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Mutters

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fünften Band

28. März 1964

Die große Schwierigkeit besteht darin, daß Ns Erfahrungen in seinem Mental stattfinden. Er hat in seinem Mental gearbeitet und es umgewandelt; er hat Erfahrungen, er hat alle Erfahrungen gehabt – aber IM MENTAL: durchaus nicht in seinem Körper. Somit macht alles, was ich hier sage, alle jetzigen Erfahrungen im Körper, für ihn keinen Sinn. Das ist eben die Schwierigkeit. Er kann nicht verstehen. Wer kann denn überhaupt verstehen?... Ich habe keine Ahnung.

Sobald es sich um mentale Dinge handelt, versteht er vollkommen; wenn es sich hingegen um materielle Dinge handelt, versteht er nichts mehr. Aber wer kann schon verstehen?...

Ich kann nicht sagen, daß ich "verstehe", aber...

Du fühlst.

Ich übertrage. Ich übertrage eine Wahrheit, die ich mental verstehe; ich sage mir, daß es so in meinem Körper sein muß.

Ja, das kommt dem schon näher, aber (lachend) es ist nicht ganz das!

Ich sehe das Problem sehr klar, denn all meine Erfahrungen (du brauchst nur Prières et Méditations zu lesen) hatte ich im Mental, sogar im Vital; und damals war natürlich alles, was ich sagte, sehr klar, es war sehr verständlich; der Körper aber nahm nicht daran teil: er gehorchte. Wenn er völlig fügsam ist, gehorcht er, er stand nicht im Weg. Aber was jetzt passiert, ist eben, daß all diese lebendigen Erfahrungen im Körper selbst geschehen, und wenn man sie nicht DORT hat, ergeben all meine Erklärungen über "Schwingungen" keinen Sinn.

Erst wenn die Erfahrung mental und psychologisch wird, "versteht" man.

Vielleicht würde der moderne wissenschaftliche Geist, der die Atome studiert hat, besser verstehen. Es ist dieselbe Verständnisweise wie die des Gelehrten, der die Beschaffenheit der Materie analysiert. Ich habe das klare Gefühl, daß dies eine Fortsetzung jenes Studiums ist und daß es der einzig wahre Ansatz für den materiellsten Teil der Materie ist. Jegliche psychologische Erklärung ergibt keinen Sinn. 1

Eben heute morgen folgte ich der Bewegung und beobachtete die Kontrolle dieser Schwingung der Wahrheit im Körper bei gewissen Störungen (ganz kleine Sachen im Körper, verstehst du: Unpäßlichkeiten, Störungen). Ich sah, wie diese Schwingung der Wahrheit die Störungen und Unpäßlichkeiten aufhebt, es war sehr klar, sehr evident und VÖLLIG LOSGELÖST von jeglicher spirituellen, religiösen und psychologischen Vorstellung, so daß es offensichtlich war, daß jemand mit einem Wissen über die gegensätzlichen Schwingungen überhaupt kein "Jünger" oder ein Mensch mit philosophischen oder sonstwelchen Kenntnissen zu sein brauchte: Es genügt, dies zu beherrschen, um eine vollkommen harmonische Existenz führen zu können.

Es war absolut konkret und unwiderlegbar. Es war eine erlebte, absolute Erfahrung.

Und all diese Zellen, die mit einem solchen Feuereifer dabei waren... es war wirklich ein Ananda, unausdrückbar... stürzten sich auf den Herrn und sagten ihm: "Aber es ist so viel wunderbarer, wenn wir wissen, daß Du es bist!" – der ganze Körper...

Und das Licht, die Wärme, die zum Ausdruck kamen, diese Intensität des Anandas, diese Seligkeit... Verstehst du, es stand nicht im Gegensatz, sondern es war wie eine Ergänzung dieses Wissens über die Schwingungen, das ich nicht als "kaltes, wissenschaftliches Wissen" bezeichnen will, denn das führt mentale Vorstellungen ein, aber es war von einer solchen Weisheit!... Ein so weises und ruhiges Wissen, von einer unerschütterlichen Stille, absolut frei von jeglicher Vorstellung von Positiv und Negativ, von Göttlichkeit, von Gut und Böse, absolut unabhängig von all dem, rein materiell. Und von einer absoluten Macht. Dann erhob sich in all diesen Zellen, die sich dieses Wissens über die Schwingungen als höchstes Kontrollmittel für ihre Harmonie voll bewußt waren, auf einmal so etwas wie ein... nicht eine Flamme (eine Flamme ist im Vergleich dazu dunkel), ein strahlendes Ananda: die Liebe in ihrer vollkommenen Realität. Dies drückte sich aus als: "Es ist so viel wunderbarer zu wissen, daß Du es bist!"

Das war wirklich eine Erfahrung. Es dauerte einige Minuten (ich saß am Frühstückstisch), aber für diese wenige Minuten war es die Vollkommenheit.

Die beiden Pole hatten sich getroffen. 2

(Schweigen)

Wahrhaftig die Empfindung eines vollkommenen Anandas der Liebe im ganzen Körper.

Das andere ist auch sehr schön, das Wissen über die Schwingungen und die Macht – aber dies, dieses Ananda...

(Schweigen)

Sehr interessant ist, daß all diese Erfahrungen, die man in seinen inneren und höheren Wesensbereichen, in all seinen Seinszuständen gehabt hat, schwach, unzusammenhängend und wie ein Traum erscheinen im Vergleich zur identischen Erfahrung im Körper. Dort wird es dermaßen... Die Macht und die Intensität sind so ungeheuerlich, daß man auf einmal versteht, WARUM es eine materielle Welt gibt.

(Schweigen)

Die Beziehung mit der Außenwelt würde schwierig, wenn dies eine Dauererfahrung wäre...

Nun existiert aber eine solch wunderbare Weisheit, die alles abwägt, damit der Gesamtfortschritt keinem Ding schadet: damit ALLES vorwärtsschreitet. Hier staunt man vor dieser Weisheit – die die Menschheit dauernd mißachtet, die sie mit den abschätzigsten Namen belegt: Schicksal, Fate.

Es ist eine wunderbare Weisheit.

Trotz allem, was man weiß und kann, trotz allen gehabten Erfahrungen fühlt man sich ganz klein vor DEM.

Diese Weisheit ist ein Wunder.

(Schweigen)

Eine Minute einer solchen Erfahrung schenkt einem Mut für Jahre – es dauerte ein paar Minuten, ich war gerade beim Frühstücken.

Im Grunde ist es das, worauf ich auch warte: auf diese Erfahrung im Körper.

Aber ja, mein Kind!

Vielleicht bin ich deswegen vom "yogischen Leben" enttäuscht.

Ich persönlich hatte nie viel Respekt für das yogische Leben! Nie.

Ja, an manchen Tagen fühle ich mich ein wenig bitter, ich finde, daß es wirklich "nicht das" ist.

Nein, es ist nicht das, wirklich nicht.

Aber siehst du den Weg, den ich zurückgelegt habe?... Und ich kam mit einem bewußt vorbereiteten Körper auf die Welt – Sri Aurobindo war sich dessen bewußt; das erste Mal, als er mich sah, sagte er sofort, ich sei frei geboren. Das heißt "frei" vom spirituellen Standpunkt aus: ohne Begehren. Ohne Begehren und Verhaftungen. Wenn nämlich das geringste Begehren und die geringste Verhaftung besteht, ist es UNMÖGLICH, dies zu tun.

Ein Vital wie ein Krieger, mit einer absoluten Kontrolle über sich selbst (das Vital dieser gegenwärtigen Inkarnation war geschlechtslos: ein Krieger), ein absolut ruhiger und unerschütterlicher Krieger – keine Wünsche, keine Verhaftungen... Seit meiner frühesten Kindheit tat ich Dinge, die für das menschliche Bewußtsein "monströs" sind; meine Mutter sagte mir gar, daß ich ein wirkliches "Monster" sei, weil ich keine Anhänglichkeiten und keine Wünsche kundtat. Man fragte mich: "Hast du Lust, das zu tun?" – "Es ist mir egal" (das machte besonders meinen Vater wütend! 3). Wenn man böse zu mir war oder wenn Leute starben, ließ mich das absolut unbehelligt, und somit hieß es: "Du bist ein Monster, du hast keine Gefühle."

Mit dieser Vorbereitung also... Ich bin jetzt seit sechsundachtzig Jahren hier, mein Kind! Während dreißig Jahren arbeitete ich bewußt mit Sri Aurobindo, unablässig, Tag und Nacht... Wir sollten es nicht eilig haben.

Wir sollten es nicht eilig haben.

Und dann jene Erfahrung, die wirklich von allen Erfahrungen die... man kann sagen, am entscheidendsten war, nämlich als Sri Aurobindo seinen Körper verließ. Denn materiell, für den Körper, war es der völlige Zusammenbruch eines unerschütterlichen Vertrauens, des Gefühls einer absoluten Sicherheit, der Gewißheit, daß die Dinge einfach so, auf harmonische Weise, getan würden. Dann sein Weggehen – ein Keulenschlag auf den Kopf... Und das ganze Gewicht der Verantwortung hier auf diesem Körper. Voilà.

Das bedeutet wirklich eine Vorbereitung – die genauso weise wie alles andere ist.

Sri Aurobindo sagte mir sehr klar (denn er sah, er wußte): "Dein Körper ist der einzige, der DEM widerstehen kann, der die Macht hat zu widerstehen"... Er ist ein wenig abgenutzt, aber bei all dem Kampf und der Anstrengung und der Arbeit, die er durchgemacht hat, besteht kein Grund, sich zu beklagen; er hat standgehalten – er hat sehr gut standgehalten. Und er hat aus seinen Unfällen Nutzen ziehen können.

Somit dürfen wir es nicht eilig haben... Das ist übrigens eine absolute Regel: Wir dürfen nicht ungeduldig werden.

Ja, doch das ist nicht sehr ermutigend für uns gewöhnliche Menschen.

Aber entschuldige, es gibt einen Weg.

Alles, was ich tue, was dieser Körper tut, besitzt die Macht, auf andere übertragen zu werden – genau dies studiere ich gerade. Es ist eine Art Macht, die Menschen mit der Schwingung des Bewußtseins (ein Strahlen um den Kopf herum andeutende Geste), die auf eine gewisse Anzahl Leute und Dinge (auf der ganzen Erde natürlich), aber auch punktweise konzentriert ist, in Verbindung zu bringen. Es ist die Macht, die in jener Nacht kam, als diese Herabkunft im Gehirn stattfand: Ich konnte in jedem beliebigen Augenblick einen Strahl hierhin, einen anderen Strahl dorthin lenken, einen Punkt hier, einen Punkt dort berühren... (einen Scheinwerfer andeutende Geste).

Sri Aurobindo selbst wiederholte unablässig: "Versucht nicht, alles allein zu machen, Mutter wird es für euch tun, wenn ihr Vertrauen zu ihr habt."

Ich sage dies niemandem, aber es ist eine Tatsache.

Ich sage es nicht. Dir sage ich es jetzt gerade. Es ist nämlich eine absolute Tatsache.

Es wird keineswegs nur für EINEN Körper getan – du weißt das sehr gut – nein, es ist für die Erde.

Aber der Vorteil der Individualität besteht darin, daß man einen Strahl auf präzise Punkte ausrichten (dieselbe einen Scheinwerfer andeutende Geste) und ein Resultat erzielen kann – nicht auf eine wundertätige Weise, die die Leute dumm staunend zurückläßt, nein, das ist es nicht; aber wenn die Aspiration und der Wille aufrichtig sind... Was ich mache, was ich unablässig mache (eine Opfergabe andeutende Geste): "Herr, ich kann es nicht tun, Du aber kannst es für mich tun ..." Sri Aurobindo sagte dazu: Wenn die Leute um mich herum nicht diese direkte Beziehung zum Herrn haben (die ich von Geburt aus mitbrachte, der ich mir immer bewußter wurde und die die eigentliche Quelle dieser irdischen Existenz bildet), dann kann man immerhin eine bewußte Beziehung zu mir haben, was leicht ist, denn es ist etwas Sichtbares, Faßbares, das eine wirkliche Existenz besitzt; wenn man somit in diesem Zustand der Hingabe ist (keine Worte, keine Sätze, sondern ein aufrichtiges Gefühl): "Nein, ich weiß nicht, wie ich das ganz allein tun könnte, ich hab' keine Ahnung, wie. Es ist so gewaltig, was zu tun ist, wie denn nur? Wie könnte ich allein genau unterscheiden zwischen der wahren und der falschen Bewegung, zwischen jener, die zur Wahrheit führt und... Nein, ich kann es nicht – ich übergebe Dir alles, tue es für mich!"

Dies geht vierundzwanzig Stunden am Tag vor sich, und ich kann in jeder der Tausenden Sekunden pro Tag spontan, aufrichtig und absolut (eine Opfergabe andeutende Geste) sagen: "Hier, ich übergebe es Dir." Oh, da kommt eine Schwierigkeit! Oh, da ist jemand in Schwierigkeiten! Oh, die Umstände sind schlecht, oh!... "Schau, mit dem Wissen, das ich habe, kann ich das nicht in Ordnung bringen – tue das Nötige, bitte mach, was zu tun ist, ich übergebe es Dir." Das ist eine Geste jeder einzelnen Minute, jeder einzelnen Sekunde.

Dann, nach einer gewissen Zeit, sieht man eine so OFFENSICHTLICHE, so klare Antwort, daß alles, was zweifelt und nicht versteht, gezwungen ist, sich ruhig zu halten und schließlich abzudanken.

Nur bin ich in einer Übergangszeit, wo ich mich nicht aktiv um die Leute kümmern kann – sie sehen, mit ihnen sprechen, sie empfangen, mit ihnen meditieren –, ich kann es nicht, es ist unmöglich, der Körper ist nicht in der Lage, beides zugleich zu tun. Es ist offensichtlich wichtiger, daß er so viel wie möglich an Wahrheits-Kraft herabziehen und so in der Stille arbeiten kann (Geste des Ausstrahlens), als einer oder zwei oder drei oder zehn oder hundert Personen dabei zu helfen, Fortschritte zu machen.

Was später sein wird, weiß ich nicht... Wenn eine Macht einer ANDEREN ORDNUNG existiert, die in den Körper herabkommt und dieser sich von der Zermürbung durch die Anstrengung erholt, dann kann es anders sein, aber vorläufig...

Sri Aurobindo sagte es, und es gibt Leute, die sich daran erinnern, die es wiederholen, wozu ich nicht nein sage (weil es nicht nein ist – es kann nicht nein sein: es ist wahr), aber ich bestehe nicht darauf, ich sage es nicht... Ich sage es dir, weil wir zusammen arbeiten und eben auch, weil du für einige Zeit nach Frankreich gehst und es für dich während dieser Zeit das eigentliche Mittel sein wird, diesen Fortschritt zu erzielen, nämlich dich zu verbinden und dann standzuhalten und dich dauernd in diese Kraft zu hüllen.

Also, wie ich schon kürzlich sagte (lachend): Es wird etwas passieren.

 

1 Erinnern wir uns an das Gespräch vom 4. November 1963: "... Es sind nichts als Schwingungen."

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2 Mutter machte eine Handbewegung gleich einem Blitz, der die höchste Höhe mit der tiefsten Tiefe verbindet.

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3 Mutter fügte dies später hinzu. (Der Vater war vor allem wütend, weil seine Tochter keine Lust hatte, in den Zirkus zu gehen, den er über alles liebte.)

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