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Mutters

Agenda

sechsten Band

24. Februar 1965

Mutter kommt auf die Ereignisse vom 11. Februar zurück:

Nur wenige Tage vor dem Ereignis schrieb ich etwas (Mutter holt eine Notiz):

"Die Menschheit duldet und akzeptiert
die Existenz höherer Wesen nur,
wenn sie zu ihren Diensten stehen."

Als ich dies sagte (auf englisch), war es eine so starke Erfahrung, und ein oder zwei Tage später kam es zum Angriff.

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(Über die Erfahrung der Schwingung der Wahrheit in der physischen Welt am Abend des 11. Februars:)

...Ich sah den ganzen Unterschied zwischen dieser Schwingung, die nicht den geringsten Kontakt mit der Formation der Lüge und Gewalttätigkeit hatte, und dann dieses innere Vibrieren, das natürlich automatisch den Kontakt herstellte und zuließ, daß diese Manifestation der Lüge sich auswirken konnte.

Die Kraft der Kali kam. Aber es geht gut, genau das wollte sie ja; sie fand, daß wir ein wenig zu schläfrig wurden!

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Etwas später

Oh, wenn du dich amüsieren willst, ich habe einen Brief von Alexandra David-Neel erhalten... Du weißt, daß wir in Briefwechsel standen. Sie war die "große Beschützerin" der tibetanischen Lamas (einer von ihnen war ihr "Sohn", und er starb dort, so fühlte sie sich sehr allein). Ich hatte ihr gesagt, daß man uns mit den Tibetanern in Kontakt gebracht hatte (Mutter hatte seit der Besetzung Tibets mehrere von ihnen aufgenommen), und ich fragte sie, warum sie nicht einen anderen zu sich nähme (denn sie schrieb mir in dieser Angelegenheit). Ich fügte hinzu, daß sie sicherlich sehr glücklich wären, ihr zu dienen, als Ausdruck des Dankes für den großen intellektuellen Fortschritt, den sie in ihrer Nähe machen konnten – das vergab sie mir nie! Niemals verzieh sie mir, daß ich "intellektuell" anstelle von "spirituell" schrieb (ich halte sie für außerstande, irgend jemandem zu einem spirituellen Fortschritt zu verhelfen, während sie auf intellektuellem Gebiet ein As ist). Seit jenem Augenblick: keine Briefe mehr, nichts. Anderntags erhalte ich einen Brief, in dem sie mir sagt (Mutter ahmt den spöttischen Ton des Briefes nach): "Liebe Freundin von einst, ich höre von dem Angriff auf den Ashram ..." (du hättest den Brief lesen sollen, er ist fabelhaft!), "ich hoffe, daß Ihnen nichts Übles zugestoßen ist; aber jetzt, da die Unverwundbarkeit des Ashrams zerstört ist, könnten sich die Angriffe wiederholen; ich nehme also an, Sie werden Pondicherry verlassen ..." 1 (Mutter lacht) Ich schrieb ihr einfach: "Liebe Freundin für immer (lachend), beunruhigen Sie sich nicht, alles geht gut. Über den Kräften der Zerstörung steht die göttliche Gnade, die schützt und die Dinge zurechtrückt", und ich schrieb einfach: "herzlichste Grüße." Dem Brief fügte ich die Botschaft vom 21. bei. 2

Diese Frau verzehrt sich selbst. Bei jeder Gelegenheit sprach ich zu ihr von Buddhas Liebe; ich sagte ihr: "Buddha war doch voller Liebe!" Das brachte sie zum Kochen.

Nun gut.

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Etwas später

Hast du meine Antwort im letzten Bulletin gelesen? (Mutter reicht Satprem den Text)

"Diejenigen, die dem Licht der Wahrheit helfen wollen, über die Kräfte der Dunkelheit und der Lüge zu triumphieren, können es tun, indem sie sorgfältig den Ursprung ihrer Regungen und Handlungen beobachten und zwischen den Impulsen unterscheiden, die von der Wahrheit, und jenen, die von der Lüge stammen, um den ersteren zu gehorchen und die anderen zurückzuweisen.

Dieses spezielle Unterscheidungsvermögen ist eine der ersten Auswirkungen der Erscheinung des Lichtes der Wahrheit in der irdischen Atmosphäre ..."

Man hatte mir die Frage gestellt, und so antwortete ich (auf englisch).

Dabei fiel mir etwas Interessantes auf. Ich bemerkte nämlich, wie schwierig es ist, in JEDER SEKUNDE zu versuchen, die Antriebskraft der Handlung zu unterscheiden. Zu unterscheiden, ob sie vom Ego kommt, von der Dunkelheit oder vom Licht... So rein wie möglich ausdrücken zu wollen, was ausschließlich vom Höchsten kommt, erfordert eine Arbeit in jeder Sekunde, und... es gab eine Zeit (erst kürzlich), wo ich es fast für materiell unmöglich hielt – nicht in den großen Linien oder in den großen Bewegungen, die von den höheren Teilen des Wesens kommen, sondern in allem, was rein materiell ist, im ausschließlich Materiellen. Mit dem "Gegrüßt sei die Ankunft der Wahrheit" 3 am Anfang dieses Jahres trat plötzlich ein sehr geschärfter innerer Sinn auf – sehr geschärft, sehr präzise und UNGEHEUER RUHIG, außerordentlich ruhig –, welcher bewirkte, daß man den Ursprung der materiellen Impulse oder der materiellen Reaktionen klar erkennen konnte, SELBST IN DEN KLEINSTEN DINGEN. Das war sehr interessant. Ich studierte dies sorgfältig, und es wurde fast automatisch.

Vorher war man auf ein inneres Unbehagen angewiesen, ein Gefühl der Reibung machte einen darauf aufmerksam, daß es nicht die wahre Sache war. Jetzt nicht mehr: es wird im VORAUS sichtbar, in Sekundenschnelle.

Das versuchte ich hier auszudrücken. Wenn die Leute DAS empfangen könnten, würden jene, die guten Willens sind, ganz natürlich in jeder Minute der Andeutung folgen.

Dies kam wie eine Vorbereitung auf das Geschehen in jener Nacht (am 11. Februar), wo ich von der Höhe dieses irdischen physischen Bewußtseins aus die Schwingung erkannte (genauso klar wie materielle Objekte), die den Kontakt mit dieser Formation der Lüge schuf, sowie DIE Schwingung, diesen besonderen Zustand, in dem kein Kontakt bestand, wo nichts berührt werden konnte.

Seitdem haben mir mehrere Personen ihre Erfahrung erzählt, und es ist wie ein Beweis. Zum Beispiel ging C in der Nacht des 11. aus dem Haus (er verließ den Schutz des Gebäudeinneren), er wollte die Polizei anrufen und mußte dazu den Hof überqueren (es hagelte buchstäblich von Bruchsteinen; sie hatten die Mauer des Volleyballplatzes zerstört und bewarfen uns mit den Brocken, sie brachten sie mit Rikschas 4 herbei, um uns zu bewerfen). C erzählte mir selbst, wie alle schrien: "Komm zurück, komm zurück! Du bist ja verrückt!", aber er überquerte den Hof (die Steine fielen überall): nicht einer berührte ihn. Er hatte das Gefühl, daß sie ihn unmöglich berühren konnten, daß mein Schutz ihn umhüllte und daß sie ihn nicht berühren konnten. Tatsächlich berührten sie ihn nicht: sie fielen ringsum zu Boden.

Ich hörte von mehreren solchen Beispielen.

Es kam wie eine Demonstration dieses Unterscheidungsvermögens zwischen der Vibration, die auf die Lüge anspricht, und einem Zustand, in dem nichts antwortet, in dem es keine Reaktion gibt, das heißt, wo kein Kontakt möglich ist – es sind andere Welten. Das eine ist eine Welt der Wahrheit und das andere eine Welt der Lüge. Die Welt der Wahrheit existiert PHYSISCH, sie ist materiell: sie schwebt nicht in den Höhen, sie ist materiell und muß nur hervortreten und den Platz der anderen einnehmen.

Das "wahre Physische", von dem Sri Aurobindo spricht.

Ja, das wahre Physische.

(Sujata:) An jenem Abend lief auch N.S. barfuß durch die Glasscherben, und ihm passierte nichts.

Ja, so ist es.

Ich weiß, warum einer der Bruchsteine das Fenster erreichen konnte, ich SAH es (ich sah es genau von oben), doch immer noch war der Friede in diesem Bewußtsein gegenwärtig, und der Bruchstein, den sie netterweise auf mein Fenster warfen (denn wir ließen alle Lichter hier an), prallte am Moskitonetz ab (es ist nicht einmal aus Draht, sondern aus Plastik), obwohl er logischerweise hätte hindurchdringen müssen. Er fiel auf das Dach und verursachte einen Sprung (wir wußten es nicht, wir hörten nur den Lärm, aber in der darauffolgenden Nacht fiel ein starker Regen, und so merkten wir, daß das Dach undicht geworden war). Normalerweise hätte der Stein, der genügend Wucht hatte, um den Zement auf dem Dach zu beschädigen, hindurchdringen müssen – er konnte es nicht. Es war undenkbar – undenkbar, daß irgend etwas geschehen konnte, absolut undenkbar, die Idee kam gar nicht auf.

 

1 Wie sich Satprem erinnerte, hatte Madame David-Neel schon mehrere Jahre zuvor an Mutter geschrieben und ihr geraten, Pondicherry zu verlassen (Mutter selbst erzählte uns dies um 1960 herum oder etwas früher), denn sie sagte voraus, daß sie "von ihren eigenen Schülern umgebracht" werden würde. Dieser Brief muß noch immer in den Archiven des Ashrams vorhanden sein.

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2 21. Februar: "Über allen Komplikationen der sogenannten menschlichen Weisheit steht die leuchtende Einfachheit der göttlichen Gnade, bereit zu handeln, wenn wir es zulassen."

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3 Botschaft vom 1. Januar 1965.

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4 Rikscha: dreirädriges Fahrrad, das in Indien als Transportmittel verbreitet ist.

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