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Mutters

Agenda

dritten Band

11. März 1962

(Satprem schlägt Mutter vor, ihr bestimmte frühere Agenda-Gespräche vorzulesen. Mutter weigert sich.)

Weißt du, ich wollte dir beinahe sagen: Diese Gespräche der Agenda eignen sich nicht für die breite Masse. Erst wenn ich am Ende angelangt bin – und dann wird das, was darin steht, keine Bedeutung mehr haben. Oder ich bin gegangen und hinterlasse eine kleine Notiz, daß ich sie nicht veröffentlichen will...

Warum denn!

... Ich gebe sie nur... Ich werde sagen, wem.

Das spielt keine Rolle. Eigentlich kannst du alles so tippen, wie du es aufgenommen hast. Du sagst mir das wohl mit der Vorstellung (lächelnd), ich werde Ergänzungen anbringen?

Vielleicht Ergänzungen, es gibt aber auch Fragen.

Muß ich nicht manchmal auch streichen?

Nein, streichen ist nicht nötig! Aber manchmal sind da Dinge, die ich nicht richtig erfaßt oder interpretiert habe – ich interpretiere, wenn du nur eine Geste machst oder...

Wenn es unvollständig, unausgesprochen ist.

In jedem dieser Texte gibt es so eine Stelle. Du mußt entscheiden, ob ich dir nur diese Stelle vorlesen soll oder...

Ich glaube, eine Zeit wird kommen, wo es interessant sein wird. Deshalb sollten wir die Tonbänder nicht jetzt vergeuden.

Nein! Ich bin nicht deiner Meinung. Objektiv gesehen ist es äußerst aufschlußreich, die Schwierigkeiten zu sehen, die du durchgemacht hast.

Für die Öffentlichkeit kann es nicht aufschlußreich sein, denn es ist viel zu persönlich.

Ja, für eine Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt, aber für eine Veröffentlichung, sagen wir, in fünfzig Jahren?

Ach, in fünfzig Jahren wird das nicht mehr interessant sein.

Verzeihung!

Meinst du?

Ich glaube schon! Der ganze Weg...

Gut, ich treffe dich in fünfzig Jahren, dann werden wir sehen, wie interessant wir das noch finden.

Aber gewiß, liebe Mutter!

Glaubst du, du wirst dann weiße Haare haben?... Ich habe noch keine weißen Haare – ich färbe sie nicht, weißt du, sie sind so von Natur aus.

Nein, du hast eine Haarfarbe, die nie weiß wird.

Meine Schläfen sind schon ganz weiß.

Wirst du in fünfzig Jahren einen Bart haben?

Nein, Bärte mag ich nicht.

Um so besser!

Ich möchte lieber glattrasiert sein.

Dann wirst du aussehen wie ein Bhikku.

Gut.

In fünfzig Jahren werden wir uns mit der Agenda befassen.

Aber wirklich, liebe Mutter, objektiv gesehen sind sehr viele interessante Dinge darin...

Ja, mein Kind, das nächste Mal, heute nicht.

*
*   *

(Mutter hört sich die Lektüre eines früheren Entretiens 1 über die Vitalwelt an. Sie untersagt die Veröffentlichung dieses Entretiens im Bulletin.)

Einleitend sagte ich, daß das Vital von kleinen Wesenheiten und Formationen bevölkert ist, welche die Überreste verstorbener Menschen sind. Es gibt aber auch eine Vitalwelt, die mit dem nichts zu tun hat, die von den eigentlichen Vitalwesen bewohnt wird, und dort gibt es sehr mächtige Wesen, die auch von großer Schönheit sein können. Die meisten Menschen, die sich ohne ein ausreichendes spirituelles Leben mit dem Okkultismus beschäftigen, lassen sich von diesen Wesen täuschen. Sie werden sofort von ihnen geblendet und halten sie für... Einige sehen sie als den höchsten Gott und machen aus ihnen Gegenstände der Anbetung – das ergibt dann die Religionsstifter. Sie haben großen Erfolg. In vielen Religionen ist der höchste Gott eines dieser Vitalwesen, die eine Erscheinung von überwältigender Schönheit annehmen können. Sie sind die großen Verführer der Welt – gefährliche Verführer, denn man muß den spirituellen Instinkt der wahren spirituellen Reinheit haben, um nicht getäuscht zu werden. Eine Vielzahl von Religionen und Sekten entstehen durch solche Offenbarungen und Wunder – das sind aber allesamt Vitalwesen.

Dies ist eine der größten Schwierigkeiten im Leben der Menschen – nicht im spirituellen Leben, aber im Leben der Leute, die sich mit dem Jenseits beschäftigen.

In der Vitalwelt gibt es himmlische Ebenen (keine Himmel sondern himmlische Ebenen), die wahrhaft paradiesisch sind. Dort fehlt das wirklich göttliche Element, aber nur die spirituelle Reinheit und der wahre spirituelle Sinn zeigen einem den Unterschied. Die Menschen, die im Vital und im Mental verbleiben, lassen sich verführen. Sie sehen wunderbare Dinge, eine Vielzahl von Wundern (dort gibt es die meisten Wunder).

Wenn ich das nicht gesagt habe [in diesem Entretien], dann habe ich einen großen Teil des Themas verfehlt. Gewöhnlich spreche ich nicht über diese Dinge, oder ich erwähne sie nur nebenbei, weil die Leute schreckliche Angst bekommen. Sie sagen sich sogleich: "Ist das wirklich ein Gott? Ist es das...? Ist es jenes? Ist es kein verkleideter Teufel?" Sie geraten in Panik.

Es ist aber absolut wahr, um diese Bereiche zu betreten, muß man sich entweder vollkommen in der Obhut eines Gurus befinden, eines wahren Gurus, eines Wissenden, oder man muß eine Reinheit haben (keine Heiligkeit), eine absolute vitale und mentale Reinheit. Sehr häufig geschieht es, daß Leuten, die Bhaktas von Sri Aurobindo oder mir sind, eine Menge Wesen erscheinen und sagen: "Ich bin Sri Aurobindo". Das geschieht ständig, mit allen Erscheinungen (solche Verstellungen sind sehr leicht vorzutäuschen). Wenn sie aber wirklich aufrichtig sind, das heißt von großer spiritueller Reinheit – es erfordert eine innere psychische Reinheit –, dann werden sie nicht getäuscht, denn da ist immer etwas, das man SPÜRT, so daß man sich nicht täuscht. Ansonsten gibt es sehr viele, die sich täuschen lassen.

Ich spreche nicht gern darüber, denn die Leute haben keinerlei Unterscheidungsvermögen. Sie haben dann nur noch Angst und glauben an nichts mehr. Sie sagen mir ständig: "Ist das keine Täuschung?" Das lähmt alles. Deswegen sagte ich in diesem Entretien nichts darüber.

Du erwähnst es flüchtig.

Man sollte wenigstens erklären, daß es in der Vitalwelt Wesen gibt, die nach Belieben eine äußerst verführerische Erscheinung annehmen können – die blendendsten Lichter sind im Vital. Sie haben aber eine spezielle Beschaffenheit, und diejenigen, die wirklich DAS Licht erreicht haben, werden nicht getäuscht, denn... Es ist unerklärlich, da ist etwas, das nur der spirituelle Sinn fühlt, das heißt der Friede, die Reinheit, das Gefühl der vollkommenen Sicherheit, des vollkommenen Friedens, der vollkommenen Reinheit (und ich zögere noch, das Wort Reinheit zu benutzen, weil man einen so dummen Sinn damit verbindet), die Abwesenheit aller Beimischungen.

Wenn man den spirituellen Sinn besitzt, haben auch die blendendsten vitalen Lichter immer etwas Künstliches – künstlich, kalt, hart, aggressiv, täuschend. All das FÜHLT man. Man muß aber selber all das hinter sich gelassen haben, man darf sich nicht selbst täuschen, um nicht getäuscht zu werden!

Das ist der eigentliche Grund, warum ich nicht vom Okkultismus spreche. Ich möchte den Leuten nicht vom Okkultismus erzählen, weil sie das mit einer äußerst gefährlichen Welt in Verbindung bringt, wo man nur sicher eintreten kann, wenn man... Ich kann nicht einmal sagen, "wenn man ein Heiliger ist", denn das stimmt nicht, manche Heilige gehen in die Vitalwelt und stecken mittendrin! Also nur wenn man transformiert ist und wirklich das spirituelle Bewußtsein hat. Dann ist man vollkommen sicher, aber nur unter dieser Bedingung. Und wer hat schon das spirituelle Bewußtsein? – Nicht sehr viele, wirklich nicht sehr viele. Gewöhnlich tragen Leute mit dieser okkulten Neugierde alle möglichen vitalen Dinge in sich, die sie in Gefahr bringen, wenn sie da eintreten. Es sei denn, daß sie mit dem Schutz eines Gurus eintreten, dann kann man überall hingehen – sein Schutz ist, als würde er mit euch dorthin gehen, dann geht es gut: er hat das Wissen, er schützt euch. Aber allein, unabhängig dorthin zu gehen, das ist... Man muß den eigentlichen göttlichen Schutz haben. Oder den des Gurus, der das Göttliche repräsentiert. Mit dem Schutz des Gurus ist man selbstverständlich in Sicherheit.

Ist denn keine fruchtbare Zusammenarbeit mit diesen Wesen möglich? Muß man sie generell meiden?

Eine Zusammenarbeit? Nicht in ihrer gegenwärtigen Form und nicht in der Welt, so wie sie ist.

Ich erzählte dir mehrmals von meinen Beziehungen zum Herrn der Nationen – hier ist es dasselbe. Das läßt sich wohl kaum als Zusammenarbeit bezeichnen.

Die Großen wissen (ich spreche nicht von den vielen Kleinen sondern den anderen, es gibt nur wenige Große und dann Millionen von Emanationen, die Großen selbst sind aber nicht zahlreich), sie wissen genug, um ihre Situation im Universum zu kennen und daß sie ein Ende haben werden. Sie wissen, daß sie vom Höchsten abgeschnitten sind und daß es den Höchsten gibt (obwohl sie ihn verneinen) und daß sie ein Ende nehmen werden. Sie haben die Position eingenommen, der Arbeit, dem Werk, der Entwicklung zu schaden und so viel zu zerstören, wie es in ihrer Macht steht.

Einige bekehren sich auch. Wenn das geschieht, schließt sich eine große Wesenheit der göttlichen Arbeit an – das kommt nicht häufig vor.

Aber was ist mit den kleinen Gottheiten? Du sprichst häufig von einer kleinen "Kali" oder "Durga", sind das hilfreiche Wesen?

Das ist etwas ganz anderes, sie stammen keineswegs aus dem Vital. Nein, nein! Das sind Manifestationen der Wesen des Übermentals, die für spezielle Aufgaben in das Vital projiziert wurden. Das sind keine Wesen aus dem Vital, sie stammen vom Ursprung, und sie sind noch mit einem Wesen aus einer anderen Welt verbunden. Das hat nichts mit dem Vital zu tun.

Dasselbe gilt für die Wesenheiten, mit denen die Tantriker in Beziehung treten: das sind Wesen der Natur, keine Wesen vitalen Ursprungs. Das sind Kräfte der Natur, die sich personifizierten und die den Gesetzen der Natur gehorchen, das heißt ihr Ursprung liegt unten – ihr Ursprung liegt nicht im Vital sondern in der physischen Welt. Sie sind vitale Kräfte im Physischen aber keine Kräfte vitalen Ursprungs.

Erzählte ich dir nicht vor einigen Tagen die Geschichte dieser Wesenheiten, die eine Arbeit für mich machten?... Ich hatte eine Vision. Sehr häufig, wenn ich ins Subtilphysische gehe und dort arbeite (gewöhnlich für die Leute und den Ashram, aber auch für die Welt), sehe ich oder begegne ich während meiner Arbeit Wesenheiten, die wie Naturgeister sind. Im allgemeinen sind es Kräfte weiblicher Erscheinung, die eine Arbeit verrichten und die große Macht haben – sie reagieren meistens auch auf tantrische Invokationen (ich spreche nicht von jenen, die sich an Kali oder an Durga wenden, das ist etwas ganz anderes und gehört einer anderen Welt an). Dies sind Kräfte der Natur, die zumeist sehr hilfsbereit sind – mir helfen sie jedenfalls großartig. Allerdings sind es begrenzte Wesen, sie haben ihre eigenen Vorstellungen und Gesetze, ihren eigenen Willen, und wenn man sie verärgert, können sie unangenehm werden. Sie sind aber keine feindlichen Wesen und keine Wesen des Vitals sondern personifizierte Kräfte der physischen Natur im Subtilphysischen.

Da müßte man eine ganze Welt von Dingen erzählen...

(Schweigen)

Ich weiß nicht, ob es angebracht ist, dieses Entretien zu veröffentlichen. Wenn es zu unvollständig ist, sieht es nach unwissendem Gerede aus, und ich weigerte mich immer, die Sache vollständig zu behandeln, weil sie zutiefst beunruhigend für die Leute ist.

Wir könnten doch das, was du jetzt gesagt hast, hinzufügen?

Das Ergebnis wäre, daß sehr viele Leute alles Vertrauen in das, was sie sehen, verlieren. Dann kann man mit ihnen nicht mehr arbeiten. Ich kann ihnen nicht einmal mehr beibringen, das zu empfangen, was ich ihnen in der Stille sage, denn umgehend fragen sie: "Ach, ist das Mutter, oder ist es ein Geist der Lüge?" – Sie haben kein Unterscheidungsvermögen, sie wissen es nicht! Wenn sie jedesmal kommen und fragen: "Mutter, waren Sie es, oder war es...?" Und wenn sie dann in dieser Verfassung sind, hören sie nicht mehr richtig zu. Ein ganzes Arbeitsgebiet kann ich nicht mehr erledigen, weil sie nicht das notwendige Unterscheidungsvermögen haben. Deshalb spreche ich im allgemeinen nicht davon.

Nein, ich möchte lieber nichts sagen.

Rein praktisch gesehen, wurden diese Dinge aus dem Grund auch immer geheim gehalten. Man darf das Wissen NUR erlangen, wenn es vom Unterscheidungsvermögen begleitet wird, mit dem man den Ursprung der Dinge, die man sieht oder empfängt, erkennen kann. Das eine ohne das andere ist eine gefährliche Waffe.

Manche Leute wurden dadurch sogar verrückt: durch eine ständige Angst – aus Angst verweigerten sie jeglichen Schutz. Ich sage dir: Nur jene, die eine tiefe Hingabe und eine große Liebe haben, lassen sich nicht täuschen – die Hingabe läßt sie sofort spüren, was die Wahrheit hinter diesen Dingen ist. Wenn sie völlig hingegeben sind, spüren sie, was das bedeutet (Geste einer inneren Einschnürung). Die Hingabe muß aber aufrichtig und sehr stark sein. Das ist der einzige Schutz.

Da das Geschriebene in die verschiedensten Hände fallen kann, wird es zu einer sehr gefährlichen Waffe.

Nein, diese Dinge möchte ich lieber nicht im Bulletin sagen – ich will lieber nicht über okkulte Dinge sprechen. Jetzt, wo ich mit materiellen Schwierigkeiten kämpfen muß, die für mich früher nicht existierten (ich meine in der materiellen Welt), verstehe ich immer besser... Das spielte sich im unteren Bereich ab, und ich beschäftigte mich überhaupt nicht damit, nicht einmal, als ich Okkultismus in der materiellsten Welt praktizierte, ich betrachtete das stets von oben. Immer war da dieses innere Licht der Gegenwart, mit dem ich geboren wurde, so hatte ich natürlich nie Probleme. Doch jetzt, wo ich mitten in der Arbeit bin, will ich nicht davon sprechen, es ist zu gefährlich.

Diese Lehre sollte man heimlich, unter dem Siegel der Verschwiegenheit geben und zusammen mit der Macht auch das notwendige Unterscheidungsvermögen vermitteln, damit man die Erfahrungen gefahrlos machen kann. Dazu ist die ständige Aufmerksamkeit und persönliche Fürsorge des Gurus erforderlich.

In manchen Stadien der Entwicklung ist sogar die physische Gegenwart des Gurus erforderlich: Man darf dann nur noch in Trance gehen, wenn der Guru neben einem sitzt. – Das kommt nicht in Frage! Stell dir vor, ich hätte eine Fülle von Leuten auf den Armen... Das geht einfach nicht. Ich könnte eine solche Aufgabe nicht einmal richtig erledigen. Nein, das ist nicht möglich. Das hieße zu riskieren, eine Menge Leute einer ständigen Gefahr auszusetzen – das will ich nicht.

Wir lassen dieses Entretien also beiseite.

Aber auch ohne das, was du jetzt gesagt hast...

Dann wird es albern, es ist zu unvollständig.

Ich will ihre Aufmerksamkeit lieber nicht zu sehr auf dieses Thema lenken. Es muß doch sicherlich noch andere Themen geben.

Wenn es unvollständig ist, wird es albern. Wollte man es wirklich vollständig machen, könnte man Bände füllen (es ist eine ungeheure Welt von Erfahrungen). Sagt man hingegen nur das eine oder andere, so vermittelt man den Eindruck, einer von diesen Dummköpfen zu sein, die, kaum haben sie einige Erfahrungen, schon glauben, die Welt entdeckt zu haben!

 

1 Vom 11.7.1956

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