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Mutters

Agenda

vierten Band

19. Oktober 1963

Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß aus der äußersten Spannung der Umstände eine gewaltige Kraft resultieren muß (vermutlich eine transformierende Kraft).

Laß mich das näher erklären:

Die Hilfe ist immer vorhanden, denn ohne jeden Zweifel spürt man das Wirken der Kraft (die "Kraft", d.i. das höchste Bewußtsein und die höchste Weisheit); die Kraft übt eine Art Druck auf alle Leute und alle Umstände aus – im positiven Sinne, damit das Beste geschieht, und zwar auf hierarchische Weise, d.h. das Höchste und Reinste (du kennst meine Definition des "Reinen") dient als Zentrum, um welches sich die Dinge organisieren; jedes hat sein "Recht auf Fortschritt", aber das, was dem Göttlichen am nächsten steht und das Göttliche am deutlichsten zum Ausdruck bringt, wird sozusagen begünstigt – das geschieht ständig, ich sehe es an Hunderten von Beispielen. Dennoch sind die Dinge hinsichtlich der äußeren Umstände derart angespannt, daß man das Gefühl hat, kurz vor einer Katastrophe zu stehen.

Sri Aurobindo nannte mir drei Hautschwierigkeiten, drei Dinge, die man in den Griff bekommen muß, damit die Erde bereit ist (rein äußerlich gesehen, es geht hier nicht um psychologische Faktoren), und zwar die Regierung, das Geld und die Gesundheit.

Von diesen dreien steht die Gesundheit am unmittelbarsten in einem Zusammenhang mit der inneren Transformation, aber nicht vollständig, da sie ständig äußeren Faktoren ausgesetzt ist: Einflüssen, Schwingungen – Ansteckungen von außen. Man ist gezwungen zu essen: es ist phantastisch, was man alles mit der Nahrung aufnimmt! So viel, daß Essen eine beträchtliche Arbeit darstellt – die physische Verdauung allein macht nicht viel aus, aber die Arbeit der Assimilation und der Anpassung von allem übrigen ist enorm. Deshalb ist von den dreien die Gesundheit am meisten dem Einfluß des inneren Fortschritts unterworfen, aber nicht vollständig, wie ich sagte. So bleibt auch sie zu erobern.

Was das Geld betrifft, war das kein Problem, als Sri Aurobindo noch hier war: alles, was wir brauchten, kam. Die zwei letzten Jahre begannen allerdings schwieriger zu werden, und ich glaube, ich habe bereits erwähnt, daß er immer die Meinung vertrat, dies sei eine Folge der schlechten Haltung der Leute hier; diese schlechte Haltung stellte ein ziemliches Problem dar – und es ist immer schlimmer geworden, es hat sich noch mehr zugespitzt.

Was die Regierung betrifft, ist der Verlauf der Kurve entgegengesetzt: Am Anfang herrschte eine furchtbare Feindseligkeit – allein hier bleiben zu dürfen, bedeutete ein ständiges Problem. Und Sri Aurobindo sagte mir, daß wahrscheinlich beide, Gesundheit und Geld, gleichzeitig nachgeben würden; vielleicht die Gesundheit zuerst und danach das Geld, aber ohne großen Unterschied. Und er sagte mir: "Was die Regierung betrifft, gibt es nur eine einzige Lösung, und zwar selber die Regierung zu SEIN." Wenn man die Regierung nicht selbst stellt, kann man sie nie bezwingen, es sei denn, die ganze Erde hat sich transformiert; aber dann bleibt keine Arbeit mehr zu tun! So ist die Lage. Seit... vierzig, fünfzig Jahren, seit mehr als vierzig Jahren steht es so.

Aufgrund meiner inneren Arbeit werde ich mir der Dinge mehr und mehr bewußt; mehr und mehr bin ich mir der umsichtigen Sorgfalt dieser hierarchischen Organisation der Umstände bewußt, die stets das unterstützt, was der göttlichen Arbeit auf die wertvollste und nützlichste Weise dient – natürlich nicht äußerlich sichtbar sondern innerlich. Und dennoch erreichen die Dinge in diesen drei Bereichen – Regierung, Geld und Gesundheit – immer einen derartigen Punkt der Spannung und der Komplikation, daß sie ohne diese innere Gewißheit alle Anzeichen einer Katastrophe und des Zusammenbruchs aufweisen würden. Und IMMER kommt genau an diesem Punkt... (Geste einer plötzlichen Wende) alles ändert sich – nicht vorher, keine Minute früher.

Das geschieht nicht, um meinen Glauben zu stärken, denn ich habe ihn; nicht, um mich bewußt werden zu lassen, denn ich bin bewußt; es hat einen äußeren Grund. Ich kann noch nicht verstehen, welchen. Denn innerlich, selbst wenn man mir ankündigte, daß alles auf die tragischste Weise zerstört wird, würde ich sagen: "Gut." Und das in aller Aufrichtigkeit, da ist nichts in mir, das zu protestieren oder zu vibrieren anfinge, nichts. Ich sage "gut". Aber ich sehe, daß in dieser Spannung eine gewisse Kraft freigesetzt wird, eine genügend intensive Kraft, um das Tamas zu heilen, das Tamas zu ändern 1 .

Gestern ging es um ein Geldproblem (ich nenne dir dieses Beispiel, aber in allen drei Bereichen steht es ähnlich). Die Geldfrage ist seit mehr als zwölf Jahren ein Problem – sie spitzt sich immer mehr zu, weil die Ausgaben phantastisch anwachsen, während die Einnahmen sinken! (lachend) Beides zusammen bewirkt, daß sich das Problem sehr zuspitzt. So kommt es, daß Rechnungen zu zahlen sind, aber kein Geld da ist, und der Kassierer (dieser arme Kassierer, vom yogischen Standpunkt tut ihm das gut: er hat eine Gelassenheit erreicht, die er vorher überhaupt nicht besaß; er trägt aber immer noch die größte Spannung), er gibt Geld aus, und ich kann es ihm nicht zurückerstatten. Natürlich bin ich nicht diejenige, die herumrennt, Geld sucht, verhandelt, diskutiert, das gehört sich eben nicht (!), und jene, die es für mich tun, weisen eine beträchtliche Menge Tamas auf, die ich noch nicht wachrütteln konnte. Gestern machten sie mir einen absurden Vorschlag (ich will hier nicht auf die Einzelheiten eingehen, sie sind unbedeutend), aber der Vorschlag war absurd und würde mich in eine völlig "inakzeptable" Lage bringen; ich hätte einen Prozeß, eine gerichtliche Vorladung riskiert. Es ging um alle möglichen "unerlaubten" Dinge – persönlich ist mir das egal, aber sie sind nun mal "unerlaubt". Als man mir den Vorschlag unterbreitete, studierte ich ihn und sah, daß er idiotisch war, ich blieb aber sehr ruhig. Plötzlich kam eine solch massive Kraft über mich! (Ich erzählte dir schon, daß mir das von Zeit zu Zeit passiert.) Wenn das kommt, hat man das Gefühl, damit alles zerstören zu können... Es ist zu ungeheuerlich für den gegenwärtigen Zustand der Erde. Aber ich sagte ganz ruhig, daß es inakzeptabel sei, nannte die Gründe und gab das Papier zurück. Doch dann ZWANG mich etwas hinzuzufügen: "Wenn ich hier bin, dann nicht aus Notwendigkeit oder Pflicht, wegen keiner Notwendigkeit, die der Vergangenheit entstammt, keinem Karma, keinem Zwang, keiner Verlockung, keiner Bindung, sondern einzig und allein aufgrund der Gnade des Herrn. Ich bin hier, weil Er mich hierbehält, und wenn Er mich hier nicht mehr zurückhält, wenn Er erwägt, daß ich nicht mehr bleiben soll, dann bleibe ich auch nicht." Und ich fügte hinzu (ich sprach Englisch): "Was mich betrifft..." – "ich" (dort oben), damit war nicht der Körper gemeint – "Ich für meinen Teil bin der Meinung, daß die Welt nicht bereit ist. Ihre Art, innerlich und äußerlich zu reagieren, beweist, daß die Welt nicht bereit ist – das wird sogar bei jenen ersichtlich, die mich umgeben –, etwas muß geschehen, damit sie bereit wird. Ansonsten braucht sie noch viel Zeit, um sich vorzubereiten und... Mir ist das egal: ob sie bereit ist oder nicht, macht keinen Unterschied. Selbst wenn alles zusammenbrechen sollte, wäre mir das völlig GLEICHGÜLTIG." Ich sagte das mit einer solchen Kraft! Mein Arm erhob sich, meine Faust schlug auf den Tisch – mein Kind, ich glaubte, alles würde zerbrechen.

Ich wohnte dieser Szene bei und sagte mir: "Warum zum Teufel läßt man mich das tun?" Diese Leute scheinen sich doch mit großer Aufopferung hinzugeben und stehen mir genügend nahe, um keine Angst zu haben. (Ich weiß nicht, welche Wirkung das auf sie hatte, aber es muß eine gehabt haben.) Sobald dies geschehen war, nahm ich meine Arbeit wieder auf und kümmerte mich um die verschiedenen Angelegenheiten usw. Später, als ich allein war, fragte ich mich: "Aber warum überkam mich das?"... Und am Abend hatte ich die Lösung der Situation: hier ist sie (Mutter nimmt einen Briefumschlag vom Tisch). Ich habe noch nicht einmal hineingeschaut (Mutter öffnet ihn und sieht sich den Betrag eines Schecks an).

Daraufhin sagte ich mir: Es muß also ein gewisses Maß an Tamas vorhanden sein – ein Tamas des Unverständnisses –, das heftig aufgerüttelt werden muß, damit sich die Dinge ändern. Bei den Krankheiten ist es dasselbe: Wenn es wirklich gefährlich zu werden droht, trete ich willentlich aus meinem Körper, schwebe über allen Dingen, und er wird wieder gesund – das beansprucht jetzt nur noch sehr wenig Zeit: eine Viertelstunde, zwanzig Minuten.

Auch auf der politischen Ebene scheint es ähnlich zu gehen: als würden gerade durch die Schwierigkeiten nach und nach Leute an die Macht gebracht, die meinem Einfluß unterstehen 2 . Aber das ist noch sporadisch – ich glaube, daß dieser Bereich zuletzt nachgeben wird. Sri Aurobindo kündigte dies für 1967 an... Jetzt ist erst 1963, wir müssen also noch vier Jahre überstehen. Das will nicht heißen, daß wir selbst regieren werden (Gott weiß, wir haben nicht die Zeit dafür!), aber "die Regierung zu sein" bedeutet, daß in der Regierung Leute vertreten sind, die direkt unserem Einfluß unterstehen. Und es genügt nicht, daß dies nur lokal der Fall sei - (lachend) ich habe noch nie etwas so Verdorbenes gesehen wie die Lokalregierung! –, auch ganz Indien genügt nicht: es muß weltweit so sein, damit... Davon sind wir offensichtlich noch sehr weit entfernt – selbst im Unsichtbaren, selbst im Unbewußten.

Es gibt Anzeichen – Zeichen, über die gewöhnliche Leute entzückt und erfreut wären, aber mir genügt das überhaupt nicht.

Nein, was die Regierung angeht, ist noch nichts entschieden, und dennoch... Viele Dinge scheinen sich zu wenden, sich zu nähern, doch dann entgleiten sie einem wieder – wenn das passiert, dann rücken sie leider in weite Ferne... (Geste einer Möglichkeit, die beinahe die Geschichte kreuzt, sich dann aber wieder entfernt und einen riesigen Kreis zurücklegt, bevor sie wiederkehrt)... denn dann muß man sehr lange warten, bis sie wieder zurückkommen. 3

Gerade jetzt läuft ein Versuch: Leute, die mit uns in Verbindung stehen, die bewußt sind und über Handlungsmöglichkeiten verfügen, haben eine Idee aufgegriffen: Rußland und Amerika zu vereinen, um aus ihrer verbündeten Macht die Agenten des Friedens auf der Erde zu machen. Das ist eine HERVORRAGENDE Idee. Wir werden sehen, was daraus wird.

Denn offensichtlich... Ach, im Grunde weiß ich nichts. Ich sage "offensichtlich", aber es ist mir völlig gleichgültig, ob alles zerstört wird und wieder von vorne anfängt – das wäre lediglich eine andere Art zu spielen. Aber vielleicht, wenn es nicht zerstört wird... Zerstören und wieder von vorne anfangen (lachend) hatten wir bereits mehrere Male! Vielleicht ist es jetzt genug, und die Menschheit könnte sich ohne Zerstörung weiterentwickeln... Aber ist das möglich?

Man muß dem Ziel bereits SEHR NAHE gekommen sein, damit dies möglich wird.

Die größte Schwierigkeit liegt in dieser tamasischen Dummheit. Erst gestern machte ich damit wieder Bekanntschaft, als mich zwei junge Leute sehen wollten. (Es ist jetzt Mode geworden, daß junge Leute, die heiraten wollen und deren Familien ich kenne oder die hier leben, vor der Heirat um meinen Segen bitten. Das ist der neue Trend.) So kamen sie also. Das Mädchen ist hier aufgezogen worden, und der Junge lebte und arbeitete hier während längerer Zeit, nun wollen sie heiraten. Der Junge war weggezogen, um eine Stelle zu finden; er hatte Vertrauen (in Mutter) und fand eine. Ich kann nicht sagen, daß er bewußt wäre, denn es ist eher Aberglauben als Bewußtheit, allerdings ein gut angelegter Aberglaube! Die Bewegung ist unbewußt, wendet sich aber in die richtige Richtung, und so klappt es – nicht daß er einen erleuchteten Glauben hätte, aber jedenfalls glaubt er. Das ist in Ordnung, und materiell geht es ihm sehr gut. Gestern kamen sie also, um meinen Segen zu empfangen. Dann gingen sie wieder und hinterließen im Zimmer... eine vitale Formation von völliger Unwissenheit, überfließend von einer Lebensfreude, die alle Schwierigkeiten, alles mögliche Leid, nicht nur für sie selbst sondern für jedermann völlig ignorierte. Weißt du, eine Lebensfreude, die sich sagt: "Ach, mir ist es egal, daß man geboren wird und stirbt – das Leben ist kurz, Hauptsache, man hat es gut, der Rest spielt keine Rolle!" Keinerlei mentale Neugierde, kein Drang, das Warum der Welt zu kennen – das sind alles Dummheiten, um die man sich nicht zu kümmern braucht! Man ist zufrieden, hat seinen Spaß und schlägt sich durch. Und damit hat sich's... Diese Formation war so stark, so präsent, daß sie mir auffiel und ich einen Platz für sie finden mußte. Das brachte mich mit einem ganzen Bereich der Erde, der Menschheit in Kontakt, dem ich seinen Platz zuweisen, den ich ordnen und organisieren mußte. Das nahm mich eine Weile in Anspruch (ziemlich lange, vielleicht eine Dreiviertelstunde oder eine Stunde), all das mußte eingeordnet und organisiert werden. Dabei sah ich, wie weit diese Haltung auf der Erde verbreitet ist. (Und diese jungen Leute gehören immerhin zur "obersten" Gesellschaftsschicht, sie gelten als sehr intelligent und kultiviert, kurz, sie gehören zum Besten, was die Menschheit zu bieten hat! Sie kommen nicht aus dem Abschaum der Gesellschaft, ganz und gar nicht.) Ich fragte mich, ob dies in den westlichen Ländern nicht noch weiter verbreitet ist als hier – ich glaube schon. In dem Augenblick kam ich überall damit in Kontakt, und dieses "Überall" ist wirklich recht ausgedehnt.

Daraufhin sagte ich mir: "Was zum Teufel soll man mit all dem bloß anfangen?... Diese Leute aufrütteln, die doch völlig unfähig sind, sich in diesem Leben je aus ihrer Lage zu erheben, und die wahrscheinlich noch viele, viele Leben brauchen, um überhaupt zu einem BEDÜRFNIS nach Wissen zu erwachen?" – Solange sie sich rühren können, weißt du (lachend), solange sie genug Wirbel um sich haben und es nicht allzu weh tut, sind sie völlig zufrieden. Und ganz unten haben wir dann die träge Menschenmasse, die dem Tier noch sehr nahe steht – was soll man mit denen anfangen? Wenn man warten muß, bis auch diese bereit sind, scheint es mir unmöglich... Denn nach üblicher Anschauung ist dieses junge Paar durchaus in Ordnung.

Welche Menge an Bewußtsein ist also erforderlich... WIEVIELE Menschen müssen bewußt werden, welche Masse von Bewußtsein, wenn ich so sagen darf (die Intensität besteht: von Zeit zu Zeit leuchtet es wie Sterne), aber welche Bewußtseinsmasse ist notwendig, damit die neue Welt auf die Erde herabkommen kann?... Denn was geschähe sonst mit ihr? – Sie würde verschlungen werden. Wie 1960, als ich die supramentale Kraft herabkommen sah. Mein Kind, das hättest du sehen sollen, wie das herabkam: ungeheuerlich und wunderbar, wie Fluten, man hatte das Gefühl, alles würde überschwemmt. Doch dann stiegen von unten riesige dunkelblaue Massen auf, und bruff! (Geste) wurde alles verschlungen.

Genau dasselbe würde PHYSISCH passieren, verstehst du?

(Schweigen)

Gestern hatte ich also zuerst den Besuch dieser jungen Leute, daraufhin die Geldangelegenheit und schließlich diese Manifestation (der Macht), die sich von Zeit zu Zeit ereignet. Hinterher fragte ich mich: "Wie kommt das bloß? Wie kommt es, daß ich so war?" Die Macht bleibt für eine gewisse Zeit, während ich etwas Bestimmtes tue, und dann verschwindet sie wieder gänzlich. Und ich bin selber ganz erstaunt, verstehst du? Die ersten Male hatte etwas im Körper große Mühe, die Macht zu halten, jetzt hingegen fühlt er nichts mehr, er hat sich daran gewöhnt. Vielleicht liegt genau darin der Sinn: ihn daran zu gewöhnen. Wenn dies aber ständig einträte, müßten sich die Leute gewaltig in acht nehmen, denn...

Ich schaute mir das an und fragte mich: "Warum?" Ich war weder verärgert noch unzufrieden oder sonstwas, nichts von alledem – innerlich ist da immer die gleiche Liebe, immer und ewig, für alles, selbst wenn ich mit einer gewissen Unterscheidungskraft die ganze Dummheit erkenne (nicht einmal intuitiv, ein höheres Unterscheidungsvermögen, wie eine klare Sicht – klar, präzise, in einem weißen Licht); damit sehe ich den ganzen bösen Willen, die crookedness [Falschheit] – sehr klar –, aber immer mit einem Lächeln, mit derselben Schwingung ewiger Liebe. Dann kommt diese Macht – sie behelligt nichts und verdrängt nichts, sie kommt einfach hinzu. Es ist eine Aktion: sie vollbringt ihre Aktion und geht wieder. Aber wenn sie da ist... Die Kraft, die mich veranlaßte, meine Faust auf den Tisch zu schmettern, hätte alles zermalmen können. Eine kleine Hand, ein kleiner Arm, kann natürlich nur den Tisch zum Wakkeln bringen... (Mutter lacht) viel Lärm machen und den Tisch erzittern lassen. Aber die Wahrnehmung selbst war ungeheuerlich.

Und dies war nicht das erste Mal.

Manchmal kommt es, wenn ich allein bin; dann sage ich natürlich kein Wort und rühre mich nicht, aber nach einer Weile überkommt mich... (wie soll ich sagen?) ich frage mich: "Was wird wohl geschehen?..." Keine Besorgnis, sondern etwas, das beobachtet und sich sagt: "Aber darf man das... sich überhaupt manifestieren lassen?" Und es kommt immer in Verbindung mit einer bestimmten Situation, einer Aktion, einer Bewegung (manchmal – sehr selten – im Zusammenhang mit jemandes Gedanken, aber das ist selten), wie eine NOTWENDIGKEIT: "Das gilt es zu treffen" (Geste eines niederfahrenden Lichtschwertes). Mit einer solchen Schlagkraft!... Es steht in keinem Verhältnis zu irdischen Dingen. Dann geht es wieder weg – ich bestimme das Kommen und Gehen dieser Macht nicht selber, ich wohne dem lediglich bei, während mein Körper als Instrument benützt wird. Danach ist es wieder weg.

Der Körper strebt ständig nach all dem, was ihn zu vervollkommnen vermag – eine Aspiration, das Instrument zu vervollkommnen –, und er bittet kaum um Macht. Als Sri Aurobindo noch da war, bestand eine klare Erkenntnis der Notwendigkeit von Macht, und mehrmals sagte ich: "Zuerst wird sich die supramentale Macht manifestieren", denn ohne diese Macht wäre es unmöglich: Die Masse des Widerstands auf der ganzen Welt würde sonst alles verschlingen, so wie das Licht 1960 verschluckt wurde – das Licht und das supramentale Bewußtsein wurden verschlungen; es wäre dasselbe. Aber danach, seit ich die ganze Arbeit allein machen muß, bestand ich nicht mehr darauf (auf der Macht), das Gefühl dieser Notwendigkeit bestand nicht mehr, sondern eher der Eindruck einer GESAMTHEIT, die sich zusammen weiterentwickeln und manifestieren muß. Eine Vervollkommnung des Ganzen.

Aber es kommt.

Als wir früher zum Beispiel die Zusammenkünfte für die Pujas 4 hatten und Durga kam (als Sri Aurobindo noch hier war und auch einige Zeit danach), war ihre Manifestation stets mit einer großen Macht verbunden – aber das ist nichts! Das ist nichts neben DEM. Die Macht der Durga... ja, verglichen mit Dem ist sie wie seichtes Wasser.

Auch hat diese Macht überhaupt nichts Vitales an sich – die vitale Macht erscheint mir heute völlig unbeholfen, beinahe abstoßend. Diese Macht hingegen kommt von ganz hoch oben. Und sie bringt immer eine goldene, sehr starke und äußerst massive Schwingung mit sich...

Sie kommt allerdings nur, wenn die Umstände aufs äußerste angespannt sind; dies ist wahrscheinlich nötig, um die ganze Materie ein wenig aufzurütteln, und diese Macht kann nur dann kommen, wenn alle anderen Mittel versagen.

In solchen Augenblicken verspüre ich eine Kraft in mir, eine sogar physische Kraft, die größer ist, als ich je in meinem Leben empfunden habe, selbst als ich noch jung und ziemlich stark war. Daneben erscheint mir die physische Kraft der Leute... wie nichts! Als sie nach meiner Krankheit zum ersten Mal kam, war ich nicht darauf gefaßt, und sie kam scheinbar grundlos (wahrscheinlich als Versuch). Auf meinem Tisch lag dieses Instrument (Mutter deutet auf einen metallenen Kugelschreiberhalter). Die Kraft kam, und aus irgendeinem Grund wollte ich dieses Ding niederdrücken; ich legte meine Hand ohne jede Anstrengung oder Kraft darauf (aber die KRAFT war in meinem Arm): glatt abgebrochen! (So ein Ding ist nicht leicht zu zerbrechen.) Klack, ohne die geringste Mühe! Der Arzt, der gerade anwesend war, fragte mich: "Warum das?" Ich sagte ihm: "Ach, ich tat es nicht absichtlich, aber eine Kraft ergriff meinen Arm und machte klack!" Dabei handelte ich bewußt, ich sah die Kraft als einen sehr starken goldenen Blitz herabkommen, und klack! Ich strengte mich überhaupt nicht an. Der Arzt war leicht verärgert! (Er ist von sattvischer Natur.) Er sagte: That is stupid, it breaks your things. [Das ist dumm, es zerbricht Ihre Sachen.] – Ich werde mir einen anderen beschaffen!

Das war beim ersten Mal. Danach nahm ich mich in acht.

Als Sri Aurobindo noch hier war, lebte ein sehr unbeherrschter Bursche bei uns. Er hatte Wutanfälle, die er nicht zügeln konnte (er gab sich auch keine große Mühe, sich in den Griff zu bekommen). Er war Ingenieur von Beruf und ein sehr intelligenter Bursche (aber das tat nichts zur Sache). Einmal, als Sri Aurobindo gerade in seinem Zimmer war, kam dieser Bursche die Treppe hinauf und ließ mich rufen; ich ging hinaus, um ihn zu sehen. Da überkam ihn eine sehr heftige Wut, er fing an zu schreien und wollte sich in seinem Zorn auf mich stürzen. Ich legte einfach meine beiden Hände auf seine Schultern, ganz leicht, so – er purzelte die Treppe hinunter. Ich hielt ihn ganz einfach davon ab, sich mir zu nähern, indem ich seine Schultern berührte... Aber in diesem Fall war es ganz offensichtlich Kali. Sri Aurobindo kam heraus, und ich erzählte ihm, was sich ereignet hatte. (Der Junge hatte sich wieder erhoben und kehrte zurück; doch als er Sri Aurobindo sah, nahm er Reißaus... Natürlich tat er dies nie wieder.) Es war offensichtlich Kali: wenn Kali kommt, ist sie sehr stark, aber das liegt noch im Bereich der weltlichen Dinge. Sie ist sehr stark: ich hielt den Jungen einfach auf Armeslänge fern, indem ich meine Hände auf seine Schultern legte. Dadurch verlor er das Gleichgewicht und rollte die ganze Treppe hinunter. Damals schien es mir, als hätte Sri Aurobindo Kali eingreifen lassen (er hatte ja die Schreie dieses verrückten Kerls gehört).

Jetzt ist es etwas anderes. Als Sri Aurobindo hier war, erschien Kali ab und zu – aber das gehört noch dieser Welt hier an, es ist nicht dasselbe (wie diese supramentale Kraft).

Ein anderes Mal war da noch so ein Kerl (manchmal stößt man auf solche Verrückte), ein Australier. Er war Lehrer, und wir ließen ihn an der Schule unterrichten. Eines Tages begann er, die unglaublichsten Dinge zu behaupten – weißt du, er sei ein inkarnierter Gott. Allmählich wurde es ziemlich peinlich, außerdem hatte er verkündet, er werde für immer hier bleiben... Die Leute waren alle verzweifelt und wußten nicht, wie sie ihn loswerden konnten. Ich hatte mich bereits in mein Zimmer hier zurückgezogen (dies geschah vor drei, vier Jahren). Ich erinnere mich: ich saß auf meinem Bett (damals arbeitete ich hier im Bett), und ich erhielt einen Brief, in dem man mir mitteilte... nun, daß die Situation unmöglich, unerträglich sei und daß man ihn nicht länger behalten könne. Da konzentrierte ich mich eine Minute lang, worauf Kali erschien – Kali in ihrer Kriegsstimmung, eine tanzende, schwarze Kali. Ich sagte ihr: "Geh und tanz auf seinem Kopf!" (Lachend) Sie ging hin und vollführte einen Tanz auf seinem Kopf – am nächsten Tag schrieb er, er wolle den Ashram verlassen. In diesem Fall war die Wirkung sehr klar: Tags zuvor hatte er noch gesagt, er werde sich nicht rühren, er habe die Absicht, hier zu bleiben und seinen Unterricht weiterzuführen, und man müsse ihn mit Gewalt fortjagen, damit er ginge (man hatte mir das völlig verzweifelt mitgeteilt). Kalis Tanz überzeugte ihn, daß es besser sei zu gehen.

Aber all das gehört zu den Spielen dieser Welt. Was sich jetzt ereignet, ist etwas ganz anderes.

Es kommt, wirkt und geht wieder weg. Es kündigt sich nicht an, bevor es kommt.

In solchen Augenblicken fühlt sich der Körper sehr weit – weit, grenzenlos, sehr weit, als BERÜHRE er die ganze Materie; es besteht ein bewußter Kontakt mit der gesamten Materie. Dieser Faustschlag gestern war durch und durch symbolisch, nichts anderes: da war kein Tisch, dieser Faustschlag galt der Erde: "Erde, wenn du nicht bereit bist, dann mußt du dich allein zurechtfinden; ich werde mich zurückziehen und erst zurückkehren, wenn du bereit bist!"

Das scheint also einer gewissen Notwendigkeit zu entsprechen, um irgendwo das Tamas wachzurütteln – und Tamas gibt es in rauhen Mengen.

Ich habe es nicht eilig. Die Steine, die Blumen, die Pflanzen, die Tiere liebe ich sehr, all das ist so wunderbar! Danach wird es weniger angenehm... am unangenehmsten ist die menschliche Perversion – Perversion in Form von Grausamkeit, Bosheit und Härte. Man muß höher gehen, um das akzeptieren zu können, um nicht davon betroffen zu werden.

Aber bei dieser Sache gestern, dieser übersprudelnden Formation von Lebensfreude, sah ich deutlich, daß sie eines der größten Hindernisse darstellt – eine vitale Freude, die nur sich selbst kennt, die nichts anderes als nur ihre eigene vitale Freude kennt und sich damit vollkommen zufrieden gibt. Ich sah, daß dies ein großes Hindernis bedeutet..., weil sie bereits eine Art Spiegelung der wahren Sache enthält. Man kann nur darüber lachen, aber manche strenge Leute sagen dazu: "Ihr werdet schon sehen, wenn ihr erst alt und krank seid..." (All das kam, weil eine umfassende Arbeit im Gange war und es um die ganze große Komödie auf der Erde ging, da erschienen all diese verschiedenen Dinge...) Doch was soll's? Warum streng sein? – Laßt sie glücklich sein, sie repräsentieren... ja, sie sind wie Schaum auf frischem Bier!

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Beim Weggehen

Letzte Nacht hatte ich einen Traum. Ich erinnere mich noch an den letzten Teil: Da war eine Bergstraße mit riesigen Fahrzeugen, die sehr schwarzen, hohen Panzern glichen. Sie fuhren diesen Berg hinauf; und ich hatte das Gefühl, daß es Russen oder Chinesen waren: eine pechschwarze Militärkolonne, die einen Berg hinauffuhr.

Das ist kein Traum! Vielleicht geschieht das gerade dort oben 5 .

Wahrscheinlich bist du dorthin gegangen.

(Schweigen)

Ja, man sieht solche Dinge – viele Dinge.

(Schweigen)

Das kommt, um dir zu zeigen, daß du über innere Wahrnehmungen verfügst – man schaut sich um, wandert umher und kehrt zurück. (Lachend) Das sind Übungen!

 

1 Tamas: Trägheit, Finsternis.

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2 Es ist die Epoche der Kennedy-Chruschtschow-de Gaulle-Verbindung. Indira Gandhi wird ungefähr zwei Jahre später an die Macht kommen.

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3 Präsident Kennedy wird fast genau einen Monat später ermordet (22. November).

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4 Die Pujas der verschiedenen Aspekte der göttlichen Mutter, im Oktober und November jeden Jahres.

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5 Im Himalaya.

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