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ersten Band

6. Juni 1958

Es ist alles dasselbe, aber man kann das Wort Verwirklichung für etwas Dauerhaftes, das nicht vergeht, vorbehalten. Doch auf der Erde verblaßt alles – alles vergeht, nichts bleibt. In dieser Hinsicht hat es also nie eine Verwirklichung gegeben, weil alles vergeht. Es gibt nie etwas Permanentes. Ich erfahre es an mir selbst: ich folge der Sadhana sozusagen im Galopp, und keine zwei Erfahrungen sind je identisch oder wiederholen sich in gleicher Weise. Sobald etwas gefestigt ist, beginnt sofort das Nächste. Deshalb scheint es zu vergehen, aber es vergeht nicht: es bildet die Grundlage, auf der das Nächste aufbaut.

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Heute morgen auf dem Balkon hatte ich eine interessante Erfahrung: die Erfahrung der menschlichen Anstrengung, um sich dem Göttlichen zu nähern, in all ihren Formen und über alle Zeitalter hinweg. Und es war als weitete ich mich mehr und mehr, damit das gegenwärtige Werk alle diese Formen und alle Annäherungsarten zum Göttlichen, die die Menschen versucht haben, enthalte.

Das zeichnete sich in einem Bild ab, in dem ich weit wie das Universum war, und jede Annäherungsart zum Göttlichen war ein kleines Bild mit der charakteristischen Form dieses Ansatzes. Und mein Eindruck war: Warum beschränken sich die Leute immer – eng, eng, eng! Sie können etwas nur verstehen, wenn es eng ist.

Nehmt alles! Nehmt alles in euch auf. Dann werdet ihr beginnen zu verstehen – beginnen.

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Diese Art Umkehrung des Bewußtseins, von der ich neulich abend sprach, das heißt der erste Kontakt mit dem höheren Göttlichen, hatte ich 1910, und es hat mein Leben völlig verändert.

Von diesem Augenblick an hatte ich das Bewußtsein, daß alles, was wir tun, der Ausdruck des göttlichen Willens in uns ist. Aber es ist der göttliche Wille in unserem ZENTRUM, und eine Zeitlang war eine Tätigkeit des physischen Mentals geblieben. Doch zwei oder drei Tage nachdem ich Sri Aurobindo 1914 zum ersten Mal gesehen hatte, hörte das auf, und es hat nie wieder eingesetzt. Es war das Schweigen. Und das Bewußtsein richtete sich über dem Kopf ein.

In der ersten Erfahrung (1910) festigte sich das Bewußtsein in den Tiefen des psychischen Wesens, und von dort kam das Gefühl, nur noch das zu tun, was das Göttliche wollte – es war das Bewußtsein der Allmächtigkeit des göttlichen Willens, daß es keinen persönlichen Willen mehr gab, aber es blieb noch eine mentale Tätigkeit, und alles mußte schweigen. 1914 kam das Schweigen, und das Bewußtsein festigte sich über dem Kopf. Hier (Herz) und hier (über dem Kopf) besteht immer eine Verbindung.

Schließt das eine das andere aus?

Es ist gleichzeitig, es ist das gleiche. Wenn man anfängt wirklich bewußt zu werden, erkennt man, daß es von der Handlung abhängt, die man gerade auszuführen hat. Bei einer bestimmten Art von Arbeit sammelt sich die Kraft im Herzen, um von dort zu strahlen, bei einer anderen Art von Arbeit sammelt sie sich über dem Kopf, um dort zu strahlen, aber die beiden sind nicht getrennt: das Handlungszentrum verlagert sich hierhin oder dorthin, je nachdem was man zu tun hat.

Was die letzte Erfahrung angeht, 1 kann ich nicht behaupten, daß niemand sie je zuvor hatte, denn jemand wie Ramakrishna, solche Menschen mögen sie gehabt haben. Aber ich bin mir nicht sicher, denn als ich diese Erfahrung hatte (nicht die der göttlichen Gegenwart, die spüre ich schon seit langem in den Zellen, aber die Erfahrung, daß EINZIG das Göttliche im Körper handelt, daß Es der Körper GEWORDEN ist, und doch dabei seine Eigenschaften von göttlicher Allwissenheit und Allmacht bewahrt), nun, die ganze Zeit, in der es aktiv so blieb, war es absolut unmöglich, daß es die GERINGSTE Störung im Körper gebe, und nicht nur im Körper, sondern IN DER GESAMTEN UMGEBENDEN MATERIE. Es war als gehorchten alle Gegenstände, aber ohne daß sie entscheiden müßten zu gehorchen: automatisch. Eine göttliche Harmonie in ALLEM, in allem, ständig (das ereignete sich oben in meinem Badezimmer, sicherlich um zu beweisen, daß es in den banalsten Dingen liegt). Wenn sich das in dauerhafter Weise festigt, dann KANN es keine Krankheiten mehr geben, unmöglich. Es kann keine Unfälle mehr geben, es kann keine Krankheiten mehr geben, keine Störungen; und alle Dinge (wahrscheinlich allmählich) müssen in Einklang treten, wie er dort herrschte: alle Gegenstände im Badezimmer waren erfüllt von einem freudigen Enthusiasmus – alles gehorchte, alles!

Als ich aber anfing, mit den Leuten in Berührung zu kommen, verblaßte es ein wenig, weil es die erste Erfahrung war; ich hatte wirklich den Eindruck, daß es eine erste Erfahrung war, neu auf der Erde. Denn die Erfahrung der absoluten Identität des Willens mit dem göttlichen Willen hatte ich seit 1910, sie hat mich nie verlassen. Das ist es nicht, es ist etwas ANDERES. Hier wird DIE MATERIE DAS GÖTTLICHE. Und es kam wirklich mit dem Eindruck von etwas, das sich auf der Erde zum ersten Mal ereignet. Es ist schwer zu sagen, aber Ramakrishna ist an Krebs gestorben, und jetzt, wo ich die Erfahrung hatte, weiß ich mit ABSOLUTER Gewißheit, daß das unmöglich ist. Hätte er sich entschieden zu gehen, weil das Göttliche es so wollte, wäre es ein geordneter Abschied in voller Harmonie und mit vollem Willen gewesen, während diese Krankheit ein Mittel der Unordnung ist.

Steht diese Erfahrung vom 1. Mai in Beziehung zur supramentalen Manifestation von 1956? Ist es eine supramentale Erfahrung?

Sie ist das Ergebnis der Herabkunft der supramentalen Substanz in die Materie. Nur sie konnte dies ermöglichen, nur das, was sie in die physische Materie gebracht hat. Es ist ein neues Ferment. Vom materiellen Standpunkt befreit sie die Materie von ihrem Tamas, ihrer unbewußten Schwere, vom psychologischen Standpunkt von ihrer Unwissenheit und ihrer Lüge. Die Materie wird subtiler. Aber es kam gewiß nur als eine erste Erfahrung, um zu zeigen, wie es sein wird.

Das ist wirklich ein Zustand absoluter Allwissenheit und Allmacht im Körper. Und es verändert alle umgebenden Vibrationen.

Wahrscheinlich wird der größte Widerstand von den bewußtesten Wesen kommen, aufgrund ihres Mangels an mentaler Empfänglichkeit, aufgrund des Mentals selbst, das will, daß die Dinge in ihrer unwissenden Art fortbestehen (Sri Aurobindo beschreibt das). Die sogenannte leblose Materie ist sehr viel antwortender, sehr viel: sie widersetzt sich nicht. Ich bin überzeugt, daß die Antwort in den Pflanzen und in den Tieren, zum Beispiel, sehr viel rascher kommen wird als bei den Menschen. Es wird schwieriger sein, auf ein sehr geordnetes Mental einzuwirken: Wesen, die in einem durch und durch kristallisierten, geordneten mentalen Bewußtsein leben, sind hart wie Stein! Das widersetzt sich. Meiner Erfahrung zufolge werden die unbewußten Dinge sicherlich leichter folgen können. Es war köstlich, das Wasser aus dem Hahn zu sehen, das Zahnwasser in der Flasche, das Glas, das Tuch, all das gab einem ein Gefühl der Freude und der Einwilligung! Dort gibt es sehr viel weniger Ego, kein bewußtes Ego. Je mehr sich das Wesen entwickelt, um so bewußter und widerstrebender wird das Ego. Sehr primitive, sehr einfache Wesen, kleine Kinder werden als erste antworten, weil sie kein organisiertes Ego besitzen. Aber diese großen Persönlichkeiten! Leute, die an sich selbst gearbeitet haben, die sich beherrschen, die sich strukturiert haben, die ein stählernes Ego haben, für die wird es schwierig sein.

Es sei denn, sie schreiten darüber hinaus und haben ein ausreichendes spirituelles Wissen, um das Ego zum Abtreten zu bringen, dann wird ihre Verwirklichung natürlich sehr viel umfassender sein – sie wird schwieriger sein, aber das Ergebnis wird sehr viel vollständiger sein.

Als du die Erfahrung vom 3. Februar 1958 hattest (das supramentale Schiff), erschien dir die Sicht deines gewohnten Bewußtseins, das dennoch ein Wahrheits-Bewußtsein ist, überhaupt nicht mehr wahr. Sahst du Dinge, die du nie zuvor gesehen hattest, oder sahst du die Dinge anders?

Ja, man geht in eine andere Welt.

Unser Bewußtsein hier ist wahr in Bezug auf unsere gegenwärtige Welt, aber das andere... ist etwas ganz anderes. Es bedarf einer Anpassung, damit die beiden sich berühren können, sonst springt man vom einen zum anderen. Das geht nicht. Es muß einen graduellen Übergang vom einen zum anderen geben. Das heißt, es fehlen eine ganze Vielzahl von Bewußtseinsstufen. Unser Bewußtsein hier muß bewußt mit dem anderen Bewußtsein in Verbindung gebracht werden, das bedeutet eine Menge von Stufen, die vom einen zum anderen führen. Dann kann man graduell aufsteigen, und die Gesamtheit steigt auf.

Die Wirkung wird ein wenig wie die Beschreibung des Jüngsten Gerichts sein. Das ist eine absolut symbolische Form zur Vermittlung des Unterscheidungsvermögens zwischen dem, was der lügenhaften Welt angehört, die verschwinden muß, und dem, was zwar derselben Welt der Unwissenheit und der Trägheit angehört, was sich aber verwandeln kann. Das eine wird zur einen Seite gehen, das andere zur anderen. Alles, was sich transformieren kann, wird mehr und mehr von der neuen Substanz und dem neuen Bewußtsein durchdrungen werden, bis es dorthin aufsteigen kann und zum Verbindungsglied zwischen beiden wird. Aber alles, was unverbesserlich der Lüge und der Unwissenheit angehört, wird verschwinden. So wurde es auch in der Gita vorhergesagt: unter den Kräften, die wir als gegnerisch oder anti-göttlich bezeichnen, werden jene, die zur Transformation fähig sind, aufsteigen und sich dem neuen Bewußtsein nähern, während all das, was unwiderruflich in der Nacht und im Unwillen verwurzelt ist, zerstört wird und aus dem Universum verschwindet. Sicherlich wird es einen Teil der Menschheit geben, der etwas zu... enthusiastisch auf diese Kräfte geantwortet hat und mit ihnen verschwinden wird. Das ist es, was in dem Begriff des Jüngsten Gerichts zum Ausdruck kommt.

 

1 Vom 1. Mai 1958.

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