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Mutters

Agenda

vierten Band

11. Dezember 1963

In der Nacht zwischen dem 8. und 9. fand ein schrecklicher Kampf im Unterbewußtsein statt, oh!... Es war wie eine Wiederholung des Angriffs gegen mich, als du in Rameshwaram warst (das ist schon lange her 1). Damals sagte X, der Angriff sei von einem Tantriker ausgegangen, der eine Formation heraufbeschworen hatte (es geschah genau am 9. Dezember, ich wurde sehr krank und verließ mein Zimmer nicht mehr). Diesmal war es ein Angriff derselben Art. Ich weiß nicht, ob er von derselben... ich kann nicht sagen "Person", aber von derselben Kraftquelle stammt. Jedenfalls war es sehr heftig, nachts. Sogar während der Meditation am 9. setzte es sich fort: zum ersten Mal kam es während einer Meditation zu einem ungeheuren Kampf im Unterbewußtsein. Der Körper war in einer... nicht besonders glücklichen Verfassung. Dieser Angriff zielte darauf ab, das Herz zum Stillstand zu bringen, das ist natürlich... unangenehm.

Danach sah ich, daß dadurch wirklich etwas vertrieben worden war. Es war also nicht umsonst. Etwas ist verjagt worden. Jedenfalls sind dies Kräfte von extremer Bösartigkeit, nicht nur unwissend – ein radikal schlechter Wille.

Aber es war nicht menschlichen Ursprungs, kein menschliches Individuum?

Nein, es ist kein Individuum sondern eine universelle Seinsart. So ist es immer: die Dinge sind nicht ganz unpersönlich, aber sie gehören keiner Einzelperson an; es sind universelle Seinsweisen.

Ich frage mich, ob nicht ein menschliches Instrument mit im Spiel war?

Ich war mir keines Instruments bewußt, wohl aber einer Vielzahl von Stellen, an die es sich klammert (alle Wesen, an die sich die hinter dem schlechten Willen stehende Kraft heftet). Es klammert sich nicht einmal an die Wesen selbst, sondern an die universellen Seinsweisen der Wesen: an gewisse Tendenzen, gewisse Haltungen und Reaktionen – daran klammert es sich. Es betrifft keineswegs "eine" Person oder "einen" Willen, sondern eine Seinsart. All dies sind universelle Seinsarten, die jetzt aus dem Aktionsfeld verschwinden müssen und an deren Beseitigung gearbeitet wird.

Die Auswirkung auf den Körper war jedoch schmerzhaft, wie sie es auch beim ersten Mal war. Beim ersten Mal hätte es mich (den Aussagen von X und dem Swami zufolge) töten sollen – es machte mich nicht einmal sehr krank, doch die Wirkung war sehr unangenehm. Ich sagte dir damals, daß es sich um ein Mantra handelte, das dem Körper sein Blut hätte entziehen sollen. (Ich kenne mehrere Beispiele von Leuten, die auf diese Weise umkamen: hinterher fand man heraus, daß es sich um die Folgen einer mantrischen Formation handelte. Bei mir (lachend) führte es lediglich dazu, daß ich mich ständig übergeben mußte – fürchterliches Erbrechen.) Dann zog mich etwas, ich fühlte mich gezwungen zu gehen, mein Bewußtsein sagte mir, ich müsse jemanden aufsuchen (ich war gerade allein im Badezimmer), ich müsse eine bestimmte Person aufsuchen. Als ich die Tür öffnete, stand Z davor und wartete darauf, mein Bad zuzubereiten, aber ich sah ihn überhaupt nicht, sondern wollte unbedingt in das Zimmer nebenan gehen, so stemmte ich mich gegen ihn und wunderte mich: "Was steht mir da im Wege und hindert mich daran vorbeizugehen?" Er hingegen glaubte, ich sei im Begriff, ohnmächtig zu werden und ihm in die Arme zu fallen! Das Ganze erregte ziemliches Aufsehen.

Weißt du, ich war tief in Trance. Ich lief umher, war aber völlig in Trance.

Mein Zustand normalisierte sich auch schnell wieder. Aber es kam wie eine Wiederkehr der Geschichte von damals, als sei dieser schlechte Wille nicht vollständig beseitigt und besiegt worden – es kam wieder. Diesmal hatte es nicht die gleiche Auswirkung, war aber doch schmerzhaft, ein merkwürdiges Gefühl, als ob... (ich saß wie immer morgens während der Meditation am Tisch) anfangs war mir, als ob in gewissen Körperteilen die Zellen knirschten. Ich konzentrierte mich, ich rief, und da sah ich, daß sich ein Kampf abspielte – ein ungeheurer Kampf spielte sich in der Tiefe ab. Es knirschte auf merkwürdige Weise. Wie ein Knirschen von Dingen, die sich aufreiben. Ich fragte mich: "Wann wird sich das nur wieder entspannen?" Woraufhin sich hier im Sonnengeflecht Krämpfe einstellten. Der Arzt und P bleiben dieser Tage immer während der Meditation anwesend; ich war in Trance, in meinen Kampf verstrickt, als ich plötzlich einen Druck auf meinem Handgelenk spürte (lachend): Es war der Arzt, der sich aus seiner Meditation erhoben hatte, um meinen Puls zu fühlen (ich muß wohl seltsame Geräusche von mir gegeben haben!), und wie es schien, war dieser dabei auszusetzen! Ich kam aber nicht aus meiner Trance heraus (obwohl ich bewußt war), sondern blieb so bis zum Ende der Meditation und sogar noch ein wenig länger. Als endlich das Knirschen und Reiben nachließ, kehrte ich aus meiner Trance zurück und sah sie beide vor mir stehen. Ich lächelte ihnen nur freundlich zu und sagte ihnen: "Es geht gut." Dann legte ich mich hin und tauchte in eine sehr tiefe Trance, ging vollständig aus dem Körper hinaus, und alles kam wieder in Ordnung.

Anschließend führte ich mir das Ganze wieder vor Augen und war nicht gerade zufrieden: "So etwas während der Meditation zu machen?..." Aber "man" sagte mir, dies könne nur während der Meditation und in keinem anderen Moment sonst gelingen, nicht im aktiven Zustand und nicht einmal im Zustand der Konzentration, denn das sei nicht das gleiche; es sei nur im Zustand tiefer Meditation machbar. Da sagte ich: "Sehr gut." Mir wurde auch gezeigt, daß ein konkretes Resultat, ein partieller Sieg über diese Art von schlechtem Willen errungen worden war, der so extrem aggressiv ist und eigentlich einem anderen Zeitalter angehört: er hat kein Recht mehr, auf der Erde zu existieren. Dies hat zu verschwinden.

Es ist übrigens dasselbe, was den Mord an Kennedy verursachte. Ich nehme an, daß ich deshalb eingreifen mußte. Denn die Ermordung Kennedys wirkte sich vom Standpunkt der generellen Arbeit sehr störend auf die Dinge aus. Als ich die Nachricht von seiner Ermordung erhielt, sah ich dieselbe Art von Vibration, dieselbe schwarze Kraft – äußerst schwarz –, und ich sagte spontan (es war nicht ich, die es sagte): "Oh, das kann Krieg bedeuten." Es bedeutete also einen Sieg dieser Kraft über jene, die harmonischere Wege sucht. Ich protestierte jedoch und arbeitete seit diesem Augenblick, und das, was am 9. geschah, war dann das Resultat.

Im ersten Moment... ist es jedenfalls nicht angenehm.

*
*   *

(Daraufhin liest Mutter eine handschriftliche Notiz vor, die eine Fortsetzung der am 7. Dezember beschriebenen Erfahrung ist, als sie von der unterschiedlichen Nähe der Anwesenheit sprach.)

Ich richte dies an den Herrn:

Es ist, als fließest Du mit dem Blut,

Als vibriertest Du mit den Nerven,

Als lebtest Du mit den Zellen...

Es heißt nicht "in", nicht "durch", sondern "mit" – vereinigt. Fließest mit dem Blut. Das Gefühl war sehr konkret: diese Präsenz des Herrn FLIESST mit dem Blut und VIBRIERT mit den Nerven und LEBT mit den Zellen ("lebt": das Leben, die Essenz des Lebens).

Ja, das ist der beste Augenblick! (Mutter lacht)

Und gerade jetzt, nach dieser Attacke vom 9., hat sich diese Präsenz intensiviert 2 . Daraus ersehe ich, daß etwas gewonnen wurde. Das heißt, es hat an Dauer, an Häufigkeit zugenommen, es antwortet schneller, läßt sich schneller erreichen.

(Schweigen)

Der Unterschied seit dem 9. besteht darin, daß vorher ständig ein Druck von feindlichen Suggestionen herrschte, wie Sri Aurobindo es in diesem Brief ausdrückte, den wir das letzte Mal übersetzten: "Das alles ist Illusion, das alles sind Einbildungen..." Eine andauernde Belästigung, die manchmal sogar sehr präzise Formen annimmt: "Du glaubst, du seist dir des Herrn voll bewußt, aber ganz und gar nicht! Das bist du nur im Kopf ein wenig, und schon bildest du dir ein, es sei wahr." Als ich das hörte, machte mich das sehr ungehalten, und ich sagte: "Nun gut, wir werden ja sehen." Nach diesem Kampf im Unterbewußten verstummte die Stimme, und ich hatte diese Erfahrung: "Es fließt im Blut, es vibriert in den Nerven, es lebt in den Zellen..."

Dies spielt sich überall ab, nicht nur in meinen eigenen Zellen, nicht nur in diesem Körper hier: Wenn die Erfahrung kommt, ist sie recht verbreitet; ich habe den Eindruck, daß viel Blut, viele Zellen, viele Nerven... Das ZENTRALE Bewußtsein, das Individuum mag es zwar nicht immer wissen (es verspürt ein außergewöhnliches Gefühl, ohne zu wissen, was es ist), aber die Zellen wissen es, nur können sie es nicht sagen.

Ich habe dies mehrere Male gefühlt: Wenn sich die Erfahrung einstellt, ist sie nicht nur auf einen Körper beschränkt. Lediglich das Bewußtsein – das beobachtende Bewußtsein – ist nicht überall dasselbe: es gibt STUFEN des Bewußtseins, und das hier (Mutters Körper) scheint wie ein BEWUSSTERES Zentrum des Bewußtseins zu sein, mehr nicht, ansonsten... Das gleiche gilt auch für das Bewußtsein selbst: in manchen Augenblicken ist es sehr wach, in anderen weniger. Im Grunde ist all dies eine Erfahrung der Einheit, der Vielfalt in der Einheit, die vom Grad der Nähe und der Intensität abhängt. Aber es ist das Ganze – das Ganze, das eins ist – vom Standpunkt des Bewußtseins des Herrn aus gesehen... Was wir den "Herrn" nennen, ist das, was sich seiner selbst voll bewußt ist. Je mehr sich das Bewußtsein verringert, um so mehr hat man den Eindruck, daß es weniger der Herr ist, aber es ist dennoch der Herr!

So ist das.

(Schweigen)

Wenn man von "Wahrnehmung oder Wissen durch Identität" spricht, dann handelt es sich noch um etwas, das sich projiziert, identifiziert, das sich beim Handeln ZUSCHAUT und sich des Resultats bewußt ist. Anders die derzeitige Erfahrung: sie ist nicht etwas Projiziertes sondern eine allgemeine Wahrnehmung, und anstatt zu sagen: "Sie denken das, dieser denkt das, jener fühlt das", denkt oder fühlt man es mit einer mehr oder weniger großen Klarheit und Genauigkeit der Wahrnehmung in sich selbst, und es ist immer "man", ein "Man" – man will nicht "ich" sagen; da existiert kein Ich, es ist ein "Man", etwas. Ich will dir ein Beispiel nennen: Heute morgen empfing ich einen Italiener. Er fing an zu reden, zu gestikulieren, Dinge zu sagen – KEIN EINZIGER Ton erreichte mein Ohr... Ich wußte aber trotzdem genau, was er mir sagte, und antwortete ihm auf die gleiche Weise, ohne zu sprechen. Ich hatte nicht den Eindruck, ein anderer spreche mit mir, dem ich antworte: es war eine Gesamtheit von Regungen, die sich ihrer selbst mehr oder weniger bewußt waren, ein Ganzes und ein Austausch, ein Wechselspiel mehr oder weniger bewußter Regungen mit einigen bewußteren Schwingungen und anderen weniger bewußten, aber all dies war sehr lebendig, sehr aktiv. Um zu sprechen, hätte man sich hingegen in das gewöhnliche Bewußtsein versetzen müssen, in dem der Italiener dort und ich hier gewesen wäre – das hätte keinen Sinn ergeben und wäre nicht wahr gewesen. Stattdessen antwortete etwas von innen heraus, sehr aktiv, sehr klar, alles lief ineinander (Geste von Bewußtseinsregungen oder Schwingungswellen), und gleichzeitig herrschte ein Bewußtsein – ein sehr weites Bewußtsein –, das all dies sah (diesen Schwingungsaustausch) und eine sehr leichte aber äußerst präzise Kontrolle ausübte, damit jede Schwingung auch an ihrem Platz sei.

Wenn ich jetzt die Leute sehe, geschieht es immer auf diese Weise. Das scheint immer konstanter zu werden.

Der andere Zustand, in dem ein "Ich" und "andere Leute" existieren, wird unangenehm und bringt Dinge mit sich, die das Bewußtsein ablehnt, Reaktionen, die das Bewußtsein mißbilligt: "Immer noch das? Immer noch diese Engstirnigkeit, diese Beschränktheit, dieses Unverständnis, diese Unklarheit?..." So geht das ständig. Sofort macht innerlich etwas so (Geste einer inneren Kehrtwendung), und schon stellt sich die andere Art und Weise ein. Sie ist so sanft, oh!... So sanft, ohne sich zu stoßen, ohne sich zu reiben, ohne zu knirschen, ohne unangenehme Reaktionen – als es zu diesem schmerzlichen "Knirschen" während der Meditation am 9. kam, geschah dies aufgrund individueller Reaktionen der Zellen, die von der allgemeinen Harmonie abwichen.

Dies wird interessant. Es bringt etwas Neues.

Und es enthält eine Freude, nicht laut... immer wie ein gewisses Lächeln... ein Lächeln, einfach so, nicht spöttisch, ein wenig...

Der Versuch, es in Worte zu fassen, führt nur zu Entstellungen, das ist schade. Ich weiß nicht, wann es möglich sein wird, sich ohne diese Entstellung auszudrücken... Ich erinnere mich wieder, in diesem Augenblick sehe oder erlebe ich wieder das Gesicht dieses Jungen, dieses Italieners (ein 35 oder 40-jähriger Mann, aber innerlich jung, psychisch sehr jung). Dieses Bewußtsein knetete etwas im Innern zurecht, rückte etwas an seinen Platz – aber völlig reibungslos, zwanglos, ohne Schock, ohne Reaktion. Als ich ihm schließlich sagte: "Es ist an der Zeit zu gehen", war das ganz und gar nicht wie eine Person, die das zu einer anderen Person sagte, sondern als sagte ich zu mir selbst: "Nun ist es Zeit zu gehen". Das ist sehr merkwürdig. Jedenfalls ist es ziemlich neu, denn es ist viel bewußter geworden; seit langem war es auf natürliche, spontane Weise so, aber jetzt wird es bewußt.

Wenn sich in jemandem eine Entspannung oder eine Verkrampfung einstellt, dann spüre ich das: ich spüre eine Entspannung und eine Verkrampfung, aber "ich spüre" das nicht hier (Mutter in ihrem Sessel), sondern DORT (Mutter in der "anderen" Person).

Ich weiß es auf die Minute genau. Dabei sind Verkrampfungen und Entspannungen noch starke Regungen, die leicht zu sehen sind, ich stelle aber fest, daß dies immerzu geschieht.

Inzwischen ist es sogar so (oh, schon seit langem, aber es wird immer mehr so), daß das, was in diesem Körper geschieht, nicht etwas Vertrautes ist, als geschehe es in einem bestimmten Körper, sondern es ist eine Seinsart unter vielen anderen. Dieses Gefühl wird immer ausgeprägter. Die Reaktion hier (in Mutters Körper) ist nicht vertrauter als die Reaktion in andern. Und sie ist kaum spürbarer: alles hängt vom Grad der Aufmerksamkeit und der Konzentration des Bewußtseins ab (all dies sind Bewußtseinsregungen). Das Bewußtsein ist nicht – ÜBERHAUPT NICHT MEHR – individuell, da bin ich mir sicher. Es ist ein Bewußtsein..., das immer umfassender wird. Von Zeit zu Zeit, wenn alles "günstig" steht, wird es zum Bewußtsein des Herrn, zum Bewußtsein des Ganzen, und dann ist es... ein Tropfen Licht. Nichts als Licht.

 

1 Im Jahre 1958.

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2 Im Körper.

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