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Mutters

Agenda

fünften Band

22. August 1964

Mir ist etwas Komisches passiert... Es war neulich, als du das letzte Mal kamst. Ich sah eigenartig aus an jenem Tag, nicht wahr?

Du warst müde.

Das ist es nicht! Es ist nicht einfach "müde" oder "krank" – es ist nie das, nein, es ist etwas anderes. Aber ich brauche noch ein paar Tage, bis ich weiß, was es ist.

Das Zentrum des Körperbewußtseins hat sich verschoben (gewöhnlich ist es im Kopf, im Gehirn). Das Bewußtsein des Körpers, das Zellbewußtsein, jenes, das auf das Wirken der Natur reagiert und den ganzen Ablauf steuert – auf einen Schlag hat es sich verschoben und ist aus dem Körper ausgetreten.

Ich machte schon die Erfahrung, daß mein Körperbewußtsein völlig aus dem Körper austrat (ich wußte, was es war, aber ich kannte die Konsequenzen nicht und konnte es auch nicht ausdrücken – das scheint dem zu entsprechen, was passiert, wenn man stirbt), und während... es dauerte wohl etwa zehn bis fünfzehn Minuten, war alles weg, die physische Welt existierte nicht mehr, der Körper existierte nicht mehr. Aber ich war mir sehr intensiv einer Bewegung von Kräften und einer Aktion bewußt. Und dieses Körperbewußtsein wiederholte sogar sein Mantra, was interessant war: Es wiederholte sein Mantra und sah die Wirkung des Mantras in der Vibration der Kräfte. Aber das Bewußtsein verließ den Körper, dort im Badezimmer, und trat hier, im Bett, wieder in meinen Körper ein. Ich wurde getragen... und was dazwischen passierte, das weiß ich nicht.

Wenn man allerdings in seinen Körper zurückkehrt (d.h. wenn der materiellste Teil aus dem Körper ausgetreten ist und man ohnmächtig wird oder in einen Zustand kataleptischer Trance eintritt und zurückkehrt), tut das sehr, sehr weh, alle Nerven tun einem weh. Ich empfand also auf einmal einen solchen Schmerz (es dauert zwei Sekunden, das ist nichts), und danach hatte ich das Gefühl, auf Kissen gebettet zu sein! (Lachend) Mein letzter Eindruck war der, dort drüben zu stehen!

Es ist das erste Mal in meinem Leben, daß so etwas passiert. Wann immer ich ohnmächtig wurde, hielt ich das Bewußtsein dessen, was meinem Körper zustieß, immer noch aufrecht; oft sah ich ihn sogar, manchmal lag er auf dem Boden, aber ich blieb bewußt. Dies war das erste Mal.

Aber die Auswirkungen davon waren wirklich eigenartig, als ob alle Funktionen ihren... (wie soll ich sagen?) ihren Kapitän verloren hätten – sie wußten nicht mehr, was tun. Und der Kopf fühlte sich zuerst an, als ob er sehr, sehr groß geworden sei, und dann stellten sich Schwingungen ein, die... Wie du weißt, spreche ich oft von diesen Schwingungen der Harmonie, die in die Schwingungen der Unordnung einzudringen versuchen (dies sehe ich jetzt häufig, selbst mit offenen Augen: sie kommen, sie dringen ein, es treten Formationen auf, alle möglichen Dinge), aber es war in meinem Kopf: ich hatte einen riesigen Kopf (!) und im Kopf drin funkelten all diese weißen Lichtpunkte der Harmonie, die sich mit großer Intensität und Macht inmitten eines dunkelgrauen Mediums bewegten. Das war interessant. Aber ich war mir nurmehr einer Sache bewußt: der Bezug zum Körper war vollkommen verschwunden. Und während des ganzen Tages blieb mir der Eindruck einer fehlenden Steuerung des Körpers, als ob alle Teile ihren eigenen Impulsen folgten; es war sehr schwierig, alles zusammenzuhalten.

So war es also, sehr stark. Am zweiten Tag verminderte sich dieser Eindruck ein wenig, und am dritten Tag... Aber etwas hat sich verändert und kommt nicht mehr zurück. Dieses Etwas gibt mir den Eindruck eines Sich-auf-Distanz-Haltens (es war das Wort aloofness) dieses natürlichen Bewußtseins des Körpers, das ihn automatisch das tun läßt, was er tun soll. Es ist, als ob dieses Bewußtsein sich entfernt hätte und am momentanen Geschehen beinahe unbeteiligt wäre. Nein, nicht "unbeteiligt", denn es lacht! Ich weiß nicht warum, aber ich habe den Eindruck, als ob es immerzu lachte, als ob es sich über mich lustig machte, über diesen Körper – das arme Ding! (lachend) Er hat große Probleme, man läßt ihn merkwürdige Dinge tun.

Und dieses Zentrum ist wirklich nicht wieder an seinen normalen Platz zurückgekehrt?

Nein, nein! Nichts von dem, was vorher war, ist zurückgekehrt.

Es unterscheidet sich sehr von dem, was es vorher so viele Jahre lang war – es ist ganz anders. Ich fühle eine Art... Ja, ein ähnlicher Eindruck wie derjenige, den ich hatte, als Sri Aurobindo meinem Mental das Geschenk des Schweigens gab. Es wurde vollkommen weiß und leer (Geste zur Stirn), weiß und leer, und danach war nichts mehr: Ich konnte nicht mehr denken, keine einzige Idee mehr, kein System, nichts mehr, in einem Wort, tabula rasa. Und es kam nie mehr zurück! Weißt du, es war nach oben entschwunden, und hier existierte nichts mehr. Nun, dieses Mal geschah dasselbe für das Bewußtsein des Körpers: Zuvor hatte ich überall den Eindruck von etwas, das alles zusammenhält (sogar wenn eine Schwierigkeit auftrat, brauchte ich nichts anderes zu tun, als innezuhalten, mich nicht darum zu kümmern, und es sein Werk verrichten zu lassen, und automatisch wurde die Schwierigkeit durch dieses Bewußtsein des Körpers, das viel eher als unser aktives Denken versteht, was dem Körper nottut, wieder zurechtgerückt), und an jenem Tag trat es WILLENTLICH weg. Diese Entscheidung war schon die vorhergehende Nacht gefallen, aber ich sträubte mich noch dagegen, weil ich wußte, daß die normale Konsequenz eine Ohnmacht sein würde; aber "das" wollte es so, und "das" wählte seine Zeit (als keine Gefahr drohte, sich kein Unfall ereignen konnte und jemand anwesend war, der mir beistehen konnte), "das" wählte seinen Zeitpunkt, und "das" tat es absichtlich – weg, um niemals wiederzukehren.

Am ersten Tag fühlte ich mich fast wie vor den Kopf geschlagen, so als ob ich tastend nach der neuen Weise, die Dinge zu tun, suchen müßte. Gestern war das immer noch stark da. Und heute morgen begann ich plötzlich zu verstehen (was ich "verstehen" nenne, d.h. im Besitz der Kontrolle zu sein), ich verstand: "Ah, so ist das!" Ich hatte mich nämlich gefragt: "Aber was soll denn das Ganze? Wie kann ich so meine Arbeit tun?"... Ich erinnere mich, gestern mußte ich eine Unmenge Leute sehen, Leute, die der Sache nicht nahestehen und deren Atmosphäre nicht gut ist: es war sehr schwierig, ich mußte mich festhalten und sah sicher komisch aus, sehr abwesend – ich war sehr weit weg, in einem sehr tiefen Bewußtsein, damit mein Körper nicht... weißt du, er fühlte ein gewisses Unbehagen – ja, Unbehagen – es war schwierig zu ertragen. Gestern war es immer noch den ganzen Morgen so, dann, gegen Abend, wurde es besser. Aber die Nacht war gar nicht gut, oh!... In der Nacht wird mir stets ein menschlicher Bewußtseinszustand zum Zurechtrükken aufgegeben, einer nach dem andern – es gibt deren Millionen. Das erscheint immer zusammen mit allen Bildern und Ereignissen, die diesen Bewußtseinszustand veranschaulichen. Zuweilen ist das sehr mühsam: ich stehe erschöpft auf wie nach einer langen Arbeit. Und in jener Nacht war es genau so; es geht immer um die zahlreichen Arten der Menschen, die ursprüngliche Einfachheit zu komplizieren: eine einfache Schwingung entwickelt sich zu extrem komplizierten Ereignissen; dort wo die Dinge einfach sein und von selbst fließen sollten, kommt es zu endlosen Komplikationen und Schwierigkeiten! Unerträgliche und unüberwindbare Schwierigkeiten. Ich weiß nicht, ob du das kennst: Man will irgendwohin gehen, und überall steht einem etwas im Weg; man will aus einem Zimmer gehen – kein Ausgang. Oder es gibt einen Ausgang, aber man muß auf dem Boden unter einer Art Felsen hindurchkriechen... und dann sperrt sich das Wesen dagegen: "Nein, das tue ich nicht." Und man ist keinen Moment sicher, ob das Ganze nicht gleich in sich zusammenstürzt und einen unter sich begräbt... Leute, die einem helfen wollen, aber überhaupt nichts ausrichten können, die nur alles noch komplizierter werden lassen; man macht sich auf den Weg mit der Gewißheit, an einen bestimmten Ort zu gelangen, und plötzlich, mitten auf dem Weg, wird alles anders, und man geht in die entgegengesetzte Richtung des gesuchten Ortes. Alle Arten solcher Dinge. Die Symbolik ist vollkommen klar. Und natürlich ist es mit einer Menge Arbeit verknüpft.

Ich stand also in diesem Zustand auf und begann mich zu fragen: "Nimmt das eigentlich kein Ende?"... Ständig, ständig ist es so. Immer mehr bin ich innerlich davon überzeugt, daß es keine Sache ist, die sich unter Bemühungen und durch eine stetige Transformation erlangen läßt – das würde Millionen von Jahren in Anspruch nehmen! Nein, nur... die Gnade. Dann, wenn der Herr beschließen wird: "Fertig, jetzt wird es so sein." Dann wird es geschehen, dann findet man Rast und Ruhe.

Ich gab ihm meine ganze Nacht und all meine Schwierigkeiten und Komplikationen hin, so wie ich es immer halte: darauf breitete sich eine Art Frieden in mir aus, und in diesem Frieden sah ich das und sagte mir: "Schau mal einer an! Das Zentrum des Körperbewußtseins ist nicht mehr da."

Von diesem Moment an ging alles viel besser. Diese vage Ungewißheit, in der sich dieser arme Körper befindet, ist weg. Denn natürlich wurde dieses Zentrum unverzüglich durch das klare Bewußtsein von oben ersetzt, und ich hoffe, daß es nach und nach eine immer vollständigere Kontrolle über den Körper ausüben wird.

Tatsächlich muß es das sein – theoretisch dient es wohl dazu, das automatische natürliche Bewußtsein durch ein wirklich bewußtes Bewußtsein zu ersetzen.

Es ist kein Bewußtsein, das die Details sieht, sondern ein Bewußtsein, das eine Harmonie herbeiführt und aufrechterhält.

Voilà. Ich habe mir gedacht, das sei noch ganz amüsant zum Erzählen.

Sonst ist kein Ende in Sicht!...

Alle werden krank. 1 Und für mich bleibt es dabei: es handelt sich um keine Krankheit – es ist keine Krankheit, sondern eine starke Aktion, die auf die Bewußtseine einen Druck ausübt.

 

1 Ungefähr 400 Fieberfälle im Ashram.

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