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Mutters

Agenda

fünften Band

30. September 1964

W ist von seinem "tantrischen Aufenthalt" zurückgekehrt – nachdem er krank wurde! Es scheint, daß X ihm ein neues Mantra gab, das in drei Durchgängen von je einigen Lakh wiederholt werden sollte, und er sagte ihm: "Bis jetzt hat noch keiner, dem ich dieses Mantra gegeben habe, es durchziehen können", und er warnte ihn: "Sie werden in Ihren Gedanken, Ihren Gefühlen und Ihrem Körper angegriffen werden!" Das verfehlte seine Wirkung nicht: W bekam Fieber, eine Art allgemeines Unbehagen, alle möglichen Suggestionen, die heraufgeschwemmt wurden. Ich gestehe, daß mir das zu denken gab... Die Schlacht mit den Gegenkräften in ihrer eigenen Domäne aufnehmen zu wollen, sie zu provozieren, ist wirklich eine ganz besondere Methode... Ich sagte W (und auf jeden Fall werde ich dafür sorgen, daß die beiden anderen "Durchgänge" nicht so verlaufen werden), daß ich diese Herren auf Distanz halten werde.

Sie bei sich selber aufzusuchen, auf ihrem eigenen Gelände, um sich mit ihnen zu schlagen, scheint mir...

Aber es sind die Hüter einer gewissen Macht, und wenn man diese Macht will, muß man sich doch mit ihnen schlagen?

Mir schien immer, daß man sie fernhalten mußte.

In Théons System war oft die Rede von Gegenkräften und feindlichen Wesen; diese nahmen im Rahmen der Selbstentwicklung und der Aktion viel Raum ein. Sri Aurobindo selbst pflegte zu sagen, daß diese Auffassung in psychologischer und persönlicher Hinsicht nützlich sei, denn es ist leichter, gegen Schwierigkeiten anzukämpfen, wenn man von der Vorstellung ausgeht, daß sie von "außen" kommen, wie ein von außen kommender Angriff, als wenn man denkt, die Schwierigkeit liege in der eigenen Natur. Nicht, daß er ihre Existenz leugnete, weit entfernt davon, aber der Weg hängt sehr von der Haltung ab, die man einnimmt, sowie von der eigenen mentalen Verfassung, weißt du.

Sri Aurobindo legte den Nachdruck vielmehr auf die Einheit: Er sagte, daß selbst das, was wir als unsere schlimmsten Feinde ansehen, immer noch eine Form des Höchsten ist, die, freiwillig oder unfreiwillig, bewußt oder unbewußt, zur allgemeinen Transformation beiträgt. Dies erscheint mir weiter, tiefer und umfassender.

Ich selbst versuchte, mein Handeln eher darauf zu begründen als auf diese andauernde Schlacht mit feindlich gesinnten Kräften. Wenn man nämlich von dieser Idee ausgeht, kommt man zum Schluß, daß der Daseinszweck dieser Kräfte verschwindet, sobald man den notwendigen Fortschritt macht und im Besitz des Göttlichen Wissens und Bewußtseins ist, worauf diese Kräfte nicht länger bleiben können.

Auf der praktischen Ebene sah ich ganz klare Beispiele davon; dies war sogar mein großes Argument bei Durga (ich habe dir ja erzählt, daß sie zum Zeitpunkt der Pujas zu kommen pflegte und daß sie sich vor zwei Jahren "unterworfen" hatte), das war mein großes Argument, ich sagte ihr nämlich: "Aber der Daseinszweck deiner Existenz in dieser Form – in der Form einer kriegerischen Aktion – würde verschwinden, wenn du durch Identifikation jene Mächte erhieltest, die alle feindlichen Kräfte als nutzlos erscheinen lassen." Nachdem ich ihr diese Dinge gesagt hatte, unterwarf sie sich dem Höchsten Willen, und sie sagte: "Ich werde das tun, was der Höchste von mir verlangt." 1

Das war ein außerordentlich interessantes Resultat.

Wenn man es aber von einem anderen Standpunkt aus betrachtet, dann bemerkt man, oder vielmehr, WIR bemerkten (Mutter und Satprem), daß die Anwesenheit oder der Kontakt von X immer Konflikte, Schwierigkeiten, eine Art Kampf mit der Natur (der persönlichen Natur oder der Umgebung) heraufbeschwor. Das läge aber auf der Linie seiner Handlungsweise, wenn man es von der Wirkung seiner Mantras aus beurteilt; seine Vorgehensweise liegt aufgrund dessen, was er selbst ist, in einem relativ materiellen Bereich: im Physischen, im unmittelbaren Vital und im physischen Mental – nicht im höheren Mental, im spekulativen oder intellektuellen Mental, nein, im physischen Mental, jenes, das auf die Materie wirkt, dann im Vital mit sämtlichen Wesenheiten des Vitals (er spricht oft davon und gibt auch Mittel an, Meisterschaft darüber zu erlangen und sie zu beherrschen), und schließlich im Physischen. Als die Leute um ihn einmal über Kopfweh und sonstige Schwierigkeiten klagten, sagte er mir: "Ich setze sie in Beziehung mit der nicht-gewöhnlichen Natur." Das ist also Teil seiner Handlungsweise. Das stach mir ins Auge, ich erinnere mich gut daran, das fiel mir auf, denn mehrmals, als ich einen Druck, ein Unbehagen, irgend etwas Unangenehmes fühlte, sagte ich mir: "Ist die wirkende Kraft vielleicht ungewohnt für die Zellen des Körpers?" Worauf ich daran zu arbeiten pflegte, mich zu öffnen und auszuweiten, was mir praktisch immer gelang: das Unbehagen hörte augenblicklich auf.

Sri Aurobindo sagte, daß alle Tantriker unten anfingen; sie beginnen ganz unten, und dort muß es offensichtlich so sein. Sri Aurobindo hingegen ging von oben nach unten, worauf man die Situation beherrschen konnte. Wenn man aber ganz unten beginnt, ist es offensichtlich, daß dort alles so ist: Alles, was ein wenig stärker oder weiter, ein wenig wahrer oder reiner als die gewöhnliche Natur ist, führt zu einer Reaktion, einer Revolte, einem Widerspruch und einem Kampf.

Ich ziehe das andere Vorgehen vor, aber wahrscheinlich liegt dieses nicht in der Reichweite von jedermann.

(Schweigen)

W erzählte mir, daß in einem seiner Momente des Kampfes dort unten, als er sich nachts äußerst unwohl fühlte, "jemand" neben ihn kam und ihm die Hand auf den Kopf legte, worauf er sich wieder völlig wohl fühlte. Darauf fragte er X... (was mich betrifft, ich war ganz bewußt zu ihm hingegangen und war ihm beigestanden, weil ich ein S.O.S. von ihm empfangen hatte), aber er erzählte X, was geschehen war und... (lachend) X antwortete ihm: "Es handelt sich um eine Göttin!" Ich lachte und sagte: "Was ist für ihn eine Göttin?" – Wahrscheinlich alles, was sich nicht in einem physischen Körper befindet!

Aber in diesem Fall war es ganz bewußt geschehen, ich hatte ihn bewußt aufgesucht, um ihm Erleichterung zu bringen. Ich fragte ihn: "Hast du nicht gesehen, wer es war?" Er erwiderte: "Nein, ich sah nur den Teil eines Armes und den Sari."

Ich insistierte nicht.

*
*   *

Kurz danach

Es kommt mir vor wie der Beginn einer neuen Etappe.

Vorher kam die ganze Aktion immer von da (Geste eines Strahlens über dem Kopf), vom höchsten, umfassendsten und reinsten Licht; aber seit einigen Tagen, wann immer etwas schief läuft, beispielsweise wenn Leute nicht das tun, was sie sollten, oder wenn sie falsch reagieren oder Schwierigkeiten in den Umständen auftreten, kurz, wenn die Dinge "knirschen" und die Disharmonie sich verstärkt, tritt jetzt eine Art Macht in mich ein, die eine SEHR MATERIELLE Macht ist und so wirkt (Geste eines Zermalmens), die sich auf die Dinge legt und fürchterlich drängt – oh, was für ein Druck!... Und dies kommt ohne meinen Willen und geht wieder ohne mein Wissen.

Natürlich wird die innere Macht eingesetzt (diese Macht, die offensichtlich ständig weiter zunimmt), aber noch nie wirkte sie sich bei den geringsten Dingen, bis ins Detail, so aus, beispielsweise bei der falschen Haltung von jemandem oder bei einer Aktion, die nicht der Wahrheit entsprach, jedenfalls bei einer Masse von Dingen... erbärmliche Dinge, die ich beobachtete: Ich lächelte, brachte sie unter den Einfluß des Wahrheitslichts von oben (Geste) und beließ es dabei. Jetzt aber ist es nicht mehr so: "Das" kommt wie etwas, das den Leuten, den Dingen, den Umständen und Individuen sagt (gebieterischer Ton): "Du wirst das tun, was der Herr will – du wirst tun, was Er will. Und dann paß auf! Du wirst Seinen Willen tun." (Mutter lacht)

Ich finde das zum Lachen, aber es muß eine gewisse Wirkung haben!

Es ist sehr materiell, im Subtilphysischen. Und es nimmt immer diese Form an; es sagt nicht: "Man sollte dies oder jenes tun oder nicht tun ..." – nichts von alledem: "Du WIRST das tun, was der Herr will, so – du WIRST... und du weißt, du wirst es tun, paß auf, sonst...!"

Es ist ein starkes Licht mit kleinen genaueren Stellen (die sich wahrscheinlich in Form von Details in der Handlung äußern): wie Linien, die kleine Markierungen hinterlassen (Geste). Es handelt sich um eine Formation.

Es ist eine für die materielle Welt ungewöhnliche Kraft.

Du erinnerst dich, ich hatte das schon einmal erlebt (vor einigen Monaten oder Jahren), ich erzählte es dir, etwas, das mich plötzlich veranlaßte, die Faust niederzuschmettern... es war so schrecklich, daß ich den Eindruck hatte, alles werde gleich zerbrechen 2 – es ist dasselbe, aber jetzt ist es auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet, es kommt, vollständig bereit, dann handelt es, und wenn es fertig ist, geht es wieder. Es kommt, und manchmal bleibt es ziemlich lange: es insistiert und insistiert, als ob es den Widerstand zermalmte, und dann, ganz plötzlich, hört es auf, es ist vorbei, nichts mehr übrig. Es tritt spontan ins Bewußtsein und geht auch spontan wieder weg, ich selbst bin wie eine Zeugin. Lediglich eine Zeugin, die als Verbindungsglied agiert – eine Kontaktstelle.

Es geht zur Person (ich sehe es durch die innere Schau, weißt du) oder zu den Umständen oder zum Ereignis, und knetet diese ohne Unterlaß: "Du wirst das tun, was der Herr will, der Wille des Herrn geschehe!"

Ich übersetze es in Worte, aber...

Und es liegt völlig außerhalb – außerhalb – aller menschlichen Gefühle, Gedanken und Wahrnehmungen, d.h. es könnte sich genauso gut auf jemanden richten, der sehr nahe und vertraut ist, wie auf jemand Fernstehenden; es kann jemanden erreichen, der sehr guten Willens ist, oder auch jemanden, der sehr schlechten Willens ist – eine vollkommene Unparteilichkeit. Das ist sehr interessant, es bestehen keine Nuancen in der Aktion, keinerlei Nuancen. Vielleicht eine Dosierung, wobei diese vom Widerstand abzuhängen scheint. Aber keine Nuancen, d.h. jedermann und alles ist in seiner Aktion IDENTISCH – absolut identisch, es gibt kein Für und Wider, das existiert nicht mehr, nur etwas, das nicht so ist, wie es sein sollte: es ist nicht so, wie es sein sollte – baff! (Mutter lacht)

Gestern kam es wieder.

Im allgemeinen muß ich dabei ruhen oder jedenfalls ruhig sein, damit es kommen kann (oder vielleicht, damit ich es wahrzunehmen vermag).

Voilà.

 

1 Siehe auch Agenda Bd. 3, S. 214, 224, 293.

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2 Siehe Agenda Bd. 4, S. 342

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