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Mutters

Agenda

dritten Band

31. Mai 1962

Wie war die Nacht, unverändert?

Nicht gerade glänzend.

Unverändert.

Ich hatte einen symbolischen Traum (sehr symbolisch!). Es war das letzte, woran ich mich heute morgen erinnern konnte... Ich trug eine Art Gewand, das mich sehr behinderte und das voll von großen Dornen war...

Ach, wie furchtbar!

... deshalb konnte ich keine bequeme Lage finden – in allen Lagen war es unerträglich.

Damit bist du aufgewacht...

Etwas höchst Merkwürdiges passiert mir ständig, wenigstens fünfzigmal am Tag (vor allem in der Nacht ist es sehr klar). Ganz äußerlich ist es, als ginge man von einem Zimmer in ein anderes oder von einem Haus in ein anderes, und man durchschreitet die Tür oder die Wand automatisch, fast ohne es zu merken. Im einen Zimmer zu sein, zeigt sich äußerlich durch einen vollkommen behaglichen Zustand, wo es überhaupt keinen Schmerz gibt, nirgends, nur einen weiten Frieden – einen frohen Frieden, in vollkommener Ruhe... ein Idealzustand, der manchmal sehr, sehr lange anhält. Vor allem nachts tritt das ein (tagsüber werde ich durch die Leute gestört, die mit allen möglichen Vorwänden kommen), aber nachts bin ich für eine bestimmte Anzahl von Stunden ungestört, und da bleibt dieser Zustand beinahe konstant. Dann, ganz plötzlich, ohne sichtbaren, erkenntlichen Grund (bis jetzt konnte ich noch nicht herausfinden, warum oder wie)... FÄLLT man sozusagen ins andere Zimmer oder ins andere Haus, als ob man einen falschen Schritt machte, und dann hat man Schmerzen hier und da, es geht einem nicht gut.

Offensichtlich ist das die Fortsetzung der gleichen Erfahrung, von der ich dir erzählte 1, es zeigt sich nun so. Die beiden Zustände sind jetzt also unterscheidbar – der Unterschied wurde wahrnehmbar. Auf das Warum und Wie bin ich noch nicht gestoßen – ob es etwas Äußeres ist oder ganz einfach eine alte Falte. Ja, es erscheint mir wie eine alte Falte im Stoff: man kann noch so viel bügeln, die Falte bleibt. Ich habe eher diesen Eindruck – es ist überhaupt keine bewußte Gewohnheit, sondern eine alte Falte. Aber vielleicht wird sie auch von etwas ausgelöst, das von außen kommt?...

Wenn ich im Zustand der alten Falte bin, habe ich solche Träume. Ach, eine ganze Reihe (da gibt es besondere Sorten und Kategorien): man will eine Treppe hinuntergehen, aber plötzlich ist die Treppe weg; man will eine Straße nehmen, aber die Straße verschließt sich; man will jemanden einholen, aber man kann nicht. Die verschiedensten Dinge (ich könnte viele Beispiele anführen). Obwohl sich diese Träume mit kleinen Unterschieden in der äußeren Form wiederholen, sind sie immer von derselben Art – eine wohlbekannte Art, die ich jetzt einfach als self-imposed troubles [selbstgewählte Widrigkeiten] abhake. Wenn ich da herauskomme und mir das ansehe, erkenne ich sehr deutlich, daß es ganz einfach eine dumme Gewohnheit ist, sich wegen nichts zu ärgern. (Mutter lacht) Ach, alles, was man dann machen will, ist sofort kompliziert und schwierig...

Ja, diese Träume kommen aus dem Unterbewußten. Das sind hauptsächlich unterbewußte Gewohnheiten... Aber die Schmerzen, das Dornengewand, das ist so deutlich (Mutter lacht), wohin man sich auch wendet!

Wenn ich früher einen derartigen Traum hatte, ärgerte mich das noch stundenlang danach (das ist viele Jahre her); ich war verdrossen und fragte mich, welches Mißgeschick mir widerfahren würde. Dann verstand ich aber, daß es idiotisch war. Ich begriff, daß es im Unterbewußten war, eine anschauliche Form von... ja, schlechten psychologischen Gewohnheiten, sonst nichts. Ich quälte mich und fragte mich: "Wie soll ich das loswerden?" Man trägt einen Haufen Gebrechen mit sich herum, die mit dem Körper geschaffen wurden. Aus Erfahrung lernte ich und sah, daß es nur alte Falten waren.

Auf keinen Fall darf man sich damit quälen, sondern man sagt dem Herrn einfach (natürlich in aller Aufrichtigkeit): "Das ist Deine Sache. Befreie mich davon!" Das ist sehr wirksam. Es wirkt. Ich habe erlebt, daß ich auf diese Weise in einem einzigen Augenblick alte Dinge auflösen konnte: kleine tiefsitzende, dumme und altbekannte Gewohnheiten, von denen man sich ganz einfach nicht befreien konnte. Während des Japas oder als ich umherging oder während einer Meditation schoß plötzlich die Flamme hervor... Man hat es wirklich lange versucht, man ist es leid, es ist widerlich, man will, daß es sich ändert, man will es wirklich, und dann sagt man dem Herrn: "Ich kann es nicht ..." Sehr aufrichtig, man weiß, daß man es nicht kann, man hat es immer wieder versucht und hat nichts erreicht – man kann es nicht: "Da, ich übergebe es Dir, tu es!" Etwa so. Plötzlich sieht man dann, daß es sich auflöst. Das ist wunderbar. Weißt du, wie Sri Aurobindo jemanden von einem Schmerz befreite? – Dasselbe. Diese Gewohnheiten sind mit den Formationen des Körpers verbunden.

Bestimmt werde ich eines Tages dieselbe Methode für den "Zimmerwechsel" anwenden, dazu muß es aber sehr deutlich und klar geworden sein, im Bewußtsein sehr klar definiert. Denn dieser Zimmerwechsel (intellektuell sagt man "Bewußtseinswechsel" – im Grunde genommen besagt das nichts, denn hier geht es um etwas äußerst Materielles)... Bisweilen erlebte ich den Wechsel des Zimmers OHNE ÄNDERUNG DER AUSWIRKUNGEN. Wahrscheinlich war ich nicht im materiellen Bewußtsein konzentriert sondern in einem höheren Bewußtsein, das woanders steht und beobachtet – das Bewußtsein des Beobachters –, in einer Position, wo alles fließt... wie ein ruhiger, friedvoller Fluß. Das ist wunderbar: Die ganze Schöpfung, das gesamte Leben, alle Bewegungen, alle Dinge, all das bildet gleichsam eine einzige Masse, und mittendrin stellt der Körper einen sehr homogenen Teil dar. Alles fließt wie ein friedvoller Fluß, still, lächelnd, ins Unendliche. Dann plötzlich: plumps! Man stolpert (Geste des Umsturzes 2), man wird wieder ZUGEORDNET; man ist irgendwo, in einem bestimmten Augenblick, und dann ein Schmerz hier, ein Schmerz da, ein Schmerz... Ich war schon Zeuge des Wechsels vom einen zum anderen Zustand, OHNE die Schmerzen zu spüren oder sie konkret zu erleben. Ich war also überhaupt nicht im Körper, nicht an den Körper GEBUNDEN. Ich sah es nur, war nur ein Beobachter. Und es ist immer begleitet von etwas wie der Bemerkung eines wohlwollenden, aber wachsamen Freundes, der einem sagt: "Aber warum denn schon wieder!" oder: "Warum auch das noch? Was soll das?" Ich konnte noch nicht herausfinden, wodurch es ausgelöst wird...

Das wird kommen.

Das ist sehr interessant, weil es sehr neu ist.

Was geschieht?... Was geht da vor?...

(Schweigen)

Mehrere Male bemerkte ich eine ganz kleine Änderung, eine kleine Bewegung im Bewußtsein der Person oder der Personen im Zimmer (weil ich beinahe nie allein im Zimmer bin – wahrscheinlich gibt es aber noch viele andere Gründe). Ich zögere immer, etwas von außen Kommendes dafür verantwortlich zu machen, denn das nimmt einem Dreiviertel der Möglichkeit, die Sache in den Griff zu bekommen.

Wenn wir nur den Mechanismus finden könnten!...

Offensichtlich ist es etwas, das mit den anderen verbunden ist und reagiert. Diese Verbindung kann ich aber nicht auflösen, weil sie das Ergebnis einer jahrelangen Arbeit der Universalisierung ist – deshalb werde ich nicht damit spielen, das aufzulösen! Nein, ich will es nicht für mich allein finden, darum geht es mir absolut nicht. Dafür bin ich nicht hiergeblieben. Ich muß den Mechanismus finden. Übrigens tue ich eher das Gegenteil: Jedesmal, wenn ich in diesem Zustand bin, verbreite und verteile ich ihn. Vielleicht kehren deswegen auch diese alten Gewohnheiten zurück?...

*
*   *

(Dann geht es wieder um das neue Buch über Sri Aurobindo als ein "Märchen":)

Hatte unsere Meditation keine Auswirkung?

Du hast nichts gespürt?

(negative Geste)

Nichts.

Gut.

Wir werden es weiter versuchen.

Ja, nachdem du letztes Mal gegangen warst, erzählte ich die Geschichte noch über eine Stunde lang weiter! Ich sah mich stehend, von einer ganzen Schar Kindern umgeben. Es kam auf mich herab (nicht etwas, das ich zog oder an das ich dachte: ich dachte überhaupt nicht daran), ich stand einfach da und erzählte, erzählte, erzählte – das kam und kam, es war wirklich amüsant!

Ich schickte es dir, aber (lachend) ich weiß nicht, ob du es empfangen hast.

Etwas, das sehr leicht daher kommt, ohne dem großes Gewicht beizumessen, das aber gerade aus einer neuen Welt stammt. Ja, jetzt unterscheide ich ständig zwischen... (wie soll ich sagen?) dem gradlinigen Leben mit scharfen Winkeln und dem wellenartigen Leben. Ich könnte sagen: Es gibt ein Leben, wo alles scharfkantig, hart, winkelig ist (Mutter macht zerhackte Gesten mit sich kreuzenden Linien) und wo man sich überall stößt, und dann ein wellenartiges Leben, sehr weich, äußerst reizend – SEHR charmant –, aber nicht... nicht sehr solide. Merkwürdig, eine vollkommen andere Lebensart. Und meine Geschichte stammte aus dieser Welt. Hier war nichts (Mutter berührt ihre Stirn) und auch da nichts (über dem Kopf), etwas wie... wie Wellen. Sehr fröhlich, sehr froh, und sorglos.

(Schweigen)

Möchtest du, daß wir etwas ruhig bleiben? Nur wenn du möchtest. Wenn du etwas sagen willst, dann sag es!

Nein.

Wenn du eine Frage stellen willst, so frag! Wenn du willst, daß wir ruhig bleiben, machen wir es, wie du willst – bis elf Uhr stehe ich dir zur Verfügung.

Nichts? Du willst mir nichts sagen? Gibt es nichts, was du sagen möchtest?

Ach, es ist alles etwas konfus... Ich habe den Eindruck, daß ich von allem um mich herum abgeschnitten werde, daß ich auf einen Weg gerate, wo ich die Welt als Illusion betrachten werde.

Das ist noch das Dornengewand.

Aber was ich sah, was ich seit vorgestern für dich sah, ist genau das Gegenteil. Etwas, das sich löst. Nur sehe ich sehr wohl... es gibt auch einen untauglichen Weg, dem man nicht folgen darf – und die beiden liegen sehr dicht beieinander. Warum nur so nahe? Das ist wie diese beiden Zimmer, warum sind sie so nahe?... Gäbe es doch wenigstens einen Abstand! Aber nein, alles ist ineinander verschachtelt.

Hier ist es dasselbe: Du müßtest wirklich diesen Weg der Weite, der Ausweitung, der Entspannung, der Ausdehnung, des AUFBLÜHENS finden – im Vital, nicht so sehr im Vital der Empfindungen sondern eher... eine Sanftheit. Das Vital, das in der Schönheit erblüht: Sanftheit und Schönheit. Ich will nicht von "Gefühlen" sprechen, weil man da sofort in ein Sumpfloch gerät, nein, aber... eine Sanftheit, ein Zauber, eine Schönheit – nicht da (im Kopf) sondern hier. Dann eine Ruhe, aber keine harte, starre und stagnierende Ruhe sondern eine Ruhe in der Wellenbewegung... Man läßt sich treiben 3 .

(Schweigen)

Die Kunst, sich vom Höchsten in der Unendlichkeit tragen zu lassen.

(Schweigen)

Aber im Unendlichen des Werdens, ohne all die Härten und Stöße des Lebens, die man gewöhnlich empfindet.

Die Kunst, sich vom Höchsten (Mutter fügt die Hände zusammen) im unendlichen Werden tragen zu lassen.

(langes Schweigen)

Alles, was von da kommt (Mutter berührt ihre Stirn, ihr Gesicht), ist hart, trocken, zerknittert... ungestüm und aggressiv. Auch die guten Absichten sind aggressiv, sogar die Zuneigung, die Zärtlichkeiten, die Anhänglichkeit – all das ist äußerst aggressiv. Wie Rutenschläge.

Im Grunde genommen ist das gesamte mentale Leben hart.

(Schweigen)

Das muß man erfassen: eine Art Rhythmus, eine Wellenbewegung, die eine solche Weite hat, eine solche Macht! – Das ist ungeheuerlich. Und es stört nichts. Es verschiebt nichts, es stößt sich an nichts 4 . Es trägt das Universum in seiner Wellenbewegung – so geschmeidig!

(Schweigen)

Ich weiß nicht, ob es für die anderen genauso ist (wahrscheinlich nicht), für mich ist es jedenfalls unbestreitbar das einzig Wahre und Wirksame. Dieser Eindruck, daß man nicht existiert, daß die einzig existierende Sache – was man gewöhnlich "sich selbst" nennt – etwas ist, das knirscht und sich widersetzt.

Das kann man allerdings sehr leicht mit einer einfachen Bewegung aus seinem Bewußtsein entfernen und auf beinahe kindliche Art formulieren: "Herr, allein Du, nur Du kannst... allein Du, Du kannst es tun." Dann diese Ausweitung (wirklich eine Entspannung): Man läßt sich schmelzen – man schmilzt. Der Kopf bleibt ruhig und rührt sich nicht mehr. Man ist ganz in diesem Empfinden: man läßt sich schmelzen, mit einem Gefühl der Grenzenlosigkeit.

Keine Unterscheidungen mehr.

Keine Unterscheidungen. Auch physisch ist es etwas, das keinen Anfang hat: kein Gefühl "ab diesem Augenblick, von diesem Punkt an" – das existiert nicht mehr. Es ist wie eine Entspannung in einer unbestimmten Vergangenheit.

Ich spreche von einer KÖRPERLICHEN Empfindung.

Jedenfalls gelingt es auf diese Weise dem, was hier spricht, im... wahren Zimmer zu bleiben.

So, wie ich es jetzt beschreibe, scheint es noch Zeit in Anspruch zu nehmen, aber tatsächlich genügen ein, zwei Minuten Stille, und es ist da.

(Schweigen)

Der Körper wurde von drei Worten gewiegt...

Sie wiederholen sich automatisch, ohne willentliche Bemühung (er ist sich selbst sehr bewußt, daß es für ihn zwar diese drei Worte sind, daß es aber auch andere sein könnten, daß es ursprünglich die Wahl einer höheren Intelligenz war). Sie sind zur automatischen Begleitung geworden. Es sind nicht die Worte an sich, sondern all das, was sie in ihrer Schwingung darstellen und mit sich bringen... Es wäre somit absolut unzutreffend zu sagen: "Genau diese Worte helfen". Sie bilden aber eine Begleitung – eine Begleitung von Schwingungen (subtilphysischen Schwingungen) –, und das hat eine Art Zustand oder Erfahrung aufgebaut, eine Beziehung zwischen ihrer Gegenwart und dieser Bewegung des ewigen Lebens, der Wellenbewegung.

Ein anderes Bewußtseinszentrum, eine andere (wie soll ich sagen?) eine andere Konkretisierung, ein anderes Amalgam könnte und würde natürlich eine andere Schwingung wählen.

Um es einfach auszudrücken, hilft die Schwingung des Mantras dem Körper, in einen bestimmten Zustand zu treten – es ist aber nicht DIESES Mantra an sich, sondern die besondere Beziehung, die sich zwischen einem Mantra und dem Körper gebildet hat (es muß ein wahres Mantra sein, das heißt eines, das mit Macht ausgestattet ist). Es kommt spontan: Sobald der Körper zu gehen beginnt, geht er im Rhythmus dieser Worte. Und der Rhythmus der Worte bringt ganz natürlich eine bestimmte Schwingung mit sich, die ihrerseits diesen Zustand bewirkt.

Es wäre aber falsch zu sagen, daß ausschließlich diese besonderen Worte dazu führen. Das wäre eine Dummheit. Worauf es ankommt, ist die Aufrichtigkeit der Aspiration, die Genauigkeit des Ausdrucks und die Kraft – das heißt, die Kraft, die aus der Annahme des Mantras herrührt. Das ist sehr interessant: Das Mantra wurde durch die höchste Macht als wirksames Mittel AKZEPTIERT, und dadurch enthält es sofort eine bestimmte Kraft, eine bestimmte Macht 5 . Das ist aber ein rein persönliches Phänomen (der Ausdruck ist derselbe, die Schwingungen sind jedoch persönlich). Ein Mantra, das den einen direkt zur göttlichen Verwirklichung führt, könnte einen anderen kalt und unberührt lassen.

Was ist deine Erfahrung, wenn du dein Mantra sagst?... Du hast mir einmal gesagt, daß du dich wohl fühlst, wenn du es sagst.

Im allgemeinen erhole ich mich dabei.

Ja, so ist es, das ist sehr gut.

Ich weiß allerdings nichts, was es bedeutet.

Mein Kind, es bedeutet das, was du hineinlegst – deine Aspiration.

Für mich kann es nur EINES bedeuten: Ich nenne es "den Höchsten", denn man muß es ja irgendwie bezeichnen, aber es ist die äußerste Grenze unserer Aspiration in jeder Hinsicht, in alle Richtungen, zu allen Gelegenheiten: der äußerste Gipfel unserer Aspiration, WAS AUCH IMMER SIE SEI, egal in welcher Richtung und auf welchem Gebiet – wirklich jenseits aller Aktivitäten.

Meine konkreteste Annäherung geschieht durch die Schwingung der reinen Liebe – nicht die Liebe für etwas, keine Liebe, die man empfängt oder gibt, sondern die Liebe an sich: die Liebe. Sie existiert in sich. Für mich ist das natürlich die unmittelbarste Annäherung. (Es ist jedoch nicht ausschließlich: es umfaßt alles übrige und schließt andere Ansätze und Kontakte nicht aus.)

Seit meiner Kindheit und zu Beginn meines Yogas weigerte sich immer etwas in meinem Wesen, das Wort "Gott" zu gebrauchen, aufgrund all der Lügen, die dahinter stehen (Sri Aurobindo befreite mich davon – er beseitigte alle Begrenzungen, auch diese). Dieses Wort kommt jedenfalls nicht spontan.

Aber die Liebe... Im Augenblick, wenn der Kontakt entsteht (Geste), sprudelt etwas hervor...

Die Worte sind jedoch völlig unbedeutend.

Ich konnte jedenfalls feststellen, daß es dem Körper hilft, einen bestimmten Zustand, eine bestimmte Aspiration mit einem bestimmten Ton zu verbinden. Das Mantra wurde mir von niemandem gegeben, ich hatte das Japa vor der Begegnung mit X begonnen (als ich nach einem Mittel suchte, um den Körper an der Erfahrung teilnehmen zu lassen – den Körper selbst, DAS). Gewiß wurde mir das als Hilfe gegeben, denn diese Methode drängte sich mir in eindringlicher Weise auf. Als ich bestimmte Worte hörte, war ich wie elektrisiert. Allen Sanskritregeln zum Trotz stellte ich mir einen Satz aus drei Worten zusammen – nicht einmal einen vollständigen Sanskrit-Satz –, und für mich ergeben diese drei Worte einen vollen Sinn (ich hüte mich natürlich, darüber mit einem Sanskrit-Spezialisten zu diskutieren!). Sie haben einen vollkommenen, lebendigen Sinn. Sie wurden Millionen Male wiederholt – das ist keine Übertreibung –, sie entspringen dem Körper spontan.

Nach dieser Erfahrung [vom 13. April] war das der erste Klang, den der Körper wiedergab. Mit dem ersten Schmerz kam dieser Klang, somit ist er gut da drinnen verankert 6 . Er führt genau diese Schwingung des ewigen Lebens herbei: das erste, was ich in diesen Worten empfand, war eine starke, zuversichtliche und lächelnde Ruhe.

Ja, ich bin sicher, daß es sehr gut und hilfreich ist.

Das war's, mein Kind. Jetzt habe ich nichts mehr zu sagen. Ich schwatze vollkommen unnützes Zeug. Aber... ich freue mich, dich zu sehen, und ich glaube, es ist nützlich.

Gut.

Ich bitte die Leute, dir gute Sachen zu essen zu geben! Ich weiß aber nicht, ob sie es tun... Du mußt mit Freude essen. Wenn niemand es tut, werde ich sie dir wieder selber geben...

 

1 Am 18. Mai: der Schmerz als Symbol des Lebens in der Unwissenheit.

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2 "Wie die Umkehrung eines Prismas", erklärte Mutter später.

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3 Mutter geht in eine Art Trance, und fast bis zum Ende dieser Unterhaltung spricht sie langsam, wie von weit her.

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4 Seltsamerweise sagen auch die Physiker, daß eine Wellenbewegung die Materie nicht fortbewegt. Zum Beispiel versetzen die konzentrischen Wellen auf der Oberfläche eines Teiches die Wassermoleküle nicht: ein auf dem Wasser schwimmender Korken hebt und senkt sich im Rhythmus der Wellenbewegung, ohne sich auf dem Teich fortzubewegen.

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5 Mutter spricht nicht nur von ihrem eigenen Mantra, sondern von allen, wie sie später erläuterte: "Jedes Mantra hat nur eine Wirkung, wenn es von der Macht akzeptiert wird, an die es sich richtet. Wenn man ein Mantra für irgendeine Gottheit wiederholt, wie die Tantriker zum Beispiel, und die Gottheit das Mantra akzeptiert, dann erhält es die Kraft, wenn aber die Gottheit es nicht akzeptiert, dann hat euer Mantra keine Macht. Ich habe das nicht gelesen: ich weiß es aus eigener Erfahrung. Ich glaube aber, daß das auch in den tantrischen Texten erklärt wird."

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6 In der Materie des Körpers.

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