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Mutters

Agenda

zweiten Band

12. November 1961

(Mutter improvisiert auf dem Harmonium, um etwas zu "sagen" oder vielleicht um Satprems schlechte Laune zu beschwichtigen. Dann sagt sie:)

Sri Aurobindo sagte mir: "Er [Satprem] hat Kopfschmerzen und ist müde, weil er eine unnötige Arbeit tun will."

Dieser Gedanke stammt nicht von mir, er kam mehrere Male. Da dachte ich, daß dir vielleicht doch die Inspiration kommt und du dagegen ankämpfst, daß hier der Ursprung der Müdigkeit läge – es wäre Grund genug!

Siehst du, vier oder fünf Tage kämpfte ich und konnte nichts finden. Und heute morgen... Gestern war ich wütend... auf dich...

(Mutter unerschütterlich:) Ja.

... weil nichts kam.

Ja (lachend), das macht mir nichts aus!

Und heute morgen, siehst du...

Es kam gut. Nachdem du wütend warst, kam es gut!

Aber es geht nur darum, bestimmte Dinge zu verknüpfen.

Ist es denn wirklich nötig "zu verknüpfen"? Da habe ich meine Zweifel. Die Idee der Verknüpfung ist eine äußerst mentale Idee.

Aber das meine ich nicht mit "verknüpfen" sondern... Was heute morgen kam, zeigte mir (glaube ich), daß tatsächlich etwas geändert werden mußte. Das ist mein Eindruck.

(Mutter nickt)

Die letzten zwanzig Seiten müssen verbessert werden. Das sind Details. Wenn ich diese Einzelheiten richtigstellen könnte, wäre alles in Ordnung.

Könntest du mir ein Beispiel geben?... Hast du den Text mitgebracht?

Nein, es sind einfach Fragmente, wie Teile eines Puzzles, die nicht an ihrem Platz sind. Verstehst du, weil es sehr fragmentiert kam, mußte ich Dinge wiederholen, Verbindungen schaffen. Und das geht nicht, das zeigt mir, daß etwas nicht stimmt. Denn wäre es wirklich DAS, so gäbe es keine Wiederholungen.

Du hast nichts davon mitgebracht?

Doch, ich habe einige Seiten, wenn du willst...

Was?

(Ohne Begeisterung) Du willst, daß ich dir etwas vorlese?

Ja, lies.

(Ohne Überzeugung) Gut, ich kann es dir vorlesen.

(Nach der Lektüre)

Für mich kommt es ständig so: sst! Wie ein Degenstoß. Sonst kommt nichts.

Zu schreiben erscheint mir so arm als Ausdrucksmittel.

Aber sonst würden die Leute nicht verstehen. (Lachend) Wir müssen ein Zugeständnis an die gegenwärtigen irdischen Verhältnisse machen.

Von allen Ausdrucksmitteln erscheint mir das am ärmsten. 1

Vielleicht.

Vielleicht, weil es dasjenige ist, das den größten Anspruch auf Genauigkeit stellt. Dadurch wird natürlich alles so klein! Daher kommt dieser Eindruck der Armseligkeit, der Mangel an tiefem Inhalt.

Dennoch sprachen sie in der vedischen Zeit vom "Wort" – das schöpferische Wort. 2 Das ist der Begriff des Mantras. Aber schließlich kann man kein Buch nur mit Mantras schreiben!

???

Es wäre interessant, wenn man es könnte – das meine ich, wenn ich sage: keine Verknüpfungen, keine logische Folge, keine zusammenhängenden Dinge, die immer so mental sind. Eine Inspiration, eine Eingebung, eine Offenbarung kommt immer so: pluff! und läßt eine Vielzahl von Dingen offen oder ungesagt, damit man sie mit spirituellen Erfahrungen ergänzen kann.

Wenn man anfängt zu erklären, fällt es zusammen – das ist absolut.

Daher fragte ich mich, ob dein Buch nicht letztlich viele dieser Offenbarungen enthält, die nicht erklärt werden SOLLEN: es wird der Fähigkeit jedes einzelnen überlassen, darüber nachzusinnen und die leeren Stellen nach seiner Vorstellung zu ergänzen.

Das wäre doch eine sehr interessante Arbeit: ein Anreiz für die intuitiven Fähigkeiten der Leute, anstatt ihnen alles vorzukauen, sie für Esel zu halten, denen man alles in Form von Babybrei servieren muß, damit sie es verdauen können!

(Schweigen)

Mein Eindruck... Das ist etwas, das Sri Aurobindo mir zu verstehen gibt und das mir den sehr deutlichen Eindruck gibt, daß du dich mit einer unnötigen Schwierigkeit konfrontierst, und wenn du... auf etwas verzichten könntest (ich weiß nicht, was), wäre es auf einmal: ah, aber es ist getan, alles ist getan, es ist fertig!

Das würde nur einige Minuten brauchen, jedenfalls nicht mehr als einige Tage. Alles wäre fertig und ORIGINELL. Es ist vor allem der Eindruck, daß es etwas Neues, Originelles, Unerwartetes wäre – und das brauchen wir: etwas Unerwartetes, das nicht so ist, wie wir es bisher kannten. Ganz plötzlich. Sogar auf die Gefahr... etwas bestürzend zu sein – das macht nichts! Das macht nichts. Gerade durch all diese Bilder [die Illustrationen des Buches] wird es immer für alle zugänglich sein. Immer wieder kam das, vor allem wenn du von dieser Müdigkeit und Schwierigkeit sprichst, ist es jedesmal, als sagte mir Sri Aurobindo: "Aber natürlich, denn er stößt sich an etwas, das nicht sein sollte!"

(Lachend) Vielleicht warst du mir deshalb böse! Weil ich darauf beharre! Oben [in Mutter Zimmer, während des Japas] kommt das ständig: "Aber überquere die Schwelle! Springe über das Hindernis, mach den Schritt, geh auf die andere Seite!" Die ganze Zeit, die ganze Zeit.

In dem, was du mir vorgelesen hast, ist es überall dort SEHR gut, wo es wie ein plötzlicher Strahl von oben ist. Danach beginnt etwas in mir... die Worte sind viel zu grob, aber etwas fängt an, sich zu langweilen oder zu ermüden (dies ist sehr übertrieben ausgedrückt, es ist nur ein leichtes Unbehagen). Und ich merke, daß dies immer bei den "Erklärungen" geschieht. Dort wird es lästig (ich übertreibe).

Im Grunde sagt man immer zu viel. Immer zu viel.

Die Kunst, gut zu schreiben, besteht darin, schweigen zu können. Die Dinge, die unausgesprochen bleiben, sind viel bedeutender als das, was man sagt.

 

1 Satprem will hier nicht die Dichtung mit einbeziehen.

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2 Vâk: das Wort oder das Verb.

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