und offener für die abgewandelten Formen der Intuition und Inspiration.

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Die Intuition ist die erste Ebene, auf der es ein wirkliches Öffnen gegenüber der vollen Möglichkeit der Verwirklichung gibt, und mit ihrer Hilfe kann man dann weiter fortschreiten, zunächst zum Obermental, dann zum Supramental.

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Intuition sieht die Wahrheit der Dinge mit Hilfe eines direkten inneren Kontaktes, nicht wie die gewöhnliche mentale Vernunft, die mit Hilfe der Sinne und anderem nach indirekten Kontakten sucht und tastet. Doch verglichen mit dem Supramental ist Intuition insofern begrenzt, als sie die Dinge blitzartig sieht, Punkt für Punkt und nicht als ein Ganzes. Sobald sie in das Mental gelangt, wird sie dort mit der mentalen Bewegung vermischt und formt eine Art intuitive Mental-Tätigkeit, welche nicht die reine Wahrheit ist, sondern etwas, das zwischen der höheren Wahrheit und dem mentalen Suchen liegt. Sie kann das Bewusstsein durch eine Art Übergangsstadium leiten, und das ist praktisch ihre Aufgabe.

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Mentales intuitives Wissen greift unmittelbar einen Aspekt der Wahrheit auf, doch ohne jede Vollständigkeit oder Gewissheit, und die Intuition wird leicht mit dem gewöhnlichen mentalen Stoff vermengt, was irreführend sein kann; in ihrer Anwendung wäre sie dann leicht eine Halb-Wahrheit oder könnte derart falsch gedeutet und missbraucht werden, dass sie zum Irrtum wird. Ebenso ahmt das Mental die Intuition gern auf eine Weise nach, die es schwierig macht, zwischen einer wahren und einer falschen Intuition zu unterscheiden. Das ist der Grund, warum intellektuelle Menschen der mentalen Intuition misstrauen und behaupten, man könne sie nicht annehmen oder ihr folgen, wenn nicht der Verstand sie prüft und bestätigt. Was hingegen von der Obermental-Intuition stammt, hat ein Licht, eine Gewissheit, eine gültige Kraft der Wahrheit in sich, die selbst die beste mentale Intuition nicht besitzt.

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Es gibt mentale, vitale und feinstofflich-physische Intuitionen sowohl vom höheren als auch vom erleuchteten Mental.

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Dies [die Gleichsetzung von buddhi mit vijñāna und der Intuition] ist der Irrtum, der mit dem übertriebenen Intellektualismus der Philosophen und Kommentatoren entstand. Ich glaube nicht, dass buddhi die Intuition als etwas einbezieht, das sich in seiner Art vom Intellekt unterscheidet – die Intellektualisten betrachten die Intuition lediglich als rapiden Prozess intellektuellen Denkens – und sie glauben es noch immer. In der Taittirya-Upanishad ist der Sinn von vijnana sehr deutlich dargestellt – ein Wesen ist ṛtam, die spirituelle Wahrheit; später jedoch wurde die Gleichsetzung mit buddhi üblich.

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Ich glaube nicht, dass sie ausdrücklich die Intuition meinen; sie betrachten buddhi als Werkzeug des Wissens und beziehen daher alles Wissen darin mit ein; und da vijñānamaya-koṣa die Wissenshülle ist, glauben sie, es müsse buddhi bedeuten. Ganz offensichtlich ist dies nicht der Fall. Die Beschreibung, die du anführst, bedeutet tatsächlich etwas viel Höheres als buddhi. Es ist satyam ṛtam bṛhat der Upanishad – das Wahrheitsbewusstsein des Veda.

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IV. Jivatman (Zentrales Wesen)

Der Ausdruck “zentrales Wesen” wird in unserem Yoga gewöhnlich für jenen Teil des Göttlichen in uns angewendet, der alles übrige stützt und der Tod und Geburt überdauert. Dieses zentrale Wesen hat zwei Formen – über uns befindlich ist es der Jivatman, unser wahres Wesen, dessen wir uns bewusst werden sobald das höhere Selbsterkennen eintritt; darunter [in uns] ist es das seelische Wesen, das hinter Mental, Körper und Leben steht. Der Jivatman befindet sich über der Manifestation im Leben und ist ihr übergeordnet; das seelische Wesen steht hinter der Manifestation im Leben und stützt sie.

Die natürliche Haltung des seelischen Wesens ist, sich als Kind zu fühlen, als Sohn Gottes, als bhakta; es ist Teil des Göttlichen, essentiell eins mit Ihm, doch in der Dynamik der Schöpfung, ja sogar in der Identität, besteht immer die Verschiedenheit. Im Gegensatz hierzu lebt der Jivatman im Essentiellen und kann in der Identität mit dem Göttlichen aufgehen; doch auch er sieht sich, wenn er über der Dynamik der Schöpfung steht, als ein Zentrum des vielfältigen Göttlichen und nicht als Parameshvara. Es ist wichtig, diesen Unterschied zu erkennen; denn wenn der geringste vitale Egoismus vorhanden ist, besteht die Gefahr, sich als Avatar zu betrachten oder sein Gleichgewicht zu verlieren, wie Hridaya bei Ramakrishna.

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Im Sanskrit hat das Wort Jiva zwei Bedeutungen; einmal “lebende Geschöpfe” und zum anderen individualisierter Spirit, der das lebende Wesen in seiner Evolution von Geburt zu Geburt aufrechterhält. In diesem letzteren Sinn lautet der volle Ausdruck Jivatman – der Atman, der Spirit oder das ewige Selbst des lebenden Wesens. In der Gita wird von ihm bildlich als von einem “ewigen Teil des Göttlichen” gesprochen, doch ist das Wort Zersplitterung, das du gebrauchst, übertrieben; man könnte es für die Formen anwenden, doch nicht für den Spirit in ihnen. Zudem ist das vielfältige Göttliche eine ewige Wirklichkeit. die dieser Schöpfung hier vorangeht. Eine genaue Beschreibung des Jivatman wäre diese: “Das vielfältige Göttliche, das als individualisiertes Selbst oder als individualisierter Spirit des erschaffenen Wesens hier manifestiert ist”. Der Jivatman in seiner Essenz verändert oder entwickelt sich nicht. Er steht über der Evolution der Person; innerhalb der Evolution wird er durch das sich entfaltende seelische Wesen dargestellt, das die ganze übrige Natur stützt.

Der Advaita Vedanta (Monismus) erklärt, dass der Jiva kein wirkliches Dasein besitze, da das Göttliche unteilbar sei. Eine andere [philosophische] Richtung schreibt dem Jiva ein reales, doch kein unabhängiges Dasein zu;er ist, so sagen sie, essentiell eins mit dem Göttlichen, verschieden in der Manifestation doch da diese Manifestation wirklich und ewig und keine Illusion ist, kann er nicht unwirklich genannt werden. Die dualistischen Schulen betrachten den Jiva als eine unabhängige Kategorie und bestehen auf der Trinität Gottes, der Seele und der Natur.

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Der Jivatman ist nicht das seelische Wesen; wir betrachten den Sanskritausdruck caitya puruṣa als gleichbedeutend mit dem seelischen Wesen. Jivatman ist das individuelle Selbst, das zentrale Wesen.

Das zentrale Wesen ist das, was nicht geboren wird, sich nicht entfaltet, doch der gesamten individuellen Schöpfung übergeordnet ist. Das seelische Wesen ist seine Spiegelung in der Schöpfung, denn das seelische Wesen befindet sich in der Evolution und stützt von innen und außen diese gesamte Evolution; es nimmt die Essenz aller Erfahrung auf und entwickelt durch sie die Persönlichkeit auf Gott hin.

Das Selbst ist gleichzeitig eins in allem und in den vielen; eins in seiner Essenz, manifestiert es sich ebenfalls als das individuelle Selbst, das als ewiger Teil des Göttlichen in der Natur beschrieben werden kann; es ist seinem Wesen nach ein individuelles Zentrum der Manifestation, das jedoch seine Universalität ausbreitet und sich in die Transzendenz erhebt.

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Mit Jivatman meinen wir das individuelle Selbst. Essentiell ist es ein Selbst wie alle anderen, doch in der Vielheit des Göttlichen ist es das individuelle Selbst, ein individuelles Zentrum des Universums – es erkennt alles in sich und sich in allem oder beides zugleich, je nach seinem Bewusstseinszustand oder Gesichtspunkt.

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Das Selbst, der Atman, ist seinem Wesen nach entweder transzendent oder universal (Paratman, Atman). Sobald es sich individualisiert und ztm zentralen Wesen wird, ist es der Jivatman. Der Jivatman empfindet sein Einssein mit dem Universalen und gleichzeitig sein innerstes Getrenntsein als Teil des Göttlichen.

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Die Seele, die das zentrale Wesen verkörpert, ist ein Funke des Göttlichen, der alles individuelle Dasein in der Natur stützt; das seelische Wesen ist eine bewusste Form dieser Seele, die in der Evolution wächst, in jenem langwierigen Prozess, der zuerst das Leben in der Materie entwickelt, dann das Mental im Leben, bis sich schließlich das Mental in das Obermental und das Obermental in die supramentale Wahrheit zu entwickeln vermag. Die Seele stützt die Natur in dieser ihrer stufenweisen Evolution, doch sie ist selbst nichts von all dem.

Diese äußere objektive und oberflächlich subjektiv erscheinende Natur, die die ganze Vielheit von Mental, Leben und Körper manifestiert, nennt man die niedere Natur, aparā prakṛti. Die höchste Natur, parā prakṛti, die sich dahinter verbirgt, ist die eigentliche Natur des Göttlichen, seine höchste Bewusstseinskraft, die das mannigfache Göttliche als die Vielen manifestiert. Diese Vielen als solche sind die ewigen Selbste des Höchsten in seiner höchsten Natur, parā prakṛti. Hier in Bezug auf diese Welt erscheinen sie als die Jivatmas, welche die Evolution der natürlichen Geschöpfe, sarvabhūtāni, stützen in dem veränderlichen Werden, aus dem das Dasein des Kshara (des beweglichen oder veränderlichen) Purusha besteht. Der Jiva (oder Jivatman) und die Geschöpfe, sarvabhūtāni, sind nicht das gleiche. Die Jivatmas stehen in Wirklichkeit über der Schöpfung, obwohl sie an ihr teilnehmen; die natürlichen Wesen, sarvabhūtāni, sind die Geschöpfe der Natur. Mensch, Vogel, Tier und Reptil sind natürliche Wesen, doch das individuelle Selbst in ihnen ist nicht auch nur einen Augenblick lang charakteristisch für Mensch, Vogel, Tier oder Reptil; in seiner Evolution bleibt es durch all diese Wandlungen dasselbe, ein spirituelles Wesen, das dem Spiel der Natur zustimmt.

Das, was sich ursprünglich und ewig im Göttlichen befindet, ist das Sein – das, was mit Hilfe der Göttlichen Macht entwickelt wird, wie Bewusstsein, Beschaffenheiten, Formen, Kräfte usw., ist das Werden. Das ewig Göttliche ist das Sein; das Universum in der Zeit und alles in ihm Sichtbare ist ein Werden. Das ewige Sein in seiner höchsten Natur, Para Prakriti, ist gleichzeitig der Eine und die Vielen; doch die ewige Vielheit des Göttlichen, wenn sie hinter den erschaffenen Geschöpfen steht, sarvabhūtāni, erscheint als (oder wie wir sagen, wird) der Jiva, parā prakṛtir jīvabhūtā. In der Seele hinwiederum gibt es zwei Aspekte, im Hintergrund das seelische Dasein oder die Seele und im Vordergrund jene Form der Individualität, die sie im Laufe ihrer Evolution in der Natur annimmt.

Die Seele oder Psyche ist allein in dem Sinn unveränderlich, dass sie alle Möglichkeiten des Göttlichen in sich enthält, doch muss sie diese entwickeln und im Verlauf ihrer Evolution nimmt sie die Form einer sich entwickelnden seelischen Individualität an, welche die individuelle Prakriti in der Manifestation entfaltet und an der Evolution teilhat. Die Seele ist der Funke des Göttlichen Feuers, die mit Hilfe des seelischen Wesens hinter Mental, Vital und dem Physischen wächst, bis sie fähig ist, die Prakriti der Unwissenheit in eine Prakriti des Wissens umzuwandeln. Dieses sich entfaltende seelische Wesen ist daher in keinem Augenblick alles, was die Seele oder das essentiell seelische Dasein enthält; es manifestiert und individualisiert in dieser einen Projektion des Spirits das, was potentiell ewig und essentiell transzendent ist.

Das zentrale Wesen ist jenes Wesen, das über den verschiedenen aufeinanderfolgenden Geburten steht, jedoch selbst ungeboren ist, da es nicht in das Wesen herabkommt, sondern darüber ist; es hält das mentale, vitale und physische Wesen und all die übrigen Teile der Persönlichkeit zusammen und wacht über dem Leben, entweder mit Hilfe des mentalen Wesens, des mentalen Denkens und Willens oder mit Hilfe der Seele, je nachdem, was sich gerade im Vordergrund befindet oder was in der menschlichen Natur am machtvollsten entwickelt ist. Sobald es seine Kontrolle nicht ausübt, befindet sich das Bewusstsein in großer Unordnung, und jeder Teil der Person handelt für sich, so dass es weder im Denken und Fühlen noch im Handeln Übereinstimmung gibt.

Die Seele befindet sich nicht darüber, sondern im Hintergrund – ihr Sitz ist hinter dem Herzen;ihre Macht ist nicht die des Wissens, sondern die eines essentiellen oder spirituellen Fühlens; sie besitzt den klarsten Sinn für die Wahrheit und eine Art innerer Wahrnehmung für sie, und diese sind für die Seelen-Wahrnehmung und das Seelen-Fühlen kennzeichnend. Sie ist unser innerstes Wesen und stützt alle übrigen, das mentale, vitale und physische Wesen; sie ist durch diese jedoch stark verhüllt und kann sie nur indirekt beeinflussen, anstatt aufgrund ihres höchsten Rechts direkt zu handeln; dieses direkte Handeln wird erst in einem hohen Entwicklungsstadium oder mit Hilfe des Yoga etwas Normales und Vorherrschendes. Nicht das seelische Wesen gibt dir, wie du glaubst, die Intuition von künftigen Ereignissen oder warnt dich vor den Folgen bestimmter Taten; dies tut ein Teil des inneren Wesens, manchmal das innere Mental, das innere Vital oder manchmal sogar der innere oder feinstoffliche Purusha. Dieses innere Wesen, also das innere Mental, das innere Vital, das innere oder feine Physische, weiß viel von dem, was dem äußeren Mental, dem äußeren Vital, dem äußeren Physischen unbekannt ist, denn es steht in einem direkten Kontakt mit den geheimen Kräften der Natur. Die Seele aber ist das innerste Wesen von allen, sie zeichnet sich durch ein Wahrnehmungsvermögen für die Wahrheit aus, das der tiefsten Substanz des Bewusstseins innewohnt, einem Gefühl für das Gute, Wahre, Schöne, für das Göttliche.

Das zentrale Wesen, der Jivatman, der weder geboren wird noch sich entwickelt, sondern über der individuellen Geburt und Evolution steht, ist auf jeder Ebene des Bewusstseins vertreten. Auf der mentalen Ebene ist es das wahre (oder innere) mentale Wesen manomaya puruṣa, auf der vitalen Ebene das wahre (oder innere) vitale Wesen, prāṇamaya puruṣa, auf der physischen Ebene das wahre (oder innere) physische Wesen, annamaya puruṣa. Jedes Geschöpf ist daher, solange es sich in der Unwissenheit befindet, um seinen mentalen, vitalen oder physischen Purusha zentriert, entsprechend der Ebene, auf der es vorwiegend lebt, und dieser erscheint ihm dann als sein zentrales Wesen. Doch der wahre Vertreter ist immer hinter Mental, Vital und Körper verborgen – es ist die Seele, unser innerstes Wesen.

Sobald das innerste Wissen sich auszubreiten beginnt, können wir das seelische Wesen in uns wahrnehmen, es tritt hervor und lenkt die Sadhana. Dann werden wir auch des Jivatman gewahr, des ungeteilten Selbstes oder des Spirits über der Manifestation, den die Seele hier vertritt.

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Das wahre innere Wesen, das wahre Mental, das wahre Vital, das wahre Physische vertreten, jedes auf seiner Ebene, das zentrale Wesen und gehorchen ihm, doch gehorcht ihm weder die Gesamtheit der menschlichen Natur, insbesondere die äußere, noch die normale mentale, vitale oder physische Persönlichkeit. Für die Ziele der Evolution ist das seelische Wesen das zentrale Wesen – es wächst und entwickelt sich. Doch es gibt ein zentrales Wesen darüber, welches vom Mental nicht wahrgenommen wird, das ungesehen über dem Dasein steht und durch das seelische Wesen in der manifestierten Natur vertreten wird. Dieses nennt man den Jivatman.

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Die Seele ist ein Funke des Göttlichen, doch glaube ich nicht, sie als einen Teil des Jivatman bezeichnen kann – beides ist das gleiche, das auf verschiedene Weise in Erscheinung tritt.

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Nun, dies zu erklären, ist ein wenig schwierig. Vielleicht ist es das beste, meine Antwort in eine Anzahl verschiedener Punkte aufzugliedern, sonst wird die ganze Sache zu kompliziert.

1. Es ist unmöglich, meine Auffassung oder Erfahrung des Jivatman mit dem reinen “Ich” des Advaita gleichzusetzen; du verstehst darunter – wie ich vermute – etwas, das jenes “Ich bin Er” ausdrückt und das mit Hilfe dieser Formel mit dem Brahman verschmilzt. Der Jivatman ist, wie auch der Ishvara gemäß dem Advaita der Mayavadins, einfach eine Erscheinungsform des Brahman in der Maya der Illusion. Es gibt keinen Ishvara, Herrn der Welt, denn es gibt keine Welt außer in der Maya; daher gibt es auch keinen Jivatman, es gibt nur den Paramatman, der illusorisch als individuelles Selbst vom niederen (an die Illusion gebundenen) Bewusstsein in der Maya wahrgenommen wird. Diejenigen andererseits, die sich mit dem Ishvara einen wollen, betrachten oder erfahren den Jiva entweder als getrenntes, vom Ishvara abhängiges Wesen oder als etwas, das essentiell eins mit ihm und dennoch verschieden von ihm ist; doch sowohl diese Verschiedenheit als auch das essentielle Einssein bestehen ewig; es gibt aber auch noch andere Vorstellungen vom Jivatman und seiner Beziehung zum Göttlichen oder Höchsten. Daher stellt sich dieses reine “Ich”, wenn es so genannt werden kann, verschieden dar, man könnte sagen, verschiedenen Menschen in verschiedenen Aspekten. Und wenn du nach dem Grund fragst, muss ich auf meine Antwort an X verweisen. Das Obermental stellt die Wahrheit der Dinge in allen möglichen Aspekten dar, und das Mental, sogar das spirituelle Mental klammert sich dann an den einen oder anderen als die Wahrheit schlechthin, als die eine wirkliche Wahrheit der Sache. Das Mental ist es, das diese Unterscheidungen trifft, doch ist dies ohne Belang, denn in der ihm eigentümlichen Art, die Seele oder das individualisierte Bewusstsein oder wie immer du es nennen willst zu erkennen und zu erfahren, geht das mentale Wesen den Weg, den zu gehen ihm bestimmt ist. Ich hoffe, dies ist als erster Schritt in dieser Sache soweit klar.

2. Ich streite die Tatsache ganz und gar nicht ab, dass man das Selbst, den Brahman oder Ishvara verwirklichen kann, ohne in die über dem Kopf befindlichen Bereiche einzutreten, in die dynamisch-spirituellen Ebenen, oder ohne sich fortwährend oberhalb des Körpers zu verankern, wie es in diesem Yoga geschieht. Selbst wenn sie [die Verwirklichung des Selbstes] durch das Sahasrara stattfindet – nun, das Sahasrara reicht bis zum spiritualisierten Mental und kann am Scheitelpunkt des Kopfes gefühlt werden, daher ist jeder Aufstieg darüber nicht unerlässlich. Doch abgesehen davon kann man sehr wohl, wie du sagst, den Atman verwirklichen, indem man von Herz und Mental zurücksteht, sich von der Prakriti ablöst, indem man aufhört, sich mit Mental, Leben und Körper zu identifizieren, und in ein inneres Schweigen eintritt. Es ist nicht einmal erforderlich, die Königreiche des inneren Mentals oder inneren Vitals zu erforschen, viel weniger noch ist es unumgänglich, seine Schwingen in die Bereiche darüber zu erheben. Das Selbst ist überall, und indem man in die volle Loslösung, in das volle Schweigen eintritt – oder sogar nur durch eines von beiden – kann man überall einen gewissen Einblick, eine gewisse Spiegelung erhalten, vielleicht sogar eine volle Spiegelung oder das Gefühl der Gegenwart des Selbstes oder des Eintauchens in etwas, das frei ist, weit und schweigend, ewig und unendlich. Und ganz offensichtlich, wenn es ein reines “Ich” ist – von welcher Art auch immer –, das die Erfahrung hat, muss es von dem verwirklichenden Bewusstsein als das individuelle Selbst des Wesens, Jivatman, angesehen werden.

3. Man kann sich aber auch als ein Denkender erfahren und nicht als Mental; als Selbst oder “Ich”, welches das Fühlen stützt, und nicht als Herz; als das, was das Leben trägt, und nicht als Leben; als das, was einen Körper annimmt, und nicht als Körper. Dieses Selbst kann offensichtlich sowohl dynamisch als auch schweigend sein; oder du kannst es auch so ausdrücken, dass, obwohl still und reglos, es aus seinem Schweigen die Dynamik der Natur erzeugt. Man kann es auch als den Spirit empfinden, eins in allem, oder als das wahre “Ich” in sich. Alles hängt von der Erfahrung ab. Sehr häufig ist es die Erfahrung des Purusha, der zuerst als schweigender Zeuge gefühlt wird, der die ganze menschliche Natur aufrechterhält; doch der Purusha kann auch als der Wissende und Ishvara erfahren werden. Manchmal kann man sein Selbst, seinen Spirit als oder durch den mentalen Purusha in dem einen oder anderen Zentrum erkennen, manchmal als oder durch den vitalen Purusha. Man kann auch das innerste, verborgene seelische Wesen allein als die wahre Individualität erkennen; oder man wird sich des seelischen Wesens als des reinen “Ich” bewusst und jener anderen im Mental oder Vital [der mentale oder vitale Purusha] als seiner Vertreter in diesen Bereichen oder auf diesen Ebenen. Der eigenen Erfahrung entsprechend kann man von jedem einzelnen als dem Jiva oder dem reinen “Ich” sprechen (letzteres ist eine sehr zweideutige Formulierung) oder als der wahren Person oder aber als der wahren Individualität, die sich mit dem universalen oder transzendentalen Sein eins weiß, oder als einem Teil von ihm oder ganz und gar von ihm abhängig, und die versucht, darin einzutauchen oder sich zu ihm zu erheben und es selbst zu sein oder mit ihm in Einheit zu leben. All diese Dinge sind durchaus möglich, ohne dass die Notwendigkeit einer Erfahrung der über dem Kopf liegenden Bereiche oder einer immerwährenden Permanenz dort besteht.

4. Man könnte die Frage stellen, warum dann der Jivatman, der auf diese Weise verwirklicht werden kann, nicht dieses reine “Ich‘‘ ist, das vom niederen Selbst erfahren und durch das es befreit wird; und weiterhin, welche Notwendigkeit überhaupt besteht, in die Bereiche über dem Kopf einzutreten? Nun, was das erstere anbelangt, so scheint dieses reine “Ich” als Vermittler der Befreiung nicht absolut notwendig zu sein, sei es nun in das unpersönliche Selbst oder den Brahman oder in etwas Ewiges. Die Buddhisten anerkennen keine Seele, kein Selbst oder irgendeine Erfahrung des reinen “Ich”; sie teilen das Bewusstsein in ein Bündel von saṃskāras auf ,lösen sich dann von diesen und werden so in etwas Bleibendes befreit, das zu beschreiben sie sich weigern, oder in eine Art Leere, śūnya. Die Erfahrung eines reinen “Ich” oder Jivatman ist daher nicht für jeden zwingend notwendig, der Befreiung in das Ewige erlangen will und sich damit zufrieden gibt, diese zu erlangen, ohne über das spiritualisierte Mental in ein höheres Licht darüber aufzusteigen. Ich selbst erfuhr nirvāṇa und das Schweigen in Brahman usw. lange bevor ich eine Kenntnis der spiritualisierten Ebenen über dem Kopf besaß; diese Erfahrung kam durch eine absolute Stille, gleichsam ein Auslöschen aller mentalen, emotionalen und anderen inneren Tätigkeiten. Der Körper hingegen fuhr fort zu sehen, zu gehen, zu sprechen und seine übrige Arbeit zu tun, doch nur als leere, automatische Maschine. Ich wurde mir eines reinen “Ich” nicht bewusst, nicht einmal eines Selbstes, ob nun unpersönlich oder sonstwie, es gab nur die Erfahrung von Jenem als der einzigen Wirklichkeit, alles übrige war ziemlich unsubstantiell, leer, nicht-wirklich. Was jene Wirklichkeit realisierte, war ein namenloses Bewusstsein, das von Jenem2 nicht verschieden war; soviel könnte man vielleicht darüber sagen, obwohl selbst das zuviel ist, da weder eine mentale Vorstellung bestand, noch sonst etwas. Ich nahm weder eine niedere Seele noch ein äußeres Selbst wahr, das mit diesem oder jenem persönlichen Namen benannt wurde und das dieses Kunststück bewerkstelligte, zum nirvāṇa-Bewusstsein zu gelangen. Nun, was also wird in all dem aus deinem reinen “Ich” und dem niederen “Ich”? Das Bewusstsein (nicht dieser oder jener Teil des Bewusstseins oder ein “Ich” irgendwelcher Art) leerte sich plötzlich von seinem gesamten Inhalt und nahm nur noch eine unwirkliche Umgebung und Etwas Wirkliches, doch Unbeschreibliches wahr. Du magst einwenden, es müsse das Bewusstsein eines wahrnehmenden Daseins gegeben haben, wenn nicht sogar eines reinen “Ich” – doch wenn es so war, dann erscheinen diese Ausdrücke dafür unangemessen.

5. Ich habe gesagt, dass das Sich-Erheben in die Bereiche über dem Kopf für gewöhnliche spirituelle Zwecke nicht unerlässlich sei, es ist jedoch unerlässlich für die Ziele dieses Yoga. Denn sein Ziel ist es, das Licht eines Wahrheits-Bewusstseins zu erkennen und das gesamte Wesen darin zu befreien, zu wandeln und zu einen; dieses Wahrheits-Bewusstsein befindet sich über uns und kann ohne eine völlige Wende nach innen und eine transzendierende, aufwärts gerichtet Bewegung nicht erreicht werden. Daher die ganze Kompliziertheit meiner psychologischen Ausführungen, die zwar im wesentlichen nicht neu sind – denn vieles findet man in den Upanishaden und anderswo –, die aber neu in der Fülle ihrer Gesamtdarlegung und Weiterführung sind und auf einen integralen Yoga abzielen. Für niemanden ist es notwendig, diese anzunehmen, außer er stimmt dem Ziel zu; für andere Ziele sind sie nicht notwendig und können sehr wohl als übertrieben gelten.

6. Doch hat man einmal die Forschungsreise nach innen angetreten, hat man einmal den inneren Aufstieg begonnen, ist einmal das Bewusstsein über einem zentriert, dann kann man nicht erwarten, dass die Dinge genauso aussehen wie zuvor. Der Jivatman ist für mich der Ungeborene, der über dem individuellen Wesen und seiner Entwicklung steht, der damit verbunden ist, doch von darüber, und der sich, der eigentlichen Natur seines Daseins entsprechend als universal und transzendent erkennt und ebenso als individuell, der das Göttliche als seinen Ursprung, als die Wahrheit seines Wesens empfindet, als den Herrn seiner Natur, den eigentlichen Stoff des Daseins. Er ist im Göttlichen eingetaucht und für immer eins mit dem Ewigen, er ist sich seines eigenen Ausdrucks, seiner instrumentalen Dynamik als derjenigen des Göttlichen bewusst, er ist vom Göttlichen in Liebe und Entzücken abhängig, voller Verehrung für Es, mit dem er durch eben jene Liebe und jenes Entzücken eins ist; er ist der Beziehung im Einssein fähig, er ist widerspruchslos im Einklang mit dieser Vielfalt, denn dies ist ein anderes Bewusstsein und Dasein als dasjenige des Mentals, selbst des spiritualisierten Mentals; es ist ein innerstes Bewusstsein des Unendlichen, unendlich nicht nur in seiner Essenz, sondern in seiner Möglichkeit; es kann sich in allen Dingen erkennen und ist dennoch für immer ein und dasselbe. Die dreifache Verwirklichung, für das Mental so schwierig, ist daher für das supramentale Bewusstsein oder – mehr allgemein – für das Bewusstsein der oberen Hemisphären ganz natürlich, einfach und fraglos. Sie kann als Wissen auf allen spirituellen Ebenen erkannt und gefühlt werden, doch das völlig unteilbare Wissen, seine volle Dynamik kann allein durch das supramentale Bewusstsein selbst auf der ihm eigenen Ebene oder durch sein Herabkommen in diese Schöpfung verwirklicht werden.

7. Die Beschreibung eines reinen “Ich” ist gänzlich ungenügend, wenn man die Verwirklichung des Jivatman beschreiben will; man muss ihn vielmehr als die wahre Person oder die Göttliche Individualität beschreiben, obwohl auch dies nicht angemessen ist. Das Wort “Ich” ist immer mit einem Unterton von Ego verbunden, von Getrenntsein; doch in dieser Selbstschau gibt es kein Getrenntsein, denn hier ist die Individualität ein spirituelles, lebendiges Zentrum des Wirkens für den Einen, sie fühlt kein Getrenntsein von all dem, das der Eine ist.

8. Der Jivatman wird durch eine Macht in der individuellen Natur hier verkörpert; diese Macht ist der Purusha, der die Prakriti aufrechterhält, zentral in der Seele und mehr instrumental im mentalen, vitalen und physischen Wesen und deren Natur. Man kann daher diese Purushas oder jeden einzelnen von ihnen als Jiva ansehen. Dennoch muss ich eine Unterscheidung machen, nicht allein des klaren Denkens wegen, sondern weil Erfahrung und integrale dynamische Selbsterkenntnis eine Notwendigkeit sind, ohne die es schwer ist, in diesem Yoga durchzuhalten. Es ist nicht unbedingt notwendig, sich all dies mental darzulegen, die Erfahrung genügt, und solange man ein klares inneres Wahrnehmungsvermögen besitzt, genügt es, vorwärtszuschreiten dem Ziel entgegen. Dennoch ist es für den Sadhak dieses Yoga leichter, wenn das Mental geläutert ist, ohne dass es dabei in mentale Starre oder in Irrtum verfällt. Plastizität muss vielmehr bewahrt werden, denn ohne Plastizität besteht die Gefahr eines systematischen, intellektuellen Formalismus. Man muss in die Sache selbst hineinblicken und sich nicht von einer Idee einengen lassen. Nichts von alledem kann wirklich verstanden werden, außer durch die tatsächliche spirituelle Erfahrung.

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Ich habe die Worte Jiva und Jivatman in diesem und allen anderen Abschnitten in genau dem gleichen Sinn gebraucht, es ist mir nie aufgefallen, dass da ein Unterschied bestehen könnte. Wäre dies meine Absicht gewesen, hätte ich, da die beiden Worte einander ähnlich sind, sehr deutlich unterschieden und sie nicht der Mutmaßung überlassen.

In dem betreffenden Abschnitt des Kapitels über die drei Zustände des Supramentals beschrieb ich, wie das Supramental, als eine Kraft der höchsten Selbst-Bestimmung des Göttlichen wirkend, dieses in drei Zuständen manifestiert; und ferner, welcher Art das Bewusstsein des Jivatman in einer supramentalen Schöpfung ist. Eine Behauptung, der Jivatman existiere allein auf der supramentalen Ebene, ist nicht gemacht worden; wäre dies der Fall, dann könnte der Mensch sein individuelles Selbst, seinen Spirit nicht erkennen, bevor er sich zur supramentalen Ebene erhebt; er könnte vorher zu keiner Erfahrung des Selbstes gelangen, wohl aber das Gefühl der Auflösung seines Egos in etwas Universalem haben. Tatsächlich aber kann er lange zuvor sein ungeborenes, sich nicht entwickelndes Selbst als Zentrum des Göttlichen Bewusstseins wahrnehmen; das Selbst, ob kosmisch oder individuell, wird lange vor dem Aufstieg zum Supramental erfahren. Wäre dies nicht so, dann wäre spirituelle Erfahrung von so hoher Art dem mentalen Menschen nicht zugänglich, seine Befreiung wäre unmöglich; er müsste zuerst ein supramentales Wesen werden. Was den Purusha anbelangt, so gibt es ihn auf allen Ebenen; es gibt einen mentalen Purusha, manomaya, der Leben und Körper lenkt, wie die Upanishad es ausdrückt; und es gibt einen vitalen und eine physischen Purusha; es gibt das seelische Wesen oder den Chaitya Purusha, der gleichsam alle anderen aufrechterhält und trägt. Man könnte sie auch als Projektionen des Jivatman bezeichnen, dazu bestimmt, die Prakriti auf den verschiedenen Ebenen des Wesens aufrechtzuerhalten. Auch die Upanishad spricht von einem supramentalen und seligen Purusha; würde nun diese supramentale und Selige Natur in der Erd-Evolution geformt werden, dann könnten wir erkennen, wie sie die Bewegungen hier stützt.

Was nun das seelische Wesen anbelangt, so tritt es in die Evolution ein, gelangt bei der Geburt in den Körper und verläßt ihn bei seinem Tod; doch der Jivatman, wie ich ihn verstehe, ist ungeboren und ewig, obwohl er die manifestierte Persönlichkeit von oben her aufrechterhält. Das seelische Wesen kann, wenn du so willst, als ein Jivatman beschrieben werden, der in die Geburt eintritt, doch wird diese Unterscheidung nicht gemacht, dann verzerrt sich das Bild des Atman, und es entsteht ein Durcheinander. Es ist eine notwendige Unterscheidung für metaphysisches Wissen und für etwas, das in spiritueller Erfahrung sehr wichtig ist. Das Wort Atman wird ähnlich wie Spirit im Englischen auf alle möglichen Arten gebraucht, doch sowohl für spirituelles als auch für philosophisches Wissen ist es notwendig, im Gebrauch der Ausdrücke klar und genau zu sein, um Verwechslungen von Gedanken und innerer Schau durch das Durcheinander der benutzten Worte zu vermeiden.

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Der Jiva wird als das individuelle Selbst, als Atman, verwirklicht, als das zentrale Wesen über der Natur, ruhig, von ihren Bewegungen unberührt, doch ihre Evolution aufrechterhaltend, obwohl er nicht in sie verstrickt ist. Durch diese Verwirklichung werden Stille, Freiheit und Weite, die Meisterung und Reinheit zur normalen Erfahrung sowie ein Gefühl der Universalität im Individuum als ein Zentrum der göttlichen Universalität. Die Seele wird als der Purusha hinter dem Herzen erkannt. Sie ist nicht universal wie der Jivatman, sondern stützt als individuelle Seele von ihrem Sitz hinter dem Herz-Zentrum die mentale, vitale, physische Evolution des Wesens in der Natur. Ihre Verwirklichung bringt bhakti, Selbstgeben, Hingabe und lenkt alle Regungen zu Gott; sie bringt die Unterscheidung sowie das Wählen von allem, was der Göttlichen Wahrheit, dem Guten, der Schönheit angehört, und die Zurückweisung von allem, was falsch und übel, hässlich und misstönend ist; sie bringt die Einung durch Liebe und Hinwendung zum ganzen Dasein, das Offensein für die Wahrheit des Selbstes und die Wahrheit des Göttlichen

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Im Bewusstsein des Atman zu leben, heißt in der Ruhe zu leben, im Einssein und in jenem Frieden, der über den Dingen und von der Welt getrennt ist, selbst wenn er diese durchdringt. Doch für das seelische Bewusstsein gibt es zwei Dinge, die Welt und sein eigenes Wirken in der Welt. Der Jivatman ist nicht in die Welt herabgekommen, er steht darüber, immer unverändert, die verschiedenen hier wirkenden Wesen, das mentale usw., aufrechterhaltend. Die Seele dagegen ist herabgekommen – ihre Aufgabe ist es, alle Dinge dem Göttlichen zur Umwandlung darzubieten.

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Das wahre Wesen kann in einem der zwei Aspekte oder in beiden verwirklicht werden – dem Selbst oder Atman und der Seele oder Antaratman, dem seelischen Wesen oder Chaitya Purusha. Der Unterschied besteht darin, dass das eine als universal gefühlt wird, das andere als individuell, Mental, Leben und Körper stützend. Verwirklicht man zuerst den Atman, dann empfindet man ihn als von allen Dingen verschieden, in sich selbst bestehend und losgelöst – für diese Verwirklichung mag das Bild der ausgetrockneten Kokosnuss zutreffen; verwirklicht man das seelische Wesen, dann ist es anders, denn dies bringt das Gefühl der Einung mit dem Göttlichen, der Abhängigkeit von Ihm und der ausschließlichen Weihung an das Göttliche allein; es bringt ferner die Macht, die menschliche Natur zu ändern und das wahre mentale, das wahre vitale und das wahre physische Wesen in sich zu entdecken. Beide Verwirklichungen sind in diesem Yoga notwendig.

Das “Ich” oder das kleine Ego wird von der Natur geformt und ist gleicherweise ein mentales, vitales und physisches Gebilde, dazu bestimmt, das nach außen gerichtete Bewusstsein und die nach außen gerichtete Tat zu zentralisieren und zu individualisieren. Sobald das wahre Wesen entdeckt wird, ist der Zweck des Egos erfüllt, und dieses Gebilde muss verschwinden – an seiner Stelle wird das wahre Wesen gefühlt.

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Der Spirit ist das Bewusstsein über dem Mental, der Atman oder das Selbst, das sich immer im Einssein mit dem Göttlichen befindet – ein spirituelles Bewusstsein ist jenes, das immer in der Einung mit dem Göttlichen oder zumindest immer in Kontakt mit ihm ist.

Die Seele ist ein Funke, der vom Göttlichen stammt und der sich in allen Dingen befindet, und in dem Maße, wie die Individualität sich entfaltet, wächst er in ihr und manifestiert sich als seelisches Wesen – als Seele, die immer das Göttliche, die Wahrheit sucht, und auf sie reagiert, wann immer sie dem Göttlichen und der Wahrheit begegnet.

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Der Spirit ist Atman. Brahman, das Essentielle Göttliche. Wenn das Eine Göttliche seine ihm ewig innewohnende Vielheit manifestiert, wird dieses essentielle Selbst, dieser Atman für die Manifestation das zentrale Wesen, das von oben die Evolution seiner Personalitäten und Erdenleben hier lenkt, das als solches jedoch ein ewiger Teil des Göttlichen ist und vor der Manifestation auf Erden bestand – parā prakṛtir jīvabhūtā.

In der niederen Schöpfung, aparā prakṛti, erscheint dieser ewige Teil des Göttlichen als Seele, ein Funke Göttlichen Feuers, der die individuelle Evolution, das mentale, vitale und physische Wesen stützt. Das seelische Wesen ist der Funke, der zu einem Feuer wird und sich mit dem wachsenden Bewusstsein entfaltet. Das seelische Wesen ist daher evolutionär und geht nicht wie der Jivatman der Evolution voraus.

Der Mensch aber ist sich des Selbstes oder Jivatman nicht bewusst, er kennt nur sein Ego oder sein mentales Wesen, die Leben und Körper beherrschen. Doch wenn er sich tiefer nach innen wendet, erkennt er seine Seele, das seelische Wesen als seinen eigentlichen Mittelpunkt, den Purusha im Herzen; die Seele ist das zentrale Wesen in der Evolution‘ sie geht aus dem Jivatman hervor, der ein ewiger Teil des Göttlichen ist, und verkörpert ihn hier. Ist einmal das volle Bewusstsein erreicht, dann werden Jivatman und seelisches Wesen eins.

Das Ego ist ein Gebilde der Natur; doch ist es kein Gebilde der stofflichen Natur allein und endet daher nicht mit dem Körper. Es gibt ebenfalls ein mentales und vitales Ego.

Die Grundlage des stofflichen Bewusstseins hier ist nicht allein die Unwissenheit, sondern auch die Unbewusstheit – das bedeutet, dass Bewusstsein in der Form der Materie und der Energie der Materie involviert ist. Nicht nur das stoffliche Bewusstsein, sondern ebenfalls das vitale und mentale sind durch die Unwissenheit von der Wahrheit getrennt.

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Meist wirkt der Höchste durch den Jiva und seine menschliche Natur; der Jiva und die Natur wirken durch das Ego, und das Ego wirkt durch die äußeren Instrumente – das ist das Spiel der Unwissenheit.

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Es besteht kein Unterschied zwischen Jiva und Jivatman in dieser Sprache, daher kann eine Unterscheidung nicht getroffen werden. Die Apara Prakriti ist die Natur, die diese Vielheit von Mental, Leben und Körper manifestiert. Para Prakriti ist die eigentliche Natur des Göttlichen – eine höchste Bewusstseins-Kraft, die das mannigfache Göttliche als die Vielen manifestiert.

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Der Körper ist nicht das individuelle Selbst – er ist die Grundlage der äußeren Persönlichkeit oder des physischen Selbstes, wenn du es so ausdrücken willst; doch dies ist nicht das individuelle Selbst. Das individuelle Selbst ist das zentrale Wesen (Jivatman), das sich in der niederen Natur als seelisches Wesen manifestiert – es ist ein unmittelbarer Teil des Göttlichen.

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Der Jivatman befindet sich über allen Ebenen. Er hat keine bestimmte Gestalt oder Farbe; er kann sich jedoch in einer Gestalt darstellen.

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a) Er [jeder Jivatman] ist gleich und dennoch verschieden von anderen Jivatmans. Die Gita gebraucht die Formulierung, der Jiva sei ein aṃśaḥ sanātanaḥ, ein ewiger Teil des Einen. Man könnte ihn ebenfalls als eines der vielen Zentren des Universalen Seins und Bewusstseins bezeichnen.

b) Im wesentlichen hat jeder einzelne Jiva die gleiche Natur wie alle anderen, doch in der Manifestation folgt jeder der ihm eigenen Linie seines svabhāva.

c) Nein, Kutastha ist der akṣara puruṣa – es ist nicht der Jivatman.

d) Der Jivatman befindet sich immer auf der spirituellen Ebene über der Mental-Ebene. Er ist dort jedoch nicht auf eine bestimmte Ebene festgelegt.

e) Nein. [Ein seelisches Wesen kann sich mit einem anderen nicht einen]. Affinität, Gleichklang, Sympathie, doch keine Einung. Die Einung findet mit dem Göttlichen statt.

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Der Jivatman, der Seelen-Funke und das seelische Wesen sind drei verschiedene Formen der gleichen Wirklichkeit und dürfen nicht miteinander verwechselt werden, da dies die Klarheit der inneren Erfahrung trüben würde.

Der Jivatman oder Spirit besteht selbständig über dem manifestierten oder dem instrumentalen Wesen – er steht über Geburt und Tod und ist immer der gleiche, er ist das individuelle Selbst, der Atman, das ewig wahre Wesen des einzelnen.

Die Seele ist ein Funke des Göttlichen im Herzen der lebenden Geschöpfe der Natur. Sie befindet sich nicht über dem manifestierten Wesen, sondern tritt in die Manifestation des Selbstes ein, sie nimmt an seinem natürlichen, äußeren Werden teil und stützt seine Evolution in der Welt der stofflichen Natur. Zu Beginn bringt sie eine ungeformte Macht göttlichen Bewusstseins mit und mit dieser alle Möglichkeiten, die bislang noch nicht geformt wurden und denen Form zu geben Aufgabe der Evolution ist. Dieser Göttliche Funke besteht in allen lebenden Wesen der Erde, von ihren höchsten bis zu ihren niedersten Geschöpfen.

Das seelische Wesen ist eine spirituelle Persönlichkeit, die von der Seele in ihrer Evolution hervorgebracht wird; seine Entwicklungsphase bezeichnet dasjenige Stadium, das die spirituelle Evolution des Individuums erreicht hat mit seinen unmittelbaren Möglichkeiten für die Zukunft. Es steht hinter der mentalen, vitalen und physischen Natur, es wächst durch deren Erfahrungen und trägt das Bewusstsein von Leben zu Leben. Es ist die seelische Person, caitya puruṣa. Zu Beginn ist es durch die mentalen, vitalen und physischen Teile verhüllt, in seinem Ausdruck durch deren Begrenzungen eingeschränkt und an die Reaktionen der Natur gebunden; doch in dem Maße, wie es wächst, wird es fähig hervorzutreten und Mental, Leben und Körper zu beherrschen. Von diesen ist es, um sich Ausdruck zu verleihen, im gewöhnlichen Menschen noch abhängig und ist nicht fähig, sie zu ergreifen und frei zu gebrauchen. Das Leben des [Menschen-] Wesens ist tierisch und menschlich, nicht göttlich. Sobald jedoch das seelische Wesen mit Hilfe der Sadhana das Übergewicht gewinnen und seine Instrumente frei gebrauchen kann, wird das Streben nach dem Göttlichen vorherrschend und die Umwandlung von Mental, Vital und Körper – nicht nur ihre Befreiung – möglich.

Da das Selbst oder der Atman frei ist und über Geburt und Tod steht, genügt die Erfahrung des Jivatman und seines Einsseins mit dem höchsten oder universalen Selbst, um das Gefühl der Befreiung hervorzurufen; doch für die Umwandlung des Daseins und der Natur ist ebenso das volle Gewahrsein und Erwachen unseres seelischen Wesens unerlässlich.

Das seelische Wesen erkennt in diesem Stadium sein Einssein mit dem wahren Wesen, dem Selbst, doch löst es sich weder darin auf, noch wandelt es sich darin um; es bleibt als dessen Instrument für den seelischen und spirituellen Ausdruck bestehen, eine göttliche Manifestation in der Natur.

Der bindu, den du über dir sahst, mag als eine symbolische Art gelten, den Jivatman zu sehen – das individuelle Selbst als einen Tropfen im Ozean, als individuellen Teil des universalen Göttlichen; das Streben auf jener Ebene wäre natürlich auf das Sich-Öffnen des höheren Bewusstseins gerichtet, damit das Wesen dort und nicht in der Unwissenheit weile. Der Jivatman ist in Wirklichkeit bereits eins mit dem Göttlichen, doch besteht vielleicht sein spirituelles Anliegen darin, dass das übrige Bewusstsein dies ebenfalls verwirklicht.

Das Streben des seelischen Wesens hingegen würde sich in einem Sich-Öffnen der gesamten niederen Natur, dem Mental, Vital und Körper, zum Göttlichen hin ausdrücken, in einem Streben nach Liebe und Einung mit dem Göttlichen, nach seiner Gegenwart und Macht im Herzen, nach der Umwandlung von Mental, Leben und Körper durch das Herabkommen des höheren Bewusstseins in dieses instrumentale Wesen, diese instrumentale Natur.

Für die Fülle dieses Yoga sind beide Arten der Aspiration notwendig, die Forderung des Selbstes an die menschliche Natur von oben und das seelische Streben der menschlichen Natur von unten. Sobald die Seele ihr Streben dem Mental, Vital und Körper auferlegt, werden auch diese mit Aspiration erfüllt, und dies ist es, was du als das Streben auf der Ebene des niederen Wesens fühlst. Die Aspiration, die darüber empfunden wird, ist die des Jivatman nach dem höheren Bewusstsein mit seiner Verwirklichung des Einen, sich im ganzen Wesen zu manifestieren. Beide Arten der Aspiration sind notwendig und bedürfen einander. Doch das Suchen des niederen Wesens wird zu Beginn immer wieder unterbrochen und durch die Dunkelheit und Begrenzungen des gewöhnlichen Bewusstseins unterdrückt. Es muss sich in der Sadhana läutern, es muss beständig, stark und ausdauernd werden, erst dann vermag es die Verwirklichung zu erzwingen und sie unumgänglich zu machen.

Deine Empfindung von Frieden, Reinheit und Ruhe wird durch eine Einung oder einen intensiven Kontakt des niederen mit dem höheren Bewusstsein herbeigeführt. Sie kann zu Beginn nicht beständig sein, erst durch das immer häufigere Andauern der Ruhe und des Friedens wird sie es werden, und am Ende durch das volle Herabkommen des höheren Bewusstseins in die niedere Natur mit seinem ewigen Frieden, seiner ewigen Ruhe und seinem ewigen Schweigen.

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Der3 Jivatman, der Seelen-Funke und das seelische Wesen sind drei verschiedene Formen der gleichen Wirklichkeit und dürfen nicht miteinander verwechselt werden, da dies die Klarheit der inneren Erfahrung trüben würde.

Der Jivatman oder der Spirit, wie er gewöhnlich im Englischen genannt wird, besteht selbständig über dem manifestierten oder instrumentalen Wesen – er steht über Geburt und Tod und ist immer derselbe, das individuelle Selbst oder der Atman. Er ist das ewig wahre Wesen des Individuums.

Die Seele ist ein Funke des Göttlichen und befindet sich nicht über dem manifestierten Wesen, sondern kommt in die Schöpfung herab, um deren Evolution in der stofflichen Welt zu stützen. Zu Beginn ist sie eine ungeformte Macht des Göttlichen Bewusstseins, die alle Möglichkeiten enthält, die bislang noch nicht geformt wurden, denen eine Form zu geben jedoch Aufgabe der Evolution ist. Dieser Funke besteht in allen lebenden Wesen der Ende, vom niedersten bis zum höchsten.

Das seelische Wesen wird in seiner Evolution von der Seele geformt. Es stützt Mental, Vital, Körper, es wächst durch deren Erfahrungen und trägt die Natur von Leben zu Leben. Es ist der seelische oder der caitya puruṣa. Zu Beginn ist es von Mental. Vital und Körper verhüllt, doch in dem Maße seines Wachsens wird es fähig hervorzutreten und Mental, Leben und Körper zu beherrschen; von diesen ist es, um sich Ausdruck zu verleihen, im gewöhnlichen Menschen abhängig, es ist nicht fähig, sie zu ergreifen und frei zu gebrauchen. Das Leben des [Menschen-] Wesens ist tierisch oder menschlich, doch nicht göttlich. Wenn jedoch das seelische Wesen durch die Sadhana das Übergewicht gewinnen und seine Instrumente frei gebrauchen kann, wird der Impuls zum Göttlichen vorherrschend und die Umwandlung von Mental, Vital und Körper – und nicht nur ihre Befreiung – möglich.

Das Selbst oder der Atman ist frei und steht über Geburt und Tod; die Erfahrung des Jivatman und seines Einsseins mit dem höchsten oder universalen Selbst ruft das Gefühl der Befreiung hervor, und dies ist es, was für die höchste spirituelle Erlösung notwendig ist. Doch für die Umwandlung des Daseins und der menschlichen Natur ist das Erwachen des seelischen Wesens und seine Herrschaft über die Natur unerlässlich.

Das seelische Wesen erkennt sein Einssein mit dem wahren Wesen. dem Jivatman, doch es wandelt sich nicht in diesem um.

Der bindu, den du über dir sahst, kann eine symbolische Art sein, den Jivatman, der ein Teil des Göttlichen ist, zu sehen; das Streben dort (auf dieser Ebene) wäre natürlich auf das Sich-Öffnen des höheren Bewusstseins gerichtet, damit das Wesen dort und nicht in der Unwissenheit weilt. Der Jivatman ist in Wirklichkeit bereits eins mit dem Göttlichen, doch ist es notwendig, dass das übrige Bewusstsein dies verwirklicht.

Das Streben des seelischen Wesens ist auf ein Sich-Öffnen der gesamten niederen Natur – von Mental, Vital und Körper – zum Göttlichen hin gerichtet, auf die Liebe zum Göttlichen und die Einung mit ihm, auf seine Gegenwart und Macht im Herzen, auf die Umwandlung von Mental, Leben und Körper durch das Herabkommen des höheren Bewusstseins in dieses instrumentale Wesen, diese instrumentale Natur.

Für die Fülle dieses Yoga sind beide Arten der Aspiration notwendig und unerlässlich. Sobald die Seele ihr Streben dem Mental, Vital und Körper auferlegt, werden auch diese mit Aspiration erfüllt, und dies wird dann als Aspiration auf der Ebene des niederen Wesens gefühlt. Das Streben, das darüber empfunden wird, ist das des Jivatman nach dem höheren Bewusstsein mit seiner Verwirklichung des Einen, sich im Wesen zu manifestieren. Beide Arten der Aspiration stützen sich daher gegenseitig. Das Suchen des niederen Wesens wird notwendigerweise zu Beginn immer wieder unterbrochen und vom gewöhnlichen Bewusstsein unterdrückt. Es muss durch die Sadhana geläutert und beständig, stark und ausdauernd werden.

Das Gefühl des Friedens, der Reinheit und Ruhe wird durch die Einung des niedrigeren mit dem höheren Bewusstsein erreicht. Dieses Gefühl ist meist nicht andauernd oder bleibt in einer tieferen Bewusstseinsschicht, die häufig an der Oberfläche durch Stürme und Gemütserregungen verhüllt wird. Es ist zu Beginn selten beständig; doch kann es beständig werden, wenn Ruhe und Frieden immer häufiger verweilen, und schließlich durch das volle Herabkommen des höheren Bewusstseins in die niedere Natur mit seinem ewigen Frieden, seiner ewigen Ruhe, seinem ewigen Schweigen.

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In der Erfahrung des Yoga ist das Selbst oder Wesen essentiell eins mit dem Göttlichen oder zumindest ein Teil des Göttlichen und im Besitz aller göttlichen Möglichkeiten. Doch in der Manifestation nimmt es zwei Aspekte an, den des Purusha und den der Prakriti, das bewusste Wesen und die Natur. Hier in der Natur ist das Göttliche verhüllt und das individuelle Wesen der Natur unterworfen, die als die niedere Prakriti wirkt, als eine Kraft der Unwissenheit, Avidya. Der Purusha als solcher ist göttlich, doch in seiner äußeren Gestalt in der Unwissenheit der Natur ist er die scheinbare Individualität, unvollkommen durch ihre Unvollkommenheit. Daher birgt die Seele oder seelische Essenz – die der Purusha ist, der in die Evolution eintritt und diese stützt – in sich alle göttlichen Möglichkeiten; doch das individuelle seelische Wesen, das die Seele vertritt, nimmt die Unvollkommenheit der Natur an und entfaltet sich in ihr, bis es seine volle seelische Essenz wiedergefunden und sich mit dem Selbst darüber, dessen individuelle Projektion in der Evolution es ist, geeint hat. Diese Dualität im Wesen auf all seinen Ebenen – denn dies trifft auf andere Art und Weise nicht nur für das Selbst und die Seele zu, sondern auch für den mentalen, vitalen und physischen Purusha – muss erkannt und angenommen werden, bevor die Erfahrungen des Yoga voll verstanden werden können.

Das Wesen ist durch und durch eins, doch auf jeder Ebene der Natur wird es durch eine Form seiner selbst vertreten, welche jener Ebene entspricht, durch den mentalen Purusha auf der mentalen Ebene, durch den vitalen Purusha auf der vitalen Ebene, durch den physischen Purusha auf der physischen Ebene. Die Taittiriya-Upanishad spricht von zwei weiteren Ebenen des Wesens, der Ebene des Wissens oder der Wahrheit und der Ananda-Ebene, jede mit ihrem Purusha; diese sind jedoch, obwohl Einflüsse von ihnen herabkommen können, für das menschliche Mental überbewusst, und ihre Natur ist bislang hier noch nicht geformt.

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Das individuelle Selbst wird meist als Teil des Transzendenten und des kosmischen Selbstes beschrieben; in den höheren und feineren Bereichen des Bewusstseins erkennt es sich als solches, doch auf den niederen Ebenen, auf denen das Bewusstsein sich mehr und mehr verhüllt, identifiziert es sich mit den Oberflächenformen der Persönlichkeit, den Gebilden der Prakriti, und nimmt seinen göttlichen Ursprung nicht mehr wahr. Das Selbst, sobald man seiner gewahr wird, wird als etwas selbständig Bestehendes und Ewiges erkannt, das sich mit den Formen der mentalen, vitalen und physischen Personalität nicht identifiziert, denn diese sind nichts anderes als geringe Ausdrucksformen seiner Möglichkeiten in der Natur. Was der Mensch als sein Selbst bezeichnet, ist nur sein Ego oder sein Mental, die Lebenskraft, sein Körper; der Grund hierfür ist, dass er allein die Gestaltungen der Prakriti wahrnimmt und nicht sieht, was dahinter steht.

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Sowohl das zentrale Wesen als auch die Seele sind auf verschiedene Weise Teile des Göttlichen. Tatsächlich sind sie zwei Aspekte der gleichen Wesenheit, doch befindet sich der eine, ohne sich zu entwickeln, über der Natur, der andere entwickelt ein seelisches Wesen in der Natur.

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Es ist das individuelle Wesen, das ein Teil des Göttlichen ist. Das universale Selbst oder der Atman, der in allen gleich ist, ist kein Teil, sondern ein Aspekt des Göttlichen.

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Das Selbst ist das Göttliche als solches in einem essentiellen Aspekt; es ist kein Teil von ihm. Die Formulierung “nicht einmal ein Teil” oder “nur ein Aspekt” hat keine Bedeutung. Ein Aspekt ist nichts Geringeres als ein Teil.

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Weißt du, was “essentiell” bedeutet? Es besteht ein Unterschied zwischen der Essenz einer Sache, die immer die gleiche ist, und ihren Gestaltungen und Entwicklungen, die verschieden sind. Es gibt zum Beispiel die Essenz des Goldes, und es gibt viele verschiedene Formen, die das Gold annehmen kann.

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Eine Essenz kann nicht definiert werden – sie ist einfach.

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Das Göttliche ist mehr als der Atman. Es ist ebenfalls die Natur. Es enthält alles in Sich.

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Um die dynamische Verwirklichung zu erlangen, reicht es nicht aus, den Purusha von der Unterwerfung an die Prakriti zu befreien; man muss die Ergebenheit des Purusha gegenüber der niederen Prakriti mit ihrem Spiel unwissender Kräfte auf die Höchste Göttliche Shakti übertragen, auf die Mutter.

Es ist ein Fehler, die Mutter mit der niederen Prakriti und ihrem Mechanismus der Kräfte zu identifizieren. Die Prakriti hier ist lediglich ein Mechanismus, der für das Wirken der evolutionären Unwissenheit in Gang gesetzt wurde. Genauso wie das unwissende mentale, vitale oder physische Wesen nicht das Göttliche ist, obwohl es vom Göttlichen stammt, so ist auch der Mechanismus der Prakriti nicht die Göttliche Mutter. Kein Zweifel, etwas von ihr ist in diesem Mechanismus enthalten und steht dahinter, um ihn für das evolutionäre Ziel aufrechtzuerhalten; doch in sich ist sie nicht eine Shakti der Unwissenheit, Avidya, sondern das Göttliche Bewusstsein, die Macht, das Licht, Para Prakriti, an die wir uns um Befreiung und die göttliche Erfüllung wenden.

Die Verwirklichung des Purusha-Bewusstseins, ruhig, frei, das Spiel der Kräfte beobachtend, doch ihm weder verhaftet noch darin verstrickt, ist ein Weg der Befreiung. Die Ruhe, die Loslösung, eine friedvolle Starke und Freude (ātmarati) müssen in das Vital und Physische herabgebracht werden und ebenso in das Mental. Ist dies gefestigt, dann ist man nicht länger eine Beute für die Stürme vitaler Kräfte. Doch diese Ruhe, dieser Friede, die verhaltene Stärke und Freude sind nichts als ein erstes Herabkommen der Macht der Mutter in das menschliche System; den ādhāra. Dahinter steht ein Wissen, eine ausführende Macht, ein dynamischer Ananda, die nicht von der gewöhnlichen Prakriti, auch nicht von ihrer besten und lichtvollsten Seite stammen, sondern die ihrem Wesen nach Göttlich sind.

Zuerst jedoch bedarf man der Ruhe, des Friedens, der Befreiung. Zu versuchen, die dynamische Seite zu früh herabzubringen, ist nicht ratsam, denn dies würde ein Herabkommen in eine unruhige und ungeläuterte Natur sein, die unfähig wäre, dies zu verarbeiten, was ernste Störungen zur Folge haben könnte.

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Was ich mit Prakriti oder Natur meine, ist die äußere oder ausführende Seite der Shakti oder Bewusstseins-Kraft, welche die Welten bewegt. Diese äußere Seite scheint mechanisch zu sein, ein Spiel der Kräfte, guṇas usw. Dahinter steht das lebendige Bewusstsein und die Kraft des Göttlichen, die göttliche Shakti. Die Prakriti als solche ist in eine niedere und höhere geteilt, die niedere ist die Prakriti der Unwissenheit, die Prakriti des Mentals, Lebens und der Materie, in ihrem Bewusstsein vom Göttlichen getrennt; die höhere ist die Göttliche Prakriti des Sachchidananda mit ihrer manifestierenden Kraft des Supramentals, immer des Göttlichen bewusst und frei von der Unwissenheit und ihren Folgen. Der Mensch, solange er sich in der Unwissenheit befindet, ist der niederen Prakriti unterworfen doch mit Hilfe der spirituellen Evolution wird er sich der höheren Natur bewusst und versucht, mit ihr in Berührung zu kommen. Er kann in sie aufsteigen, und sie kann in ihn herabkommen – und ein derartiges Aufsteigen und Herabkommen vermag die niedere Natur von Mental, Leben und Materie umzuwandeln.

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V. Die Seele und das seelische Wesen

Die4 Seele kann nicht als derjenige Teil bezeichnet werden, der sich in direkter Berührung mit der supramentalen Ebene befindet –, doch ist einmal die Verbindung mit dem Supramental hergestellt, dann ist sie es, die am unmittelbarsten darauf reagiert. Unser seelischer Wesensteil stammt direkt vom Göttlichen und steht in Kontakt mit dem Göttlichen. Seinem Ursprung nach ist er ein Zentrum voller göttlicher Möglichkeiten, das diese niedere dreifache Manifestation von Mental, Leben und Körper trägt. Es gibt dieses göttliche Element in allen lebenden Wesen, doch ist es hinter dem gewöhnlichen Bewusstsein verborgen, ist zunächst nicht entwickelt, und selbst wenn es entwickelt ist, tritt es nicht immer hervor; es verleiht sich in dem Maße Ausdruck, wie es die Unvollkommenheit seiner Instrumente erlaubt, und ist an deren Mittel und Begrenzungen gebunden. Es wächst an Bewusstsein durch die auf Gott gerichtete Erfahrung und gewinnt jedes mal Kraft, wenn eine höhere Regung in uns ist; schließlich wird durch die Anhäufung dieser tieferen und höheren Regungen eine seelische Individualität entwickelt – das, was wir meist das seelische Wesen nennen. Das seelische Wesen ist immer die wahre, doch oft verborgene Ursache dafür, dass sich ein Mensch dem spirituellen Leben zuwendet, und ist für diesen Schritt seine größte Hilfe. Aus diesem Grund müssen wir es im Yoga aus dem Hintergrund hervortreten lassen.

Das Wort “Seele” und “seelisch” wird in der englischen Sprache sehr unbestimmt und mit ganz unterschiedlicher Bedeutung gebraucht. Sehr häufig wird in der gewöhnlichen Umgangssprache kein deutlicher Unterschied zwischen Mental und Seele gemacht, und ein noch ernster zu nehmendes Durcheinander entsteht dadurch, dass mit dem Wort “Seele” das vitale Begierdenwesen – die falsche Seele oder Begierdenseele – bezeichnet wird und nicht die wahre Seele, das seelische Wesen. Das seelische Wesen ist vom Mental oder Vital völlig verschieden; es steht hinter ihnen, dort wo diese sich im Herzen treffen. Dies ist sein zentraler Ort, doch eher hinter dem Herzen als im Herzen; denn was die Menschen gewöhnlich das Herz nennen, ist der Sitz des Gefühls, und menschliche Gefühle sind mental-vitale Impulse und im allgemeinen nicht von seelischer Natur. Diese meist verborgene Macht im Hintergrund ist von Mental und Lebenskraft verschieden, sie ist die wahre Seele, das seelische Wesen in uns. Die Macht der Seele besteht darin, auf Mental, Vital und Körper einzuwirken, sie vermag das Denken, die Wahrnehmung, das Gefühl (welches dann ein seelisches Gefühl wird) sowie die Empfindung und Tat und alles übrige in uns zu läutern und sie auf diese Weise darauf vorbereiten, zu göttlichen Regungen zu werden.

Das seelische Wesen würde in der indischen Sprache als der Purusha im Herzen bezeichnet werden, als Chaitya Purusha5: doch mit Herz ist das innere oder geheime Herz gemeint, hṛdaye guhāyām, und nicht das äußere, vital-emotionale Zentrum. In dem Abschnitt im “Arya” ,auf den du dich beziehst, ist die Rede von der wahren seelischen Wesenheit, der Seele (die sich vom vitalen Begierden-Mental unterscheidet).

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Vom seelischen Wesen wurde in den alten (philosophischen) Systemen als dem Purusha im Herzen gesprochen (dem geheimen Herzen – hṛdaye guhāyām), was voll mit dem übereinstimmt, was wir als das seelischen Wesen hinter dem Herz-Zentrum bezeichnen. Es verläßt den Körper beim Tod und besteht fort – dies stimmt wiederum mit unserer Auffassung überein, dass es das seelische Wesen ist, das hinausgeht und zurückkehrt und ein neues mit einem früheren Leben verbindet. Wir sagen, dass die Seele der göttliche Teil in uns ist – und auch dort wird der Purusha im Herzen als der Ishvara der individuellen Natur beschrieben.

Das Wort “Seele” wird im Englischen auf sehr unbestimmte Art gebraucht – häufig bezieht es sich auf das ganze nicht-physische Bewusstsein und schließt sogar das Vital mit all seinen Begierden und Leidenschaften ein. Daher musste der Ausdruck “seelisches Wesen” geprägt werden, um diesen göttlichen Teil von den instrumentalen Teilen der menschlichen Natur zu unterscheiden.

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X vermutet anscheinend, dass ich mit seelischem Wesen das erleuchtete Ego meine. Die Menschen verstehen deshalb nicht, was ich mit dem Ausdruck “seelisches Wesen” meine, da das Wort “Seele” im Englischen für alles gebraucht wird, was sich auf das innere Mental, das innere Vital oder das innere Physische bezieht oder auch auf alles Anormale oder Okkulte, sogar auf die feineren Regungen des äußeren Wesens – alles in kunterbuntem Durcheinander; selbst okkulte Phänomene werden häufig als psychisch bezeichnet. Eine Unterscheidung dieser verschiedenen Teile des Wesens ist unbekannt. Selbst in Indien ist das alte Wissen der Upanishaden, das diese Unterscheidung kannte, verlorengegangen. Der Jivatman, das seelische Wesen (Purusha Antaratman), der Manomaya Purusha, der Pranamaya Purusha – alles wird in einen Topf geworfen.

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Ich weiß nicht, was mit diesem Ausdruck genau gemeint sein soll – er ist für eine Beschreibung der Seele zu unbestimmt und begrenzt. Antahkarana bedeutet meist Mental und Vital, im Gegensatz zum Körper, da der Körper das äußere Instrument und manaḥ-prāṇa das innere Instrument der Seele ist. Mit Seele meine ich etwas, das sich von einem geläuterten Mental und Vital unterscheidet. Ein geläutertes Mental, ein geläutertes Vital gehen aus dem Wirken eines erwachten und befreiten seelischen Wesens hervor, sie sind jedoch nicht die Seele selbst.

Nochmals, es hängt davon ab, was mit ahaṃbhāva, dem “Ich”-Zustand gemeint ist. Doch die Seele ist kein Seinszustand, bhāva. Sie ist ein Purusha. Ahambhava ist ein Gebilde der Prakriti, es ist kein Wesen oder Purusha. Ahambhava kann sich auflösen, der Purusha aber bleibt.

Unter einem befreiten seelischen Wesen verstehe ich, dass dieses nicht länger gezwungen ist, sich unter den Bedingungen seiner dunklen und unwissenden Instrumente auszudrücken – wie hinter einem Schleier –, sondern dass es hervorzutreten vermag, um das Wirken von Mental, Leben und Körper zu kontrollieren und zu verändern.

Manchmal spricht man von einem geläuterten und vollkommenen seelischen Wesen; damit ist vermutlich das seelische Wirken im Mental, Vital und in den physischen Instrumenten gemeint. Ein geläutertes inneres Wesen ist nicht gleichbedeutend mit einer geläuterten Seele, sondern es ist ein geläutertes inneres Mental, Vital, ein geläuterter Körper. Die Ausdrücke, die ich für die Seele benutzte, waren “erwacht” und “befreit”.

“Spirituelle Individualität” ist eine ziemlich unbestimmte Formulierung und kann auf verschiedene Weise gedeutet werden. Über das seelische Wesen schrieb ich, dass die Seele ein Funke Göttlichen Feuers sei, der die individuelle Evolution auf Erden stütze; das seelische Wesen ist das sich entfaltende Seelen-Bewusstsein oder besser noch seine Manifestation von einem Leben zum anderen, mit Mental, Vital und Körper als seinen Instrumenten, bis sie alle für die Einung mit dem Göttlichen bereit sind, ich glaube nicht, dass ich dem noch etwas hinzufügen kann.

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Der Purusha in der Prakriti wird der Kshara Purusha genannt – wenn er sich von ihr loslöst, ist es der Akshara Purusha.

Ego-Sinn und Purusha sind zwei ganz verschiedene Dinge – der Ego-Sinn ist ein Mechanismus der Prakriti, der Purusha dagegen ist das bewusste Wesen.

Das seelische Wesen entfaltet sich, es ist daher nicht unveränderlich.

Das seelische Wesen ist hauptsächlich die Seele der Individualität, die in der Manifestation die individuelle Prakriti entfaltet und an der Evolution teilnimmt. Es ist jener Funke Göttlichen Feuers, der hinter Mental, Vital und dem Physischen als seelisches Wesen wächst, bis es fähig ist, die Prakriti der Unwissenheit in eine Prakriti des Wissens umzuwandeln. Diese Dinge findest du nicht in der Gita, doch kann ich mein Wissen nicht auf das in der Gita Dargelegte beschränken.

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Nein, das intuitive Selbst oder, besser gesagt, das intuitive Bewusstsein, das sich irgendwo oberhalb des Mentals befindet, ist etwas ganz anderes. Die Seele steht hinter dem Wesen. Ihre deutlichsten Merkmale sind eine einfache und aufrichtige Hingabe an das Göttliche, das unmittelbare und augenblickliche Gefühl dessen, was recht ist, was zur Wahrheit und zum Göttlichen führt, und das instinktive Zurückweichen vor allem Gegenteiligen.

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Zwischen der Seele in ihrer Essenz und dem seelischen Wesen muss unterschieden werden. Hinter allem und jedem steht die Seele, der Funke des Göttlichen – keiner könnte ohne sie bestehen. Es ist jedoch durchaus möglich, ein vitales und physisches Wesen zu besitzen, die durch eine derartige Seelen-Essenz aufrechterhalten werden, doch ohne ein deutlich entwickeltes seelisches Wesen dahinter.

Ganz richtig. es gibt ein inneres Wesen, das aus dem inneren Mental, dem inneren Vital, dem inneren Physischen besteht – doch ist dies nicht das seelische Wesen. Die Seele ist das innerste Wesen von allen und von jenen ganz verschieden. Im Englischen wird das Wort Seele tatsächlich für alles angewendet, das etwas anderes oder Tieferes ist als das äußere Mental und Leben und der äußere Körper oder auf etwas Okkultes oder Überphysisches hinweist; doch diese Anwendung bringt Verwirrung und Fehler mit sich, und wir müssen sie nahezu gänzlich fallenlassen.

Das seelische Wesen ist durch Oberflächenregungen verhüllt und drückt sich, so gut es dies vermag, durch seine drei äußeren Instrumente aus, die aber eher durch von außen wirkende Kräfte als durch das innere Wesen oder die seelische Wesenheit gelenkt werden. Doch dies bedeutet nicht, dass sie von der Seele völlig abgeschnitten sind. Die Seele befindet sich ebenso im Körper wie das Mental oder Vital – doch ist der Körper nicht nur dieser grobstoffliche Leib, sondern auch der feinstoffliche. Wenn der grobstoffliche Körper abfällt, dann bleiben die vitalen und mentalen Hüllen des Körpers als Gefäß der Seele übrig, bis auch diese sich auflösen.

Die Seele einer Pflanze oder eines Tieres schlummert nicht – ihre Ausdrucksmittel sind lediglich weniger entwickelt als die eines menschlichen Wesens. Es gibt viel Seelisches in der Pflanze, viel Seelisches im Tier. Die Pflanze hat nur die vital-physischen Elemente in ihrer Form entfaltet; das Bewusstsein hinter dieser Form der Pflanze besitzt keine entwickelte oder geordnete Mentalität, die fähig wäre, sich auszudrücken; das Tier hingegen geht einen Schritt weiter; es hat ein vitales Mental und ein gewisses Maß des Selbstausdrucks, doch sein Bewusstsein ist begrenzt, seine Mentalität ist begrenzt, seine Erfahrungen sind begrenzt; auch bringt die seelische Essenz, um sich auszudrücken, ein weniger entwickeltes Bewusstsein und eine weniger entwickelte Erfahrung hervor als diejenige, welche im Menschen möglich ist. Und dennoch haben Tiere eine Seele und können bereitwillig auf die Seele im Menschen ansprechen.

Der “Geist” [ghost] eines Menschen ist natürlich nicht seine Seele. Er ist entweder der Mensch, der in seinem vitalen Körper erscheint, oder er ist ein Fragment der vitalen Struktur des Menschen, das von einer Kraft oder Wesenheit der vitalen Welt für ihre eigenen Zwecke benützt wird. Normalerweise besteht das vitale Wesen mit seiner Personalität nach der Auflösung des physischen Körpers nur eine Zeitlang fort; anschließend geht es in die vitale Ebene ein, wo es solange bleibt, bis sich seine vitale Hülle auflöst. Hierauf begibt sich die Seele in der mentalen Hülle zu einer mentalen Welt; schließlich aber verläßt die Seele auch ihre mentale Hülle und begibt sich zu ihrem Ort der Ruhe. Wenn das Mental stark entwickelt ist, vermag das mentale Wesen [bei der Seele] zu bleiben, ebenso ein stark entwickeltes Vital, vorausgesetzt sie sind von dem wahren seelischen Wesen geformt und um es zentriert – sie teilen dann die Unsterblichkeit der Seele. Doch für gewöhnlich geschieht dies nicht: es findet eine Auflösung sowohl des Mentals und Vitals als auch der physischen Teile statt, und die Seele, wenn sie wiedergeboren wird, nimmt ein neues Mental, ein neues Leben (Vital) und einen neuen Körper an und nicht, wie oft vermutet wird, die Nachbildung ihrer alten Natur. Eine derartige Wiederholung wäre ohne Sinn und Nutzen und würde den Zweck der Wiedergeburt verfehlen; denn dieser besteht in einer Weiterentwicklung der menschlichen Natur durch Erfahrung und aus einem evolutionären Wachsen der Seele in dieser Natur ihrem Selbstfinden entgegen. Die Seele aber bewahrt den essentiellen Eindruck ihrer vergangenen Leben und Persönlichkeiten, und ihre neue Geburt und Persönlichkeit stellen einen Ausgleich zwischen dieser Vergangenheit dar und dem, dessen die Seele in der Zukunft bedarf.

P. S. Es gibt Fälle einer raschen Wiedergeburt des äußeren Wesens, das seine alte Persönlichkeit fortsetzt und sogar die Erinnerung an das vergangene Leben bewahrt, doch ist dies eine Ausnahme und geschieht meist, wenn durch vorzeitigen Tod eine Frustration stattgefunden hat und im Vital der starke Wille vorherrscht, seine nicht beendete Erfahrung fortzusetzen.

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Zwischen6 der Seele in ihrer Essenz und dem seelischen Wesen muss unterschieden werden. Hinter allem und jedem steht die Seele, der Funke des Göttlichen – keiner könnte ohne sie bestehen. Es ist jedoch durchaus möglich, ein vitales und ein physisches Wesen zu besitzen, ohne ein deutlich entwickeltes seelisches Wesen dahinter. Dennoch kann man keine allgemein gültige Regel aufstellen in dem Sinne, dass ein Primitiver keine Seele besitzt oder dass sich bei ihm nirgendwo eine Seele zeigt.

Das innere Wesen setzt sich aus dem inneren Mental, dem inneren Vital und dem inneren Physischen zusammen –, doch dies ist nicht das seelische Wesen. Die Seele ist das innerste Wesen und von jenen ganz verschieden. Im Englischen wird das Wort “Seele” tatsächlich für alles gebraucht, das etwas anderes oder Tieferes als das äußere Mental und Leben und den äußeren Körper bezeichnet, für alles Okkulte oder Überphysische: doch diese Ausdrucksweise bringt Verwirrung und Fehler mit sich, und wenn wir über den Yoga sprechen oder schreiben, müssen wir sie gänzlich fallenlassen. In der gewöhnlichen Umgangssprache mag ich manchmal das Wort “seelisch” in einem freieren, populäreren Sinn gebrauchen; oder in der Poesie, die an intellektuelle Genauigkeit nicht gebunden ist, spreche ich manchmal von der Seele in einem mehr allgemeinen und äußerlichen Sinn, jedoch genauso in ihrer wahren Bedeutung.

Das seelische Wesen ist durch Oberflächen-Regungen verhüllt und drückt sich, so gut es kann, durch seine äußeren Instrumente aus, die aber eher durch von außen wirkende Kräfte als durch die inneren Einflüsse der Seele gelenkt werden. Doch dies bedeutet nicht, dass sie von der Seele völlig abgeschnitten sind. Die Seele befindet sich ebenso im Körper wie das Mental oder Vital – doch ist der Körper, in dem sie wohnt, nicht allein dieser grobstoffliche Rahmen, sondern auch der feinstoffliche Körper. So bald die grobstoffliche Hülle abfällt, bleiben die vitalen und mentalen Hüllen des Körpers als Gefäß der Seele noch bestehen, bis auch diese sich auflösen.

Die Seele einer Pflanze oder eines Tieres kann man nicht insgesamt als schlummernd bezeichnen – ihre Ausdrucksmittel sind lediglich weniger entwickelt als die eines menschlichen Wesens. Es gibt viel Seelisches in der Pflanze, viel Seelisches im Tier. Die Pflanze aber hat in ihrer Form nur das Vital-Physische entwickelt, daher kann sie sich nicht ausdrücken; das Tier hat ein vitales Mental und kann sich zwar ausdrücken, doch ist sein Bewusstsein begrenzt, seine Erfahrungen sind begrenzt und daher verfügt die Seelen-Essenz über ein weniger entwickeltes Bewusstsein, eine weniger entwickelte Erfahrung als diejenige, die im Menschen vorhanden oder zumindest möglich ist. Und dennoch haben Tiere eine Seele und können bereitwillig auf die Seele im Menschen ansprechen.

Ein “Geist” [ghost] ist natürlich nicht die Seele. Er ist entweder der Mensch, der in seinem vitalen Körper erscheint, oder er ist ein Fragment seines Vitals, das von einer vitalen Kraft oder Wesenheit benützt wird. Unser vitales Wesen besteht normalerweise nach der Auflösung des Körpers eine Zeitlang fort und geht dann in die vitale Ebene ein, wo es bleibt, bis sich die vitale Hülle auflöst. Dann begibt sich die Seele, sofern sie mental entwickelt ist, in der mentalen Hülle zur mentalen Welt, und schließlich verläßt sie auch ihre mentale Hülle und begibt sich zu ihrem Ort der Ruhe. Bei einem stark entwickelten Mental kann unser mentaler Teil auch bei der Seele bleiben, genau wie der vitale; Voraussetzung ist, dass sie vom seelischen Wesen geformt und um dieses zentriert sind – dann teilen sie die Unsterblichkeit der Seele. Andernfalls nimmt die Seele die Essenz von Mental und Leben in sich auf und begibt sich zu einer zwischengeburtlichen Ruhe.

Ein reiner Vampir hat keine Seele, denn ein Vampir ist ein vitales Wesen – doch in jedem Menschen (auch wenn er von einem vitalen Wesen oder einer Vampirkraft beherrscht wird) steht hinter allem eine Seele.

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Die Seele wird als der Funke Göttlichen Feuers im Leben und in der Materie bezeichnet, doch ist dies ein Gleichnis. Sie wird nicht als ein Funke des Bewusstseins bezeichnet.

Es gibt ein mentales, ein vitales und ein physisches Bewusstsein, die sich von der Seele unterscheiden. Seelisches Wesen und Bewusstsein sind nicht dasselbe.

Wenn die Seele oder “der Funke Göttlichen Feuers” eine seelische Individualität zu entwickeln beginnt, dann wird diese seelische Individualität “das seelische Wesen” genannt.

Die Seele oder der Funke besteht vor der Entwicklung eines geformten Vitals oder Mentals. Die Seele ist ein Teil des Göttlichen, sie kommt in die Evolution gleichsam als ein dieser innewohnendes göttliches Prinzip herab, um die Entwicklung der Individualität aus der Unwissenheit zum Licht zu tragen. Sie formt im Laufe dieser Evolution eine seelische Individualität, die von Leben zu Leben wächst und Mental, Vital und Körper, die sich entfalten, als ihre Instrumente benutzt. Die Seele ist es, die unsterblich ist, während das übrige sich auflöst; sie aber geht von einem Leben zum anderen und nimmt die essentielle Erfahrung dieser Leben sowie die Kontinuität der individuellen Evolution auf sich.

Das gesamte Bewusstsein, das mentale, vitale und physische, muss aufsteigen und sich mit dem höheren Bewusstsein verbinden; hat diese Verbindung stattgefunden, wird das höhere Bewusstsein in diese Teile herabkommen. Die Seele aber steht hinter all dem und stützt es.

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Das Supramental ist das Wahrheits-Bewusstsein; darunter liegt das Obermental, dessen charakteristische Eigenschaft es ist, die Mächte des Göttlichen zu empfangen und wenn möglich getrennt zu verarbeiten mit dem Ziel, dass jede [dieser Mächte] auf ihre eigene Art handelt und versucht, eine eigene Welt zu schaffen oder aber, im Kontakt untereinander, den anderen möglichst das eigene Prinzip aufzuerlegen. Seelen, die auf die Obermental-Ebene herabkommen, handeln auf die gleiche Weise. Von hier stammt das Prinzip einer für sich bestehenden Individualität. Diese ist sich zunächst noch ihres göttlichen Ursprungs bewusst, doch in dem Maße, wie sie weiter herabkommt, trennt sie sich von diesem mehr und mehr, sie vergisst ihn und wird schließlich durch das Prinzip der Trennung und des Egos gelenkt. Denn das Mental ist von der Wahrheit weiter entfernt als das Obermental, die vitale Natur ist von der Verwirklichung unwissender Kräfte in Anspruch genommen, während in der Materie dann das Ganze in etwas übergeht, das ein fundamentales Unbewusstes zu sein scheint. Es ist die Maya des Obermentals, die diese Welt regiert; doch in der Materie verliert sie sich im Unbewussten, aus welchem Bewusstsein dann wieder auftaucht und emporsteigt, um Leben und Mental in die Materie herabzubringen und sich im Mental den höheren Bereichen zu öffnen – die noch in einer Art direkter Verbindung mit der Wahrheit stehen (Intuition, Obermental, Supramental).

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Geformte Seelen gehen nur in geformte Organismen ein; im Protoplasma besteht der Funke des Göttlichen, jedoch nicht eine geformte Seele.

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Die Seele, die diesem individuellen Dasein hier innewohnt, ist der Funke des Göttlichen. Sie wächst und entfaltet sich in Form des seelischen Wesens, sie kann also noch nicht die Mächte des Göttlichen besitzen. Doch ihr Vorhandensein ermöglicht es dem Individuum, sich dem Göttlichen zu öffnen und dem Göttlichen Bewusstsein entgegenzuwachsen; und wenn sie handelt, geschieht es immer im Hinblick auf das Licht und die Wahrheit und mit der Hinwendung zum Göttlichen.

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Aufgabe der Seele ist es, auf jeder Ebene zu wirken und jeder dazu zu verhelfen, zur wahren Wahrheit und zur Göttlichen Wirklichkeit zu erwachen.

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Es ist nicht jede Seele entwickelt und tätig; und nicht jede Seele ist unmittelbar dem Göttlichen zugewandt, bevor sie den Yoga ausübt. Lange Zeit hindurch sucht sie das Göttliche eher über Menschen und Dinge als auf dem direkten Wege.

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Du scheinst meine Antwort ganz und gar nicht verstanden zu haben. Im gewöhnlichen Bewusstsein, in dem das Mental und das übrige nicht wach sind, wirkt die Seele so gut sie kann durch jene, doch gemäß den Gesetzen der Unwissenheit.

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Alles gehört zur Natur – die Seele selbst handelt unter den Bedingungen und mit Hilfe der Natur.

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Die Seele ist immer rein, doch Wissen und Kraft sind ihr involviert und treten nur hervor, wenn das seelische Wesen sich entwickelt und stärker wird.

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Das seelische Wesen ist die Seele, die sich im Laufe von Geburt und Wiedergeburt entfaltet; die Seele aber ist ein Teil des Göttlichen, und bei ihr befindet sich immer das verhüllte Göttliche, Hrishikesha.

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Das Göttliche ist immer im inneren Herzen und verläßt es nicht.

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Sie [die Seele] ist in fortwährendem Kontakt mit dem immanenten Göttlichen – dem geheimen Göttlichen in der Individualität.

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Es [das seelische Wesen und die Göttliche Gegenwart im Herzen] sind zwei ganz verschiedene Dinge. Das seelische Wesen ist das eigene individuelle Seelen-Wesen. Es ist nicht das Göttliche, obwohl es vom Göttlichen stammt und sich auf das Göttliche hin entwickelt.

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Die Seele ist es, die in direkter Beziehung zum transzendenten Göttlichen steht und die menschliche Natur zum Höchsten führt.

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Die Seele ist die Stütze der individuellen Evolution; sie ist mit dem Universalen sowohl durch direkten Kontakt als auch durch Mental. Vital und Körper verbunden.

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Was das seelische Wesen zur Sadhana beiträgt ist dies; 1. Liebe und bhakti, doch nicht eine vitale, fordernde und egoistische, sondern eine bedingungslose Liebe, die keine Ansprüche erhebt, die für sich besteht; 2. den inneren Kontakt mit der Mutter oder ihre innere Gegenwart; 3. die untrügliche innere Führung;4. die Beruhigung und Läuterung des Mentals, Vitals und physischen Bewusstseins durch ihre Unterwerfung gegenüber dem seelischen Einfluss und der seelischen Führung; 5. die Öffnung des gesamten niederen Bewusstseins gegenüber dem darüberliegenden höheren spirituellen Bewusstsein, damit dieses in eine Natur herabkommen kann, die darauf vorbereitet ist, es mit vollkommener Aufnahmebereitschaft und in der richtigen Haltung zu empfangen – denn die Seele vermittelt das rechte Denken, die rechte Wahrnehmung, das rechte Fühlen, die rechte Haltung.

Man kann sein Bewusstsein von der mentalen und vitalen Ebene erheben und die Macht herabbringen, den Ananda, das Licht und das Wissen; doch dies ist sehr viel schwieriger und, wenn das Wesen nicht genügend vorbereitet und geläutert ist, in seinem Ergebnis ungewiss, ja sogar gefährlich. Mit der seelischen Kraft zu diesem Ziel aufzusteigen, ist der weitaus beste Weg. Wenn du dich derart vom seelischen Zentrum erheben kannst, umso besser.

Was du sagst bedeutet, dass die Seele und die mentalen Zentren miteinander in Verbindung stehen und du hierdurch fähig bist, Dinge vom höheren Bewusstsein herabzubringen. Doch es ist nicht so, dass du das Zentrum im Kopf mit dem Zentrum oder der Weite darüber ausgetauscht hast. Dies findet meist durch ein allmähliches Aufsteigen der bewussten Teile zum Scheitelpunkt des Kopfes und dann darüber statt. Doch um dies zu erreichen darf man sich nicht abmühen oder versuchen, es herbeizuzwingen; es wird von selbst kommen.

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Das seelische Wesen ist die Seele, der Purusha im geheimen Herzen, das durch seine Gegenwart das Wirken von Mental, Leben und Körper stützt. Das Vital ist der Pranamaya Purusha, von dem in der Taittiriya-Upanishad die Rede ist, das Wesen, das hinter der Lebens-Kraft steht; es bringt in seiner äußeren Form in der Welt der Unwissenheit die Begierden-Seele hervor, von der die meisten Menschen beherrscht werden und die sie oft mit der wirklichen Seele verwechseln.

Der Atman ist das Selbst oder der Spirit, der darüber bleibt, rein und unbefleckt, unberührt von den Makeln des Lebens, von Begehren und Ego und Unwissenheit. Er wird als das wahre Wesen der Individualität erkannt, doch im weiteren Sinn auch als das gleiche Wesen in allen und als das Selbst im Kosmos; er besteht ebenfalls selbständig über dem individuellen und kosmischen Dasein und wird dann der Paratman genannt, das höchste Göttliche Wesen. Diese Unterscheidung hat nichts zu tun mit derjenigen zwischen Seele und Vital; das vitale Wesen ist nicht das, was man als Atman erkennt.

Das Vital in Form der Begierden-Seele und Begierden-Natur beherrscht in großem Umfang das Bewusstsein in den meisten Menschen, denn die Menschen werden vom Begehren gelenkt. Doch ist der eigentliche Lenker des Bewusstseins, sogar in der Oberflächennatur, das mentale Wesen, jener manomayaḥ puruṣaḥ prāṇa-śarīra-netā der Upanishad. Die Seele beeinflusst das Bewusstsein von weiter innen, doch um sie zu finden, muss man das gewöhnliche Bewusstsein ablegen, man muss in das innerste Wesen eintreten und dieses zum Lenker des Bewusstseins machen, das es eigentlich sein sollte. Dies durchzuführen ist eines der hauptsächlichen Ziele des Yoga. Das Vital sollte dem Bewusstsein als Instrument dienen und nicht sein Lenker sein.

Das vitale Wesen ist nicht das Ich – das Ego ist mental, vital und physisch. Ego heißt die Identifizierung unseres Daseins mit dem äußeren Selbst sowie die Unkenntnis unseres wahren Selbstes über uns und des seelischen Wesens in uns.

In gewisser Weise sind die verschiedenen Wesen oder Purushas in uns seelische, mentale, vitale und physische Projektionen des Atman, doch gewinnt dies erst dann volle Bedeutung, wenn wir uns unserem inneren Wesen zuwenden und unsere innere Wahrheit erkennen. An der Oberfläche, in der Unwissenheit ist es die mentale, vitale und physische Prakriti, die handelt, und der Purusha wird gleichsam in diesem Handeln der Prakriti außer Kraft gesetzt. Wir sind uns unseres wahren mentalen Wesens, unseres wahren vitalen Wesens, unseres wahren physischen Wesens nicht einmal bewusst; diese bleiben im Hintergrund, verhüllt und schweigend. Es ist das mentale, vitale und physische Ego, das wir für unser Wesen halten, bis wir zur Erkenntnis gelangen.

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Die Seele und das Leben sind zwei ganz verschiedene Mächte. Die Seele ist ein Funke des Göttlichen Spirits, sie stützt die individuelle Natur; Mental, Leben und Körper sind die Instrumente für die Manifestation der Natur. In den meisten Menschen ist die Seele verborgen und durch das Wirken der äußeren Natur verdeckt; sie verwechseln das vitale Wesen mit der Seele, denn das Vital ist es, welches den Körper anregt und antreibt. Doch dieses Vital besteht aus Begierden und ausführenden Kräften, guten und schlechten; es ist die Begierden-Seele und nicht die wahre Seele. Erst wenn die wahre Seele (Psyche) hervortritt und die Tätigkeit der instrumentalen menschlichen Natur zu beeinflussen und dann zu beherrschen beginnt, kann der Mensch seine vitalen Begierden überwinden und einer göttlichen Natur entgegenwachsen.

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1 . Die Seele und das seelische Wesen sind praktisch das gleiche, wobei sogar in jenen, die kein seelisches Wesen entwickelt haben, dennoch ein Funke des Göttlichen ist, der als Seele bezeichnet werden kann. Das seelische Wesen wird im Sanskrit der Purusha im Herzen genannt oder der Chaitya Purusha. (Das seelische Wesen ist die Seele, die sich in der Evolution entwickelt.)

2. Die Unterscheidung zwischen Purusha und Prakriti ist im Sankhya-System die folgende: der Purusha ist das schweigende, betrachtende Bewusstsein, welches das Wirken der Prakriti beobachtet – die Prakriti aber ist die Kraft der Natur, die man als Vollbringerin aller Taten empfindet, sobald man sich von dem Gefühl befreit, dass das Ego der Handelnde ist. Darauf findet die Verwirklichung dieser beiden Wesenheiten statt (Purusha-Prakriti). Doch all dies hat mit dem seelischen Wesen nichts zu tun. Dieses wird im Mental, Vital und Physischen gefühlt – am leichtesten im Mental, wo sich das mentale Wesen (Purusha) befindet, das die übrigen kontrolliert (manomayaḥ puruṣaḥ prāṇa-śarīra-netā).

3. Prajna, Taijasa usw. gehören einer anderen Kategorie an, sie haben mit den einzelnen Teilen des Wesens nichts zu tun, sondern bezeichnen vielmehr drei verschiedene Zustände des Wesens (Wach-Zustand, Traum-Zustand, Schlaf-Zustand – grob, fein, kausal).

Ich glaube, man sollte nicht versuchen, diese verschiedenartigen Dinge miteinander in Beziehung zu bringen – es wäre zu verwirrend. Sie gehören anderen Kategorien und einer anderen Erfahrungsweise an.

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Das innere mentale Wesen bewacht, beobachtet und beurteilt alles, was in dir geschieht. Die Seele bewacht und beobachtet nicht auf diese Weise, so wie ein Zeuge, sondern fühlt und erkennt spontan auf eine viel direktere und lichtvollere Art, eben durch die Reinheit ihrer Natur und den ihr innewohnenden göttlichen Instinkt; daher enthüllt sie sofort, wann immer sie hervortritt, die rechten und falschen Regungen in deiner Natur.

Das Wesen des Menschen setzt sich aus diesen Elementen zusammen, und die Seele dahinter stützt sie alle sowohl das innere Mental, Vital und Physische als auch die äußere, ganz nach außen gerichtete Natur von Mental, Leben und Körper, die deren Instrument des Ausdrucks ist. Darüber jedoch befindet sich das zentrale Wesen (Jivatman), das sie alle für seine Manifestation benutzt: es ist ein Teil des Göttlichen Selbstes: doch diese seine Wirklichkeit ist dem nach außen gerichteten Menschen verborgen, der sein innerstes Selbst, seine innerste Seele durch das mentale und vitale Ego ersetzt. Nur jene, die begonnen haben, sich selbst zu erkennen, werden sich ihres wahren zentralen Wesens bewusst; und dennoch ist es immer vorhanden, es steht hinter der Tätigkeit von Mental, Leben und Körper und wird am direktesten durch die Seele vertreten, die ein Funke des Göttlichen ist. Durch das Wachsen des seelischen Elementes in der Natur gelangt man nach und nach in bewussten Kontakt mit dem zentralen Wesen über sich. Wenn dies geschieht und das zentrale Wesen mit bewusstem Willen die Regungen der Natur kontrolliert und ordnet, dann erlangt man die wahre, die spirituelle Selbst-Meisterung, die mit einer teilweisen und lediglich mentalen oder moralischen nichts zu tun hat.

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Das mentale Wesen, von dem in der Upanishad die Rede ist, ist kein Bestandteil des mentalen nervlich-physischen Systems, sondern der manomayaḥ puruṣaḥ prāṇa-śarīra-netā, das mentale Wesen als Lenker von Leben und Körper. Es könnte nicht so bezeichnet werden, wenn es ein Bestandteil dieses Systems wäre. Auch kann dieses System oder ein Teil von ihm nicht der Purusha sein, denn das System besteht aus der Prakriti. In der Upanishad wird es als manomaya beschrieben, da sich das seelische Wesen hinter einem Schleier befindet; und da der Mensch das mentale Wesen in Leben und Körper ist, lebt er in seinem Mental und nicht in seiner Seele – daher ist für ihn der manomaya puruṣa der Lenker von Leben und Körper; die dahinterliegende Seele jedoch nimmt er gar nicht oder nur undeutlich in besonderen Augenblicken wahr. Im Menschen wird die Seele, die ein milder und rechtmäßiger König ist, gleichsam durch den Ersten Minister, den manomaya, vertreten; dieser manomaya ist es, an den sich die Prakriti um Zustimmung für ihr Wirken wendet. Und dennoch gibt die Darlegung in der Upanishad nur die scheinbare Wahrheit der Sache wieder, die allein für den Menschen und das Entwicklungsstadium des Menschen gültig ist –, denn im Tier wäre eher der prāṇamaya puruṣa das wahre vitale Wesen, das der netā, der Lenker von Mental und Körper ist. Das ist auch der Grund, warum ich der Herausgabe von “Wiedergeburt und Karma” noch nicht zugestimmt habe7, denn dies muss richtiggestellt und durch die tiefere Wahrheit ersetzt werden. Ich beabsichtigte, dies später zu tun, hatte dann aber keine Zeit, die verbleibenden Artikel zu beenden.

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Die “tragikomische” Ungereimtheit, von der du sprichst, rührt von der Tatsache her, dass der Mensch nicht aus einem, sondern aus vielen Teilen besteht und dass jeder Teil seine eigene Persönlichkeit besitzt. Dies haben die Menschen noch nicht hinreichend erkannt – die Psychologen beginnen es oberflächlich zur Kenntnis zu nehmen, doch erst dann, wenn ein besonders ausgeprägter Fall einer doppelten oder vielfachen Persönlichkeit vorliegt. Doch tatsächlich sind alle Menschen so. Das Ziel im Yoga sollte sein, ein starkes zentrales Wesen zu entwickeln und unter ihm alles übrige zu harmonisieren und zu verändern, was verändert werden muss. Ist dieses zentrale Wesen die Seele, dann gibt es keine große Schwierigkeit mehr. Ist es das mentale Wesen, manomayaḥ puruṣaḥ prāṇa-śarīra-netā, dann wird es schwieriger – es sei denn, das mentale Wesen würde lernen, mit dem größeren Willen und der größeren Macht des Göttlichen stets in Kontakt zu bleiben.

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Ich verstehe die Frage, so wie sie gestellt wurde, nicht. Jeder Teil muss deutlich vom anderen unterschieden werden und seine Arbeit tun, und jeder muss von der Seele oder von oben die Wahrheit empfangen. Die herabkommende Wahrheit wird mehr und mehr ihr Wirken harmonisieren, doch wird die vollkommene Harmonie erst mit der supramentalen Vollendung erreicht werden.

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Deine Erfahrung ist der erste Zustand yogischen Bewusstseins und Selbsterkennens. Das durchschnittliche Mental erfährt sich lediglich als Ego mit all den durcheinandergewürfelten Regungen der menschlichen Natur und glaubt, da es sich mit diesen Regungen identifiziert, “ich tue dies und empfinde das, ich denke, ich freue oder sorge mich usw.” Der erste Anfang einer wahren Selbsterkenntnis ist, wenn du dich von der Natur in dir und ihren Bewegungen getrennt fühlst; dann erkennst du, dass es viele Teile deines Wesens gibt, viele Persönlichkeiten, von denen jede selbständig und auf ihre Weise handelt. Die beiden verschiedenen Wesen, die du in dir fühlst, sind einmal das seelische Wesen, das dich zur Mutter zieht, und dann das äußere Wesen, meist von vitaler Natur, das dich nach außen und nach unten zum Spiel der niederen Natur zieht. Weiterhin gibt es hinter dem Mental in dir das beobachtende Wesen, den Purusha als Zeugen, der, abgelöst vom Spiel der Natur, dieses betrachtet und zu wählen vermag. Er muss sich immer auf die Seite des seelischen Wesens stellen, dessen Regungen zustimmen, sie stützen und die nach unten und außen gerichteten Bewegungen der niederen Natur zurückweisen; diese muss der Seele unterworfen und durch ihren Einfluss verändert werden.

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Der Zustand, den du beschreibst, bedeutet nicht, dass der Yoga nicht ausgeübt werden sollte, sondern dass du stetig weitergehen musst und den Zwiespalt zwischen den beiden Teilen deines Wesens auszugleichen hast. Diese Spaltung ist durchaus normal und beinahe universal in der menschlichen Natur; dem niedrigeren statt dem höheren Impuls zu folgen, passiert beinahe jedem Menschen. Das ist auch das Problem, das in der Frage, die Arjuna an Krishna richtet, auftaucht: “Warum tut man Böses, obwohl man es doch nicht tun will, so als würde man mit Gewalt dazu gezwungen?”. Dies drückt ebenso Horaz aus, wenn er sagt: “Video meliora proboque, Deteriora sequor” (“Ich sehe das Bessere und stimme ihm zu und dennoch folge ich dem Schlechteren”). Durch fortwährende Bemühung und fortwährendes Streben kann man zu jenem Wendepunkt gelangen, an dem die Seele die Oberhand gewinnt: und was eine ganz geringfügige seelische Wende zu sein scheint, ändert das ganze Gleichgewicht der Natur.

Du betrachtest das äußere Wach-Bewusstsein als die wahre Person oder das wahre Wesen und folgerst daraus, dass dieses und nichts anderes die Verwirklichung erlangen oder sich daran halten müsse – denn hier [auf Erden] gäbe es nur das Wach-Bewusstsein. Das ist ein Irrtum, durch den die Unwissenheit andauert und von dem man sich nicht befreien kann. Der erste eigentliche Schritt aus der Unwissenheit besteht darin, die Tatsache zu akzeptieren, dass dieses äußere Bewusstsein nicht die eigene Seele ist, nicht das Selbst, nicht die wirkliche Person, sondern nur eine vorübergehende Gestaltung an der Oberfläche, die den Zwecken des Oberflächenspiels dient. Die Person ist innen, nicht an der Oberfläche – die äußere Persönlichkeit ist Person lediglich im Sinne des lateinischen Wortes persono mit der ursprünglichen Bedeutung: “die Maske”.

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Die Seele hat den Rang, von dem du sprichst, da die Seele mit dem Göttlichen in der niederen Natur in Berührung steht. Das innere Mental, das innere Vital und Physische hingegen sind Teile des Universums und den Dualitäten offen – nur sind sie umfassender als das äußere Mental, das äußere Leben, der äußere Körper und können umfassender und leichter den göttlichen Einfluss empfangen.

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Das Wort Antaratma wird auf sehr unbestimmte Weise gebraucht, so etwa wie das Wort Seele im Englischen – auf diese Weise gebraucht, bezieht es das ganze innere Wesen mit ein, das innere Mental, das innere Vital und Physische, sogar das innerste Wesen, die Seele.

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Europäisches Denken war größtenteils unfähig, über die Formel “Seele und Körper” hinauszugehen, und bezog hierbei meist das Mental in die Seele mit ein sowie alles, außer dem Körper, in den Begriff Mental. Einige Okkultisten machten einen Unterschied zwischen Spirit, Seele und Körper. Gleichzeitig aber muss ein unbestimmtes Gefühl vorhanden gewesen sein, dass Seele und Mental nicht ganz das gleiche sind, denn es gibt die Redewendung “dieser Mensch hat keine Seele” oder “er ist eine Seele”, was besagen soll, dass er etwas in sich hat, das über sein bloßes Mental und seinen Körper hinausgeht. Doch all dies ist sehr unbestimmt. Eine deutliche Unterscheidung wird weder zwischen Mental und Seele gemacht noch zwischen Mental und Vital, und häufig wird sogar das Vital für die Seele gehalten.

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Aber das ist es ja gerade8, was von der westlichen Wissenschaft diskutiert wird oder zumindest bis gestern diskutiert wurde und was man immer noch als nicht erwiesen ansieht. Es wird behauptet, die Vorstellung eines Selbstes außerhalb des Körpers sei eine Täuschung. Es seien die Erfahrungen des Körpers, die zur Vorstellung eines Selbstes führten, und der Wunsch zu leben nähre sich illusorisch von der Idee, ein Selbst überdauere den Körper. Zudem ist der Westen an die christliche Auffassung gewöhnt, das Selbst würde mit dem Körper erschaffen – eine Idee, welche die Christen von den Juden übernahmen, die an Gott, doch nicht an die Unsterblichkeit glauben;und das ist die Ursache, warum westliches Denken für jede Vorstellung einer Reinkarnation unzugänglich ist. Man glaubt, die Seele würde im Körper geboren, und zwar, dass Gott zuerst den Körper erschüfe und dann die Seele hineinhauche (prāṇa?). Für Europäer ist es schwierig, dieses vergangene geistige Erbe abzulegen.

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In den Upanishaden wird das seelische Wesen in der Größe eines Daumens beschrieben. Das ist natürlich ein symbolisches Bild. Denn gewöhnlich ist das seelische Wesen, wenn man es in einer Gestalt sieht, größer. Was das innere Wesen anbelangt, so empfindet man es als groß, da das wahre Mental, das wahre Vital oder selbst das wahre Physische bewusstseinsmäßig viel weiter sind als das äußere Bewusstsein, das vom Körper begrenzt wird. Wenn man in das Physische herabkommt und alle Tätigkeiten der Natur in ihm spielen fühlt, scheinen die äußeren Teile das gesamte Bewusstsein zu beherrschen – selbst die mentalen und vitalen Regungen werden dann durch den Körper und als Dinge einer gesonderten Ebene gefühlt. Doch wenn man im inneren Wesen lebt, nimmt man ein Bewusstsein wahr, das sich ins Universale auszudehnen beginnt, während das äußere zu einer von äußeren Kräften aufgewühlten Oberflächenbewegung wird.

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Ja, das seelische Wesen hat eine Form. Doch diese erscheint nicht auf der Photographie; denn die Seele hat nicht immer eine Form, die der des Körpers ähnelt, sie ist manchmal sogar ganz verschieden von ihm. Betrachten wir eine Photographie, dann sehen wir nicht die Form, sondern etwas vom Bewusstsein, das sich entweder im Körper ausdrückt oder sonst irgendwie durchbricht; man kann es über die Photographie wahrnehmen oder fühlen.

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Die Seele ist nicht durch eine Form begrenzt doch das seelische Wesen bringt, um sich auszudrücken, eine Form hervor, genau wie die mentalen, vitalen und feinstofflichen Purushas; das heißt, dass man selbst oder auch jemand anderer das eigene seelische Wesen in dieser oder jener Form sehen kann. Doch es gibt zwei Arten des Sehens: nämlich in der gültigen, charakteristischen Form, die von dem seelischen Wesen in diesem Leben angenommen wurde, und in der symbolischen Form, wenn man die Seele zum Beispiel als neugeborenes Kind im Schoß der Mutter sieht.

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Wenn der Sadhak, von dem die Rede ist, seine Seele tatsächlich in der Gestalt einer Frau gesehen hat, kann es nur eine erdachte Erscheinung gewesen sein, die auf eine Eigenschaft oder ein Attribut der Seele hinweist.

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VI. Das innere Wesen und das wahre Wesen

Im menschlichen Wesen bestehen immer zwei verschiedene Arten von Bewusstsein, eines nach außen gerichtet, in dem es normalerweise lebt, das andere innerlich und verborgen, von dem es nichts weiß. Während man die Sadhana ausübt, beginnt das innere Bewusstsein sich zu öffnen, und man lernt, sich nach innen zu wenden und dort alle Arten von Erfahrungen zu haben. In dem Maße, wie die Sadhana fortschreitet, wird man mehr und mehr in diesem inneren Wesen leben, während das äußere allmählich an die Oberfläche zurücktritt. Zuerst scheint das innere Bewusstsein der Traum zu sein und das äußere die wache Realität. Dann wird das innere Bewusstsein zur Realität und das äußere von vielen als Traum oder Täuschung empfunden oder auch als etwas Oberflächliches und Äußerliches. Das innere Bewusstsein wird zu einem Ort des tiefen Friedens, des Lichtes, des Glücks, der Liebe, der Nähe zum Göttlichen oder der Gegenwart des Göttlichen, der Mutter. Man erkennt dann zwei Arten von Bewusstsein, das innere und das äußere; letzteres muss in das Ebenbild und Instrument des ersteren gewandelt werden, denn auch es muss voll des Friedens, des Lichtes, des Einsseins mit dem Göttlichen werden. Gegenwärtig bewegst du dich zwischen beiden, und während dieser Zeitspanne sind die Gefühle, die du hast, ganz normal. Mach dir hierüber gar keine Sorgen, sondern warte einfach auf die volle Entwicklung des inneren Bewusstseins, in dem zu leben du dann fähig sein wirst.

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Ich meinte mit dem inneren Wesen nicht das seelische oder innerste Wesen. Dieses seelische Wesen ist es, das die Liebe, bhakti, das Einssein mit der Mutter fühlt. Was ich meinte, war das innere Mental, das innere Vital, das innere Physische; zuerst muss man durch diese hindurch, um den verborgenen Ort der Seele zu erreichen. Sobald man das äußere Bewusstsein zurücklässt und sich nach innen wendet, gelangt man dorthin – einige oder die meisten kommen zuerst in das innere Vital, andere in das innere Mental oder Physische; das emotionale Vital ist der direkteste Weg, denn der Sitz der Seele befindet sich unmittelbar hinter dem emotionalen Vital im Herzzentrum. Es ist für unser Ziel absolut unerlässlich, in diesen inneren Regionen bewusst zu werden, denn wenn sie nicht bewusst sind, hat das seelische Wesen keine direkte oder ausreichende Instrumentation für sein Wirken; seine einzigen Hilfsmittel sind dann lediglich das äußere Mental, das äußere Vital und der Körper, und diese sind zu begrenzt und eng und dunkel. Bislang konntest du erst in die Außenbereiche des inneren Vitals eintreten, bist dort aber noch nicht hinreichend bewusst. Indem du dort bewusster wirst und dich tiefer nach innen wendest, kannst du die Seele erreichen, jene sichere Zuflucht, nirāpada sthāna,von der du sprichst; dann brauchst du dich nicht mehr von den wirren Visionen und Erfahrungen jener Außenbereiche des inneren Vitals beunruhigen zu lassen.

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Inneres Bewusstsein bedeutet das innere Mental, das innere Vital, das innere Physische und hinter ihnen die Seele, die deren innerstes Wesen ist. Das innere Mental ist aber nicht gleichbedeutend mit dem höheren Mental; es ist mehr in Kontakt mit universalen Kräften, es ist offener für das höhere Bewusstsein und eines Wirkens mit unendlich viel tieferer und größerer Reichweite fähig als das äußere oder Oberflächenmental – seine Natur ist jedoch im wesentlichen die gleiche. Das höhere Bewusstsein ist dasjenige, das sich über dem gewöhnlichen Mental befindet und sich in seinem Wirken von ihm unterscheidet; es reicht vom höheren und erleuchteten Mental über die Intuition und das Obermental bis hinauf zur Grenzlinie des Supramentals.

Würde die Seele befreit werden, dann könnte sie auf ihre eigene Weise handeln, und all dies Straucheln in der Unwissenheit gäbe es nicht. Doch die Seele ist durch das unwissende Mental und Vital und Physische zugedeckt und gezwungen, gemäß dem Gesetz der Unwissenheit durch diese zu handeln. Wird sie von dieser Umhüllung befreit, dann vermag sie entsprechend ihrer eigenen Natur in freiem Streben zu wirken, in einem direkten Kontakt mit dem höheren Bewusstsein und mit der Macht, die unwissende menschliche Natur zu ändern.

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Das wahre Wesen, ob mental, vital oder feinstofflich, besitzt immer die größeren Eigenschaften seiner Ebene – es ist der Purusha und ähnlich der Seele, obgleich auf andere Weise, die Projektion des Göttlichen; es ist daher in Verbindung mit dem höheren Bewusstsein, von dem es etwas widerspiegelt, doch ist es dies nicht insgesamt – es ist ebenfalls in Einklang mit der kosmischen Wahrheit.

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Hinter der gesamten vitalen Natur des Menschen befindet sich verborgen und reglos sein wahres vitales Wesen, das sich von der Oberflächen-Natur des Vitals beträchtlich unterscheidet. Das Oberflächen-Vital ist eng, unwissend, begrenzt, voll dunkler Wünsche, Leidenschaften, heftiger Begierden, voller Freuden und Schmerzen und vergänglichem Glück, voller Kummer, überschäumender Begeisterung und Niedergeschlagenheit. Im Gegensatz hierzu ist das wahre vitale Wesen weit und groß, ruhig und stark, unbegrenzt, fest und unveränderlich, fähig aller Macht, allen Wissens, allen Anandas. Es ist überdies ohne Ego, denn es erkennt sich als Projektion und Instrument des Göttlichen; es ist der göttliche Krieger, rein und vollkommen; in ihm ist eine instrumentale Kraft f{ir alle göttlichen Verwirklichungen. Es ist das wahre vitale Wesen, das in dir erwacht und hervorgetreten ist. Ebenso gibt es auch ein wahres mentales Wesen, ein wahres physisches Wesen. Sobald diese sich manifestieren, erkennst du das doppelte Sein in dir: das dahinterliegende ist immer ruhig und stark, nur das an der Oberfläche ist gestört und finster. Doch wenn das wahre Wesen dahinter fest bleibt und du in ihm lebst, dann bleiben Störungen und Finsternis an der Oberfläche, und in diesem Zustand kannst du die äußeren Wesensteile wirkungsvoller gebrauchen, und auch sie können frei und vollkommen werden.

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Es [das wahre Vital] vermag die Regungen des höheren Bewusstseins zu empfangen und kann dann fähig werden, die noch größere, supramentale Macht und den Ananda zu empfangen. Wäre dies nicht so, dann wäre das Herabkommen des höheren Bewusstseins unmöglich, und auch die Supramentalisierung wäre unmöglich. Das heißt aber nicht, dass es diese Dinge von sich aus besitzen würde und dass, sobald man sich des wahren Vitals bewusst wird, man all dies als dem wahren Vital innewohnend erhält.

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Das wahre Vital ist im inneren Bewusstsein, das äußere Vital hingegen dient als Werkzeug für das gegenwärtige Spiel der Prakriti in der Oberflächen-Persönlichkeit. Sobald die Wandlung stattfindet, weist das wahre Vital all das, was nicht auf seine Wahrheit abgestimmt ist, vom äußeren Vital zurück und formt diese in ein wahres Instrument seines Ausdrucks um, in ein Mittel, das seinen inneren Willen ausdrückt und nicht länger auf die Einflüsse der niederen Natur reagiert. Dann hört der große Unterschied zwischen den beiden praktisch auf zu bestehen.

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Es ist das wahre vitale Bewusstsein, in dem das Vital die volle Hingabe vollzieht und sich in ein Instrument des Göttlichen wandelt, keine Forderungen stellend, auf keinem Verlangen bestehend, auf die Kraft der Mutter und auf keine andere reagierend, ruhig, unegoistisch, in völliger Treue, gehorsam, ohne persönliche Eitelkeit, ohne Ehrgeiz, nur mit dem Wunsch, ein reines und vollkommenes Instrument zu sein und mit dem einzigen Verlangen, dass sich die Wahrheit in einem und überall durchsetzen möge, dass der Göttliche Sieg errungen werde und die Göttliche Arbeit geschehe.

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Es [das erleuchtete Vital] steht in Kontakt mit der Göttlichen Macht oder der höheren Wahrheit und sucht sich umzuwandeln und ein wahres Instrument zu werden – es weist die gewöhnlichen vitalen Regungen zurück.

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Solange das innere Wesen sich nicht manifestiert oder zu handeln beginnt, wird das äußere niemals umgewandelt werden.

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Meist ist es das äußere Bewusstsein, das sich im gewöhnlichen Leben ausdrückt, nämlich das äußere Mental, Vital und Physische. Es steht mit dem inneren Wesen, von wenigen abgesehen, in keiner engen Verbindung – im Verlauf Sadhana werden die beiden dann miteinander verbunden.

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Sie [inneres Mental und inneres Vital] üben einen Einfluss aus, sie senden ihre Kräfte oder Anregungen, die das äußere Bewusstsein so gut es kann ausführt und die es manchmal auch nicht ausführt. Das Ausmaß ihrer Einwirkung auf das äußere Bewusstsein hängt davon ab, wieweit die Individualität ein inneres Leben besitzt. So leben zum Beispiel der Dichter, Musiker, Künstler und Denker sehr aus dem Inneren – geniale Menschen und solche, die einem Ideal gemäß zu leben versuchen. Doch gibt es viele Menschen, deren inneres Leben unbedeutend ist und die ganz und gar von den Kräften der Natur gelenkt werden.

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In dem Maße wie wir von Leben zu Leben Erfahrungen sammeln, mentale oder vitale, entwickeln sich auch unser inneres Mental und inneres Vital – entsprechend dem Gebrauch, den wir von unseren Erfahrungen machen und entsprechend dem Maß, in dem wir sie für das Wachstum des Wesens anwenden.

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Das äußere Wesen ist lediglich ein Mittel des Ausdrucks, es ist nicht das eigene Selbst. Man darf sich mit ihm nicht identifizieren, denn es drückt eine Persönlichkeit aus, die von der alten, unwissenden Natur geformt wurde. Nur wenn man sich nicht damit identifiziert, vermag man es zu ändern, um die wahre, innere Licht-Person auszudrücken.

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Sie [äußeres Mental, äußeres Vital und äußerer Körper] sind zwar klein, doch trotz ihrer scheinbaren Bedeutungslosigkeit nicht unwichtig, denn sie sind notwendige Mittler zwischen der Seele und der äußeren Welt.

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Das äußere Bewusstsein ist eingeschlossen in die Begrenzung des Körpers und in das wenige des körperbedingten persönlichen Mentals und Empfindens – es blickt allein nach außen, sieht nur die Dinge. Doch das innere Bewusstsein vermag hinter die Dinge zu sehen, es gewahrt das Spiel der persönlichen oder universalen Kräfte, denn es ist in bewusstem Kontakt mit dem universalen Wirken.

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Unser inneres Wesen ist in Kontakt mit dem universalen Mental und Leben, mit der universalen Materie. Es ist ein Teil von alldem, doch gerade deshalb kann es nicht im Besitz von Befreiung und Frieden sein. Wahrscheinlich denkst du an den Atman und verwechselst ihn mit dem inneren Wesen.

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Das innere Wesen kann nicht über einem “verankert” sein, es kann sich nur mit dem “darüber” verbinden, es durchdringen und von ihm durchdrungen werden. Wenn es sich darüber befände, wäre es kein inneres Wesen.

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Ich verstehe nicht, was du damit meinst, das innere Wesen “umgebe” die Seele. Ganz offensichtlich steht es der Seele näher als das äußere Mental, Vital oder der Körper, doch ist dies keine Garantie dafür, dass es allein der Seele gegenüber offen ist und nicht auch anderen universalen Kräften.

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Die Seele kann den Frieden hinter sich haben – doch das innere Mental. Vital und Physische sind nicht notwendigerweise voller Schweigen, sie sind voller Bewegungen. Es ist das höhere Bewusstsein, das die Grundlage des Friedens besitzt.

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Das innere Wesen ist meist nicht unruhig, doch kann es genauso wie das äußere Wesen ruhig oder unruhig sein.

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Die inneren Wesensteile eines jeden Menschen bleiben entweder gewöhnlich oder werden verfeinert, je nachdem ob sie den nach außen gerichteten Kräften der Unwissenheit oder den höheren Kräften von oben und den inneren Impulsen der Seele zugewandt sind. Alle Kräfte können sich dort betätigen. Es ist das äußere Wesen, das in einem bestimmten Charakter, in bestimmten Neigungen und Regungen festgelegt ist.

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Das innere Wesen hat ein ihm eigenes Zeitmaß, das manchmal langsamer, manchmal schneller als das stoffliche ist.

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VII. Das umhüllende (environmental) Bewusstsein

Das Individuum ist nicht auf den physischen Körper begrenzt – nur das äußere Bewusstsein empfindet dies so. Sobald man über dieses Gefühl der Begrenzung hinwegkommt, kann man zuerst das innere Bewusstsein fühlen, das mit dem Körper verbunden ist, jedoch nicht zu ihm gehört, dann die Bewusstseins-Ebenen über dem Körper und auch ein den Körper umhüllendes Bewusstsein, das aber Teil von einem selbst, Teil des individuellen Wesens ist: durch dieses ist man in Kontakt mit den kosmischen Kräften und anderen Wesenheiten. Dieses letztere nannte ich das umhüllende (environmental) Bewusstsein.

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Jeder Mensch hat sein eigenes, persönliches Bewusstsein, das fest an seinen Körper gebunden ist und mit seiner Umgebung nur mit Hilfe des Körpers und der Sinne Kontakt aufzunehmen vermag sowie mit Hilfe des Mentals, das die Sinne gebraucht.

Dennoch strömen ohne sein Wissen fortwährend universale Kräfte in den Menschen ein. Fr aber nimmt nur die Gedanken, Gefühle usw. wahr, die in ihm zur Oberfläche aufsteigen, und hält diese für seine eigenen. Tatsächlich aber kommen sie von außerhalb; es sind Wellen des Mentals, Vitals, Wellen des Gefühls, der Sinneswahrnehmung usw., die in ihm eine bestimmte Form annehmen und, nachdem sie in ihn eingedrungen sind, zur Oberfläche aufsteigen.

Doch sie gelangen nicht sofort in seinen Körper. Der Mensch besitzt ein ihn umhüllendes Bewusstsein (von den Theosophen “die Aura” genannt), in welches diese zuerst eindringen. Wenn du dir jenes dich umhüllenden Selbstes bewusst werden kannst, vermagst du den Gedanken, die Leidenschaft, die Möglichkeit oder die Kraft der Krankheit aufzufangen und daran zu hindern, in dich einzudringen. Wenn dagegen etwas aus dir hinausgestoßen wird, verlässt es dich meist nicht völlig, sondern nimmt seine Zuflucht in dieser dich umgebenden Hülle und versucht, von dort wieder in dich einzudringen. Oder aber es entfernt sich ein gewisses Stück bis zu den Grenzbereichen, manchmal auch noch weiter, und wartet, bis sich Gelegenheit für einen Versuch des Wiedereindringens ergibt.

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Es [das umhüllende Bewusstsein] ist nicht eine Welt – es ist etwas Individuelles.

Das Unterbewusste und das umhüllende Bewusstsein sind zwei ganz verschiedene Dinge. Was im Unterbewussten gelagert wird, wie Eindrücke und Erinnerungen, steigt von dort in die bewussten Teile auf. Im umhüllenden Bewusstsein werden die Dinge weder gespeichert noch fixiert, sie befinden sich dort im Fluss. Es ist voller Bewegung, ein Bereich für Schwingungen, ein Durchlass für Kräfte.

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Es [das umhüllende Bewusstsein] kann ruhig werden, wenn man genügend Weite besitzt. Es ist möglich, sich seiner bewusst zu werden und sich mit dem, was hindurchgeht, auseinanderzusetzen. Wäre es nicht vorhanden, dann wäre der Mensch ohne Kontakt mit der übrigen Welt.

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VIII. Das Kosmische Bewusstsein

Das Bewusstsein der Individualität weitet sich aus in das kosmische Bewusstsein außerhalb und kann jede Art von Verbindung mit ihm haben, kann es durchdringen, seine Bewegungen erkennen, darauf einwirken oder von ihm empfangen, es kann sogar sein Ausmaß erreichen oder es in sich enthalten; das heißt in der Sprache der alten Yogasysteme, man habe Brahmanda (das Universum als Ei Brahmas] in sich.

Das kosmische Bewusstsein ist das Bewusstsein des Universums, des kosmischen Spirits und der kosmischen Natur mit allen Wesen und Kräften in ihr. All das ist als Ganzes so bewusst wie das Individuum für sich, doch auf andere Weise. Das Bewusstsein der Individualität ist zwar ein Teil davon, doch ein Teil, der sich als getrenntes Wesen empfindet. Dennoch kommt das meiste dessen, was die Individualität ausmacht, vom kosmischen Bewusstsein. Dazwischen aber befindet sich eine Mauer trennender Unwissenheit. Sobald diese niederbricht, wird sich das Individuum des kosmischen Selbstes bewusst, des Bewusstseins der kosmischen Natur, der Kräfte, die in ihr spielen, usw. All dies nimmt es so wahr, wie es jetzt physische Dinge und Einflüsse wahrnimmt. Es erkennt, dass alles mit seinem größeren oder universalen Selbst eins ist.

Es gibt das universale Mental, das universale Vital, die universale physische Natur, und aus ihren verschiedenen Kräften und Bewegungen wird das individuelle Mental, das individuelle Vital und Physische geformt. Die Seele aber kommt von jenseits dieser Mental-, Lebens– und Körpernatur. Sie gehört der Transzendenz an, und mit ihrer Hilfe können wir uns der höheren Natur über uns öffnen.

Das Göttliche ist immer der Eine, der die Vielen ist. Der individuelle Spirit ist Teil der “Vielen”-Seite des Einen, er lässt das seelische Wesen hervortreten, um es hier in der Erdnatur zu entwickeln. In der Befreiung erkennt das individuelle Selbst sich als der Eine (der dennoch die Vielen ist). Es kann in den Einen eintauchen, mit ihm verschmelzen oder sich in seinen Armen bergen – das ist die laya des Advaita, die Auflösung der individuellen Seele im Unendlichen; es kann sein Einssein erkennen und dennoch als Teil der Vielen, die der Eine sind, das Göttliche genießen – das ist die dvaitādvaita-Befreiung, die dualistisch nicht-dualistische Befreiung; es kann seinen Aspekt der Vielen betonen und vom Göttlichen besessen sein, das ist die Version des modifizierten monistischen Vedanta: oder es kann mit Krishna im ewigen Vrindaban spielen – das ist die dvaita Befreiung oder die dualistische Befreiung. Oder es kann, selbst nach der Befreiung, in der līlā oder Manifestation verbleiben oder so oft es will in diese herabkommen. Das Göttliche ist nicht an menschliche Philosophien gebunden – es ist frei in seinem Spiel, frei in seiner Essenz.

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Es gibt keinen Unterschied zwischen den Ausdrücken “universal” und “kosmisch”, außer dass man “universal” auf freiere Weise benutzen kann als “kosmisch”. Wenn “universal” “vom Universum” bedeutet, kann es durch “kosmisch” ersetzt werden. “Universal” kann aber auch heißen “allen gemeinsam”, zum Beispiel “dies ist eine universale Schwäche” – du kannst aber nicht sagen, “dies ist eine kosmische Schwäche”.

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1. Spirituelles Bewusstsein ist jenes, mit dem wir in die Erkenntnis des Selbstes, des Spirits, des Göttlichen eintreten und alle Dinge in ihrer essentiellen Wirklichkeit erkennen können sowie das Spiel der Kräfte und Erscheinungsformen wie sie aus dieser essentiellen Wirklichkeit hervorgehen.

2. Das kosmische Bewusstsein ist jenes, in dem die Grenzen des Egos, des persönlichen Mentals und Körpers verschwinden und man eine kosmische Weite erkennt, die von einem kosmischen Spirit durchdrungen ist, und in dem man auch das direkte Spiel kosmischer Kräfte erkennt, universale Mental-Kräfte, universale Lebens-Kräfte, universale Energien der Materie, universale Obermental-Kräfte. Doch dies geschieht nicht alles auf einmal; das Öffnen des kosmischen Bewusstseins ist meist fortschreitend. Es ist nicht so dass Ego, Körper und persönliches Mental aufhören zu bestehen, doch empfindet man sie als einen nur geringfügigen Teil seiner selbst. Man beginnt, auch andere als Teil seiner selbst oder als andersartige Wiederholungen seiner selbst zu erkennen, des gleichen Selbstes, das von der Natur in anderen Körpern abgewandelt ist. Oder man beginnt zumindest, in einem umfassenderen, universalen Selbst zu leben, das hinfort die eigene größere Wirklichkeit ist. Alle Dinge beginnen tatsächlich, ihre Natur und Erscheinungsform zu verändern; die eigene Erfahrung der Welt unterscheidet sich grundlegend von der jener Menschen, die in ihr persönliches Selbst eingeschlossen sind. Man beginnt, die Dinge mit Hilfe einer anderen Art von Erfahrung zu erkennen, direkter, und sich nicht mehr auf das äußere Mental und die Sinne zu verlassen. Nicht dass die Möglichkeit des Irrens ausgeschlossen wäre – dies wird solange nicht der Fall sein, als das Mental in irgendeiner Form als Instrument zur Übermittlung von Wissen dient – doch es entsteht eine neue, weite und tiefe Art, Dinge zu erfahren, zu sehen, zu erkennen und Kontakt mit ihnen aufzunehmen, und die Wissensgrenzen können nahezu unermesslich ausgedehnt werden. Man muss sich jedoch wenn man das kosmische Bewusstsein erlangt hat, vor dem Spiel eines aufgeblähten Egos hüten, vor den kraftvolleren Angriffen feindlicher Mächte – denn auch sie sind Bestandteil des kosmischen Bewusstseins – und vor der kosmischen Illusion (Unwissenheit, Avidya), die versucht, das Wachsen der Seele in die kosmische Wahrheit zu verhindern. Dies sind Dinge, die man aus der Erfahrung lernen muss; mentales Lehren oder Erklären reicht ganz und gar nicht aus. Um gefahrlos in das kosmische Bewusstsein einzutreten und es gefahrlos zu durchschreiten, ist eine kraftvolle, zentrale und unegoistische Wahrhaftigkeit notwendig, sowie das seelische Wesen, das die Wahrheit erkennt und geradewegs auf das Göttliche ausgerichtet ist, bereits im Vordergrund der Natur zu haben.

3. Im gewöhnlichen Bewusstsein erkennt man die Dinge ausschließlich oder vorwiegend durch den Intellekt, durch das äußere Mental und die Sinne, nimmt Kräfte usw., allein in ihrer äußeren Offenbarung, in ihren äußeren Resultaten wahr und alles übrige, indem man mit Hilfe dieser Tatsachen seine Rückschlüsse zieht. Es mag ein Spiel mentaler Intuition vorhanden sein, ein Spiel tieferen Sehens oder Strebens, spiritueller Eingebungen usw. – im gewöhnlichen Bewusstsein ist dies jedoch alles von zufälliger Art und verändert dessen grundlegenden Charakter nicht.

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Der gewöhnliche Mensch lebt in seinem persönlichen Bewusstsein und erkennt die Dinge mit Hilfe seines Mentals und seiner Sinne so, wie diese von einer Welt berührt werden, die sich außerhalb der seinen, außerhalb seines Bewusstseins befindet. Sobald das Bewusstsein sich verfeinert, beginnt es, mit den Dingen auf eine viel direktere Weise in Berührung zu kommen, nicht nur mit deren Formen und äußeren Einflüssen, sondern auch mit dem, was in ihnen ist – aber der Bereich [der Dinge] mag noch klein sein. Doch das Bewusstsein kann sich auch weiten und zunächst mit dem Universum eines Bereiches von Dingen in der Welt in direkten Kontakt kommen, sie dann gleichsam enthalten – wie es heißt, die Welt in sich zu sehen – und eins mit ihnen sein. Alle Dinge im Selbst zu sehen und das Selbst in allen Dingen, überall ein Sein zu erkennen, die verschiedenen Ebenen, ihre Kräfte, ihre Wesenheiten direkt zu erkennen – das ist die Universalisierung.

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Ja sicher [im kosmischen Mental befindet sich ein Bereich des physischen Mentals], es gibt nichts in der Individualität, das sich nicht auch in der kosmischen Energie befände. Im allgemeinen ist die Individualität lediglich ein differenziertes Zentrum universaler Kräfte, die Seele jedoch hat ihren Ursprung jenseits von diesen.

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Da es [jedes menschliche Wesen] in einem gesonderten Bewusstsein lebt, formt es aus seinen Erfahrungen der gemeinsamen Welt, in der alle hier leben, eine eigene mentale Welt. Diese ist genauso aufgebaut wie die von anderen, und der Mensch nimmt in sich die Gedanken und Gefühle von anderen auf, meist ohne es zu wissen, und benützt diese dann als Bausteine für seine abgesonderte Welt.

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Das ganze Leben ist ein Spiel universaler Kräfte. Die Individualität gibt diesen universalen Kräften eine persönliche Form. Doch kann sie wählen, ob sie auf das Wirken einer bestimmten Kraft reagiert oder nicht. Nur wählen die meisten Menschen nicht wirklich – sie geben sich vielmehr dem Spiel der Kräfte hin. Deine Krankheiten, Depressionen usw. sind das wiederholte Spiel solcher Kräfte. Nur wenn man sich von ihnen zu befreien vermag, kann man die wahre Person sein und ein wahres Leben fühlen – doch wirklich frei ist man erst dann, wenn man im Göttlichen lebt.

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Es ist Prakriti (die Natur), die diese Impulse sendet. Die Natur sendet jedem alle Arten von Kräften und Erfahrungen. Es liegt bei dir als bewusstem Wesen (Purusha), die Wahl zu treffen, was du tust oder nicht; du solltest zurückweisen, was du als falsch ansiehst, und nur das annehmen, was wahr und recht ist. In der Natur gibt es das Höhere und das Niedere, das Wahre und das Falsche. Das Göttliche will von dir, dass du in die Wahrheit, in die höhere Natur wächst und die falsche und niedere Natur zurückweist.

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Man kann nicht nur eine Kraft empfangen, sondern auch einen Impuls, einen Gedanken, eine Empfindung. Man kann diese von anderen empfangen oder von Wesenheiten in der Natur oder von der Natur selbst, sofern sie bereit ist, ihre Kraft in dieser vorgefertigten Form zu geben.

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1. Es gibt ein Vital ohne Begehren. Wenn daher das Begehren vom Wesen abfällt, fällt damit das Vital nicht ab.

2. Mit Prakriti ist die universale Prakriti gemeint. Die universale Prakriti, die in das vitale Wesen eintritt, erzeugt Begierden, die dann, indem sie immer wieder auftauchen, die individuelle Natur zu sein scheinen; doch wenn die gewohnheitsmäßigen Begierden, die sie hereinwirft, zurückgewiesen und verbannt werden, dann bleibt allein das Wesen zurück, und die alte individuelle Prakriti des vitalen Begehrens ist nicht länger vorhanden – eine neue menschliche Natur wird gebildet, die auf die Wahrheit über ihr reagiert und nicht mehr auf die niedere Natur.

3. Die universale Prakriti bestimmt die Gewohnheit der Reaktion, und die Seele oder der Purusha nimmt sie an. Im Annehmen liegt die Verantwortlichkeit. Der Purusha ist derjenige, der zustimmt oder ablehnt. Im Tier reagiert das vitale Wesen auf die gewöhnlichen Lebenswellen, auch der Mensch reagiert auf sie, doch hat er die Möglichkeit einer mentalen Kontrolle. Er hat auch, sofern der mentale Purusha in ihm wach ist, die Macht zu wählen, ob er sich sein Begehren erfüllt oder sein Wesen darin übt, es zu überwinden. Schließlich besteht noch die Möglichkeit, eine höhere Natur herabzubringen, die dem Begehren nicht unterworfen ist, sondern nach einem anderen vitalen Prinzip handelt.

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Es ist für das individuelle Mental unmöglich, das Wirken des Kosmischen Willens zu verstehen, solange es in seiner Persönlichkeit eingeschlossen bleibt, denn die Normen des gewöhnlichen Bewusstseins sind hierauf nicht anwendbar. Eine Zelle im Körper, sofern sie bewusst ist, mag ebenfalls denken, dass das menschliche Wesen und seine Taten lediglich aus den Beziehungen und Wirkungsweisen einer Anzahl von Zellen hervorgehen, wie sie selbst eine ist, und nicht aus dem Wirken eines geeinten Selbstes. Erst wenn man in das Kosmische Bewusstsein eintritt, lernt man die Kräfte erkennen, die am Werk sind, und die Richtung, in der sie wirken; erst dann bekommt man eine Ahnung des Kosmischen Selbstes und des Kosmischen Mentals und Willens.

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Es gibt keine Unwissenheit, die nicht Teil der Kosmischen Unwissenheit ist, und erst in der Individualität wird sie ein begrenztes Gebilde, eine begrenzte Bewegung; die Kosmische Unwissenheit hingegen ist die gesamte Bewegung des Weltbewusstseins, das sich von der höchsten Wahrheit getrennt hat und in einer niederen Bewegung wirkt, in welcher die Wahrheit entstellt und vermindert und mit Falschheit und Irrtum vermischt und verhüllt ist. Kosmische Wahrheit ist der Standpunkt eines kosmischen Bewusstseins, von dem aus die Dinge in ihrer wahren Essenz gesehen werden, in ihrer wahren Beziehung zum Göttlichen und zueinander.

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Die kosmische Wahrheit ist diejenige Wahrheit der Dinge, die sich gegenwärtig im Universum ausdrückt. Die Göttliche Wahrheit ist unabhängig vom Universum, sie steht darüber und ist sein Ursprung.

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Die Erfahrungen des Yogi sind spirituelle Erfahrungen – nämlich die Erfahrung des Spiels der Kräfte und seiner Beziehung zum Selbst, die Erfahrung des Wirkens des Lenkenden, die Erfahrung dessen, was hinter der Erscheinungsform der Dinge und Geschehnisse usw. steht, des tatsächlichen und wirklichen Wirkens von Purusha und Prakriti usw. Die Göttliche Wahrheit ist die Wahrheit der Göttlichen Essenz, des Göttlichen Bewusstseins, des Selbstes, Wissens, Lichtes, der Göttlichen Macht und Seligkeit. Aus ihr stammt der Kosmos mit all seinen Bewegungen, doch ist sie mehr als der Kosmos.

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IX. Das Mental

Das Wort “Mental” bezieht im allgemeinen Sprachgebrauch unterschiedslos das gesamte Bewusstsein mit ein, denn der Mensch ist ein mentales Wesen und mentalisiert alles; doch in der Sprache dieses Yoga werden die Worte “Mental” und “mental” benutzt, um insbesondere den Teil der Natur zu bezeichnen, der mit Erkennen und Vernunft zu tun hat, mit Ideen, mit mentalen oder gedanklichen Wahrnehmungen, mit den Reaktionen des Gedankens auf die Dinge, mit wahren mentalen Regungen und Gestaltungen, mit mentaler Schau, mentalem Willen usw., die alle Teil seines Verstandes sind. Das Vital muss sorgfältig vom Mental unterschieden werden, auch wenn es von einem mentalen Element durchsetzt ist; das Vital ist die Lebensnatur, die sich aus Begierden, Gefühlen, Erregungen, Leidenschaften, Tat-Energien, dem Begierden-Willen und den Reaktionen der Begierden-Seele im Menschen zusammensetzt und aus jenem ganzen Spiel von besitzergreifenden und anderen, verwandten Instinkten, wie Ärger, Furcht, Gier, Lust usw., die alle in diesen Bereich der menschlichen Natur gehören. Mental und Vital werden an der Oberfläche des Bewusstseins miteinander vermengt, doch sind sie in sich ganz getrennte Kräfte; sobald man aber hinter das gewöhnliche Oberflächenbewusstsein gelangt, erkennt man sie als getrennt, man entdeckt ihren Unterschied und vermag mit Hilfe dieses Wissens ihre Vermengung an der Oberfläche zu analysieren. Es ist durchaus möglich und sogar üblich, dass das Mental während einer längeren oder kürzeren Zeit – manchmal während einer sehr langen Zeit – das Göttliche oder das yogische Ideal annimmt, während das Vital noch nicht überzeugt ist, sich nicht hingibt und widerspenstig seinen Weg des Begehrens, der Leidenschaft und des Hingezogenseins zum gewöhnlichen Leben fortsetzt. Ihre Verschiedenheit oder ihr Zwiespalt ist die Ursache der tieferen Schwierigkeiten der Sadhana.

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St. Augustin war ein großer Heiliger und ein Mann Gottes, doch sind große Heilige nicht immer – oder nicht oft – große Psychologen oder große Denker. Seine Psychologie hier ist von sehr oberflächlicher Art, wenn nicht überhaupt die des Mannes von der Straße; in ihr sind ebenso viele Fehler wie psychologische Äußerungen enthalten – und mehr, denn einige werden nicht direkt ausgedrückt, sondern gehen aus dem, was er schreibt, hervor. Ich bin mir bewusst, dass solche Fehler praktisch universal sind, denn die psychologische Forschung in Europa (und ohne Forschung gibt es kein stichhaltiges Wissen) steht erst an ihrem Anfang und ist noch nicht sehr weit gekommen; was bislang das Denken der Menschen beherrschte, ist eine oberflächliche Darstellung der oberflächlichen Erscheinungsformen unseres Bewusstseins, so wie sie sich uns auf den ersten Blick darbieten, und nichts sonst. Wissen beginnt jedoch erst, wenn wir uns von den Phänomenen der Oberfläche entfernen, um hinter ihnen ihr wahres Wirken und ihre Ursachen zu suchen. Für die oberflächliche Sicht des äußeren Mentals und der Sinne ist die Sonne ein kleiner feuriger Ball, der in der Luft um die Erde kreist, und die Sterne sind ein glitzerndes, winziges Etwas am Nachthimmel, vorhanden, um uns zu erfreuen. Wissenschaftliche Forschung macht diesen kindlichen “Auf-den-ersten-Blick-Eindruck” zunichte. Die Sonne ist ein ungeheures Etwas (Millionen Meilen von unserer Lufthülle entfernt), um das die kleine Erde kreist, und die Sterne sind unendlich ferne, gewaltige Bestandteile eines riesigen Systems und haben offensichtlich nichts mit der winzigen Erde und ihren Geschöpfen zu tun. Die Wissenschaft widerlegt den Eindruck der Sinne oder den oberflächlichen Anschein der Dinge und macht Wahrheiten geltend, die der gewöhnliche und ununterrichtete Verstand nicht ahnt. Dem gleichen Vorgang muss man in der Psychologie folgen, wenn man wirklich wissen will, was unser Bewusstsein ist, wie es aufgebaut und gemacht ist, was das Geheimnis seiner Wirkungsweise und der Ausweg aus seiner Unordnung ist.

Es gibt hier [bei Augustin] mehrere grundlegende und allgemeine Fehler:

1. Dass Mental und Spirit das gleiche sind.

2. Dass man von dem gesamten Bewusstsein als vom “Mental” sprechen kann.

3. Dass das gesamte Bewusstsein daher aus einer spirituellen Substanz besteht.

4. Dass der Körper lediglich Materie und nicht bewusst und daher etwas vom spirituellen Teil der Natur ganz und gar Verschiedenes ist.

Erstens, Spirit und Mental sind zwei verschiedene Dinge und sollten nicht miteinander verwechselt werden. Das Mental ist eine instrumentale Wesenheit oder ein instrumentales Bewusstsein, dessen Funktion es ist zu denken und wahrzunehmen – der Spirit ist eine essentielle Wesenheit oder ein essentielles Bewusstsein, das nicht zu denken oder wahrzunehmen braucht, weder auf dem Weg des Mentals noch auf dem der Sinne, denn all sein Wissen ist ein direktes oder essentielles Wissen, svayaṃprakāśa.

Als nächstes folgt, dass nicht alles Bewusstsein notwendigerweise spirituellen Charakter haben muss, und es braucht nicht wahr zu sein und ist nicht wahr, dass der Befehlende und der Befehlsempfänger dasselbe sind und nicht völlig verschieden, dass sie von der gleichen Substanz und daher aneinander gebunden sind oder zumindest miteinander übereinstimmen sollten.

Und drittens ist es nicht wahr, dass es das Mental ist, welches dem Mental befiehlt und sich selbst ungehorsam ist. Es gibt viele Ebenen des Mentals, und jede ist eine Kraft für sich mit ihren Formen, Wirkungsweisen und Interessen, und sie brauchen durchaus nicht übereinzustimmen. Ein Teil des Mentals mag spirituell beeinflusst sein und gern an das Göttliche denken und dem spirituellen Impuls folgen, ein anderer Teil mag rational ausgerichtet sein, wissenschaftlich oder literarisch, und es vorziehen, jenen Formen, Ansichten oder Zweifeln, jenen mentalen Vorlieben und Interessen zu folgen, die mit seiner Erziehung und Natur übereinstimmen. Doch ganz abgesehen davon mag das, was in St. Augustin befahl, sehr wohl das denkende Mental, der Verstand gewesen sein, während der Befehlsempfänger das Vital war – und Mental und Vital, was immer man sagen mag, sind nicht das gleiche. Das denkende Mental oder die buddhi lebt im Menschen – wenn auch unvollständig – durch den Verstand und die Vernunft. Andererseits besteht das Vital aus Begierden, Impulsen, Triebkräften, Gefühlen, Sinneswahrnehmungen, dem Suchen nach Lebenserfüllung, nach Besitz und Vergnügen; dies sind seine Funktionen und seine Natur; es ist jener Teil in uns, der das Leben und seine Bewegungen um ihrer selbst willen sucht und seinen Griff nicht lockern will, selbst wenn ihm dies ebensoviel oder sogar noch mehr Leiden als Freuden bringt; es ist sogar fähig, in Tränen und Leid als einem Bestandteil des Lebensdramas zu schwelgen. Was also hat der denkende Verstand mit dem Vital gemein, und warum sollte letzteres dem Mental gehorchen und nicht der eigenen Natur folgen? Der Ungehorsam ist vollkommen normal und nicht, wie Augustin meint, unerklärlich. Natürlich kann ein Mensch eine mentale Kontrolle über sein Vital errichten, und in dem Maße, wie er es tut, ist er ein Mensch – denn das denkende Mental ist ein edleres und erleuchteteres Wesen und Bewusstsein als das Vital und sollte aus diesem Grund das Übergewicht haben und hat es auch, vorausgesetzt, dass der mentale Wille stark ist. Doch diese Regel ist unsicher und unvollständig und besitzt nur Gültigkeit, wenn viel Selbstdisziplin vorhanden ist. Denn wenn auch das Mental erleuchtet ist, so steht das Vital doch der Erde umso näher und kann desto intensiver, kraftvoller und unmittelbarer den Körper beeinflussen. Es gibt auch ein vitales Mental, das von Phantasien lebt, von Wunschgedanken, von dem Willen, aus eigenem Impuls zu handeln und zu genießen; dieses ist fähig, vom Verstand als solchem Besitz zu ergreifen und ihn zu seinem Verbündeten zu machen, zu seinem rechtfertigenden Berater und Lieferanten von Vorwänden und Entschuldigungen. Es gibt auch die reine Kraft des Begehrens im Menschen, die Hauptstütze des Vitals, die stark genug ist, den Verstand fortzureißen – die Gita sagt: “wie ein Boot auf sturmbewegten Wassern”, nāvamivāmbhasi.

Und schließlich gehorcht zwar der Körper dem Mental automatisch in jenen Dingen, in denen zu gehorchen er geformt oder erzogen wurde, doch ist die Beziehung des Körpers zum Mental nicht immer die eines automatischen und vollkommenen Instrumentes. Der Körper hat ebenfalls ein eigenes Bewusstsein, und obwohl dies ein untermentales Instrument oder ein “dienendes” Bewusstsein ist, kann es ungehorsam sein oder in seinem Gehorsam versagen. In vielen Dingen, in Fragen der Gesundheit und Krankheit zum Beispiel, in allen automatischen Funktionen handelt der Körper selbständig und ist kein Diener des Mentals. Sobald er ermüdet, vermag er dem Willen des Mentals einen passiven Widerstand entgegenzusetzen. Er kann ihn mit tamas umwölken, mit Trägheit, Dumpfheit, mit den Schwaden des Unterbewussten, so dass das Mental nicht zu handeln vermag.... Wenn du der Hand befiehlst, eine gerade Linie zu ziehen oder Musik zu spielen, kann und wird sie es anfangs nicht tun. Sie muss geschult, geübt, belehrt werden, und dann tut sie automatisch, was man von ihr erwartet. All dies beweist, dass es ein Körper-Bewusstsein gibt, welches die Dinge auf Befehl des Mentals tun kann, jedoch zuerst geweckt und geschult und zu einem guten und bewussten Instrument gemacht werden muss. Es kann so sehr geschult werden, dass ein mentaler Wille oder Einfluss eine Krankheit des Körpers heilen kann. Doch all diese Dinge, diese Beziehungen zwischen Mental und Körper stehen im wesentlichen auf der gleichen Grundlage wie die Beziehungen zwischen Mental und Vital und sind keine so einfache und primäre Angelegenheit, wie Augustin es wahrhaben will.

Dies stellt das Problem auf eine andere Ebene, die Ursachen werden klarer, und wenn wir bereit sind, weit genug zu gehen, bietet sich der Ausweg an, der Weg des Yoga.

P. S. All dies hat nichts zu tun mit dem mitwirkenden und sehr wichtigen Faktor der vielfachen Personalität, dem die psychologische Forschung neuerdings auf noch ziemlich unbestimmte Weise Rechnung trägt. Dies ist eine noch verwickeltere Angelegenheit.

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Wenn das Mental dem Göttlichen und der Wahrheit zugewandt ist und ausschließlich oder hauptsächlich diese fühlt oder auf sie reagiert, kann es ein seelisches Mental genannt werden – es wurde durch den Einfluss des seelischen Wesens auf der mentalen Ebene geformt.

Das spirituelle Mental ist ein Mental, das sich in seiner Fülle des Selbstes bewusst ist und das Göttliche widerspiegelt, das die Natur des Selbstes und seine Beziehungen zur Manifestation erkennt und versteht, das darin lebt oder Kontakt dazu hat, das ruhig und weit und für das höhere Wissen offen ist und nicht durch das Spiel der Kräfte beunruhigt wird. Sobald es sein völlig befreites Stadium erreicht hat, wird sein zentraler Sitz meist über dem Kopf gefühlt, obwohl sein Einfluss sich nach unten durch das ganze Wesen und nach außen durch den Raum ausdehnen kann.

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Spirituelle Befähigung bedeutet lediglich die natürliche Befähigung für wahre spirituelle Erfahrung und Entwicklung. Man kann sie auf jeder Ebene erlangen, und ihr normales Ergebnis ist, dass man mit dem Selbst und den höheren Ebenen leicht in Kontakt kommt.

Das seelische Mental und die mentale Seele sind praktisch das gleiche – eine Regung des Mentals, in welcher der seelische Einfluss vorherrscht, wird die Seele im Mental oder das seelische Mental genannt.

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Das höhere Mental ist eine der Ebenen des spirituellen Mentals, und zwar die erste und niedrigste von ihnen; sie liegt über der normalen mentalen Ebene. Das innere Mental ist jenes, das hinter dem Oberflächen-Mental liegt (unserer gewöhnlichen Mentalität), und seine unmittelbare Erfahrung kann man allein durch die Sadhana erlangen (von seinen vṛttis im Oberflächen-Mental abgesehen, wie Philosophie, Poesie, Idealismus usw.). durch die man die Gewohnheit des Wesens, an der Oberfläche zu leben, durchbricht und sich tiefer nach innen wendet.

Das größere Mental ist ein allgemeiner Ausdruck, um jene Bereiche des Mentals zu bezeichnen, in die wir eintreten, wenn wir uns nach innen wenden oder in das kosmische Bewusstsein weiten.

Das wahre mentale Wesen ist nicht das gleiche wie das innere Mental – das wahre Mental, das wahre Vital, das wahre Physische ist gleichbedeutend mit dem Purusha der jeweiligen Ebene, der vom Irren und unwissenden Denken und Wollen der niederen Prakriti frei und unmittelbar dem Wissen und der Führung von oben zugänglich ist.

Der Ausdruck “höheres Vital” bezieht sich meist auf das vitale Mental und das Gefühls-Wesen, im Gegensatz zum mittleren Vital, das seinen Sitz im Nabel hat und dynamisch, sinnlich und leidenschaftlich ist und dem niedrigeren Vital, das aus den kleinen Regungen der menschlichen Lebensbegierden und Lebensreaktionen besteht.

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Alles hier, das strenggenommen zur Erdebene gehört, wird aus dem Unbewussten entwickelt, aus der Materie – doch das essentielle mentale Wesen besteht bereits, nicht involviert, auf der mentalen Ebene. Hier auf der Erdebene wird lediglich das persönliche Mental durch etwas entwickelt, das sich aus dem Unbewussten erhebt und sich unter einem Druck von oben entfaltet.

Die Neigung zu fragen und zu wissen ist an sich gut, doch muss sie unter Kontrolle gehalten werden. Was man für den Fortschritt in der Sadhana braucht, wird am ehesten durch ein Wachsen des Bewusstseins, der Erfahrung und des intuitiven Wissens gewonnen.

Über dem Scheitelpunkt des Kopfes befinden sich das universale oder Göttliche Bewusstsein und die Göttliche Kraft. Die Kundalini ist die latente Macht, die in den cakras ruht.

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Das eigentliche Mental gliedert sich in drei Teile – denkendes Mental, dynamisches Mental und sich ausdrückendes Mental – ersteres befasst sich mit Ideen und Wissen um ihrer selbst willen, das zweite mit dem Hervorbringen mentaler Kräfte zur Verwirklichung einer Idee, das dritte mit deren Ausdruck im Leben (nicht nur durch die Sprache, sondern in jeder Weise). Die Formulierung “physisches Mental” ist ziemlich zweideutig, da sie entweder das sich ausdrückende Mental oder insgesamt das Mental im Physischen bedeuten kann.

Das eigentliche vitale Mental ist eine Art Mittler zwischen vitalem Gefühl, Begehren, Impuls usw. und dem eigentlichen Mental. Es drückt Begierden, Gefühle, Erregungen, Leidenschaften, besitzergreifende und aktive Neigungen des Vitals aus und presst sie in mentale Formen (die reinen Phantasien oder die Träume von Größe, Glück usw., denen die Menschen sich hingeben, sind eine besondere Tätigkeitsform des vitalen Mentals). Es gibt ein noch niedrigeres Stadium des Mentals im Vital, das lediglich vitalen Stoff ausdrückt, ohne ihn irgendwie dem Verstand zu unterwerfen. Durch dieses mentale Vital erheben sich vitale Leidenschaften, Impulse und Begierden und gelangen in die buddhi, um diese entweder zu umwölken oder zu verzerren.

So wie das vitale Mental durch die vitale Anschauung und das vitale Gefühl gegenüber den Dingen begrenzt ist (während der dynamische Verstand dies nicht ist, denn er wird von der Idee und Vernunft geleitet), so ist auch das Mental im Physischen oder im Mental-Physischen durch die physische Anschauung und Erfahrung der Dinge begrenzt; es mentalisiert die Erfahrungen; die durch Kontakte mit dem äußeren Leben und den Dingen entstehen, geht aber über diese nicht hinaus (obwohl es dies auf sehr schlaue Weise zu tun vermag); es gleicht nicht dem sich ausdrückenden Mental, das sich mit den Dingen mehr vom Standpunkt der Vernunft und ihrer höheren Einsicht beschäftigt. Doch in der Praxis werden diese beiden gewöhnlich miteinander vermischt. Das mechanische Mental ist eine viel niedrigere Tätigkeitsform des mentalen Physischen, das, wäre es sich selbst überlassen, nur die gewöhnlichsten Ideen registrieren würde sowie die natürlichen Reflexe des physischen Bewusstseins auf die Kontakte mit dem äußeren Leben und den Dingen.

Das niedere Vital, das sich vom höheren unterscheidet, ist nur mit kleinen Lüsten, Leidenschaften und Begierden beschäftigt, die den täglichen Lebensstoff für den normal empfindenden Menschen ausmachen, während das eigentliche Vital-Physische das Nerven-Wesen ist, das vitale Reflexe auf den Kontakt von Dingen mit dem physischen Bewusstsein zeigt.

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Es ist ganz normal für den dynamischen und formgebenden Teil des Mentals, schneller tätig zu sein, als der reflektierende und unterscheidende Teil kontrollieren kann. Das Problem ist, eine Art Gleichgewicht und Harmonie zwischen beiden herzustellen.

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Das denkende Mental lenkt weder die Menschen, noch übt es einen Einfluss auf sie aus; es sind die vitalen Neigungen und das vitale Mental, die das Übergewicht haben. Das denkende Mental ist bei den meisten Menschen in den Fragen des Lebens lediglich ein Instrument des Vitals.

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Das wahre denkende Mental gehört nicht zum Physischen, es ist eine Kraft für sich. Das physische Mental ist jener Teil des Mentals, der sich nur mit physischen Dingen befasst. Es hängt vom Sinnen-Mental ab, sieht nur Objekte und äußere Tätigkeiten und bezieht seine Ideen aus den Daten, welche die äußeren Dinge ihm liefern; allein aus ihnen zieht es seine Rückschlüsse und kennt keine andere Wahrheit, bis es von oben erleuchtet wird.

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Das physische Mental kann sich nur mit äußeren Dingen befassen. In anderen Dingen muss man mit dem eigentlichen Mental denken (buddhi) und entscheiden, nicht mit dessen physischem Teil.

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Dieser Teil des Wesens kennt keine Vernunft [das physische Mental], er kennt allein seine Launen, seine Gewohnheiten oder die Neigung, tamasisch zu sein.

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Es ist das physische Mental, das sich gern alles leicht macht.

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Wiederholung ist eine Gewohnheit des mentalen Physischen, die nicht vom wahren denkenden Mental gewollt wird, sondern vom mentalen physischen oder vom niederen Teil des physischen Mentals.

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Dein Irrtum liegt hauptsächlich in der Beschreibung des physischen Teils des Mentals – was du beschrieben hast, ist das mechanisch-mentale Physische oder das Körper-Mental, das, sobald es sich selbst überlassen ist, einfach fortfährt, frühere gewohnte Gedanken und Regungen zu wiederholen, oder ihnen bestenfalls weitere mechanische Reaktionen auf Dinge und Reflexe, wie sie im gewöhnlichen Leben vorkommen, hinzufügt. Das wahre physische Mental ist der empfangende und formgebende Verstand, der zwei Funktionen hat – erstens, auf äußere Dinge einzuwirken, ihnen eine mentale Ordnung zu verleihen mit der Möglichkeit, sich praktisch mir ihnen auseinanderzusetzen; und zweitens, ein Kanal für die Materialisierung zu sein und alles zur Auswirkung zu bringen, was das denkende und dynamische Mental zu diesem Zweck herabsendet.

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Das mechanische Mental ist eine Art Maschine – was immer es empfängt, steckt es in diese Maschine und hört nicht auf, es ständig darin herumzuwälzen, gleichgültig was es ist.

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Die Natur des mentalen Physischen ist, ziellos die stattgefundene Bewegung fortzusetzen. Wir nennen es das mechanische Mental – es ist in der Kindheit stark ausgeprägt, da das denkende Mental noch nicht entwickelt ist und zudem nur einen engen Interessenkreis besitzt. Später wird sie [die mental-mechanische Bewegung] zu einer Unterströmung in den mentalen Tätigkeiten. Sie muss sich [bei dir] mit anderen Eigentümlichkeiten des mentalen Physischen erhoben haben, da unsere Arbeit [der Mutter und meine Arbeit der Umwandlung] jetzt bis hinunter ins Physische gelangt ist. Manchmal kommen diese Dinge auch auf, wenn das Schweigen des Mentals eintritt, doch letzten Endes werden auch sie sich beruhigen.

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Du scheinst, deiner Beschreibung zufolge, mit dem mechanischen Mental in Berührung gekommen zu sein, dessen Natur es ist, sich fortwährend mit den eintretenden Gedanken im Kreise zu bewegen. Dies geschieht manchmal, wenn das denkende Mental still ist, und ist eine Eigenart des physischen Mentals; du solltest dich dadurch weder stören noch beunruhigen lassen, sondern erkennen, was es ist und es zur Ruhe bringen oder Kontrolle über seine Bewegungen erlangen.

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Das vitale Mental ist meist energisch und schöpferisch selbst in seinen mehr mechanischen Regungen, daher muss es [bei dir] das physische Mental sein. das sich im Kreise dreht. Dieses und das mechanische Mental sind am beharrlichsten doch werden auch sie ruhig, sobald der Friede und das Schweigen mächtig und vollständig werden. Nachher beginnt das Wissen von den höheren Ebenen zu kommen – zunächst vom Höheren Mental, was eine neue Art Gedankentätigkeit, ein neues Wahrnehmungsvermögen schafft, die das gewöhnliche Mental ersetzen. Dies geschieht zuerst im denkenden Mental, dann aber auch im vitalen und physischen Mental, so dass sie alle eine Umwandlung erfahren. Diese Art des Denkens ist nicht ziel– und rastlos, sondern genau und sinnvoll – sie findet nur dann statt, wenn man sie braucht oder ruft, und sie stört das Schweigen nicht. Überdies ist das Element dessen, was wir Gedanken nennen, dort zweitrangig, und an seine Stelle tritt das, was man als erkennende Wahrnehmung bezeichnen könnte (Intuition). Doch solange das Mental einer vollständigen Stille nicht fähig ist, kommt entweder dieses höhere Wissen, Denken und Wahrnehmen nicht herab oder nur zum Teil, wobei sie aber dann Gefahr laufen sich mit dem niedrigeren [Wissen] zu vermischen oder von ihm nachgeahmt zu werden – und das ist lästig und hinderlich. Daher ist die Stille notwendig.

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Sobald das höhere Bewusstsein das mechanische Mental ergreift, ist dieses nicht länger mechanisch.

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Die Ausdrücke manas usw. [Mental] gehören der gewöhnlichen Psychologie an und werden für das Oberflächenbewusstsein verwendet. In unserem Yoga verwenden wir eine andere Bezeichnung, die sich auf yogischer Erfahrung gründet. Zweierlei reagiert auf diese Regung des manas – ein Teil des physischen Mentals, das mit dem Physisch-Vitalen verbunden ist. Es empfängt etwas von den physischen Sinnen und übermittelt dies der buddhi ,– das heißt dem einen oder anderen Teil des denkenden Mentals. Dann empfängt es wiederum von der buddhi zurück und übermittelt Idee und Willen den Organen der Sinneswahrnehmung und Tat. All dies ist unumgänglich in der gewöhnlichen Bewusstseinstätigkeit. Im normalen Bewusstsein jedoch wird alles miteinander vermengt, und es gibt keine klare Ordnung und Regel. Im Yoga hingegen wird man sich der verschiedenen Wesensteile und ihres eigentlichen Wirkens bewusst und ordnet jedem von ihnen unter der Kontrolle des höheren Bewusstseins oder auch der Göttlichen Macht seinen Platz zu. Zu einem späteren Zeitpunkt wird alles mit spirituellem Bewusstsein durchtränkt, und die verschiedenen Teile des Wesens gelangen zu einer automatisch richtigen Wahrnehmung, da sie gänzlich von oben kontrolliert werden und diese Anweisungen weder fälschen noch sich gegen sie auflehnen oder sie durchkreuzen können.

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Im physischen Mental kann es eine denkende Vernunft und Koordinierung geben, die die buddhi aussendet und die von der alten Psychologie möglicherweise nicht dem manas zugeschrieben würde. Dennoch korrespondiert der größere Teil der physischen Mentaltätigkeit mit manas das jedoch viel von dem mit einbezieht, was wir dem vitalen Mental und dem Nerven-Wesen zuschreiben würden. Es ist ein wenig schwierig, die alte Ausdrucksweise mit derjenigen dieses Yoga gleichzusetzen, denn erstere geht von der vermischten Oberflächentätigkeit aus und versucht, diese zu analysieren, während in diesem Yoga das, was an der Oberfläche vermischt ist, getrennt und im Licht eines tiefen inneren Wirkens gesehen wird, das der oberflächlichen Sicht verborgen bleibt. Daher mussten wir eine andere Art der Bezeichnung übernehmen.

Das physische Mental muss sich zuerst dem höheren Bewusstsein öffnen, dann fallen seine Begrenzungen weg, es anerkennt das Überphysische und beginnt, die Dinge im Gleichklang mit dem höheren Wissen zu sehen. Es wird zu einem Instrument, das dieses Wissen in der praktischen Erkenntnis und den praktischen Tätigkeiten des physischen Lebens ausdrückt. Es sieht die Dinge, wie sie sind, und behandelt sie entsprechend der größeren Wahrheit und mit einer automatischen Richtigkeit der Wahrnehmung, des Willens und der Reaktion auf äußere Einwirkungen.

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Ich gebrauche diese Ausdrücke im allgemeinen nicht [manas, usw.] – sie gehören der psychologischen Ausdrucksweise des alten Yoga an.

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Die Funktion von manas ist, Dinge zu fühlen, mental auf Objekte zu reagieren und diese Eindrücke der buddhi zu vermitteln.

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citta ist die allgemeine Substanz des mentalen Bewusstseins, die manas und alles übrige stützt– sie ist ein unbestimmtes Bewusstsein, das in Gedanken und Erinnerungen deutlich wird, in Wünschen, Gefühlen, Wahrnehmungen, Impulsen und Empfindungen (cittavṛtti).

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citta ist jenes Bewusstsein, aus dem alles geformt wird, doch geschieht dies mit Hilfe des Mentals, des Vitals oder einer anderen Kraft, die gleichsam die Instrumente der citta für deren Selbstausdruck sind.

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Beides ist richtig. Die citta empfängt diese Dinge, gibt sie zur Gestaltung an das Vital und Mental, und alles wird der buddhi übermittelt; doch die citta empfängt auch Gedanken von der buddhi und wandelt diese in Begierden, Gefühle und Impulse um.

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Die citta empfängt nicht die Begierden und Gefühle von der buddhi. Sie empfängt die Gedanken von der buddhi und wandelt sie in Begierden um.

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In der citta findet immer oder wenigstens im allgemeinen eine abgewandelte Reaktion auf Gedanken statt, die von außen empfangen werden; es sei denn sie empfängt diese einfach und speichert sie, ohne sie an die Instrumente weiterzuleiten.

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Da es die alleinige Aufgabe der citta ist, von oben oder unten oder aus dem Umkreis zu empfangen, muss sie dies immer tun und kann nicht von sich aus entscheiden, was sie empfangen soll und was nicht. Es muss ihr von der buddhi, dem vitalen Willen oder einer höheren Kraft geholfen werden. Später, wenn das höhere Bewusstsein herabkommt, beginnt sie, sich zu wandeln und wird einer automatischen Zurückweisung dessen fähig, was nicht wahr und Rechtens oder dem Wachsen des Göttlichen im Wesen nicht förderlich ist.

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citta bedeutet tatsächlich das gewöhnliche Bewusstsein, welches das Mental, Vital und das Physische mit einbezieht; doch in der Praxis kann sie als etwas Zentrales im Bewusstsein angesehen werden. Wenn diese im Göttlichen wurzelt, folgt das übrige als ein natürliches Ergebnis mehr oder weniger rasch nach.

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Die citta ist dem Herzen nicht nahe; wenn du die Substanz des niederen Bewusstseins meinst, so hat diese keinen bestimmten Ort. Alle Dinge dieses Lebens sind in diesem Bewusstseinsstoff enthalten, doch ist die Erinnerung an vergangene Leben verhüllt und woanders involviert. Das Herz ist für die meisten Menschen das Hauptzentrum dieses Bewusstseins, daher kommt es, dass du seine Tätigkeiten auf dieser Ebene zentriert fühlst.

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Es gibt einen unterbewussten Teil der citta, der den vergangenen Eindruck von Dingen bewahrt und ihre Formen in das Traumbewusstsein sendet oder aber die Gewohnheit alter Regungen beibehält und diese emporsendet, wann immer sich Gelegenheit bietet.

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Wenn das Wort vāsanā (im Yoga-vasistha) gebraucht wird, heißt es nicht “Begehren”. Es bedeutet gewöhnlich die Idee oder das mentale Gefühl, das sich aus der citta erhebt, wie Vorstellungen, Eindrücke, Erinnerungen usw.. Eindrücke von Gefallen und Missfallen, von Schmerz und Vergnügen. Was Vasistha sagen will, ist, dass Vorstellungen. Eindrücke und Impulse, die im gewöhnlichen Menschen zur Tat führen, sich aus der citta erheben, während jene, die sich im Jivanmukta erheben, direkt aus dem sattva stammen, dem essentiellen Bewusstsein des Wesens – in anderen Worten, bei ihm sind es keine mentalen, sondern spirituelle Formungen. Man könnte sagen, statt cittavṛtti sind es sattvapreraṇā, direkte Hinweise des inneren Wesens auf das, was gedacht, gefühlt oder getan werden muss. Sobald die citta nicht länger aktiv ist und das Mental zur Ruhe gelangt, tritt mukti ein, und ohne sie kann niemand zum Jivanmukta werden; erst dann wird das, was bleibt und wahrnimmt und die Dinge fühlt, als essentielles Bewusstsein empfunden, das Bewusstsein des wahren Selbstes oder des wahren Wesens.

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Ich glaube, mahat ist das essentielle und ursprüngliche Grundgefüge des Bewusstseins in der Prakriti aus dem die Individualität und Gestaltung kommen.

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Tanmatra ist lediglich die Grundlage der Materie. Im Sankya ist die Grundlage der Prakriti Pradhana, aus der die buddhi und alles übrige stammt. Im Vedanta ist es die spirituelle Substanz, aus der alles stammt.

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X. Das vitale Wesen (Das Vital)

Es gibt vier Teile des vitalen Wesens – zuerst (1) das mentale Vital, das den Gefühlen, Begierden, Leidenschaften, Erregungen und anderen Bewegungen des vitalen Wesens mit Hilfe von Gedanken, der Sprache und anderem mentalen Ausdruck verleiht; dann (2) das emotionale Vital, das der Sitz verschiedener Gefühle, wie Liebe, Freude, Sorge, Hass usw. ist; (3) das zentrale Vital, das die stärkeren vitalen Sehnsüchte und Reaktionen beherbergt, wie Ehrgeiz, Stolz, Furcht, Neigung zu Ruhm, Angezogen– und Abgestoßensein, Begierden, Leidenschaften aller Art, und den Bereich vieler vitaler Energien; schließlich (4) das niedere Vital, das mit den kleinen Wünschen und Gefühlen beschäftigt ist, die den größeren Teil des täglichen Lebens ausmachen, zum Beispiel das Verlangen nach Nahrung, nach Sex, die kleinen Neigungen und Abneigungen, Eitelkeit, Streit, Ruhmsucht, Ärger bei Tadel, kleine Wünsche aller Art, und ungezählte andere Dinge. Ihre jeweilige Lage ist erstens der Bereich vom Hals bis zum Herzen, zweitens das Herz (es ist ein zweifaches Zentrum, das im Vordergrund dem Emotional und Vital angehört und dahinter der Seele), drittens vom Herz bis zum Nabel, viertens unterhalb des Nabels.

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Es gibt einen Teil der menschlichen Natur, den ich das vitale Mental genannt habe; Aufgabe dieses Mentals ist nicht zu denken oder zu urteilen, Dinge wahrzunehmen, sie zu erwägen, ausfindig zu machen oder einzuschätzen – denn dies ist die eigentliche Aufgabe des denkenden Mentals, buddhi –, sondern zu planen, zu träumen oder sich vorzustellen, was getan werden könnte. Es lässt in sich Gestaltungen für die Zukunft erstehen, und der Wille kann versuchen, sie auszuführen, wenn Gelegenheit und Umstände günstig sind, oder sogar daran arbeiten, sie für sich günstig zu gestalten. Im Menschen der Tat ragt diese Fähigkeit hervor und beherrscht seine Natur; ausgeprägte Tatmenschen besitzen sie immer in hohem Ausmaß. Doch selbst wenn man nicht ein Mensch der Tat oder praktischen Verwirklichung ist, wenn die Umstände ungünstig sind oder man nur kleine und gewöhnliche Dinge tun kann, ist dieses vitale Mental gegenwärtig. Es wirkt dann in nur kleinen Umfang in einem, und wenn es ein Gefühl von Größe braucht, plant es sehr häufig ins Leere, wohl wissend, dass seine Pläne nicht verwirklicht werden können; oder aber es stellt sich große Dinge vor, große Taten, Abenteuer, in denen man selbst der Held oder die auslösende Kraft ist. Das, was in dir vorgeht, ist der Ansturm des vitalen Mentals oder der vitalen Phantasie, die ihre Formen schafft: sein Wirken ist nicht allein für dich kennzeichnend, es wirkt vielmehr auf ähnliche Weise in den meisten Menschen – doch in jedem so wie es seinen Neigungen und Interessen, seinen bevorzugten Ideen oder Wünschen entspricht. Du musst seiner Tätigkeit Herr werden und darfst ihm nicht erlauben, dein Mental zu ergreifen und mit sich fortzureißen, wann und wohin es will. Sobald die ersten Erfahrungen in der Sadhana stattgefunden haben, wird es außerordentlich wichtig, nicht mehr zu dulden, dass diese Macht mit dir tut, was sie will; denn sonst schafft sie falsche Erfahrungen, wie es ihrer Natur entspricht, und weiß den Sadhak zu überzeugen, dass es sich um echte handelt, oder sie formt unwirkliche Gebilde und überredet ihn, dass er diesen folgen soll. Einige wurden von dieser irreführenden Kraft fortgerissen, die, von den Mächten der Falschheit benutzt, diese glauben machte, sie hätten ein großes spirituelles, politisches oder soziales Werk in der Welt zu verrichten, was dann zu Enttäuschung und Versagen führte. Sie erhebt sich deshalb in dir, damit du verstehen lernst, was sie ist, und sie zurückweist. Denn es gibt Verschiedenes, was du aus der vitalen Ebene eliminieren musst, bevor die tieferen oder größeren spirituellen Erfahrungen sicher eintreten oder gefahrlos sich fortsetzen können.

Die Herabkunft des Friedens ist häufig eine der ersten großen positiven Erfahrungen der Sadhana. In diesem Stadium des Friedens wird das normale denkende Mental (buddhi) still oder vermindert den größten Teil seiner Aktivität; sobald dies jedoch der Fall ist, bricht sehr häufig, sofern man nicht auf der Hut ist. das vitale Mental ein, oder aber eine Art von mechanisch-physischem oder ziellosem, unterbewusstem Mental beginnt aufzusteigen und zu wirken; dies stört die Stille am meisten. Oder aber das niedere Vital versucht zu stören; das läßt dann das Ego aufkommen und die Leidenschaften mit ihrem Spiel. All dies sind Anzeichen von Elementen, die man loswerden muss; denn wenn sie fortbestehen, und andere, höhere Mächte herabzukommen beginnen – die [göttliche] Macht und Kraft, das Wissen, die Liebe oder der Ananda –, dann stoßen sie auf diese niederen Dinge, mit dem Ergebnis, dass entweder das höhere Bewusstsein sich zurückzieht oder sein Herabkommen verdeckt und der Impuls, der von ihm ausgeht, für die Zwecke der niederen Natur missbraucht wird. Das ist der Grund, warum viele Sadhaks, nachdem sie große Erfahrungen hatten, in den Griff eines vergrößerten Egos geraten und Opfer von Umwälzungen und Ehrgeiz, übertriebenem Sex-Verlangen oder anderen vitalen Leidenschaften oder Verzerrungen werden. Es ist daher immer gut, wenn der positiven Erfahrung eine vollständige Läuterung des Vitals entweder vorausgeht oder mit ihr Schritt hält, zumindest in Naturen, die ein starkes Vital besitzen.

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Das vitale Mental ist das Mental eines dynamischen (und nicht eines rationalisierenden) Willens und Tuns und Begehrens – es hat etwas mit Kraft zu tun, mit Leistung und Befriedigung, mit Besitzergreifung, mit Freude und Leiden, Geben und Nehmen, mit Wachstum und Ausbreitung, Erfolg und Misserfolg, Glück und Unglück usw. usw.

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Das vitale Denken drückt vitale Regungen aus, das Spiel vitaler Kräfte, es beschäftigt sich mit ihnen, aber nicht frei und unabhängig, wie es das denkende Mental tun kann. Das wahre denkende Mental vermag über den vitalen Regungen zu stehen, sie frei wahrzunehmen, zu beobachten und zu beurteilen, so wie es äußere Dinge beobachten und beurteilen würde. In den meisten Menschen jedoch ist das denkende Mental (die Vernunft) vom vitalen Mental überflutet und nicht frei.

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Die gewöhnliche Aktivität des vitalen Mentals besteht darin, sich immer etwas vorzustellen, zu denken und zu planen, was mit diesem zu tun ist und wie jenes geordnet werden kann. Es hat in der menschlichen Natur, im menschlichen Handeln offenbar seinen Wert, doch handelt es auf eine zufällige und übertriebene Weise, ohne Disziplin, ohne seine Macht einzuteilen, ohne Konzentration auf die Dinge, die wirklich geschehen müssen.

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Was auf diese Weise im Wachen oder Schlafen zu dir kommt, ist charakteristisch für die Vorstellungen des vitalen Mentals, die es über die Dinge, die Arbeit und alles, das sich dem Mental darbietet hat, sowie für seine Art tätig zu sein. Die vitale Phantasie im Menschen ergreift alle diese sich dem Mental darbietenden Dinge und macht sich Vorstellungen, sinnt darüber nach, formt Ideen oder Pläne für die Zukunft usw. usw. Sie hat ihren Nutzen für das Bewusstsein im gewöhnlichen Leben, doch muss sie beruhigt und durch das höhere Wirken im Yoga ersetzt werden. Im Schlaf ist es ebenfalls die vitale Ebene, in die du eintrittst. Die Erfahrungen auf der vitalen Ebene sind, wenn sie richtig gesehen und koordiniert werden, von Wert und vermitteln sowohl ein nützliches Wissen als auch die Kontrolle über das vitale Selbst und die vitale Ebene. Doch die Ursache der Störung ist das, was in unzusammenhängender Weise über das Unterbewusste in dich eindringt. All das muss beruhigt werden, und wir werden versuchen, dass es geschehe. Als ich davon sprach, dass du dich öffnen solltest, meinte ich lediglich, du solltest dir einprägen, dass die Hilfe kommt, und den Willen haben, diese anzunehmen – nicht dass du dich unbedingt um das Sich-Öffnen abmühen solltest.

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Der Ursprung, aus dem diese Phantasien stammen, hat mit Vernunft nichts zu tun und kümmert sich um keine rationalen Einwände. Diese kommen entweder aus dem vitalen Mental, nämlich jener Quelle, aus der all die schönen Phantasien und langen Geschichten stammen, welche die Menschen sich selbst erzählen, in denen sie Helden sind und große Dinge tun; oder aber sie stammen von kleinen Wesenheiten, die mit dem physischen Mental verbunden sind und zufällige Eingebungen irgendwo auflesen und sie dem Mental darbieten, nur um zu sehen, ob sie angenommen werden. Wenn man sich genau beobachtet, kann man erkennen, dass die seltsamsten, außergewöhnlichsten und unsinnigsten Dinge das Mental durchkreuzen, oder auf diese Weise zum Vorschein kommen. Meist lacht man darüber oder bemerkt sie kaum, und diese Dinge fallen in die Welt des unzusammenhängenden Denkens zurück, aus der sie kamen.

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Es ist wiederum das vitale Mental. Es hat kein Gefühl für Proportion oder Maß und will auf einmal etwas Großes erreichen oder sein.

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[Tagträume] All das ist das vitale Mental; die Gewohnheit solcher Vorstellungen ist in jedermann. Es ist nicht sehr wichtig, doch muss man sich davon befreien, da sie das Ego zur Grundlage hat.

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Das vitale Mental kann in einer gewöhnlichen Natur ohne diese Vorstellungen nicht auskommen, und daher besteht die Gewohnheit lange Zeit fort. Sich davon abzulösen und gleichgültig zu werden ist das beste, dann kann es nach einer gewissen Zeit all dem überdrüssig werden und die Gewohnheit fallenlassen.

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Diese Art, geistig zu einer anderen Person zu sprechen, ist durchaus charakteristisch für das vitale Mental. Es ist seine Eigenart, auf der feinstofflichen Ebene auf die Dinge, an denen es interessiert ist, einzuwirken, besonders dann, wenn man die körperliche Tätigkeit eingestellt oder eingeschränkt hat.

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Die Frage des emotionalen und höheren Vitals ist ziemlich schwierig. In einer Einteilung, in welcher das Mental mehr ist als die denkende, wahrnehmende und wollende Vernunft, kann das Emotional als ein Teil des Mentals angesehen werden, nämlich als das Vital im Mental. In einer anderen Einteilung würde man es eher als den Teil der vitalen Natur betrachten, der am meisten mentalisiert ist. Im ersten Fall wird der Ausdruck “Höheres Vital” auf jene größere Regung der bewussten Lebenskraft angewendet, deren Wirkungsfeld das Erschaffen ist, die Macht, die Kraft, die Besitzergreifung, das Geben und Selbstgeben, das Empfangen aus der Welt zu weiterem Wirken und Verausgaben der Macht, das Sich-Hinauswerfen in die umfassenderen Lebensregungen, die Empfänglichkeit für die größeren Ziele der Natur. In der zweiten Art der Einteilung steht das emotionale Wesen an der Spitze der vitalen Natur, und beide zusammen bilden das höhere Vital. Ihnen steht das niedere Vital gegenüber, das die kleineren Regungen des Handelns und Begehrens umfasst und sich bis hinunter in das Vital-Physische erstreckt, wo es das Leben der mehr äußerlichen Tätigkeiten unterstützt sowie alle körperlichen Gefühlsregungen, Begierden, Sehnsüchte, Befriedigungen. Der Ausdruck “niedriger” darf nicht in einem herabsetzenden Sinne aufgefasst werden; er bezieht sich lediglich auf die Stellung in der Hierarchie der Ebenen. Denn obgleich dieser Teil in der Natur der Erdenwesen sehr zu Dunkelheit neigt und voller Verzerrungen ist – Lust und Gier aller Art, Eitelkeit, kleiner Ehrgeiz, Ärger, Neid. Eifersucht sind dort normalerweise zu Hause –, hat er dennoch eine andere Seite, die ihn zu einem unerlässlichen Mittler zwischen dem inneren Wesen und dem äußeren Leben macht.

Es stimmt nicht, dass jede seelische Erfahrung sich in einer geläuterten und richtig gelenkten vitalen Strömung verkörpert; dies geschieht, wenn sie sich in einer Tat ausdrücken will. Seelische Erfahrung als solche ist etwas ganz Unabhängiges und besitzt ihre eigenen, charakteristischen Formen. Das seelische Wesen steht hinter allen anderen; seine Kraft ist die wahre Seelenkraft. Doch wenn es hervortritt, vermag es alles übrige zu durchdringen, und Mental, Vital und das physische Bewusstsein können durch seinen Einfluss geprägt und umgewandelt werden. Wenn die menschliche Natur richtig entwickelt ist, dann hat sowohl das Mental als auch das Vital und Physische eine Seele. Erst wenn diese vorhanden und stark ist, können wir von jemandem sagen, er habe tatsächlich eine Seele. Doch es gibt Menschen, in denen dieses Element so sehr fehlt, dass wir uns an den Glauben halten müssen, wenn wir eine Seele in ihnen vermuten wollen. Das Zentrum des seelischen Wesens liegt hinter dem Zentrum des emotionalen Wesens; das Emotional ist es, das der Seele dynamisch am nächsten steht, und in den meisten Menschen kann die Seele am einfachsten durch das emotionale Zentrum erreicht und mit Hilfe der durchseelten Emotion ausgedrückt werden. Daher wird das eine mit dem anderen von vielen verwechselt, doch liegt eine Welt des Unterschieds zwischen beiden. Die Gefühle sind ihrem Charakter nach normalerweise vital und kein Bestandteil der seelischen Natur.

Man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass diese Einteilung für eine psychologische Selbsterkenntnis, Disziplin und Übung zwar unerlässlich ist, am besten aber angewendet werden kann,wenn man sie nicht zu starr und formelhaft auffasst. Denn diese Dinge gehen stark ineinander über, und das Gefühl für die Synthese dieser Mächte ist ebenso notwendig wie die Analyse. So gibt es zum Beispiel überall ein Mental. Das physische Mental befindet sich genau genommen unterhalb des Vitals, und dennoch ist es eine Fortsetzung des eigentlichen Mentals und kann in seinem Bereich durch den direkten Kontakt mit der höheren mentalen Intelligenz wirken. Und es gibt auch ein dunkles Mentals des Körpers, selbst der Zellen, Moleküle und Korpuskeln. Haeckel, der deutsche Materialist, spricht irgendwo vom Willen im Atom; die Wissenschaft, welche in letzter Zeit die unberechenbare, individuell verschiedene Wirkungsweise der Elektronen erforscht, erkennt dunkel, dass dies keine Einbildung ist, sondern der Schatten einer geheimen Wirklichkeit. Dieses Körper-Mental ist eine sehr, spürbare Wahrheit; infolge seiner Dunkelheit, seines mechanischen Anklammerns an vergangene Regungen, seiner schnellen Vergesslichkeit, seiner Zurückweisung des Neuen sehen wir in ihm eines der Haupthindernisse für die Durchdringung durch die supramentale Kraft und für die Umwandlung der Körperfunktionen. Andererseits, wenn es einmal wirksam umgewandelt ist, wird es eines der kostbarsten Instrumente für die Stabilisierung des supramentalen Lichtes und der supramentalen Kraft in der stofflichen Natur sein.

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Es ist nicht möglich, mit einiger Genauigkeit zu sagen, welcher Art der Widerstand in den höheren vitalen Teilen sein und welche Form er annehmen wird, da er in verschiedenen Naturen verschiedene Formen annehmen kann. Es ist ganz normal, dass beinahe an jedem Punkt ein gewisser Widerstand gegen die Herabkunft des höheren Bewusstseins vorhanden sein wird, denn jeder der verschiedenen Teile der gegenwärtigen Natur ist mehr oder weniger an seine eigene, festgefahrene Weise zu sehen, zu handeln und zu fühlen gebunden, an seine Reaktion auf Dinge und an die gewohnten Regungen und Gestaltungen seines eigenen Bereiches, die sich jede Individualität in einem vergangenen oder gegenwärtigen Leben gebildet hat. Was benötigt wird, ist eine allgemeine Plastizität des Mentals, des Vitals, des physischen Bewusstseins, eine Bereitschaft, alles Verhaftetsein an diese Dinge aufzugeben und anzunehmen, was immer das höhere Bewusstsein mit sich herabbringt, wie sehr es auch den bereits vorhandenen Ideen, Gefühlen und Gewohnheiten der Natur zuwiderlaufen mag. Je größer die Plastizität in einem Teil der menschlichen Natur, umso geringer ist der Widerstand dort.

Mit den höheren vitalen Teilen der Natur meine ich das vitale Mental, die emotionale Natur, die Dynamik der Lebenskraft des Wesens. Das vitale Mental ist jener Teil des vitalen Wesens, der baut, plant, sich vorstellt, der Dinge und Gedanken gemäß den Lebensimpulsen ordnet, gemäß den Begierden, dem Machtwillen oder Besitzwillen, dem Willen zur Tat, den Empfindungen, den vitalen Ego-Reaktionen der menschlichen Natur. Es muss unterschieden werden vom Vernunfts-Willen, der die Dinge gemäß den Anordnungen des eigentlichen denkenden Mentals und der unterscheidenden Vernunft ordnet und plant oder gemäß der geistigen Intuition oder einer direkten Einsicht und Meinung. Das vitale Mental gebraucht das Denken, nicht um der Vernunft zu dienen, sondern dem Lebensimpuls, der Lebenskraft, und wenn es die Vernunft zu Hilfe ruft, benützt es diese, damit sie die Anordnungen jener Mächte rechtfertige, und zwingt deren Anordnungen der Vernunft gleichsam auf, anstatt mit Hilfe eines unterscheidenden Willens die Tätigkeit der Lebenskräfte zu beherrschen. Dieses höhere Vital mit all seinen Teilen befindet sich in der Brust und hat seinen Sitz im Herzzentrum, es regiert diesen ganzen Teil bis hinunter zum Nabel. Ich brauche nichts über die emotionale Natur zu sagen, denn ihre Eigenarten und Regungen sind allen bekannt. Vom Nabel abwärts ist es die Herrschaft der vitalen Leidenschaften und Gefühle und all der kleinen Lebensimpulse, die den Hauptbestandteil des gewöhnlichen menschlichen Lebens und Charakters bilden. Dies nennen wir die niedere vitale Natur. Das mūlādhāra-Zentrum ist die Hauptstütze des physischen Bewusstseins und der stofflichen Teile der menschlichen Natur.

Der antarātman ist die Seele, jener Teil des Göttlichen, der die innerste Grundlage der sich entwickelnden Individualität ist; sie stützt Mental, Leben und Körper, die instrumentalen Teile der menschlichen Natur, mit deren Hilfe sie versucht, aus dem stofflich Unbewussten dem göttlichen Licht und der göttlichen Unsterblichkeit, ihrem eigentlichen Wesen entgegenzuwachsen. Die Begrenzung ihrer Instrumente zwingt sie zur Annahme der niederen Regungen und zu einem Kompromiss zwischen Seele und Natur, der jene Bewegung verzögert; sie bezieht jedoch gleichzeitig die Mittel ihres Fortschritts aus diesem Austausch. Das seelische Wesen ist die Seelen-Form oder Seelen-Personalität, die sich mit Hilfe der Evolution entwickelt und von Leben zu Leben wandert, bis alles für die höhere Evolution jenseits der Unwissenheit bereit ist.

Die Verwirklichung des seelischen Wesens, sein Erwachen und Hervortreten hängen hauptsächlich davon ab, inwieweit man eine persönliche Beziehung zum Göttlichen entwickeln kann, eine Beziehung der bhakti, der Liebe, des Vertrauens und Selbstgebens, inwieweit man die Beharrlichkeiten des trennenden und rechthaberischen mentalen, vitalen und physischen Egos zurückweisen kann.

Über die letzte Frage kann ich wenig sagen. Sanatkumar ist, soviel ich weiß, einer der vier geistgeborenen Söhne Brahmans; daher kann er nicht identisch sein mit Skanda, der ein Sohn Shivas ist.

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Das emotionale Wesen ist ein Teil des Vitals.

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Das Herz ist das Zentrum des emotionalen Wesens, und Emotionen sind vitale Regungen. Sobald das Herz geläutert ist, wandeln sich die vitalen Emotionen in seelische Gefühle oder auch in durchseelte vitale Regungen.

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Es können sich reine, wahre Gedanken und Emotionen aus dem menschlichen Mental, dem Herzen und Vital erheben, denn nicht alles ist dort schlecht. Das Herz mag ungeläutert sein, doch bedeutet das nicht, dass alles dort unrein ist.

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Das vitale Mental befindet sich über dem Herzen, doch wenn eine Gefühlsregung aufkommt, so ist das etwas Niedrigeres und nicht etwas Höheres als die Emotion.

Die Gefühlsregung steht dem Physischen viel näher als die Emotion.

Der Ort des Begehrens liegt unterhalb des Herzens im zentralen Vital (Nabel) und im niederen Vital, doch bewegt dieses auch die Emotion und das vitale Mental.

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Ich unterscheide (zwischen niederen vitalen Regungen und den Gefühlen des Herzens), indem ich untersuche, von woher sich diese Dinge erheben. Ärger, Furcht, Eifersucht berühren ohne Zweifel das Herz, genauso wie sie das Mental berühren, doch sie erheben sich aus dem Nabelbereich und den Eingeweiden, also dem niederen oder bestenfalls mittleren Vital. Stevenson beschreibt in einem fesselnden Abschnitt in “Entführt”, wie der Held bemerkt, dass seine Furcht eigentlich nicht aus dem Herzen, sondern aus dem Magen kommt. Liebe und Hoffnung haben ihren ursprünglichen Sitz im Herzen, Mitleid usw. ebenso.

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Freude ist ein vitales Gefühl, genauso wie ihr Gegenteil, als Leid.

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Doch ist es wirklich wahr, dass Ärger, der aus dem niederen Vital stammt und daher dem Körper nahe ist, immer diese Auswirkung zeitigt (nämlich physische Anzeichen, wie Aufwallen in der Brust, Erröten des Gesichtes, usw.)? Natürlich vermag der Psychologe nicht zu erkennen, wenn jemand ärgerlich ist, außer es zeigen sich bei ihm physische Anzeichen; er kann aber auch nicht wissen, was ein Mensch denkt, außer dieser spricht es aus oder schreibt es nieder; folgt nun hieraus, dass der Zustand des Denkens nicht erkannt werden kann, ohne sich im Sprechen oder Schreiben zu äußern? Ein Japaner, daran gewöhnt, all seine Gefühle zu kontrollieren (das erste Anzeichen seines Ärgers ist das Messer in deinem Leib von der Hand eines ruhigen oder lächelnden Mörders), zeigt keines dieser Merkmale, nicht einmal das Aufwallen in der Brust; stattdessen brennt in ihm ein ruhiges Feuer, bis sich sein Ärger in der Tat löst.

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Ein starkes Vital ist ein Vital voller Lebenskraft, das Ehrgeiz besitzt, Mut und große Energie, die Kraft, zu handeln oder zu erschaffen; es besitzt eine weite, umfassende Bewegung, deren Ausdruck Großzügigkeit im Geben ist, Besitzergreifung, Führung und Beherrschung, die Fähigkeit zu erfüllen und zu verwirklichen – es gibt noch viele weitere Formen von vitaler Stärke.

Für ein solches Vital ist es wegen des Gefühls der eigenen Macht oft schwierig, die Hingabe zu vollziehen – doch wenn es hierzu in der Lage ist, wird es zu einem bewunderungswürdigen Instrument für die Göttliche Arbeit.

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Nein, ein schwaches Vital hat nicht die Kraft, die spirituelle Wende zu vollziehen – und da es schwach ist, fällt es leichter unter falsche Beeinflussung; es fällt ihm selbst bei bestem Willen schwer, etwas anzunehmen, das über seine gewohnte Natur hinausgeht. Das starke Vital, wenn es den Willen hat, vermag dies viel leichter – die ihm eigene zentrale Schwierigkeit liegt im Stolz seines Egos und in der Anziehungskraft seiner Macht.

Die Brust hat mehr Verbindung mit der Seele als das Vital. Ein starkes Vital kann einen starken Körper besitzen, doch ebensooft auch nicht, da es zu sehr vom Körper zehrt, ihn gleichsam aufisst.

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Ich glaube, ich sagte es bereits, ein altes Verlangen bestand im unterbewussten Teil des physischen Vitals fort. So wie es das physische Mental gibt, gibt es auch das physische Vital – ein Vital, das gänzlich physischen Dingen zugewandt ist, voller Wünsche und Gier und Suchen nach Vergnügen auf der physischen Ebene.

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Das physische Vital ist das Wesen der kleinen Begierden und Süchte usw. – das vitale Physische ist das Nervenwesen; beide sind eng miteinander verbunden.

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Das vitale Physische beherrscht all die kleinen täglichen Reaktionen auf äußere Dinge – Reaktionen der Nerven, des Körperbewusstseins und der rückwirkenden Emotionen und Gefühlsregungen; es verursacht viele gewöhnliche Handlungen des Menschen und verbindet sich mit den niederen Teilen des eigentlichen Vitals, um Lust, Eifersucht, Ärger, Heftigkeit zu erzeugen, usw. In seinen niedrigsten Teilen (vital-stofflich) ist es die Ursache des Schmerzes, der physischen Krankheit, usw.

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Ja, sie [das niedere Vital, das physische Vital und das gänzlich stoffliche Vital] können von einem sich weitenden Bewusstsein deutlich erkannt werden. Und all diese Unterscheidungen müssen gemacht werden – andernfalls würde man das niedere Vital oder einen Teil des physischen Vitals beeinflussen oder kontrollieren und dann erstaunt sein, dass etwas Nichtgreifbares, doch offensichtlich Unbesiegbares immer noch Widerstand leistet – es ist das stoffliche Vital mit soviel von allem übrigen, als dieses durch seinen Widerstand beeinflussen kann.

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Der Nerventeil des Wesens ist ein Teil des Vitals, er ist das Vital-Physische, die Lebenskraft, die eng verstrickt ist mit den Reaktionen, Begierden, Erfordernissen und Gefühlsregungen des Körpers. Das eigentliche Vital ist die Lebenskraft, die ihrer Natur nach in Impulsen und Emotionen, im Fühlen, in den Begierden, im Ehrgeiz usw. wirkt; ihr höchstes Zentrum ist das, was wir das äußere Herz, den Sitz der Emotion nennen würden, während es ein inneres Herz gibt, wo sich die höheren oder seelischen Gefühle und Empfindungen befinden, die Emotionen oder intuitiven Sehnsüchte und die Impulse der Seele. Unser vitaler Teil ist natürlich für unsere Vollständigkeit notwendig, doch ist er nur dann ein wahres Instrument, wenn seine Gefühle und Neigungen durch die seelische Berührung geläutert und vom spirituellen Licht und der spirituellen Macht angenommen und beherrscht werden.

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Ich weiß nichts von einem feinstofflichen Vital. Man spricht vom feinstofflichen Physischen, um es vom grobstofflichen Physischen zu unterscheiden, denn für unsere normale Erfahrung ist alles Physische grob, sthūla. Doch das Vital ist seiner Natur nach nicht-stofflich, so dass das Adjektiv feinstofflich überflüssig ist. Mit stofflichem Vital meinen wir das Vital, das derart der Materie involviert ist, dass es an deren Bewegungen und groben physischen Charakter gebunden ist; seine Tätigkeit besteht darin, den Körper zu stützen und anzuregen und in ihm die Fähigkeit aufrechtzuerhalten zu leben, zu wachsen, sich zu bewegen, ebenso seine Sensitivität auf äußere Einwirkungen.

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Diese Frage hat keine praktische Bedeutung – denn die vital-physischen Kräfte können von überall her vom Körper empfangen werden, aus der Umgebung, von darunter oder darüber. Die Anordnung der Ebenen besteht in Beziehung zueinander, nicht in Beziehung zum Körper. In Beziehung zueinander bedeutet, dass das vitale Physische sich unterhalb des physischen Mentals befindet, aber über dem Stofflichen; doch zur gleichen Zeit durchdringen diese Mächte sich gegenseitig.

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Die Körperenergie ist eine Manifestation stofflicher Kräfte, die von der vital-physischen Energie gestützt werden; diese ist die vitale Energie in der Materie und von ihr abhängig.

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Vitalität heißt Lebenskraft – wo immer es Leben gibt, in der Pflanze, im Tier oder im Menschen, gibt es die Lebenskraft; ohne das Vital kann es kein Leben in der Materie und keine lebendige Tat geben. Das Vital ist eine notwendige Kraft, und nichts kann im körperlichen Dasein geschehen, getan oder geschaffen werden, wenn das Vital als Instrument nicht vorhanden ist. Sogar die Sadhana bedarf der vitalen Kraft.

Doch ist das Vital ungeläutert und dem Begehren, der Leidenschaft und dem Ego unterworfen, dann ist es so schädlich, wie es auf der anderen Seite hilfreich sein kann. Selbst im gewöhnlichen Leben muss das Vital vom Mental und dem mentalen Willen überwacht werden, andernfalls bringt es Unordnung und Unheil. Wenn die Leute von einem vitalen Menschen sprechen, meinen sie jemanden, der von einer vom Mental oder Spirit nicht kontrollierten Kraft beherrscht wird. Das Vital kann ein gutes Instrument sein, doch ist es ein schlechter Meister.

Das Vital darf nicht abgetötet oder zerstört werden, es muss durch seelische und spirituelle Kontrolle geläutert und umgewandelt werden.

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Das Physische ist bei jedem Schritt vom Vital abhängig, es könnte nichts tun ohne die Hilfe des Vitals, daher ist es ganz natürlich, dass es seine Eingebungen empfängt.

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Physisches Leben kann ohne Körper nicht bestehen, noch kann der Körper ohne Lebenskraft leben; doch Leben als solches hat ein gesondertes Dasein und einen eigenen, gesonderten Körper, den Vital-Körper, genau wie das Mental ein gesondertes Dasein hat und auf seiner eigenen Ebene bestehen kann. Das ganze Gefüge wird zusammengehalten durch die Seele, die alles stützt.

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XI. Das Physische Bewusstsein

Das Physische Mental

Jede Ebene unseres Wesens, die mentale, vitale und physische, hat ihr eigenes Bewusstsein, das für sich besteht und dennoch mit den anderen verbunden ist und auf diese einwirkt; doch in unserem äußeren Mental und Gefühl, in unserer Wacherfahrung, geraten sie alle durcheinander. Der Körper zum Beispiel hat sein eigenes Bewusstsein, das ihn handeln lässt, selbst ohne unseren mentalen Willen oder sogar gegen ihn; unser Oberflächenmental weiß sehr wenig über dieses Körperbewusstsein, es fühlt es in nur unvollständiger Weise, sieht lediglich seine Ergebnisse und hat die größten Schwierigkeiten, ihre Ursachen herauszufinden. Es gehört zu unserem Yoga, dieses für sich bestehende Körperbewusstsein wahrzunehmen, seine Bewegungen und die Kräfte, die von innen und außen darauf einwirken, zu erkennen und zu fühlen und weiterhin zu lernen, wie es zu bewachen und zu lenken ist, selbst in seinen verborgensten und unbewusstesten Vorgängen. Doch das Körperbewusstsein als solches ist nur ein Teil des individualisierten physischen Bewusstseins in uns, das wir aus den verborgen bewussten Kräften der universalen physischen Natur sammeln und aufbauen.

Es gibt das universale physischen Bewusstsein der Natur, und es gibt unser eigenes, das ein Teil davon ist, das von ihm bewegt und vom zentralen Wesen dazu benützt wird, seinen Ausdruck in der physischen Welt zu stützen, damit es mit allen äußeren Objekten, Bewegungen und Kräften umgehen kann. Diese physische Bewusstseins-Ebene erhält von anderen Ebenen ihre Kräfte und Einflüsse und gestaltet sie in ihrem Bereich. Daher haben wir sowohl ein physisches als auch ein vitales Mental und unser eigentliches Mental, wir haben einen vital-physischen Teil in uns – das Nervenwesen – und ebenso das eigentliche Vital; beide werden weitgehend durch den grobstofflichen körperlichen Teil bestimmt, der für unsere Erfahrung nahezu gänzlich unterbewusst ist.

Das physische Mental ist jenes Mental, das auf physische Objekte und Ereignisse gerichtet ist, nur diese sieht und versteht und sie ihrer Natur gemäß behandelt, das jedoch auf höhere Kräfte nur widerwillig reagiert. Sich selbst überlassen, steht es dem Dasein überphysischer Dinge, von denen es keine direkte Erfahrung hat und für die es keinen Schlüssel finden kann, skeptisch gegenüber; selbst wenn es spirituelle Erfahrungen erlangt, vergisst es diese leicht, ihr Eindruck und ihre Auswirkung gehen ihm verloren, und es hat Schwierigkeiten zu glauben. Das physische Mental durch das Bewusstsein der höheren spirituellen und supramentalen Ebenen zu erleuchten, ist ein Ziel dieses Yoga, ebenso wie die Erleuchtung des physischen Mentals durch die Macht der höheren vitalen und mentalen Wesenselemente die Grundlage der menschlichen Zivilisation, Selbstentwicklung und Kultur ist.

Das Vital-Physische ist andererseits der Mittler der nervlichen Reaktion unserer physischen Natur; es ist das Feld und Instrument der kleineren Erregungen, Wünsche, der Reaktionen aller Art auf die Einwirkungen des äußeren physischen und grobstofflichen Lebens. Dieser vital-physische Teil (der vom niedersten Teil des eigentlichen Vitals gestützt wird) ist daher der Verursacher der meisten niederen Regungen unseres äußeren Lebens; seine gewohnheitsmäßigen Reaktionen und hartnäckige Begrenztheit sind das hauptsächliche Hindernis auf dem Weg der Umwandlung des äußeren Bewusstseins im Yoga. Es ist ebenso weitgehend verantwortlich für die meisten Leiden und Krankheiten des Mentals oder Körpers, denen das physische Wesen in der Natur unterworfen ist.

Was den grobstofflichen Teil anbelangt, so ist es nicht notwendig, seinen Bereich genauer zu bezeichnen, denn dieser ist klar ersichtlich; doch sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass auch er ein eigenes Bewusstsein besitzt, das dunkle Bewusstsein, das den Gliedern, Zellen, Geweben, Drüsen und Organen eigen ist. Diese Dunkelheit zu erhellen und für die höheren Ebenen und die göttliche Bewegung beeinflussbar zu machen, ist das, was wir in unserem Yoga mit der Bewusstwerdung des Körpers meinen – es bedeutet, durchdrungen zu sein von einer echten, erwachten und responsiven Bewusstheit, statt der ihm eigenen begrenzten und dunklen Halb-Unterbewusstheit.

Es gibt ein inneres und ein äußeres Bewusstsein in unserem gesamten Wesen, auf all seinen Ebenen. Der gewöhnliche Mensch ist sich nur seines Oberflächen-Selbstes bewusst, er ist sich aber all dessen nicht bewusst, was von der Oberfläche verdeckt wird. Und dennoch ist das, was wir von unserer Oberfläche kennen oder zu kennen glauben und wovon wir sogar annehmen, es umfasse alles, was wir sind, nur ein kleiner Teil unseres Wesens, während unser bei weitem größerer Teil sich unterhalb dieser Oberfläche befindet. Oder genauer gesagt, er befindet sich hinter dem frontalen Bewusstsein, hinter dem Schleier, okkult, und nur durch okkultes Wissen erkennbar. Moderne Psychologie und psychologische Forschung beginnen gerade, diese Wahrheit ein wenig zu erkennen. Die materialistische Psychologie nennt diesen verborgenen Teil das Unbewusste, doch gibt sie praktisch zu, dass dieses weit größer, weit mächtiger und tiefer ist als das bewusste Selbst der Oberfläche; in ganz ähnlicher Weise nannte die Upanishad das Überbewusste in uns das “Schlaf-Selbst”, obwohl auch sie von diesem Schlaf-Selbst annahm, dass es eine unendlich größere Intelligenz sei, allwissend, allmächtig, prājñā, der Ishvara. Die psychologische Wissenschaft nennt dieses verborgene Bewusstsein das unterschwellige Selbst, und auch sie erkennt, dass es mehr Macht, mehr Wissen und einen freieren Bereich der Bewegung besitzt als das kleinere Selbst der Oberfläche. Die Wahrheit jedoch ist, dass alles, was sich dahinter befindet, dieses Meer, in dem unser Wachbewusstsein nur eine Welle oder eine Anzahl von Wellen bildet, nicht durch einen einzigen Ausdruck umschrieben werden kann, denn es ist sehr komplex. Ein Teil davon ist das Unterbewusste, tiefer als unser Wachbewusstsein, ein Teil davon befindet sich auf der gleichen Ebene, die jedoch dahinter liegt und viel größer als jene [des Wachbewusstseins] ist; ein Teil ist darüber und für uns überbewusst. Was wir unser Mental nennen, ist nur ein äußeres Mental, eine mentale Tätigkeit der Oberfläche, die Instrument ist für den teilweisen Ausdruck eines größeren Mentals dahinter, dessen wir uns meist nicht bewusst sind und das wir nur erkennen können, indem wir in uns gehen.

Ebenso ist das, was wir vom Vital in uns kennen, nur das äußere Vital, ein Oberflächen-Vital, das teilweise ein größeres, geheimes Vital ausdrückt, das wir allein dann wahrnehmen, wenn wir uns nach innen wenden. Auch das, was wir unser physisches Wesen nennen, ist lediglich eine sichtbare Projektion eines größeren und feineren, unsichtbaren physischen Bewusstseins, das viel komplexer ist als jenes, viel bewusster, viel umfassender in seiner Empfangsbereitschaft, viel offener und plastischer und freier.

Erst wenn du diese Wahrheit verstanden und erfahren hast, wird es dir möglich sein zu erkennen, was mit dem inneren Mental, dem inneren Vital, dem inneren physischen Bewusstsein gemeint ist. Es sei jedoch bemerkt, dass dieser Ausdruck “inneres” auf zwei verschiedene Arten gebraucht wird. Manchmal bezeichnet es das Bewusstsein hinter dem Schleier des äußeren Wesens, das innere Mental, Vital oder Physische, das in direktem Kontakt mit dem universalen Mental, den universalen Lebenskräften, den universalen physischen Kräften steht. Andererseits meinen wir manchmal ein innerstes Mental, Vital und Physisches, deren mehr spezifische Bezeichnung wahres Mental, wahres Vital, wahres physisches Bewusstsein ist; sie sind der Seele näher und sprechen äußerst leicht und unmittelbar auf das Göttliche Licht, die Göttliche Macht an. Es ist kein echter Yoga möglich, viel weniger ein integraler Yoga, solange wir uns nicht vom äußeren Selbst zurückziehen und uns dieses ganzen inneren Wesens und der inneren Natur bewusst werden. Nur so können wir die Begrenzungen des unwissenden äußeren Selbstes brechen, das allein die äußeren Kontakte bewusst empfängt und die Dinge durch das äußere Mental und die Sinne nur indirekt erkennt; nur so können wir das universale Bewusstsein und die universalen Kräfte, die durch uns und um uns spielen, unmittelbar wahrnehmen. Wir können dann ebenfalls hoffen, uns des Göttlichen in uns direkt bewusst zu werden und in direkte Berührung mit dem Göttlichen Licht und der Göttlichen Kraft zu kommen. Andernfalls würden wir das Göttliche allein durch äußere Zeichen und äußere Auswirkungen fühlen, und das wäre ein schwieriger, unsicherer Weg, von Zufällen abhängig, unbeständig, der nur zum Glauben führt und nicht zum Wissen, nicht zum direkten Bewusstsein und Erkennen der immerwährenden Gegenwart.

Um den Unterschied deutlich zu machen, nenne ich dir zwei Beispiele von entgegengesetzten Polen der Erfahrung, und zwar ein ganz äußerliches, das zeigt, wie das Innere sich der Wahrnehmung universaler Kräfte öffnet, und eines der spirituellen Erfahrung, das zeigt, wie das Innere sich dem Göttlichen öffnet. Nimm die Krankheit. Solange wir nur im äußeren physischen Bewusstsein leben, wissen wir meist erst dann, dass wir krank sein werden, wenn die Symptome der Krankheit sich im Körper zeigen. Doch wenn wir das innere physische Bewusstsein entwickeln, gewahren wir eine feine, uns umgebende physische Hülle und können die Kräfte der Krankheit durch diese auf uns zukommen fühlen; wir können sie sogar in einiger Entfernung und, wenn wir wissen wie, mit Hilfe des Willens oder sonstwie aufhalten. In gleicher Weise fühlen wir um uns eine vital-physische oder Nerven-Hülle, die vom Körper ausstrahlt und ihn beschützt, und wir können spüren, wie die feindlichen Kräfte diese zu durchbrechen suchen, und sie daran hindern, sie aufhalten oder die Nerven-Hülle stärken. Oder wir spüren die Symptome der Krankheit, wie Fieber oder Kälte, in der feinstofflich-körperlichen Schicht, bevor sie sich im groben, stofflichen Körper offenbaren, zerstören sie dort und hindern sie daran, sich im Körper festzusetzen. Nimm nun den Ruf nach der Göttlichen Macht, dem Licht, dem Ananda. Wenn wir nur im äußeren physischen Bewusstsein leben, mögen diese herabkommen und hinter dem Schleier wirken, doch werden wir nichts fühlen und vereinzelte Ergebnisse erst nach langer Zeit erkennen. Oder es ist das, was wir bestenfalls fühlen, eine gewisse Klarheit, ein Friede im Mental, eine Freude im Vital, ein glückliches Befinden im Physischen, und wir schreiben dies dem Kontakt mit dem Göttlichen zu. Doch sind wir im Physischen erwacht, werden wir das Licht, die Macht, den Ananda durch den Körper fließen fühlen, durch die Glieder, die Nerven, das Blut, den Atem und durch den feinstofflichen Körper; wir werden fühlen, wie sie die allerstofflichsten Zellen beeinflussen, sie bewusst und selig machen, und werden unmittelbar die Göttliche Macht und Gegenwart empfinden. Dies sind nur zwei mögliche Beispiele aus tausend, wie sie fortwährend vom Sadhak erfahren werden können.

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Alles hat einen physischen Teil – sogar das Mental hat einen physischen Teil; es gibt ein mentales Physisches, ein Mental des Körpers und der Materie. Auch das emotionale Wesen hat einen physischen Teil. Dieser hat keinen bestimmten Ort, der sich vom übrigen Emotional unterscheidet. Man vermag ihn nur zu erkennen, wenn das Bewusstsein sich genügend verfeinert.

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Es [das Stoffliche] ist der physischste Grad des Physischen – es gibt das mentale Physische, das vitale Physische, das stoffliche Physische.

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Ja, das stoffliche Bewusstsein ist ein gesonderter Teil des physischen Bewusstseins. Das physische Mental zum Beispiel ist eng, begrenzt und häufig dumm, doch nicht träge. Stoffliches Bewusstsein ist im Gegensatz hierzu sowohl träge als auch größtenteils unterbewusst und nur dann aktiv, wenn es durch eine Energie angetrieben wird – andernfalls ist es untätig und bewegungslos. Wenn man erstmals in direkten Kontakt mit dieser Ebene kommt, ist das Gefühl im Körper das der Trägheit und Bewegungslosigkeit, im vitalen Physischen das der Erschöpfung und Müdigkeit, im physischen Mental das der Abwesenheit von Licht und Dynamik, prakāśa und pravṛtti, oder es sind nur die allergewöhnlichsten Gedanken und Impulse vorhanden. Es kostete mich lange Zeit, irgendeine Art Licht oder Macht in diese Ebene herabzubekommen. Doch ist sie einmal erhellt, dann bringt das den Vorteil, dass das Unterbewusste bewusst wird, und dies beseitigt ein ganz fundamentales Hindernis in der Sadhana.

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Mit dem groben Physischen ist das erdhafte und körperliche Physische gemeint – wie es von dem äußeren Sinnen-Mental und den Sinnen erfahren wird. Doch dies ist nicht die Gesamtheit der Materie. Es gibt auch ein feinstoffliches Physisches mit einem feineren Bewusstsein, das sich zum Beispiel vom Körper entfernen kann und doch die Dinge in einer nicht nur mentalen oder vitalen Weise fühlt oder wahrnimmt. Was Mental und Vital anbelangt, so sind sie überall – es gibt ein dunkles Mental, ein dunkles Leben sogar in den Zellen des Körpers, in den Steinen oder in den Molekülen und Atomen.

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Die physischen Nerven sind ein Teil des stofflichen Körpers; doch reichen sie bis in den feinstofflichen Körper, und es besteht eine Verbindung zwischen beiden.

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Ja, es gibt Nerven im feinstofflichen Körper.

Ja, Hülle ist lediglich der Ausdruck für Körper, denn eine jede befindet sich über der anderen und wirkt als Hülle, die abgeworfen werden kann. Daher wird der physische Körper als solcher die Nahrungs-Hülle genannt, ihr Abwerfen bezeichnet man als Tod.

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Dies ist die Nerven-Hülle, die den Körper umgibt. Du verwechselst wahrscheinlich sūkṣma, das Feinstoffliche, mit der Nerven-Hülle. Der sūkṣma de ha enthält den sthūla deha, ist aber nicht an seine Begrenzungen gebunden.

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Du kannst die verschiedenen Hüllen entweder durch Intuition oder durch Erfahrung unterscheiden und hast damit bereits eine direkte Erkenntnis der verschiedenen Hüllen erlangt.

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Das Erscheinungsbild des menschlichen Wesens auf anderen Ebenen ist nicht notwendigerweise das des physischen Körpers. Sehr häufig ist die Form, die das Vital, die Seele oder das mentale Wesen annimmt, von der physischen Form ganz verschieden. Selbst wenn sie sich als Ganzes gleichen, besteht doch immer ein Unterschied.

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XII. Das Unterbewusste, das Unbewusste

In unserem Yoga meinen wir mit dem Unterbewussten jenen ganz versunkenen Teil unseres Wesens, in dem es keinen wachbewussten, zusammenhängenden Gedanken und Willen, keine Empfindung oder geordnete Reaktion gibt und der dennoch dunkel die Eindrücke aller Dinge empfängt und sie in sich speichert; aus ihm können auch alle Arten von Reizen, von beharrlichen, gewohnheitsmäßigen Regungen unverarbeitet wiederholt oder in fremdartige Formen verkleidet in den Traum oder die Wachnatur auftauchen. Denn wenn diese Eindrücke in den Traum aufsteigen können, meist in unzusammenhängender und ungeordneter Weise, können sie ebenfalls in unser Wachbewusstsein aufsteigen – was sie auch tun –, und zwar als mechanische Wiederholung vergangener Gedanken, vergangener mentaler, vitaler und physischer Gewohnheiten oder als verborgener Anreiz für Erregungen, Tätigkeiten und Gefühle, die ihren Ursprung nicht in unserem bewussten Denken oder Willen haben oder aus ihnen hervorgehen, sondern vielmehr ihren Vorstellungen, Neigungen oder Anordnungen häufig entgegengesetzt sind. Das Unterbewusste hat ein dunkles Mental, voller widersetzlicher saṃskāras, Eindrücke, Assoziationen, fester Vorstellungen, gewohnheitsmäßiger Reaktionen, die von unserer Vergangenheit gebildet wurden, ein dunkles Vital mit den Keimen gewohnheitsmäßiger Begierden, Erregungen und nervöser Reaktionen, ein äußerst dunkles Stoffliches, das viel von dem beherrscht, was mit dem Zustand des Körpers zu tun hat. Es ist größtenteils verantwortlich für unsere Krankheiten; chronische oder wiederholte Leiden werden tatsächlich meist vom Unterbewussten verursacht, von seiner beharrlichen Erinnerung und seiner Neigung, alles, was sich dem Körperbewusstsein eingeprägt hat, zu wiederholen. Doch dieses Unterbewusste muss deutlich unterschieden werden von den unterschwelligen (subliminal) Teilen unseres Wesens, nämlich dem inneren oder feinen stofflichen Bewusstsein, dem inneren Vital oder inneren Mental, denn diese sind ganz und gar nicht dunkel, unzusammenhängend oder schlecht geordnet, sondern lediglich unserem Oberflächenbewusstsein verborgen. Unsere Oberfläche empfängt ständig Dinge, innere Berührungen, Mitteilungen oder Beeinflussungen aus diesen Quellen, doch bleibt ihr großenteils verborgen, woher sie stammen.

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Nein, das Unterschwellige ist ein allgemeiner Ausdruck, der für alle Teile des Wesens gebraucht wird, die sich nicht an der wachen Oberfläche befinden. Der Begriff des “Unterbewussten” wird von europäischen Psychologen sehr häufig im gleichen Sinn gebraucht, da sie den Unterschied nicht kennen. Doch wenn ich das Wort [unterbewusst] benütze, meine ich immer das, was sich unterhalb des gewöhnlichen physischen Bewusstseins befindet und nicht das, was dahinter ist. Das innere Mental, Vital und Physische und die Seele sind in diesem Sinn nicht unterbewusst, doch kann man sie als unterschwellig bezeichnen.

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Das Unterbewusste ist unterhalb des wachen physischen Bewusstseins – es ist ein mechanischer, dunkler, widerspruchsvoller, halbbewusster Bereich, in den das Licht und die Bewusstheit nur mühsam gelangen können. Das innere Vital und Physische unterscheiden sich von ihm – ihr Bewusstsein ist weiter, plastischer, feiner, freier und reicher als das des Vitals und des Physischen der Oberfläche, sie sind für die Wahrheit viel offener und in direktem Kontakt mit dem Universalen.

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Das Unterbewusste ist sowohl universal als auch individuell wie alle anderen wichtigen Teile der Natur. Doch es gibt verschiedene Teile oder Ebenen des Unterbewussten. Alles auf Erden gründet sich auf dem sogenannten Unbewussten, das tatsächlich ganz und gar nicht unbewusst ist, sondern vielmehr eine absolute “Unter”-Bewusstheit, ein unterdrücktes oder involviertes Bewusstsein, in welchem alles vorhanden, doch nichts ausgedrückt oder gestaltet ist. Das Unterbewusste liegt zwischen diesem Unbewussten und dem bewussten Mental, Leben und Körper. Es enthält die Möglichkeit aller primitiven Reaktionen auf das Leben, die sich aus den dumpfen und trägen Bereichen der Materie zur Oberfläche emporkämpfen und durch eine fortlaufende Entwicklung ein sich langsam entfaltendes, selbst gestaltendes Bewusstsein bilden; es enthält diese nicht als Ideen, Wahrnehmungen oder bewusste Reaktionen, sondern als die fließende Substanz dieser Dinge. Auf gleiche Weise sinkt alles, was bewusst erfahren wird, in das Unterbewusste hinab, zwar nicht als genaue, doch als versunkene Erinnerungen und als dunkle, aber dennoch beharrliche Eindrücke der Erfahrung; diese können zu jeder Zeit als Träume wieder auftauchen, als mechanische Wiederholungen vergangenen Denkens, Fühlens, Handelns usw., als “Komplexe”, und sich dann in Taten und Geschehnissen entladen usw. usw. Das Unterbewusste ist die hauptsächliche Ursache, weshalb alle Dinge sich ständig wiederholen und sich niemals etwas verändert außer im äußeren Erscheinungsbild. Es ist die Ursache, warum die Menschen sagen, der Charakter könne nicht gewandelt werden, und ebenfalls die Ursache der fortwährenden Wiederkehr jener Dinge, die man hoffte, losgeworden zu sein. Alle Keime ruhen dort, alle saṃskāras des Mentals, Vitals und Körpers – es ist der stärkste Rückhalt von Tod und Krankheit und die letzte (anscheinend uneinnehmbare) Festung der Unwissenheit. Und auch all das, was man unterdrückte, ohne davon völlig befreit zu werden, sinkt dort nieder und lagert als Keim, der bereit ist, jeden Augenblick aufzuschießen oder sich zu entfalten.

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Das Unterbewusste ist nicht die gesamte Grundlage unserer Natur; es ist lediglich die untere Grundlage der Unwissenheit, und sie beeinträchtigt zumeist das niedere Vital und das äußere physische Bewusstsein, und diese wiederum beeinflussen die höheren Teile der Natur. Es ist zwar durchaus richtig zu erkennen, was es ist und wie es wirkt, doch sollte man sich mit dieser dunklen Seite, diesem scheinbaren Aspekt des instrumentalen Wesens nicht zu sehr beschäftigen. Man sollte es vielmehr als etwas betrachten, das man nicht selbst ist, als eine Maske der falschen Natur, die dem wahren Wesen durch die Unwissenheit auferlegt wurde. Das wahre Wesen ist das innere Wesen mit all seinen weiten Möglichkeiten, das Göttliche zu erreichen und auszudrücken, besonders aber das innerste Wesen, die Seele, der seelische Purusha, der in seiner Essenz immer rein und göttlich und allem Guten. Wahren und Schönen zugewandt ist. Dieses innere Wesen muss vom äußeren Wesen Besitz ergreifen und es umwandeln in ein Instrument, das nicht länger dem Aufwallen der unwissenden, unterbewussten Natur dient, sondern dem Göttlichen. Indem man sich dessen immer erinnert und seine Natur nach oben öffnet, kann das Göttliche Bewusstsein erreicht werden und von oben in das gesamte innere und äußere Dasein herabkommen, in das Mental, Vital und das Physische, in das Unterbewusste, Unterschwellige, in all das, was wir offen oder geheim sind. Hierauf sollten wir unser hauptsächliches Augenmerk richten. Es sollte dagegen vermieden werden, sich nur mit dem Unterbewussten und dem Aspekt der Unvollkommenheit zu beschäftigen, da es Niedergeschlagenheit verursacht. Man muss das richtige Gleichgewicht bewahren und die positive Seite am meisten betonen, das andere zwar erkennen, doch nur um es zurückzuweisen und zu verändern. Dies und ein immerwährender Glaube an die Mutter, das Vertrauen in sie, sind die Dinge, die für die künftige Umwandlung benötigt werden.

P.S. Die leichteste und beste Maßnahme gegen diese vitalen Gewohnheiten ist jedenfalls, sofort und entschlossen mit ihnen zu brechen.

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Das Unterbewusste ist ein verborgenes, unausgedrücktes und undeutliches Bewusstsein, das unterhalb all unserer bewussten physischen Tätigkeiten wirkt. So wie das, was wir das Überbewusste nennen, tatsächlich ein höheres Bewusstsein über uns ist, von dem die Dinge in das Wesen herabkommen, genauso befindet sich das Unterbewusste unterhalb des Körperbewusstseins, und die Dinge kommen von dort herauf in das Physische, in das Vital und in die Mental-Natur.

So wie das höhere Bewusstsein für uns überbewusst ist und all unsere spirituellen Möglichkeiten und die spirituelle Natur stützt, so ist das Unterbewusste die Grundlage unseres stofflichen Wesens und stützt all das, was in die physische Natur heraufkommt.

Die Menschen sind sich im allgemeinen keiner der Ebenen ihres Wesens bewusst, doch mit Hilfe der Sadhana vermögen sie diese wahrzunehmen.

Das Unterbewusste bewahrt die Eindrücke all unserer vergangenen Lebenserfahrungen, und diese können von dort in Form von Träumen aufsteigen: die meisten Träume des durchschnittlichen Schlafes sind Formen, die von unterbewussten Eindrücken stammen.

Die Neigung, dass die gleichen Dinge in unser physisches Bewusstsein hartnäckig zurückkehren, jene Neigung, die es uns so schwer macht, uns von seinen Gewohnheiten zu befreien, hat ihre Ursache großenteils in einem unterbewussten Rückhalt. Das Unterbewusste ist voller vernunftwidriger Gewohnheiten.

Nachdem die Dinge aus allen anderen Teilen der menschlichen Natur zurückgewiesen wurden, wandern sie entweder ab in das uns umhüllende Bewusstsein, durch welches wir mit anderen und mit der universalen Natur in Verbindung stehen, und versuchen, von dort zurückzukehren; oder sie sinken in das Unterbewusste ab und können von dort wieder aufsteigen, selbst nachdem sie sich lange Zeit ruhig verhielten und wir glaubten, sie seien verschwunden.

Sobald sich das physische Bewusstsein wandelt, kommt der Hauptwiderstand aus dem Unterbewussten; Dieses erhält die Trägheit aufrecht oder bringt sie zurück, die Schwäche und Dunkelheit, den Mangel an Verstand, was das physische Mental und Vital beeinträchtigt, oder die dunklen Ängste und Begierden, den Ärger, die Lüste des physischen Vitals oder die Krankheit und Dumpfheit, den Schmerz und die Unfähigkeit, zu denen die Körper-Natur neigt. Wenn Licht und Stärke und das Bewusstsein der Mutter in den Körper herabgebracht werden, können sie das Unterbewusste durchdringen und seine Dunkelheit und seinen Widerstand wandeln.

Erst wenn etwas aus dem Unterbewussten so vollständig ausgemerzt ist, dass es keinen Keim hinterlässt, wenn es weiterhin aus dem umhüllenden Bewusstsein so vollständig hinausgestoßen wurde, dass es nicht mehr zurückkehren kann, dann erst sind wir sicher, damit für immer fertig geworden zu sein.

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Das mūlādhāra ist das Zentrum des eigentlichen physischen Bewusstseins, und alles darunter im Körper ist das rein Physische, das in zunehmendem Maße unterbewusst wird, je weiter man nach unten kommt; der eigentliche Ort des Unterbewussten liegt jedoch unterhalb des Körpers, so wie der wahre Ort des höheren Bewusstseins (des Überbewussten) sich über dem Körper befindet. Gleichzeitig kann das Unterbewusste überall gefühlt werden, und zwar als etwas, das sich unterhalb der Bewusstseins-Bewegung befindet, das Bewusstsein gleichsam von unten stützend oder auch dieses zu sich herabziehend. Das Unterbewusste ist die hauptsächliche Stütze aller gewohnheitsmäßigen Regungen, besonders der physischen und der niederen vitalen Regungen. Wenn etwas aus dem Vital oder Physischen hinausgestoßen wird, sinkt es meist in das Unterbewusste hinab, um dort wie ein Keim zu ruhen und dann nach Möglichkeit wieder aufzuschießen. Das ist der Grund, warum es so schwierig ist, sich von gewohnheitsmäßigen vitalen Regungen zu befreien oder den Charakter zu verändern; denn die vitalen Regungen, selbst wenn sie unterdrückt oder zurückgedrängt wurden, wallen von neuem wieder auf und kehren zurück, da sie aus dieser Quelle erhalten oder erneuert und in diesem Mutterboden, genährt werden. Das Wirken des Unterbewussten ist irrational, mechanisch und wiederholt sich ständig. Es hört weder auf den Verstand noch auf den mentalen Willen. Nur indem man das höhere Licht und die höhere Kraft in es herabbringt, kann es verändert werden.

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Das Unterbewusste ist die Stütze der gewohnheitsmäßigen Tätigkeit – es kann sowohl gute wie schlechte Gewohnheiten stützen.

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Das Unterbewusste ist die evolutionäre Grundlage in uns, es ist weder die Gesamtheit unserer verborgenen Natur, noch ist es der gesamte Ursprung dessen, was wir sind. Vom Unterbewussten jedoch können sich Dinge erheben und in den bewussten Teilen Gestalt annehmen; und viele unserer kleineren vitalen und physischen Instinkte, Regungen, Gewohnheiten und Eigentümlichkeiten des Charakters haben diesen Ursprung.

Es gibt drei verborgene Quellen unseres Handelns – das Überbewusste, das Unterschwellige, das Unterbewusste – doch keine von ihnen steht unter unserer Kontrolle, und wir nehmen sie nicht einmal wahr. Statt dessen sind wir uns des Wesens an der Oberfläche bewusst, das lediglich eine instrumentale Einrichtung ist. Der Ursprung von allem ist die allgemeine Natur – also die universale Natur, die sich in jeder Person individualisiert; diese allgemeine Natur speichert in uns eine bestimmte Konstitution von Regungen, der Persönlichkeit, des Charakters, von Fähigkeiten, Veranlagungen und Neigungen, und wir identifizieren diese, ob sie nun jetzt oder vor unserer Geburt geformt wurden, meist mit uns selbst. Ein großer Teil davon ist in der normalen Bewegung und dem normalen Gebrauch in den uns bekannten bewussten Teilen an der Oberfläche zu finden, der größere Teil hingegen ist in den anderen, unbekannten drei Teilen unterhalb oder hinter der Oberfläche verborgen.

Doch das, was wir an der Oberfläche sind, ist in ständiger Bewegung; es wird durch die Wellen der allgemeinen Natur, die über uns hereinbrechen, verändert, entwickelt und wiederholt, entweder direkt oder auch indirekt durch andere Menschen und Umstände, durch die verschiedensten Mittler oder Kanäle. Einiges davon fließt unmittelbar in die bewussten Teile, um dort zu wirken, doch missachtet unser Mental die Quelle, aus der es stammt, und eignet sich alles an in der Meinung, es selbst sei der eigentliche Urheber; ein anderer Teil gelangt im Stillen in das Unterbewusste oder sinkt in dieses hinab und wartet auf die Gelegenheit, wieder zur bewussten Oberfläche aufzusteigen; ein großer Teil wandert in das Unterschwellige und kann zu jeder beliebigen Zeit in Erscheinung treten – oder auch nicht, es kann auch als unbenutzter Stoff dort ruhen. Ein Teil wandert durch uns hindurch, wird abgewiesen, zurück– oder hinausgestoßen oder verliert sich im universalen Meer. Unsere Natur besteht aus einem fortwährenden Wirken von Kräften, mit denen wir versehen werden und aus denen (oder besser, aus dem kleineren Teil von ihnen) wir machen, was wir wollen oder können. Was wir daraus machen, scheint für immer fixiert und geformt zu sein, doch ist in Wirklichkeit alles ein Spiel von Kräften, ein Fließen, nichts ist fixiert oder beständig; das Bild der Stabilität entsteht durch die fortlaufende Wiederholung und Wiederkehr von gleichen Schwingungen und Formungen. Und daher kann unsere Natur auch verändert werden entgegen Vivekanandas Ausspruch und Horazens Sprichwort und trotz des bewahrenden Widerstandes des Unterbewussten – es ist jedoch eine schwierige Aufgabe, denn diese beharrliche Wiederholung und Wiederkehr ist der ureigentliche Weg der Natur.

Was nun die Dinge in unserer Natur anbelangt, die durch Zurückweisung aus uns hinausgestoßen werden, die jedoch zurückkehren, so kommt es darauf an, wohin du sie stößt. Sehr häufig ist ein gewisser Ablauf damit verbunden. Das Mental weist seine Mentalitäten zurück, das Vital seine Vitalitäten, das Physische sein Körperliches – und sie wandern dann meist in den entsprechenden Bereich der allgemeinen Natur. Dann bleibt zunächst alles im umhüllenden Bewusstsein, das wir mit uns herumtragen und durch das wir mit der äußeren Natur in Verbindung stehen; häufig kehrt nun das Hinausgestoßene von dort zurück, bis es so vollständig zurückgewiesen oder gleichsam hinausgeworfen wurde, dass es nicht mehr zu uns zurückkehren kann. Doch wenn das, was das denkende und wollende Mental zurückweist, stark vom Vital gestützt wird, verläßt es zwar das Mental, doch wandert es in das Vital ab, wütet dort und versucht, wieder emporzuwallen, das Mental wieder in Beschlag zu legen und unsere mentale Bereitwilligkeit zu erzwingen oder zu erobern. Wenn das höhere Vital; das Herz, oder die umfassendere vitale Dynamik es ebenfalls zurückweisen, sinkt es weiter ab und nimmt seine Zuflucht im niederen Vital mit seiner Anhäufung der begrenzten üblichen Regungen, die unsere tägliche Kleinheit ausmachen. Weist das niedere Vital es ebenfalls zurück, dann sinkt es in das physische Bewusstsein ab und versucht, sich dort mit Hilfe der Trägheit oder mechanischen Wiederholung festzusetzen. Und wenn es auch dort zurückgewiesen wird, wandert es in das Unterbewusste und kehrt in Träumen wieder oder drückt sich als Passivität aus, als äußerste tamas. Das Unbewusste ist die letzte Zuflucht der Unwissenheit.

Was die Wellen anbelangt, die von der allgemeinen Natur zurückkehren, so ist es die natürliche Neigung der niederen Kräfte dort, zu versuchen ihr Wirken im Menschen aufrechtzuerhalten und wieder aufzubauen, was dieser von ihren Ablagerungen in sich abgebaut hatte; auf diese Weise kehren diese Wellen zurück, häufig mit vermehrter Kraft, ja mit ungestümer Heftigkeit, sobald sie ihren Einfluss abgewiesen finden. Doch ist einmal das umhüllende Bewusstsein gereinigt, können sie nicht mehr lange fortbestehen – außer die “Feindlichen” [Kräfte] greifen ein. Doch obgleich diese tatsächlich anzugreifen vermögen, können sie, sofern der Sadhak im inneren Selbst gefestigt ist, nichts Ernsthaftes ausrichten.

Es ist wahr, wir bringen das meiste von uns oder, besser gesagt, unsere meisten Veranlagungen und Neigungen, auf die universale Natur zu reagieren, aus vergangenen Leben mit. Vererbung beeinflusst lediglich das äußere Wesen stark; doch nicht einmal dort werden alle Auswirkungen der Vererbung angenommen, sondern nur jene, die sich mit dem in Übereinstimmung befinden, was wir sein sollen oder es zumindest nicht verhindern.

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Was er über das Unterbewusste und die äußere Natur geschrieben hat, ist wahr. Doch kann man nicht sagen, dass die Rolle, die die unterschwelligen Kräfte spielen, klein sei, da von dort alle größeren Aspirationen kommen, zum Beispiel Ideale, das Streben nach einem besseren Selbst und einer besseren Menschheit, ohne die der Mensch lediglich ein denkendes Tier wäre – und ebenso der größte Teil der Kunst, Poesie, Philosophie, der Durst nach Wissen, die alle die Unwissenheit schmälern, auch wenn sie diese noch nicht gänzlich beseitigen können.

Die Rolle des Überbewussten ist, aus dem mentalen Halbtier langsam den spirituellen Menschen zu entwickeln. Auch dies kann keine unbedeutende Rolle genannt werden.

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Über das Unterbewusste: es ist die submentale Grundlage des Wesens und besteht aus Eindrücken, Instinkten, gewohnheitsmäßigen Regungen, die dort gelagert werden. Welche Bewegung man auch immer ihm einprägt, wird von ihm bewahrt. Prägt man ihm die rechte Bewegung ein, bewahrt es diese und schickt sie empor. Es muss daher von alten Regungen geläutert werden, bevor es eine andauernde und totale Wandlung in der menschlichen Natur geben kann. Ist einmal das höhere Bewusstsein in der Wachnatur gefestigt, dann kommt es in das Unterbewusste hinab und verändert auch dieses, um sich dort ein Fundament zu schaffen. Dann sind Störungen aus dem Unterbewussten nicht mehr möglich. Doch bereits zuvor kann man Störungen verringern, indem man den rechten Willen einsetzt und die unterbewussten Teile an die rechte Reaktion gewöhnt.

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Das Unterbewusste ist ein Ort der Gewohnheiten und Erinnerungen, es wiederholt hartnäckig oder wann immer es kann alte, unterdrückte Reaktionen und Reflexe, mentale, vitale oder physische. Es muss durch den beharrlicheren Druck der höheren Wesensteile geschult werden, seine alten Reaktionen abzulegen und sie durch die neuen und wahren zu ersetzen.

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Genauso wie man das Denken auf ein Ziel konzentrieren kann oder die innere Schau auf einen Punkt, so kann man auch den Willen auf einen bestimmten Teil oder Punkt des Körpers konzentrieren und dort dem Bewusstsein einen Befehl erteilen. Dieser Befehl wird das Unterbewusste erreichen.

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Das menschliche wie das tierische Mental leben großenteils von Eindrücken, die– sich aus dem Unterbewussten erheben.

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Du weißt nicht, in welchem Ausmaß die gewöhnliche Natur des Menschen im unterbewussten Physischen lebt. Dort werden jene gewohnheitsmäßigen Regungen, mentale und vitale, gespeichert, und von dort kommen sie empor in das Wach-Mental. Wenn sie aus dem höheren Bewusstsein vertrieben werden, ist es diese “Höhle der Panis”, in der sie Zuflucht suchen. Verbietet man ihnen, frei in den Wachzustand aufzutauchen, dann treten sie im Schlaf als Träume auf. Erst wenn sie aus dem Unterbewussten entfernt und ihre eigentlichen Keime durch die Erleuchtung dieser verborgenen Schichten vernichtet wurden, hören sie für immer auf zu bestehen. In dem Maße, wie sich dein Bewusstsein nach innen vertieft und das höhere Licht in diese niederen, verdeckten Teile herabkommt, werden jene Dinge, die jetzt immer wiederkehren, verschwinden.

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Du hast neulich gefragt, was das Unterbewusste sei. In der Vision, die du beschreibst, sahst du das universale Unterbewusste in der Form des pātala, einem Ort ohne Bewusstseinslicht und, da universal, ohne Grenzen oder Ende – das dunkle, unbewusste Unendliche, aus dem sich dieses stoffliche Universum erhob; es ist auf allen Seiten von Dunkelheit ummauert und scheint auch keinen Boden zu haben. Das Licht dringt von oben ein, vom höheren Bewusstsein, und durch das Mental, Herz, Vital und das Physische herabkommend muss es in dieses Unterbewusste strömen, um es zu erhellen.

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pātala ist hier offensichtlich ein Name für das Unterbewusste die Wesen dort haben “keine Köpfe”, das heißt, es gibt dort kein mentales Bewusstsein; alle Menschen besitzen eine derartige unterbewusste Ebene in ihrer Natur, und von dort erheben sich alle Arten von irrationalen und unwissenden (“kopflosen”) Instinkten, Impulsen, Erinnerungen usw., die auf das Tun und Fühlen der Menschen einwirken, ohne ihren wahren Ursprung aufzudecken. Nachts kommen viele unzusammenhängende Träume aus dieser Welt oder Ebene. Die Welt über uns ist die überbewusste Ebene des Wesens, diejenige über dem menschlichen Bewusstsein, und es gibt viele Welten dieser Art; es sind dies die göttlichen Welten.

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Die dunklen Brunnen des Unterbewussten sind tief, und solange sie nicht insgesamt gereinigt wurden, ist das Hervorbrechen alter Quellen weiterhin möglich.

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Das Unterbewusste birgt viel mehr Ängste, als das Wachbewusstsein zulässt oder anerkennt.

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Alles, was unser Bewusstsein täglich erfährt, wird im unterbewussten Gedächtnis gespeichert und kann von dort in das Mental heraufgeholt werden oder ungerufen kommen. Doch das, was wir das eigentliche Gedächtnis nennen, bedeutet, dass das Gespeicherte im Hintergrund des bewussten Mentals bewahrt wird und auf Wunsch wieder hervorgeholt werden kann – das ist bewusstes Gedächtnis.

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Das klare Erinnern an Worte, Bilder und Gedanken ist eine Tätigkeit des bewussten Mentals, nicht des Unbewussten. Natürlich tritt Erinnerung in den Hintergrund, gleichsam in die rückwärtigen Teile des Mentals, doch sie kann von dort wieder hervorgeholt werden. Erinnerung kann auch verlorengehen oder entstellt werden, so dass man sich falsch erinnert oder etwas insgesamt vergisst, doch ist das immer noch eine – wenn auch unvollständige – Tätigkeit des bewussten Mentals und nicht eine Tätigkeit des Unterbewussten. Was im Unterbewussten bewahrt wird, ist eine Masse von Eindrücken – keine klaren oder genauen Bilder –, und diese können in unzusammenhängendem Durcheinander und völlig entstellt in Träumen auftauchen, oder aber sie gelangen in den Wachzustand als mechanische Wiederkehr oder Wiederholung der nämlichen Eingebungen, Impulse (unterbewusstes Vital) oder Empfindungen. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Tätigkeiten.

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Im unterschwelligen Gedächtnis werden genaue Bilder aufbewahrt. Alles, was unterschwellig ist, wird in der gewöhnlichen Psychologie als unterbewusst beschrieben; doch in unserer Psychologie können wir so nicht vorgehen, denn das Bewusstsein, das diese Bilder enthält, ist ebenso präzis und viel weiter und umfassender als unser waches oder Oberflächen-Bewusstsein – warum also sollten wir es unterbewusst nennen? Bewusstes Gedächtnis ist etwas, das in jedem von uns gewollten Augenblick die Erinnerung an eine Sache hervorholen kann; es steht unter unserer Kontrolle. Die unterschwellige Erinnerung kann alle diese Dinge speichern, selbst solche, die das Mental gar nicht verstehen kann; zum Beispiel wenn du jemanden hebräisch sprechen hörst, kann das unterschwellige Gedächtnis dies speichern und es in einem anormalen Zustand, zum Beispiel der Hypnose, wieder hervorbringen. Das unterbewusste Gedächtnis hingegen ist ein Gedächtnis der Eindrücke; wenn diese emporkommen, wie es im Traum geschieht, so erhalten wir ein unzusammenhängendes oder ein wahllos neu geordnetes Ergebnis; oder aber es ist das, was in Erscheinung tritt, nur die Essenz einer Sache, ihre psychologische Ablagerung, zum Beispiel Sex-Verlangen, Furcht, eine besondere Libido – wie die Psychoanalytiker sie nennen –, doch das, wodurch diese sich dann ausdrückt, muss nicht die gleiche Form haben, die ihr das Gedächtnis geben würde – es [das unterbewusste Gedächtnis] kann die gleichen Formen wiederholen, wenn es sich des mechanischen Mentals im Physischen bemächtigen kann, doch kann es auch etwas ganz anderes sein, als es im wirklichen Leben ist.

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Nein, dies (“The Record of Chitragupta”) ist etwas ganz anderes als das kosmische Unterbewusste, da es genau und akkurat ist.

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Das Unterbewusste ist ein unterdrückter, dunkler Keim-Zustand, in dem die Dinge aus der unbestimmten Unbewusstheit der ursprünglichen Natur emportauchen, doch fließend und ungenau und alle Möglichkeiten der Formgebung noch in sich bergend. Vergangenes fällt dorthin zurück, nicht als Erinnerungen, sondern als Eindrücke, was etwas ganz anderes ist. Wenn sie von dort wieder emporkommen, geschieht es in allen möglichen eigenartigen, abgewandelten und vermischten Formen.

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Das Submental versorgt mit Assoziationen aus dem vergangenen Leben oder dem Erdenleben im allgemeinen, die Erfahrungen der vitalen oder anderer Ebenen. Man muss sich von seinem störenden Eindringen befreien, um zur wahren Erfahrung zu gelangen.

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Es ist mir nicht bekannt, dass es in den traditionellen Büchern eine Bezeichnung gibt, die mit dem Unterbewussten korrespondiert; von dieser Ebene sprach man im allgemeinen als nicht-bewusste und nicht als unterbewusst; praktisch ist es das Unterschiedslose oder vielleicht jaḍa prakṛti, der Keim-Zustand. Im Veda wird es durch die Höhle der Panis symbolisiert. Wenn man Bücher wie das “Yoga-vasistha” durchsieht, könnte man etwas über das Unterbewusste als Wirklichkeit finden, das dort aber nicht mit dem gleichen Ausdruck bezeichnet wird.

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XIII. Die Zentren

Es gibt sieben Zentren oder cakras:

L. Der tausendblättrige Lotos über dem Scheitelpunkt des Kopfes;

2. das ājñācakra in der Stirn (Wille, Vision, dynamisches Denken);

3. das Hals-Zentrum, das sich ausdrückende Mental (das physische Mental);

4. der Herz-Lotos, das emotionale Zentrum; die Seele befindet sich dahinter;

5. der Nabel, das eigentliche höhere Vital;

6. unterhalb des Nabels, das niedere Vital;

7. das mūlādhāra, das Physische.

Diese Zentren befinden sich in der Mitte des Körpers und man ordnet sie der Wirbelsäule entlang an; in Wirklichkeit jedoch befinden sich all diese Dinge im feinstofflichen Körper, sūkṣma deha, obwohl man, sobald das Bewusstsein erwacht ist, das Gefühl hat, als würden sie im physischen Körper wirken.

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In unserem Yoga hat jedes der Zentren einen bestimmten psychologischen Zweck und eine allgemeine Aufgabe, die all seinen speziellen Eigenschaften und Wirkungsweisen zugrundeliegen. Das mūlādhāra regiert das Physische bis hinunter ins Unterbewusste; das Leib-Zentrum – svādhiṣṭhāna – beherrscht das niedere Vital; das Nabel-Zentrum – nābhipadma oder maṇipūra – beherrscht das größere Vital; das Herz-Zentrum – hṛtpadma oder anāhata – regiert das emotionale Wesen; das Hals-Zentrum – viśuddha – regiert das sich ausdrückende und gestaltende Mental; das Zentrum zwischen den Augenbrauen – ājñācakra – beherrscht das dynamische Mental und den dynamischen Willen, die innere Schau, die mentale Gestaltung; der tausendblättrige Lotos darüber – sahasradala – befiehlt dem höheren, denkenden Mental und öffnet sich zuoberst der Intuition, wodurch das Obermental mit den übrigen Zentren Verbindung oder unmittelbaren Kontakt aufnehmen kann – wenn dies nicht in einer alles überflutenden Unmittelbarkeit geschieht.

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Ich habe nie von zwei Lotossen im Herz-Zentrum gehört; doch ist es der Sitz von zwei Mächten, im Vordergrund das höhere Vital oder emotionale Wesen, dahinter und verborgen die Seele oder das seelische Wesen.

Die Farben der Lotosse und die Anzahl der Blätter sind im einzelnen von unten nach oben: 1) das mūlādhāra oder physische Bewusstseins-Zentrum, vier Blätter, rot; 2) das Leib-Zentrum, sechs Blätter, tief-purpurrot; 3) das Nabel-Zentrum, zehn Blätter, violett; 4) das Herz-Zentrum, zwölf Blätter, gold-rot; 5) das Hals-Zentrum, sechzehn Blätter, grau; 6) das Stirn-Zentrum zwischen den Augenbrauen, zwei Blätter, weiß; 7) der tausendblättrige Lotos über dem Kopf, blau mit goldenem Licht umgeben. Ihre Funktionen in unserem Yoga sind die folgenden: 1) dem physischen Bewusstsein und dem Unterbewussten zu gebieten; 2) den kleinen vitalen Regungen zu gebieten, den kleinen Begierden, Lüsten und Begehren, den kleinen Regungen der Sinne; 3) den größeren Lebenskräften zu gebieten, den Leidenschaften und größeren Wunsch-Regungen; 4) dem höheren emotionalen Wesen zu gebieten mit der Seele tief dahinter; 5) dem Ausdruck und der ganzen Formgebung der höheren, denkenden Mentalregungen und der mentalen Kräfte zu gebieten; 6) dem Denken, dem Willen, der inneren Schau zu gebieten; 7) dem höheren denkenden Mental, dem erleuchteten Mental und der Öffnung zur Intuition und zum Obermental zu gebieten. Die siebente wird zuweilen, das heißt von manchen mit dem Gehirn identifiziert, doch ist dies ein Irrtum; das Gehirn ist nichts als ein Verbindungskanal zwischen dem tausendblättrigen Lotos und dem Stirn-Zentrum. Ersterer wird manchmal das Zentrum der Leere genannt, śūnya, entweder weil er sich nicht im Körper befindet, sondern in der scheinbaren Leere darüber, oder weil man, sobald man sich über den Kopf erhebt, zuerst in die Stille des Selbstes oder des spirituellen Wesens eintritt.

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Wenn wir von der Konzentration im Herzen sprechen, meinen wir das emotionale Zentrum, das sich wie alle übrigen auf einer Linie in der Mitte des Körpers befindet, die der Wirbelsäule entspricht. Die Ebenen, auf die er9 sich bezieht, sind vier der Zentren: 1. das Scheitel-Zentrum oder höhere Mental-Zentrum; 2. zwischen den Augenbrauen gelegen, das Zentrum des Willens und der inneren Schau; 3. das Hals-Zentrum oder Zentrum des sich ausdrückenden Mentals und 4. das Herz, das heißt das mental-vitale und emotionale Zentrum mit der Seele dahinter (die Seele, der puruṣa im Herzen).

citta, im Gegensatz zu cit oder vijñāna, ist lediglich das grundlegende Bewusstsein von Mental und Leben, aus dem sich die Substanz der (gewöhnlichen) Gedanken, Gefühle, Erregungen usw. erhebt. Die Kraft, die er fühlt, hat damit gar nichts zu tun; es ist die größere Kraft, die die Individualität übersteigt; fühlt man sie in ihrer Fülle, wird sie entsprechend ihrer Eigenart als die kosmische Kraft erfahren oder als ein Teil der kosmischen Kraft oder auch als die Göttliche Kraft von oben.

Sein Mental ist noch nicht bereit für das Wirken der größeren Kraft, da er voller mentaler Vorstellungen und Aktivitäten steckt, und in dieser Gegensätzlichkeit entsteht, jene Hitze; sobald sich die andere Kraft zurückzieht und nicht länger versucht, das Gehirn in Beschlag zu legen, fühlt sich die persönliche mentale Aktivität befreit (das ist der Grund für das Gefühl der Kühle) und folgt ihren gewöhnlichen Vorstellungen. Nur in einem schweigenden, (das heißt ruhigen, nicht notwendigerweise leeren) Mental kann die größere Kraft empfangen werden und auf das System einwirken, ohne zuviel Reaktion und Widerstand zu erzeugen.

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Gut, dass du,die Schwierigkeit überwinden konntest und eine befriedigende Meditation hattest. Deine Beobachtung, dass sich die Schwierigkeit allein im Kopf und Hals befindet, hauptsächlich aber in letzterem, ist sehr bezeichnend. Dies sind die mentalen Zentren, und es ist daher deutlich, dass die Schwierigkeit vom physischen Mental kommt. Die höheren Teile der Mental-Ebene gehören dem eigentlichen denkenden Mental an – der buddhi –, das, was versteht, beobachtet und lenkt; der Hals ist das Zentrum des sich ausdrückenden Mentals, das sich mit äußeren und physischen Dingen befasst und auf diese reagiert. Seine Aktivität ist immer eine der hauptsächlichen Schwierigkeiten in der Sadhana. Sobald es zur Ruhe gelangt, ist es, wie du selbst bemerkt hast, für das ganze Wesen leichter, ruhig zu sein.

Die letzte der vier Erfahrungen, diejenige, in der du das innere Wesen in Lagen geschichtet gesehen hast, eine nach der anderen wie die Sprossen einer Leiter, ist ebenfalls sehr bedeutsam und sehr wahr. Tatsächlich ist das innere Bewusstsein so geordnet. Es gibt fünf hauptsächliche Abschnitte dieser Leiter. Am Scheitelpunkt über dem Kopf sind die Lagen (oder Ebenen, wie wir sie nennen), deren wir uns nicht bewusst sind und die uns erst im Laufe der Sadhana bewusst werden, jene über dem menschlichen Mental – also das höhere Bewusstsein. Darunter, vom Scheitelpunkt des Kopfes bis zum Hals, befinden sich die Ebenen des Mentals (es gibt viele); von den drei hauptsächlichen befindet sich eine am Scheitel des Kopfes, die die Verbindung mit dem höheren Bewusstsein herstellt, eine weitere zwischen den Augenbrauen, wo sich das Denken, die innere Schau und der Wille befinden, und eine dritte im Hals mit dem gestaltenden Mental. Ein weiterer Abschnitt liegt zwischen Schultern und Nabel, dies sind die Ebenen des höheren Vitals, die vom Herz-Zentrum gelenkt werden, wo sich das emotionale Wesen mit der Seele dahinter befindet. Unterhalb des Nabels befindet sich das übrige vitale Wesen, das verschiedene Ebenen enthält. Von der Basis der Wirbelsäule abwärts sind die Ebenen des eigentlichen physischen Bewusstseins, des Stofflichen, und unter den Füßen das Unterbewusste, das wiederum viele Ebenen besitzt.

Die Erfahrung, dass dir die Stirn von der Mitte aus zerspringt und Licht herausströmt, ist kennzeichnend für das Öffnen des Zentrums der Sicht, des Willens und der inneren Schau dort. Mit diesem Öffnen öffnet sich das innere Mental-Bewusstsein, durch welches das Licht des höheren (Mental-Bewusstseins) herausfließen kann – in diesem Falle strömte das weiße Licht der Mutter heraus.

Die Lichter, die du sahst, waren die vielen Lichter (Mächte und Kräfte voller Licht) des höheren Bewusstseins, des Wahrheits-Bewusstseins oder göttlichen Bewusstseins. Ihrem Herabströmen ging das Erscheinen des Mondes, des spirituellen Lichtes voran und machte dieses möglich. Ist das spirituelle Licht vorhanden, kann die Gegenwart der Mutter enthüllt werden; ihr Wirken bringt die Kräfte der Wahrheit und des Göttlichen herab, die sie dem Sadhak gibt.

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Wenn wir vom Purusha im Herzen, im Kopf usw. sprechen, verwenden wir ein Gleichnis. Das mūlādhāra, von dem sich die Kundalini erhebt, befindet sich wie die übrigen Zentrum nicht im physischen, sondern im feinstofflichen Körper (in diesen feinstofflichen Körper geht das Wesen in tiefer Entrückung ein oder endgültig bei Eintritt des Todes). Doch da der feinstoffliche Körper, den grobstofflichen durchdringt und mit ihm verwoben ist, besteht eine Art Entsprechung zwischen diesen cakras und gewissen Zentren im eigentlichen Physischen. Wir sprechen daher bildlich vom Purusha in diesem oder jenem Zentrum des Körpers. Aufgrund dieser Entsprechung durchdringt der Ananda, oder was immer herabkommt, den feinstofflichen Körper und teilt sich über diesen dem grobstofflichen Körper und seinem Bewusstsein mit, so dass die Empfindung entsteht, als würde er den grobstofflichen Körper (direkt) durchdringen. Doch all dies hat nichts mit der Behauptung zu tun, der Spirit befände sich in einer Drüse. Der grobe Körper ist eine Maschine, ein Mittel der Kommunikation und des Wirkens des Spirits auf die Welt, und er ist nur ein kleiner Teil der Instrumentierung. Es ist absurd, von all dem so viel Aufhebens zu machen. Es ist eine Art falscher Materialismus mit dem Ziel, Menschen mit dürftiger wissenschaftlicher Kenntnis zu beruhigen. Doch was ist der Zweck? Jeder weiß heute, dass Wissenschaft nicht die Wahrheit der Dinge darlegt, sondern einfach eine Sprache ist, die gewisse Erfahrungen mit Objekten, ihre Struktur, ihre Mathematik und eine koordinierte und brauchbare Vorstellung ihrer Vorgänge formuliert – und nichts sonst. Die Materie als solche ist etwas (vielleicht eine Formung von Energie?), das wir seiner Struktur nach oberflächlich kennen, so wie sie unserem Mental und den Sinnen und gewissen untersuchenden Instrumenten erscheint (von denen man inzwischen annimmt, dass sie großenteils ihre eigenen Ergebnisse determinieren, da die Natur ihre Antworten den benutzten Instrumenten anpasst – doch kein Wissenschaftler weiß mehr oder kann mehr wissen.

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Wie kann eine Wesenheit des Spirits in einer stofflichen Drüse eingeschlossen sein? Soviel ich weiß, ist das Selbst oder der Spirit nicht im Körper eingeschlossen, vielmehr ist es der Körper im Selbst. Sobald wir die volle Erfahrung des Selbstes besitzen, fühlen wir es als weites Bewusstsein, in welchem der Körper etwas sehr Kleines ist, ein Anhängsel, in etwas enthalten, nicht etwas, das enthält.

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Man kann von cakras nur in Bezug auf den Yoga sprechen. In den gewöhnlichen Menschen sind die cakras nicht geöffnet, erst wenn man die Sadhana ausübt, öffnen sich die cakras. Denn cakras sind Zentrum des inneren Bewusstseins und gehören eigentlich dem feinstofflichen Körper an. Das, was von ihnen im durchschnittlichen Menschen aktiv ist, ist sehr gering – in ihnen ist das äußere Bewusstsein aktiv.

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Chakras sind Zentren des Bewusstseins. Durch ihre Öffnung entwickelt sich das yogische oder innere Bewusstsein – andernfalls wärst du an das gewöhnliche, nach außen gerichtete Bewusstsein gebunden.

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Dies muss das durchseelte höhere Mental-Wesen sein – die Stellung über dem Kopf deutet darauf hin. In anderen Worten, du bist dir deines höheren Mental-Wesens bewusst geworden; dieses steht sowohl mit dem Göttlichen über dir als auch mit der Seele hinter dem Herzen in Verbindung, es erkennt die Wahrheit und besitzt die seelische und spirituelle Einsicht in die Dinge, die seelische und spirituelle Schau.

Über dem Kopf dehnt sich das höhere Bewusstseins-Zentrum als sahasradala padma aus. Doch meist, wenn das sahasradala sich öffnet, ist ebenfalls ein teilweises Wirken des Stirnzentrums vorhanden.

Das durchschnittliche Mental besteht bestenfalls aus dem freien Verstand, der unter Umständen Intuitionen und Eingebungen von oben empfangen kann, die er intellektualisiert. Es befindet sich an der Oberfläche und sieht die Dinge von außen, es sei denn, Intuition und andere Kräfte verhelfen ihm dazu, ein wenig tiefer zu sehen. Sobald sich dieses durchschnittliche Mental nach innen dem inneren Mental und der Seele öffnet und nach oben dem höheren Mental und dem höheren allgemeinen Bewusstsein, wird es spiritualisiert, und seine höchsten Ebenen verschmelzen mit dem spirituellen Mental-Bewusstsein, wovon das höhere Mental ein Beginn sein kann. Diese Verschmelzung ist Teil der spirituellen Umwandlung.

Das Mental, hat viele Zentren:1. das sahasradala, welches das spirituelle Mental das höhere Mental und das intuitive Mental zentralisiert und als eine Art Empfangsstation für die eigentliche Intuition und das Obermental wirkt; 2. das Zentrum in der Stirn für das innere Denken, den inneren Willen und die innere Schau; 3. das Hals-Zentrum für das formgebende oder physische Mental.

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Der tausendblättrige Lotos befindet sich über dem Kopf. Es ist das siebte und höchste Zentrum.

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Es ist offensichtlich das sahasradala padma, durch welches die höhere Intuition, das erleuchtete Mental und das Obermental ihre Strahlen senden.

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Das Supramental ist nicht im Körper geordnet, daher besitzt es kein gesondertes Zentrum; doch alles, was von oberhalb des Mentals kommt, benutzt das sahasradala als Durchgang, und daher öffnet sich dort etwas.

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Das Zentrum am Scheitel muss ein Teil des sahasradala sein, das direkte Verbindungszentrum zwischen dem individuellen Wesen und dem unendlichen Bewusstsein darüber. Man weiß von keinem anderen wichtigen dynamischen Zentrum zwischen diesem und dem ājñācakra. Doch kann es viele Nervenzentren in verschiedenen Teilen des Körpers geben, abgesehen von den sechs oder besser sieben Hauptzentren.

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Der Scheitelpunkt ist der Durchgangsort zwischen dem Körperbewusstsein und all dem, was es an Mental und Leben enthält, und dem höheren Sein über dem Körper. Dort beginnen die beiden Arten des Bewusstseins, sich zu treffen.

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Die Öffnung des Scheitelzentrums ist gleichbedeutend mit der Öffnung des Lides zwischen dem gewöhnlichen Mental und dem höheren Bewusstsein darüber. Ist das ājñācakra ebenfalls offen, dann kann eine deutliche Verbindung zwischen dem höheren Bewusstsein und dem inneren Mental und auch mit dem äußeren Mental (Hals-Zentrum) hergestellt werden. Das ist die Voraussetzung für die Verwirklichung von Wissen und mentaler Erleuchtung und Umwandlung. Das Herz-Zentrum beherrscht die Seele und das Vital, seine Öffnung ermöglicht dem seelischen Einfluss, im Vital zu wirken, und endet mit dem Hervortreten des seelischen Wesens.

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Das Gehirn ist lediglich ein Zentrum des physischen Bewusstseins. Man fühlt sich dort solange verankert, als man im physischen Mental zu Hause oder mit dem Körper-Bewusstsein identifiziert ist; später empfängt das Gehirn über das sahasradala. Ist man nicht länger im Körper verankert, dann bietet das Gehirn keinen Halt mehr, es wird zu einem passiven und schweigend übermittelnden Kanal.

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Das ājñācakra, Zentrum des inneren Willens, der inneren Schau, des dynamischen Mentals usw., befindet sich in der Stirn zwischen den Augen – ein klein wenig darüber (Es ist nicht der gewöhnliche, nach außen gerichtete mentale Wille, das äußere Sehen, sondern etwas Machtvolleres, das zum inneren Wesen gehört). Sobald dieses Zentrum geöffnet und die Kraft dort tätig ist, öffnet sich ein größerer Wille, eine Macht der Entscheidung, Gestaltung, Wirksamkeit, die über das hinausgeht, was das gewöhnliche Mental erreichen kann.

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Das Zentrum [ājñācakra] ist die Stelle, die ich meine, doch der Druck kann in der gesamten Stirn gefühlt werden, auch zwischen den Augenbrauen oder sonst irgendwo. Er strahlt vom Zentrum aus.

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Ja, ein drittes Auge öffnet sich dort [im Zentrum der Stirn]– es vermittelt die okkulte Schau und die okkulte Macht, die mit dieser Schau verbunden ist – es ist mit dem ājñācakra verbunden.

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Wenn das Stirnzentrum sich öffnet, ist es ziemlich sicher, dass das Scheitelzentrum sich hinreichend geöffnet haben muss, zumindest um dem Durchgang der höheren Kraft darüber stattzugeben. Die Seele ist etwas anderes, die befindet sich hinter den Zentren, und der Zeitpunkt ihres Sich-Öffnens ist bei den einzelnen Menschen verschieden – tatsächlich handelt es sich nicht so sehr um das Öffnen eines Zentrums, als um das Hervortreten des seelischen Wesens.

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Die allgemeine Regel in diesem Yoga (für die Reihenfolge der sich öffnenden Zentren) ist von oben nach unten. Im vorbereitenden Stadium mag es Unterschiede geben. Es kann zum Beispiel zuerst ein teilweises Sich-Öffnen im Herzzentrum stattfinden. Auch das höhere vitale Zentrum kann als erstes aktiv werden, doch das bedeutet viel Kampf und Schwierigkeit.

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Weißt du denn nicht, dass mit dem inneren Wesen das innere Mental, das innere Vital, das innere Physische mit der innersten Seele dahinter gemeint ist? Wie kann es ein Zentrum für all das geben?

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Ja, das Zentrum im Hals ist das Zentrum des physischen Mentals. Es ist das Zentrum der Formgebung für Rede, Ausdruck sowie die Fähigkeit, auf mentale Weise mit physischen Dingen umzugehen usw. Sein Öffnen ermöglicht dem physischen Mental, sich dem Licht des göttlichen Bewusstseins zu öffnen, statt in der gewöhnlichen, nach außen gerichteten Mentalität zu bleiben.

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Nacken, Hals und der untere Teil des Gesichtes gehören zum sich ausdrückenden Mental, dem physischen Mental. Die Stirn gehört zum inneren Mental. Über dem Kopf befinden sich die höheren Ebenen des Mentals.

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Die Nase ist mit dem vital-dynamischen Teil des Mentals verbunden – ein Mensch mit einer kräftigen Nase soll einen starken Willen oder eine starke mentale Persönlichkeit besitzen – ich kann aber nicht sagen, ob das immer zutrifft. Doch das vitale Physische? Die Nase ist allerdings der Durchgang von prāṇa, und prāṇa ist die Stütze des vitalen Physischen.

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Es kann nichts Stoffliches sein, sondern lediglich eine feine stoffliche Empfindung. Das Ohr ist die Durchgangsverbindung zwischen dem inneren Mentalzentrum und den Gedankenkräften oder Gedankenwellen der universalen Natur. Was du sagst, hört sich an, als hätte sich dieser Durchgang geöffnet und vergrößert.

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Es ist das physische Mental, das so handelt. Das Zentrum des physischen Mentals oder des sich ausdrückenden Mentals liegt im feinstofflichen Körper im Hals und ist eng mit der Rede verbunden, doch es wirkt durch seine Verbindung mit dem Gehirn. Alle Kräfte, die das Bewusstsein umhüllen wollen, erheben sich, wirken auf die Mental-Zentren und kreisen sie ein, wenn sie es können; “einkreisen”, da andernfalls das Umhüllen nicht vollständig wäre.

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Das Organ der Sprache ist ein Instrument des physischen Mentals oder des sich ausdrückenden, formgebenden Mentals.

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Die Sprache kommt vom Hals-Zentrum, doch ist sie mit jenem Zentrum oder jener Bewusstseinsebene verbunden, die gerade vorherrscht – von welcher Ebene man auch immer denkt. Sobald man sich über den Kopf erhebt, findet das Denken über dem Kopf statt, und man vermag von dort zu sprechen, das heißt, dass die Sprache von dorther kommt.

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Paśyantī ist offenbar die Rede, welche die Wahrheitsschau enthält – para ist vermutlich die offenbarende und inspirierte Rede. Über die genaue Natur der anderen bin ich mir nicht sicher [vaikharī und madhyamā].

Die Tantriker lokalisieren diese Redeformen in verschiedenen cakras. Sprache kann innerlich oder äußerlich sein, beides kann den Stempel der gleichen Macht tragen. Doch wenn sie an ihrem Zurückstehen von der Äußerlichkeit gemessen werden soll, dann müsste para gleichbedeutend sein mit dem kausalen Bereich jenseits des Mentals.

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Das Hals-Zentrum ist das formgebende (physische) Mental, das Herz-Zentrum ist das emotionale Mental und der Beginn des höheren Vitals. Sobald das Herz-Zentrum vom physischen Mental in einem bestimmten Maß beherrscht wird, ist es äußeren Angriffen geöffnet, die das physische und nervliche Bewusstsein beeinträchtigen. Das Herz muss mit der Seele und dem höheren Bewusstsein in Verbindung sein.

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Das physische Herz befindet sich auf der linken Seite, doch das Herz-Zentrum des Yoga ist in der Mitte der Brust – es ist das Kardial-Zentrum.

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Der Scheitelpunkt des psychischen und emotionalen Zentrums liegt – wie der Scheitel der übrigen Zentren – an der Wirbelsäule, seine Basis vorne im Brustbein.

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Das Herz ist das Zentrum des Wesens und gebietet den übrigen, da sich dort das seelische Wesen oder der caitya puruṣa befindet. In diesem Sinn war es gemeint, dass alles von dorther kommt, denn es ist das seelische Wesen, das sich jedes mal ein neues Mental, ein Vital und einen Körper schafft.

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Das seelische Wesen (welches die Seele ist) schafft sich keine Zentren im ādhāra. Die Zentren sind vorhanden. Das seelische Wesen kann die Zentren, die sich bereits dort befinden, überwachen – das Herz, das Nabel-Zentrum und die beiden unterhalb des Nabels. Auch werden Mental und Vital nicht ausgelöscht – sie werden unter den seelischen Einfluss gebracht und durchseelt; oder das höhere Bewusstsein bemächtigt sich ihrer und wandelt sie in seine Instrumente um.

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Man geht weder durch das seelische noch durch irgendein anderes Zentrum hindurch. Die Zentren öffnen sich unter dem Druck der Sadhana. Man kann sagen, dass die Kraft in ein Zentrum herabkommt oder aufsteigt.

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Das Nabel-Zentrum ist das hauptsächliche vitale Zentrum unterhalb des Emotionals; darunter gibt es noch das Zentrum der kleinen vitalen Regungen zwischen dem Nabel und dem mūlādhāra.

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Das physische Mental ist im Hals und Mund, das vitale Physische liegt zwischen den beiden untersten Zentren, das stoffliche Bewusstsein ist im mūlādhāra.

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Nerven sind über den ganzen Körper verteilt, doch hat die vital-physische Tätigkeit ihren Ausgangspunkt ursprünglich zwischen dem mūlādhāra und dem Zentrum unmittelbar darüber.

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Vom yogischen, psychophysischen usw. Standpunkt aus gesehen sind die vitalen Regungen und nicht das physische Bewusstsein im Magen, im Herz und in den Eingeweiden lokalisiert; dort ist es, wo Ärger, Furcht, Liebe, Haß und alle die anderen psychologischen Tier-Privilegien herumirren und die physische und moralische Verdauung durcheinanderbringen. Das mūlādhāra ist der Sitz des eigentlichen physischen Bewusstseins.

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Es [das Ende der Wirbelsäule] ist der Ort des physischen Zentrums, das auch ein Sex-Zentrum ist. Seine Spitze liegt am Ende der Wirbelsäule, sie erstreckt sich von dort nach vorne und beherrscht das [Geschlechts-] Organ und seine Tätigkeit.

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Das niederste Zentrum ist am Grund der Wirbelsäule. Es enthält neben vielen anderen Dingen an seiner Oberfläche Grundlage sexueller Regungen.

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Nein, das Unterbewusste ist zu dunkel, um ein Zentrum zu haben. Es besitzt eine Ebene, die unterhalb der Füße liegt – so wie das Überbewusste sich über einem befindet; doch kann es von dort überallhin emporwallen.

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Ja, das Kleinhirn hat eine Verbindung mit dem Unterbewussten.

 

1 Dieser Ausdruck ist eine falsche Bezeichnung, da das Obermental nicht supramental sein kann; es kann höchstens etwas Licht und Wahrheit von der höchsten Quelle empfangen.

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2 Ich möchte betonen, dass ich diese Dinge nicht dachte, es waren weder Gedanken oder Vorstellungen, noch stellten sie sich irgendeinem “Ich” so dar; es war ganz einfach so.

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3 Die Originalfassung dieses Briefes wurde in der Folge zweimal von Sri Aurobindo korrigiert. Da die beiden korrigierten Fassungen sich stellenweise beträchtlich unterscheiden. wurden hier beide veröffentlicht.

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4 Jemand hatte gefragt, was das seelische Wesen sei, ob es als derjenige Teil des Wesens bezeichnet werden könne, der immer in direktem Kontakt mit dem Supramental stehe. Ich antwortete, dass man es nicht so formulieren könne. Denn das seelische Wesen in Tieren oder in den meisten Menschen steht nicht in direktem Kontakt mit dem Supramental, daher könne man es auch nicht derart ausdrücken.

Doch ist einmal die Verbindung zwischen dem Supramental und dem menschlichen Bewusstsein hergestellt, dann ist es das seelische Wesen, das am bereitwilligsten darauf reagiert – bereitwilliger als Mental, Vital oder Körper. Man könnte hinzufügen, dass es auch eine reinere Reaktion sei; Mental, Vital und Körper erlauben anderen Dingen, sich in ihre Empfangsbereitschaft für den supramentalen Einfluss zu mischen und seine Wahrheit zu entstellen. Die Seele ist rein in ihrer Reaktion und lässt eine derartige Vermischung nicht zu.

Die supramentale Veränderung kann nur dann stattfinden, wenn die Seele wach ist und zur hauptsächlichen Stütze der herabkommenden supramentalen Macht wird.

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5 Die citta und der seelische Teil sind ganz und gar nicht das gleiche. Citta ist ein Ausdruck aus einer völlig anderen Kategorie; in ihr werden die hauptsächlichen Funktionen unseres äußeren Bewusstseins koordiniert und geordnet, und um sie zu erkennen, brauchen wir nicht hinter unsere Oberflächen– oder äußere Natur zu gehen.

“Kategorie” bedeutet hier eine andere Klasse psychologischer Faktoren, tattva-vibhāga. Die Seele gehört zu einer Klasse – Supramental. Mental, Leben, Seele, Körper – und bezieht sowohl die innere wie die äußere Natur mit ein. Citta gehört einer ganz anderen Klasse oder Kategorie an –buddhi, manas, citta, prāṇa usw. –, dies ist die Klassifikation der gewöhnlichen indischen Psychologie des äußeren Wesens. In dieser Kategorie werden von den indischen Denkern nur die Hauptfunktionen unseres äußeren Bewusstseins koordinieret und geordnet; citta ist eine der hauptsächlichen Funktionen dieses äußeren Bewusstseins; wir brauchen daher, um sie zu erkennen, nicht hinter unsere äußere Natur zu gehen.

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6 Die Originalfassung diese Briefes wurde in der Folge von Sri Aurobindo zweimal abgeändert. Da die beiden Fassungen sich an einzelnen Stellen beträchtlich unterscheiden, wurden beide wiedergegeben.

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7 Eine unvollständige Artikelserie, die in der Zeit von 1915-1921 mit Unterbrechungen erstmals in der Zeitschrift “Arya” veröffentlicht wurde und dann, ohne fertiggestellt zu sein, in Buchform unter dem Titel:. “The Problem of Rebirth” (Feb. 52) erschien.

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8 Der Glaube, der Körper sei für die Dauer eines Lebens ein vorübergehender Aufenthaltsort des Selbstes.

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9 Sri Aurobindo bezieht sich hier auf jemanden, der über einen Sadhak eine Frage an ihn gerichtet hatte.

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