Mutters
Agenda
ersten Band
Ohne Datum 1956
(Brief von Satprem an Mutter)
Pondicherry, 1956
Liebe Mutter, fast jeden Abend geschieht in mir folgendes: ich bin wörtlich wie ein Paket von gebündelter Kraft, dem es nicht gelingt zu zerspringen oder sich zu fixieren und aufzulösen. Das Gewicht lastet so schwer auf meiner Brust, daß ich nur mit Schwierigkeit atme, als ob alles Blut sich dort konzentrierte und mich beklemmt. Der Druck im Kopf wird manchmal so intensiv, daß ich nicht einmal wage, die Augen zu schließen und mich noch mehr zu konzentrieren, denn es scheint mir, es könnte zerplatzen. Mein ganzes Wesen ist dermaßen angespannt und voll von der Kraft, daß es mir scheint, etwas könnte physisch zerbrechen.
Ist das alles vielleicht ein gefährlicher Zustand? Oder ist es eher normal? Ich möchte wissen, ob dieser Eindruck, es könnte physisch zerbrechen, ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Wenn es ein schlechtes Zeichen ist, was soll ich tun?
Es gibt gewiß einen Widerstand in mir, etwas, das grundsätzlich "Nein" sagt, und ich versuche, mich mental ruhig zu halten, ohne Empörung, aber der Widerstand sitzt in der Tiefe. Ich bin überhaupt nicht auf der Suche nach "Kräften", aber genügt diese ablehnende Haltung, um Unfälle fernzuhalten? Kannst Du mich aufklären? Was kann ich gegen diesen tiefen Widerstand tun?
Dein Kind
Bernard
P.S. Ich schlafe immer schlechter.