SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 03 Bande

Mutters

Agenda

dritten Band

3. Februar 1962

(Eine Besucherin hat Mutter einen Brief geschrieben, in dem sie von ihren Schwierigkeiten spricht und sich als Opfer eines "kollektiven Karmas" bezeichnet)

Diese Karmageschichten...

Ich habe mich sehr oft gefragt, ob es den Leuten hilft, ihr Karma zu kennen – ich glaube es nicht.

Das heißt, wenn sie selber auf die Erfahrungen ihres früheren Lebens stoßen, dann ist es Teil eines inneren, psychischen Erwachens, das bestimmt sehr nützlich ist. Aber daß irgendein Guru daherkommt und einem sagt: "Ja, das war Ihr Karma"... Ich glaube nicht, daß das nützlich ist (und dies ist noch sehr gelinde ausgedrückt).

Wenn man die Linie seines früheren Lebens selber findet, ist es etwas anderes, dann ist es Teil eines inneren, psychischen Erwachens, und das ist gut. Aber daß jemand, der etwas sieht, einem daherkommt mit: "Ja, wissen Sie, Sie sind dieser oder jener gewesen, Sie haben dies oder jenes gemacht ..." Ich glaube nicht, daß einem das hilft. Vielmehr habe ich den Eindruck, daß die Dinge dadurch nur schwieriger werden – das bringt einen in Kontakt mit Dingen, an deren Beseitigung man arbeitete.

(Schweigen)

Diese Frau mit ihrem "kollektiven Karma"! Das ist ein Witz, das sind dumme Geschichten.

Für gewisse Leute mag das zutreffen, aber nicht für sie. Wenn ich sie nicht gesehen hätte, hätte ich vielleicht gesagt: "Ach, so?..." und hätte dann versucht herauszufinden, aber... Ein kollektives Karma – natürlich ist es alles, was einen mit den Menschen verbindet, die man in früheren Leben kannte; in diesem Sinne gibt es sicher ein kollektives Karma. Man benutzt aber große Worte und hat großartige Ideen von Dingen, die im Grunde ganz natürlich sind.

Trotzdem hat es mir geholfen, ein wenig zu verstehen, was in meinen anderen Leben geschah.

Weil du hier warst.

Denn noch bevor man dir von deinem Karma erzählte, hatte ich schon gewisse Dinge über dich gesehen, und ich versuchte bereits, dich davon zu befreien – nicht von der Sache selbst, aber von dem, was in deinem Wesen zurückblieb, das heißt von der Tendenz, die zurückblieb. Das sicher.

Aber Sujata zum Beispiel, die völlig, VÖLLIG frei war vom ganzen... (wie soll ich sagen?) unglücklichen Teil ihres Karmas, völlig frei, denn ich kenne die Leute in meiner Nähe sehr gut, ich weiß, was sie mit sich bringen, und es war nichts geblieben. Nur eine einzige ein wenig konstruktive Sache blieb, und die ließ ich völlig intakt. Als man ihr dann die Ereignisse ihres vergangenen Lebens enthüllte, gab ich mir die größte Mühe, diese Enthüllungen im gleichen Maße, wie sie ihr gegeben wurden, zunichte zu machen. Und dies auf extrem kompromißlose Art. Es war nämlich genau so, als ob man eine Ladung Dreck auf jemanden ausschüttete, der vollkommen rein davon war. Das ließ ich nicht zu (ich konnte nicht verhindern, daß es durch das physische Hirn eintrat, aber innerlich... das wischte ich mit Entschiedenheit aus). Das einzige, was ich beließ, war der konstruktive Teil des Bandes, das zwischen euch bestand. Diesen Teil rührte ich nicht an, und als sie dich traf, hatte das zur Folge, daß sie... Das ist alles. Das ließ ich ihr, denn es war gut, es war schön und rein – es war gut. Aber alles übrige... Du hast ja gesehen, wie heftig ich protestierte, als man mir sagte, daß sie Selbstmord begangen habe. Ich sagte: "Nein, nein, nein!" Sogar wenn jemand mit einem absoluten Wissen mir das sagte, würde ich NEIN sagen.

Sie ist rein davon – rein –, und ich werde nicht zulassen, daß man jemanden beschmutzt, der rein ist. Sie war so sehr mein Kind, daß nach ihrem Tod all das gereinigt, arrangiert, zurechtgerückt, organisiert, gesäubert wurde. Und als sie wiederkam, kam sie frei und rein zurück. Also will ich nicht, daß man sie beschmutzt.

Nein, eine aktive Gnade vertreibt all diese Karmas, manchmal sehr weit – sehr weit –, und es ist nicht gut, sie zurückzurufen.

Ich kenne eine ganze Sammlung solcher Beispiele.

Meine eigene Arbeit wurde zum Beispiel dadurch sehr erschwert. Das habe ich gar nicht gern.

Kürzlich kam die Schwester von K hierher, weil sie gerade ihren Sohn verloren hatte – es war gerade passiert, und er war noch da (er war nicht gegangen, er war noch da). Also arrangierte ich alles, kümmerte mich um die Mutter usw.; ich hatte alles gut arrangiert, bewahrte den Sohn sehr sorgfältig hier und hatte der Mutter gesagt, daß er sehr bald als jemand der "Familie" zurückkehren werde. Alles war gut arrangiert.

Aber natürlich verstieß es gegen die "Regeln" – alles, was ich mache, läuft gegen die Regeln. Ich bin es so gewöhnt, sonst wäre es nicht der Mühe wert, daß ich hier bin; die Regeln könnten einfach weiterbestehen. Dann gingen sie zu X. Sie hätten nichts sagen sollen, und doch haben sie es getan. Und damit war's geschehen, alles mögliche wurde gesagt, und meine Arbeit wurde vermasselt.

Nun geht alles nach den "Regeln", denn so "muß" es gemacht werden – ich will nichts mehr damit zu tun haben.

Ich selbst hörte eine Vielzahl von Regeln, die ich Gott sei dank nicht gekannt hatte. Die göttliche Gnade hatte mich vor all diesem Kram verschont – alle möglichen Regeln: wie dies geschieht und wie es nicht geschehen kann und wie es geschehen soll und wie... Oh, mein Gott! Ich sah die Dinge in meinem Kopf sehr klar ohne Regeln, und ich führte sie genau so einfach aus, ohne irgendwelche Regeln im Kopf – das ging sehr gut. Sehr gut, ich hatte keine Schwierigkeiten. Die Dinge liefen ganz natürlich, sehr einfach. Und wenn man mir sagte: "Das geht nicht!", so sagte ich einfach: "Ich bedaure, so wurde es eben gemacht."

Das "geht nicht"! – Manchmal geht's eben doch!

(Schweigen)

Übrigens, wenn du dich an den Anfang von Savitri erinnerst (ich habe ihn erst kürzlich gelesen, ich kannte ihn nicht), im zweiten Gesang, wo er von Savitri spricht, sagt er, daß sie gekommen sei, um alle Regeln umzustoßen (er sagt es natürlich auf poetische Art) – alle Verbote, alle Regeln, alle starren Gesetze, alle verschlossenen Türen, alle Unmöglichkeiten, um all das aufzulösen.

Für mich war es besser: ich kannte die Regeln gar nicht erst. So mußte ich mich auch nicht damit herumschlagen, ich brauchte sie nur zu ignorieren – sie existierten gar nicht, was besser war.

Jetzt muß ich sie zuerst auflösen, um dann von vorn zu beginnen – völlig unnütz, verlorene Zeit!

Im unteren Mental bestand eine ganze Welt von Schwierigkeiten, die ich nicht kannte. Im Vital waren sie mir bekannt, weil ich mich damit herumschlagen mußte (was mir schon recht war!). Stell dir vor, diesmal wurde mir ein Krieger als vitales Wesen gegeben. Ein prächtiger, geschlechtsloser Krieger – er ist großartig. Weder Mann noch Frau: ein Krieger – so groß wie das Zimmer hier 1 . Als ich ihn zum ersten Mal sah, freute ich mich und sagte: "Gut, das ist der Mühe wert!"

Ja, dort gibt es Schlachten in rauhen Mengen.

À propos, wie sind deine Nächte, mein Kind? Ich habe dich nämlich der Obhut meines Kriegers übergeben.

Es geht besser. Jedenfalls sind sie bewußter.

Ach, das ist gut.

Ich habe mich innerlich nicht besonders gut gefühlt, und so konnte ich davon nicht recht profitieren, aber sie sind bewußter.

Er hat mich eben daran erinnert. Ich hab dich seiner Obhut übergeben.

Das freut mich. Ich sehe, daß mein Bewußtsein gefaßter ist. Es ist sehr klar, ich fühle, daß etwas da ist, das mir hilft, bewußt zu sein 2... Die Orte, die ich besuche, sind nicht sehr interessant, aber das wird sich schon geben.

Ja, es geht nur darum, sich dessen bewußt zu werden, was man tut, und Meister seiner Handlungen zu werden.

Gut, mein Kind.

Hast du etwas mitgebracht? Ich bin von einer solchen Faulheit! Hast du eine Frage zu stellen?

Ich habe keine eigentliche Frage gefunden...

(Satprem liest den folgenden Aphorismus:)

71 – Ein Gedanke ist ein auf die Wahrheit abgeschossener Pfeil; er kann einen Punkt treffen, aber nicht die ganze Zielscheibe abdecken. Der Bogenschütze ist jedoch meist so zufrieden mit seinem Erfolg, daß er nach nichts Weiterem verlangt.

Das ist offensichtlich! Das ist so offensichtlich (für uns).

Ja, aber was muß man tun, um die ganze Zielscheibe abzudecken?

Kein Bogenschütze mehr sein!

Das Bild ist sehr hübsch. Es ist gut für die Leute, die sich einbilden, die Wahrheit entdeckt zu haben. Es tut jenen gut, die glauben, die Wahrheit gefunden zu haben, sobald sie einen Punkt berührt haben.

Wieviele Male haben wir doch gesagt, daß es nicht so ist.

Man kann sich hier folgendes fragen: Wenn man einmal fähig ist, die ganze Zielscheibe abzudecken, das heißt alle Gesichtspunkte, die Nützlichkeit eines jeden Dinges zu sehen, wie kann man dann unter solchen Bedingungen noch handeln, da man ja sieht, daß alles nützlich ist, alles seinen Platz hat? Ist es nicht nötig, irgendwie ausschließlich oder kämpferisch zu sein?

Weißt du, solange widersprüchliche Gedanken bestehen...

Kennst du die Geschichte von diesem Philosophen, der im Süden Frankreichs wohnte? Ich erinnere mich nicht mehr an seinen Namen, ein sehr bekannter Mann, der Professor an der Universität von Montpellier war und in jener Gegend wohnte. Es gab mehrere Straßen, die zu ihm nach Hause führten. Dieser Mann verließ jeweils die Universität und kam bei einer Kreuzung an, von der mehrere Straßen ausgingen, die alle zu seinem Haus führten – die eine auf diese Seite, die andere auf jene, die nächste auf diese. Und er erzählte selbst, daß er sich jeden Tag beim Anhalten vor dieser Kreuzung fragte: "Welche werde ich nehmen?" Jede hatte ihre Vor- und Nachteile. Also ging ihm all dies durch seinen Kopf, die Vor- und Nachteile, dies und jenes, und so verlor er eine halbe Stunde, bis er die Straße ausgewählt hatte, um heimzugehen.

Dies gab er als Beispiel für die Unfähigkeit des Denkens im Handeln: Wenn man zu denken anfängt, kann man nicht mehr handeln.

Das ist sehr gut hier auf dieser ganz niedrigen Ebene, es gilt aber nicht für oben – dort ist es gerade das Gegenteil! Solange man der Bogenschütze ist und einen Punkt berührt, ist es so; die ganze Intelligenz unten ist so, sie sieht alle möglichen Dinge, und weil sie alle Möglichkeiten sieht, kann sie nicht wählen, um zu handeln. Um aber die ganze Zielscheibe, die ganze Wahrheit zu sehen, muß man auf die andere Seite gelangen. Und wenn man auf die andere Seite geht, ist es nicht mehr eine Summe von verschiedenen Wahrheiten oder eine unzählige Anzahl von Wahrheiten, die aneinandergereiht sind und die man eine nach der anderen sieht, ohne die Gesamtheit auf einmal erfassen zu können. Wenn man nach oben geht, sieht man zuerst das Ganze; das Ganze zeigt sich AUF EINEN BLICK in seiner Vollständigkeit, ohne jegliche Trennung. Dann muß man keine Auswahl mehr treffen, sondern es ist eine Schau, man sieht: DAS gilt es zu tun. Es gibt keine Wahl zwischen diesem und jenem, denn das hat keine Gültigkeit mehr. Es sind keine aufeinanderfolgenden Dinge mehr, die man nacheinander sieht, sondern es ist die gleichzeitige Schau eines Ganzen, das als Einheit existiert. Dann läuft die Wahl einfach auf eine Schau hinaus.

Solange man nicht in diesem Zustand ist, kann man das Ganze nicht sehen – man kann das Ganze nicht auf eine sukzessive Art sehen, indem man die Wahrheiten aneinanderreiht. Das ist gerade die Unfähigkeit des Mentals. Das Mental kann das nicht. Es sieht immer ein Ding nach dem anderen, es wird immer eine Aneinanderreihung sein, aber es ist nicht DAS. Etwas wird einem entgehen – das Gefühl der Wahrheit selbst wird einem so entgehen.

Erst wenn man eine globale, gleichzeitige Perspektive des Ganzen in seiner Einheit hat, kann man die Wahrheit in ihrer Ganzheit erfassen.

Die Handlung ist dann eben nicht mehr eine Wahl, die dem Irrtum, der Berichtigung, der Diskussion unterworfen ist, sondern die klare Schau dessen, was zu tun ist, eine unfehlbare Schau.

(Schweigen)

Nein, diese Frage führt uns woandershin...

Genügt dir das nicht? (Mutter lacht)

Doch, doch!

*
*   *

Ich möchte dich etwas über mein Japa fragen... Hast du den Eindruck, daß mich das irgendwohin führt? Hat es einen Sinn?

Das war der Gegenstand meiner Studie der letzten beiden Tage – nicht speziell bei dir, aber die Wirkung des Japas, der Zweck des Japas in der Organisation des Lebens... Ich kann nicht sagen, daß ich Entdeckungen mache (vielleicht waren es Entdeckungen für mich, ich weiß nicht), es geschieht jedenfalls nicht auf einer höheren Ebene, sondern die Studie vollzieht sich hier.

Es wäre sehr langwierig, das zu erzählen. Ich kann es nur zusammenfassen. Ich will auch keine Lehre daraus machen, und um lebendig zu sein, ist es zwangsläufig lang.

Seit einiger Zeit stieß ich morgens in meinem Japa auf Schwierigkeiten. Es ist kompliziert... Jedenfalls schienen gewisse Dinge störend dazwischenzutreten und hinderten mich daran, bis zum Ende zu gehen, oder ließen mich in eine Art Trance treten, die alles stoppte. So begann ich, das zu untersuchen. Ich wollte wissen, was es war. Es ist ein sehr weiter Bogen, aber das Resultat meiner Studie ist das folgende (all dies von einem rein körperlichen Standpunkt aus, das heißt, es betrifft nicht das bewußte, lebendige, unabhängige Wesen, das ohne den Körper immer noch identisch mit sich wäre, also nicht das Wesen, dessen Leben, Bewußtsein und freies Handeln vom Körper unabhängig sind; ich spreche hier von dem Teil, der für seine Manifestation vom Körper abhängig ist, denn nur darum ging es).

Es führte zu einer Wahrnehmung verschiedener körperlicher Aktivitäten, einer ganzen Reihe von Aktivitäten, die – wenigstens scheinbar – ausschließlich mit dem Fortbestand des Körpers zu tun haben. Einige davon liegen im Grenzbereich, wie zum Beispiel der Schlaf: ein Teil davon ist nötig für den Fortbestand des Körpers, und ein anderer Teil bringt den Körper in Kontakt mit den anderen Teilen und Aktivitäten des Wesens. Ein Teil des Schlafs dient aber ausschließlich der Aufrechterhaltung des körperlichen Gleichgewichts. Dazu kommen Nahrung, Körperpflege usw., eine ganze Reihe von Dingen. Das spirituelle Leben darf nach Sri Aurobindo diese Dinge nicht unterdrücken: Alles, was für den harmonischen Fortbestand des Körpers unerläßlich ist, muß beibehalten werden. Alle übrigen Aktivitäten des Körpers werden vom Durchschnittsmenschen für sein Vergnügen und seinen persönlichen Vorteil benutzt. Der Unterschied beim spirituellen Menschen ist der, daß dieser seinen Körper in den Dienst des Göttlichen stellt, damit ihn das Göttliche für Seine Arbeit benutze und vielleicht, wenn man darin Sri Aurobindo folgt, zu Dessen eigener Freude – so wie der Zustand der Materie oder unseres Körpers ist, erscheint mir das allerdings zweifelhaft, oder zumindest ist es eine sehr unstete und partielle Erscheinung, weil dieser Körper eher ein Feld des Elends als der Freude ist. (All dies basiert nicht auf Spekulationen sondern auf meiner persönlichen Erfahrung – ich spreche hier von meiner persönlichen Erfahrung). Was die Arbeit betrifft, ist es anders: ein reines Spiel. Das ist wirklich die Freude des Körpers, sein Bedürfnis, nur noch zu existieren, um Ihm zu dienen. Nur zu existieren, um zu dienen. Und natürlich der Versuch, den ganzen Aufwand für den Fortbestand auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und gleichzeitig das Göttliche auf irgendeine Art an den sehr reduzierten, begrenzten, mageren Möglichkeiten von Freude, die dieser Aufwand geben kann, teilhaben zu lassen. Eine Einbeziehung des Göttlichen in diese Bewegungen und all diese Dinge, wie Körperpflege, Essen, Schlaf – beim Schlaf ist es anders, dort wird es schon viel interessanter –, aber besonders bei der Körperpflege, der Nahrungsaufnahme und all den absolut unerläßlichen Dingen: die göttliche Gegenwart darin einbringen, damit die göttliche Freude sich dort so weit wie möglich ausdrücken kann. (Bis zu einem gewissen Grad gelingt dies bereits.)

Wo ist nun der Platz des Japas in dieser Angelegenheit?

Das Japa, wie auch die Meditation, ist eine Methode, die das aktivste und wirksamste Vorgehen zu sein scheint, um die göttliche Gegenwart möglichst weit in die körperliche Substanz einzugliedern. Das ist die Magie des Klangs.

Natürlich vervielfacht sich dessen Wirkung, wenn man sich der zugrundeliegenden Idee bewußt ist und sein Japa wie eine sehr aktive, BEWUSSTE Invokation gestaltet. Die eigentliche Basis aber ist die Magie des Klangs. Das ist eine tatsächliche Erfahrung, die wahr ist, absolut wahr. Beispielsweise erzeugt der Klang OM ganz besondere Schwingungen (es gibt andere solche Klänge, aber dieser ist natürlich der mächtigste von allen).

Es ist ein Versuch, die Substanz zu vergöttlichen.

Von einem ganz ähnlichen Standpunkt aus betrachtet, wird dadurch die physische Atmosphäre mit der göttlichen Gegenwart erfüllt. Die Zeit, die man mit dem Japa verbringt, ist also dazu bestimmt, der materiellen Substanz zu helfen, in einen innigeren Kontakt mit dem Göttlichen zu treten.

Wenn man dann, wie ich es tue, ein mantrisches Programm zur persönlichen Entwicklung, das heißt eine Art Gebet oder Invokation, und gleichzeitig ein Programm für eine kollektive Hilfe hinzufügt, wird es eine wirklich aktive Arbeit. Darüber hinaus besteht noch die Arbeit, die ich als die "äußere" bezeichne: der Kontakt mit den Leuten, das Lesen und Beantworten von Briefen, Leute treffen und mit ihnen reden, eben alle die Aktivitäten für die Organisation des Ashrams (in der Meditation wird es weltweit, aber physisch, materiell ist es im Moment auf den Ashram beschränkt).

In meiner Studie sah ich auch die Position von X und Leuten wie ihm, die ihr Leben sozusagen mit dem Japa verbringen (sie fügen auch noch die Meditation und die Pujas, die Zeremonien hinzu – ich spreche nur von den Aufrichtigen, nicht von jenen, die so tun als ob): Das ist ihre Art, für die Welt zu arbeiten, dem Göttlichen zu dienen. Ihnen erscheint dies als die beste Art und Weise – vielleicht sogar die einzige, aber das ist eine Frage des mentalen Glaubens. Jedenfalls ist es offensichtlich, daß selbst ein wenig... nicht eigentlich eine Puja, aber eine Art Zeremonie, die man für sich selber gestaltet, das heißt gewohnheitsmäßige Gesten, die symbolisch für einen bestimmten Zustand stehen, nützlich sein und eine Hingabe und Beziehung zum Göttlichen und folglich einen Dienst am Göttlichen bedeuten kann. Von diesem Standpunkt aus gesehen kann es hilfreich sein (nicht aus der traditionellen Sicht, die kann ich nicht ausstehen – ich verstehe sie, aber sie scheint mir eher ein Hindernis für die wahre Selbsthingabe an das Göttliche zu sein). Ich spreche vom Japa und von SELBSTAUFERLEGTEN Regeln (die man selber findet oder die man akzeptiert, wenn einem jemand das Japa gegeben hat: Regeln, die man mit ganzem Herzen akzeptiert und nach denen man sich ausrichtet). Diesen selbstauferlegten Regeln gilt es zu folgen gleich einer Geste, die man mit Liebe ausführt; es sollte eine Weise sein, dem Göttlichen zu sagen: "Ich liebe Dich". Verstehst du? Wie man Blumen auf eine bestimmte Weise arrangiert, Weihrauch verbrennt, eine Menge solcher kleinen Dinge, die hübsch sind aufgrund dessen, was man in sie hineinlegt – es ist eine Art, sich hinzugeben.

Wenn man jetzt das Japa macht mit einer Idee oder Bestrebung dahinter, durch das Japa etwas zu erlangen, glaube ich, daß man es ein wenig verdirbt. Man verdirbt es. Wenn einem gesagt wird: "Tun Sie dies, und dann werden Sie jenes bekommen", mag ich das nicht sehr. Es ist wahr – es funktioniert –, aber dann ist es, als ob man einen Fisch ködert. Das mag ich nicht sehr.

Nein, es sollte eure Art sein, dem Göttlichen zu dienen, mit Ihm in Beziehung zu sein, Es zu lieben, Es mit eurem physischen Leben zu vereinen, Ihm ganz nahe zu sein und Es euch ganz nahe – auf diese Art ist es schön. Jedesmal sollte das Wort wie eine Invokation gesprochen werden oder wie man ein Liebeswort wiederholt, dann ist es schön.

So sehe ich die Sache.

Folglich muß man je nach seiner Mission auf der Welt das Verhältnis zwischen diesen Dingen selbst herausfinden: das Verhältnis zwischen äußerer Arbeit, intellektueller Arbeit, organisatorischer Arbeit und dieser inneren Arbeit; und dann die Bedürfnisse des Körpers, die man auf dieselbe Art erfüllt und dabei versucht, auch den Herrn sich daran erfreuen zu lassen. Ich habe das im Detail verfolgt: zum Beispiel soll das Bad etwas Angenehmes sein oder die Haarpflege, verschiedene Dinge dieser Art (natürlich spielen die üblichen dummen Ideen und das kleine persönliche Vergnügen schon lange keine Rolle mehr), es soll jedenfalls bestimmt nicht etwas sein, das man gleichgültig und aus Gewohnheit und Notwendigkeit tut, sondern... eine Spur Schönheit und Charme, etwas dem Herrn Wohlgefälliges soll darin enthalten sein.

Das ist alles.

Mein Kind... (Mutter schaut Satprem lange an)

Weißt du, für mich ist das Japa der Moment, in dem das ganze physische Leben AUSSCHLIESSLICH auf das Göttliche ausgerichtet ist. Ein Augenblick, in dem nichts anderes mehr existiert außer dem Göttlichen – in jeder einzelnen Sekunde sind sämtliche Zellen des Körpers und alles AUSSCHLIESSLICH auf das Göttliche ausgerichtet, es bleibt nur noch das Göttliche.

Wenn einem das gelingt, dann ist es gut.

Das Japa soll gewiß nicht so exzessiv betrieben werden, daß man vierundzwanzig Stunden am Tag damit zubringt, dann artet es zu Asketismus aus – nein, aber eine angemessene Dosis.

Es ist beinahe der einzige Luxus im Leben – so empfinde ich es. Luxus in dem Sinne: es existiert nichts mehr als Das, nur noch diese göttliche Schwingung um einen herum, in einem, überall – nur noch die göttliche Schwingung existiert.

Das ist eine Art Luxus.

So ist es, mein Kind...

 

1 Ungefähr 4,5 m hoch.

Rückwärts zum Text

2 In der Tat hatte ich einen leuchtend-hellen weißen Krieger wahrgenommen (ohne vorher davon zu wissen), der mir als der Gott Kartik erschien (der mit einer Lanze bewaffnete Sohn der universellen Mutter). Hinterher hatte Mutter mir gesagt, daß ihr vitales Wesen ein "diamantener Krieger" sei.

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English