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Mutters

Agenda

sechsten Band

23. Juni 1965

Hast du schon von Auroville gehört?

Lange Zeit hatte ich den Plan einer "idealen Stadt", aber das war noch zu Sri Aurobindos Lebzeiten, und Sri Aurobindo hätte in ihrem Zentrum gelebt. Danach... interessierte mich das nicht mehr. Dann griff man die Auroville-Idee wieder auf (ich hatte es "Auroville" genannt), aber man begann vom andern Ende her: anstatt der Formation, die ihren Platz finden mußte, ließ der Platz (in der Nähe des Sees) die Formation entstehen. Bis jetzt interessierte mich das nur am Rande, denn ich hatte nichts direkt empfangen. Dann setzte es sich die kleine H in ihren Kopf, nahe am See ein Haus zu bauen, und eines daneben für mich, das sie mir schenken will. Sie schrieb all ihre Träume für mich auf. Ein oder zwei Sätze riefen dann plötzlich in mir eine uralte Erinnerung wach – die Erinnerung an eine Schöpfung, die sich manifestieren wollte, als ich ganz klein war (ich erinnere mich nicht mehr, in welchem Alter). Ganz zu Beginn des Jahrhunderts, als ich Théon besuchte, wollte sie sich erneut manifestieren. Später vergaß ich das alles. Und mit diesem Brief kam es zurück: plötzlich hatte ich meinen Plan für Auroville. Jetzt habe ich meinen Gesamtplan und warte auf R, der die Einzelheiten ausarbeiten soll, denn von Anfang an hatte ich gesagt: "R wird der Architekt sein", und so schrieb ich ihm.

Als er letztes Jahr in Indien war, ging er nach Chandigarh, der von Le Corbusier im Pandschab erbauten Stadt. Er war nicht sehr glücklich darüber; mir erscheint die Stadt auch recht mittelmäßig, ich habe sie allerdings nicht selbst gesehen, nur abscheuliche Fotos davon. Als er mit mir sprach, sah ich, daß er fühlte: "Ach, wenn ich nur selber eine Stadt erbauen könnte!..." Und so schrieb ich ihm: "Wenn du willst, habe ich eine Stadt zu bauen." Jetzt freut er sich riesig und kommt. Wenn er da ist, werde ich ihm meinen Plan zeigen, und dann wird er die Stadt bauen. 1

Mein Plan ist sehr einfach.

Ihr Standort ist nördlich von Pondicherry, an der Straße nach Madras, oben auf dem Hügel. (Mutter nimmt ein Papier und beginnt zu zeichnen) Hier haben wir einen zentralen Punkt (in der Natur ist es selbstverständlich nicht so, da muß man sich anpassen). Dieser zentrale Punkt ist ein Park, den ich als ich ein kleines Mädchen sah; etwas Schöneres auf der Welt punkto physischer, materieller Natur kann man sich kaum vorstellen: ein Park mit Wasser und Bäumen wie alle Parks, und Blumen (aber nicht viele), blühende Kletterpflanzen, Palmen und Farne (alle Arten von Palmen), Wasser (möglichst fließendes), und wenn möglich ein kleiner Wasserfall. Das wäre sehr praktisch: am Ende, außerhalb des Parks, könnte man Stauseen bauen, die den Bewohnern zur Wasserversorgung dienen.

In diesem Park sah ich den "Pavillon der Liebe". Ich verwende dieses Wort allerdings nur ungern, denn die Menschen haben etwas Groteskes daraus gemacht, während ich vom Prinzip der göttlichen Liebe spreche. Also soll es der "Pavillon der Mutter" sein, aber nicht diese (Mutter deutet auf sich), sondern die Mutter, die wahre Mutter, das Prinzip der Mutter (ich sage "Mutter", weil Sri Aurobindo dieses Wort verwendete, sonst hätte ich ein anderes Wort genommen – "schöpferisches Prinzip" oder "verwirklichendes Prinzip" oder... etwas in der Art). Und es wird ein kleines Gebäude sein, nicht groß; unten ein Meditationsraum mit Säulen und wahrscheinlich von runder Form (ich sage "wahrscheinlich", weil ich das R entscheiden lasse). Oben im ersten Stock wird ein Zimmer sein, und ganz oben eine überdachte Terrasse. Kennst du die alten indo-mongolischen Miniaturen von Palästen mit ihren durch Säulen gestützten Terrassen und kleinen Dächern? Ich habe Hunderte davon gesehen... Aber dieser Pavillon wird sehr hübsch: ein kleiner Pavillon mit einer überdachten Terrasse und niederen Wänden, an denen Diwane stehen, wo die Leute sitzen, um abends und in der Nacht im Freien zu meditieren. Und unten im Erdgeschoß einfach ein Meditationsraum – ein völlig leerer Raum. Wahrscheinlich im Hintergrund etwas aus lebendigem Licht (vielleicht das Symbol 2 in Form eines lebendigen Lichts), ein permanentes Licht. Ansonsten ein sehr ruhiger, stiller Ort.

Daneben eine kleine Unterkunft (eine kleine Unterkunft, die immerhin drei Stockwerke hätte), aber nichts groß Angelegtes, und das wäre Hs Haus, die als Wärterin fungieren würde – sie wäre die Hüterin des Pavillons (sie schrieb mir einen sehr schönen Brief, aber natürlich hat sie nichts verstanden).

Dies ist das Zentrum.

Außen herum führt eine kreisförmige Straße, die den Park vom Rest der Stadt trennt. Wahrscheinlich würde es (müßte es wohl) eine Eingangstür zum Park geben. Eine Eingangstür mit dem Hüter der Pforte. Die Hüterin der Pforte ist ein gerade aus Afrika gekommenes Mädchen. Sie hat mir in einem Brief geschrieben, daß sie die "Wächterin Aurovilles" sein möchte, um nur die "Diener der Wahrheit" hereinzulassen... (lachend), das ist ein sehr netter Plan (!). Ich werde sie also wahrscheinlich als Hüterin des Parks einsetzen, mit einer kleinen Behausung an der Straße, am Eingang.

Interessant ist nun, daß es um diesen zentralen Punkt herum vier große Sektoren wie vier große Blütenblätter gibt (Mutter zeichnet). Die Ecken der Blätter sind abgerundet, und es gibt kleine Zwischenzonen: vier große Sektoren und vier kleinere Bereiche... Natürlich ist das ziemlich abstrakt: konkret muß es den Gegebenheiten angepaßt werden.

Wir haben vier große Sektoren: im Norden, d.h. Richtung Madras, den kulturellen Sektor, im Osten den industriellen Sektor, im Süden den internationalen Sektor und im Westen, d.h. zum See hin, den Wohnsektor.

Im einzelnen heißt das: Im Wohnsektor liegen die Häuser der Leute, die sich bereits beworben haben, und all jener zahlreichen Leute, die kommen, um a plot in Auroville [ein Grundstück in Auroville] zu erwerben. Das wird nahe des Sees sein.

Der internationale Sektor... Man hat schon eine Anzahl von Botschaftern und Ländern angesprochen, damit jedes Land seinen Pavillon hat – für jedes Land ein Pavillon (das war meine alte Idee). Einige haben schon zugestimmt, es ist im Gange. Jeder Pavillon hat seinen Garten, in dem möglichst viele Pflanzen und Produkte des repräsentierten Landes vertreten sind. Wenn sie genug Geld und Platz haben, können sie auch so etwas wie ein kleines Museum oder eine Dauerausstellung von Erzeugnissen des Landes einrichten. Und die Konstruktion soll der Architektur des jeweiligen Landes entsprechen, wie zur Information darüber. Je nachdem, wieviel sie investieren wollen, können sie auch Unterkünfte für Studenten, Konferenzräume, die Küche des Landes, ein Restaurant des Landes usw. haben – alle Arten von Entwicklungen.

Dann der Industriesektor... Viele Leute, einschließlich der Regierung in Madras (die Regierung in Madras leiht uns das Geld), wollen schon Industrien eröffnen, die auf einer besonderen Grundlage beruhen werden. Dieser industrielle Sektor befindet sich im Osten. Er ist sehr groß: es gibt dort viel Platz, und er kann sich bis zum Meer erstrecken. Tatsächlich gibt es im Norden von Pondicherry einen recht großen unbewohnten und nicht kultivierten Bereich entlang der Küste. Dieser Industriesektor würde sich also bis zum Meer erstrecken und wenn möglich eine Art Landestelle besitzen (keinen Hafen, aber eine Stelle, wo die Schiffe anlegen können). All die Industrien mit den nötigen internen Transportmitteln hätten die Möglichkeit des direkten Exports. Dort würde es ein großes Hotel geben, für das R schon den Plan entworfen hat (ursprünglich wollten wir das Hotel hier bauen, anstelle der "Messageries Maritimes", doch der Besitzer sagte wieder nein, nachdem er schon zugesagt hatte), aber dort wird es besser sein, ein großes Hotel, um die Besucher aufzunehmen. Etliche Industrien haben sich schon für diesen Sektor eingeschrieben; ich weiß nicht, ob es genug Platz geben wird, aber man wird sich arrangieren.

Im Norden (wo es natürlich am meisten Platz gibt) nach Madras zu, liegt dann der Kultursektor. Dort gibt es einen Vorführungssaal (von dem ich schon lange träumte: es existieren schon Pläne davon). Ein Auditorium mit einem Konzertsaal und großen Orgeln, den besten, die man jetzt baut (offenbar macht man heute wunderbare Sachen). Ich wünsche mir große Orgeln. Auch eine Theaterbühne mit Kulissen, Drehbühne usw. – das Beste vom Besten. Also ein prächtiges Auditorium. Dann eine Bibliothek, ein Museum, Ausstellungsräume (nicht im Auditorium: zusätzlich), ein Filmstudio, eine Filmschule. Sogar einen gliding club [eine Segelflugschule]: wir haben fast schon die Genehmigung und das Versprechen der Regierung. Nach Madras zu, wo viel Platz ist, ein Stadion. Wir wollen das modernste und vollkommenste Stadion, das möglich ist, mit dem Gedanken (ein Gedanke, den ich schon lange habe), daß in zwölf Jahren (1968 findet die Olympiade in Mexiko statt, die Olympischen Spiele werden alle vier Jahre abgehalten), daß wir zwölf Jahre später die Olympischen Spiele in Indien, hier, haben werden. Dafür brauchen wir viel Platz.

Zwischen diesen Sektoren liegen die vier Zwischenzonen: eine für die öffentlichen Dienste (Post usw.), eine für das Transportwesen (Bahnhof und womöglich ein Flughafen), eine für die Ernährung (sie wäre beim See und umfaßt Molkereien, Hühnerställe, Obstgärten, Pflanzungen usw. – das würde sich dort ausdehnen und den Lake Estate 3 einschließen: was sie getrennt tun wollten, wird nun im Rahmen Aurovilles geschehen). Dann eine vierte Zone... (ich nannte öffentliche Dienste, Transport, Ernährung), und die vierte Zone: Läden. Man braucht nicht viele Läden, aber man muß einige haben, um das zu bekommen, was man nicht selber herstellt, wie verschiedene Stadtviertel.

Und du wirst dort im Zentrum sein?

H hofft es! (Mutter lacht) Ich habe weder nein noch ja gesagt. Ich sagte ihr: "Der Herr wird entscheiden." Das hängt von meinem "Gesundheitszustand" ab. Umziehen werde ich jedenfalls nicht – ich bin aufgrund des Samadhis hier und bleibe hier, das ist ganz sicher. Aber ich kann besuchsweise dorthin gehen (es ist nicht so weit, mit dem Auto braucht man fünf Minuten). H möchte es ruhig und still haben, weit weg von der Welt. In ihrem Park, der von einer Straße umgeben ist und von jemandem bewacht wird, der die Leute fernhält, ist das gut möglich – man kann es dort sehr ruhig haben –, aber wenn ich dort bin, ist das vorbei. Es würde kollektive Meditationen usw. geben. Das heißt, wenn ich Zeichen (zunächst physische Zeichen), dann den inneren Auftrag bekomme, hinauszugehen, werde ich mit dem Wagen hinfahren und mich nachmittags eine Stunde dort aufhalten – das kann ich gelegentlich tun... Wir haben noch Zeit, denn bis alles fertig ist, werden Jahre vergehen.

Das heißt, die Schüler werden hierbleiben.

Ja! Der Ashram bleibt hier – der Ashram bleibt hier, ich bleibe hier, das ist klar. Auroville ist...

Eine Trabantenstadt.

Ja, als Kontakt zur äußeren Welt. Der Mittelpunkt meiner Zeichnung ist ein symbolischer Mittelpunkt.

Aber H hofft, ein Haus zu haben, wo sie ganz allein neben dem Haus wäre, in dem ich mich ganz allein aufhalten würde – der zweite Teil ist ein Traum, denn ich "ganz allein"... man braucht nur zu schauen, was sich tut! Das ist eine Tatsache, nicht? Also klappt das nicht mit dem "ganz allein". Man muß die Einsamkeit im Innern finden, das ist die einzige Lösung. Aber ich werde bestimmt nicht dort wohnen, weil der Samadhi hier ist. Ich kann jedoch zu Besuch dorthin gehen. Zum Beispiel kann ich dort an eine Eröffnung oder an gewisse zeremonielle Anlässe gehen – wir werden sehen. Das wird noch Jahre dauern.

Auroville ist also eher für die Außenwelt gedacht.

Oh ja, das ist eine Stadt! Folglich gibt es den ganzen Kontakt mit der Außenwelt. Und es ist ein Versuch, ein etwas idealeres Leben auf Erden zu verwirklichen.

In meiner alten Formation gab es einen Hügel und einen Fluß. Ein Hügel war nötig, weil Sri Aurobindos Haus oben auf dem Hügel war. Sri Aurobindo hätte im Mittelpunkt gestanden. Es war entsprechend dem Entwurf meines Symbols angeordnet, d.h. ein Bereich im Zentrum mit Sri Aurobindo und allem, was Sri Aurobindos Leben betrifft, dann vier große Blütenblätter (nicht dieselben wie in dieser Zeichnung). Um sie herum zwölf weitere Blütenblätter (die eigentliche Stadt), und darum herum die Wohnhäuser der Schüler. Du kennst mein Symbol: statt einer Linie sind es Bänder 4, und im äußersten kreisförmigen Band befand sich der Wohnbereich der Schüler. Jeder hatte sein eigenes Haus mit Garten. Es gab auch Verkehrsmittel. Ich war mir nicht sicher, ob es private oder öffentliche Verkehrsmittel sein würden (wie die kleinen offenen Bahnen in den Bergen, weißt du), kleine Straßenbahnen, die in allen Richtungen verkehren, um die Schüler ins Zentrum der Stadt zu bringen. Das Ganze war von einer Mauer mit Eingangspforten und Torhütern umgeben, und man durfte nur mit Genehmigung eintreten. Es gab auch kein Geld: innerhalb der Mauer kein Geld. Bei den verschiedenen Eingangstüren gab es etwas wie Banken oder Schalter, wo die Leute ihr Geld gegen Tickets eintauschten, mit denen sie Unterkunft, Nahrung, dies und jenes bekommen könnten. Aber kein Geld. Im Innern gab es absolut keines davon, niemand hatte Geld – die Tickets waren lediglich für die Besucher, welche auch nur mit Erlaubnis eintreten durften. Es war alles bestens organisiert... Kein Geld, ich wollte kein Geld!

Ach ja, in meinem Plan habe ich etwas vergessen: ich wollte eine Arbeiterstadt bauen. Aber die Arbeiterstadt sollte zum Industriesektor gehören (vielleicht eine Verlängerung am Rande des Industriesektors).

Außerhalb der Mauern gab es in meiner ersten Formation auf der einen Seite eine Industriestadt, auf der anderen Seite Felder, Farmen usw., welche die Stadt versorgen sollten. Das stellte ein richtiges Land dar – kein großes Land, aber ein Land. Jetzt ist alles viel kleiner konzipiert: es ist nicht mehr mein Symbol, sondern nur noch vier Zonen, und es gibt keine Mauern. Und Geld wird es geben. Die andere Formation war wirklich ein idealer Versuch... Aber ich rechnete mit vielen Jahren, bevor ich den Versuch unternehmen würde: zu jenem Zeitpunkt rechnete ich damit, erst in vierundzwanzig Jahren damit zu beginnen. Jetzt ist alles viel bescheidener, es ist ein Übergangsexperiment, viel leichter zu verwirklichen – der andere Plan war... Beinahe hätte ich das Land bekommen: das war zur Zeit Sir Akbars von Hyderabad (erinnerst du dich?). Man hatte mir Fotos aus dem Staat Hyderabad geschickt, und auf diesen Fotos fand ich meinen idealen Platz: ein alleinstehender Hügel (ein ziemlich großer Hügel), und unten ein großer Fluß. Ich sagte ihm: "Diesen Ort hätte ich gern", und er regelte die Angelegenheit (alles war geregelt, man hatte mir die Pläne und die Papiere gesandt, um das Gebiet dem Ashram zu übergeben). Aber sie hatten eine Bedingung gestellt: es war Urwald, unbebautes Land – man gab das Land natürlich nur unter der Bedingung, daß wir es bebauten, aber mit der zusätzlichen Auflage, daß die Erzeugnisse vor Ort genutzt werden sollten; das Holz beispielsweise sollte on the spot [vor Ort] genutzt und nicht wegtransportiert werden, man konnte nichts aus dem Staat Hyderabad hinausbringen. N, der Seemann war, wollte sich sogar aus England ein Segelschiff besorgen, um damit den Fluß hinaufzusegeln und alle Produkte oben abzuholen und hierherzubringen. Alles war sehr gut arrangiert. Dann stellten sie diese Bedingung. Ich fragte, ob es nicht möglich wäre, diese rückgängig zu machen, dann starb Sir Akbar, und alles war zu Ende, das Ganze fiel ins Wasser. Später war ich froh, daß es sich nicht verwirklicht hatte, denn nachdem Sri Aurobindo gegangen war, konnte ich Pondicherry nicht mehr verlassen – ich hätte Pondicherry nur mit ihm verlassen können (vorausgesetzt, er hätte eingewilligt, in seiner idealen Stadt zu wohnen). Zu jener Zeit sprach ich mit Antonin Raymond, der "Golconde" erbaut hatte, über das Projekt, und er war begeistert, er sagte mir: "Sobald Sie mit dem Bauen anfangen, rufen Sie mich, und ich komme." Ich hatte ihm meinen Plan gezeigt (gemäß meinem Symbol im größeren Maßstab), er war ganz begeistert.

Daraus ist nichts geworden. Aber das andere können wir versuchen, es ist nur ein kleiner Zwischenversuch.

Ich mache mir keine Illusionen darüber, daß es genau so ausgeführt werden wird, aber... der Versuch läuft jedenfalls.

Vieles wird von jenen abhängen, denen du die finanzielle Organisation des Projekts anvertraust.

Die finanzielle Organisation liegt derzeit bei Navajata, weil er die Gelder durch diese Sri Aurobindo Society bekommt, und er hat die Ländereien gekauft, er hat bereits ziemlich viel Land gekauft. Das läuft gut. Die Schwierigkeit besteht natürlich darin, genug Geld aufzutreiben. Aber zum Beispiel wird jedes Land die Kosten für seinen eigenen Pavillon selber übernehmen, und jede Industrie wird ihr eigenes Geld in das Geschäft investieren. Auch werden alle Bewohner ihre Grundstücke selber finanzieren. Und die Regierung (Madras hat es uns schon versprochen) gibt 60 bis 80 % (ein Teil davon Subventionen, d.h. geschenkt, ein Teil Darlehen, zinslos und in zehn, zwanzig oder vierzig Jahren rückzahlbar – eine späte Rückzahlung). N kennt sich da aus 5, er hat schon gute Resultate erzielt. Aber es wird mehr oder weniger schnell gehen, je nachdem, ob das Geld schnell oder nur allmählich hereinfließt.

Die Architektur wird von Rs Einfühlungsvermögen abhängen... Die Einzelheiten sind mir völlig egal, nur diesen Pavillon möchte ich sehr hübsch haben – ich sehe ihn. Weil ich ihn sah, weil ich eine Vision davon hatte, werde ich versuchen, R zu vermitteln, was ich sah. Auch den Park habe ich gesehen – das sind alte Visionen, die ich wiederholte Male hatte. Aber das ist nicht schwierig.

Am schwierigsten ist das Wasser, denn dort oben gibt es keinen Fluß. Aber man versucht bereits, Flüsse umzuleiten, es gibt sogar ein Projekt, das Wasser vom Himalaya zu sammeln und durch ganz Indien zu kanalisieren. L hatte einen Plan gemacht und davon in Delhi gesprochen. Man entgegnete ihm, daß dies offensichtlich ein wenig kostspielig wäre. Aber auch ohne derart grandiose Projekte muß man etwas tun, um Wasser herbeizuschaffen. Das wird die größte Schwierigkeit sein und am längsten dauern. Alles übrige (Licht, Energie) wird vor Ort im Industriesektor erzeugt werden – aber Wasser kann man nicht machen! Die Amerikaner haben sich ernsthaft darum bemüht, ein Verfahren zu finden, um das Meerwasser nutzbar zu machen, denn die Erde hat nicht mehr genug Trinkwasser für die Menschen (was sie "Süßwasser" nennen, ist ein Hohn...). Da nicht genug Wasser für den menschlichen Gebrauch verfügbar ist, wurden bereits in großem Maßstab chemische Versuche angestellt, um das Meerwasser umzuwandeln und es verwendbar zu machen – offensichtlich wäre das die Lösung des Problems.

Aber das existiert schon.

Ja, aber nicht in ausreichender Menge.

Doch, in Israel.

Sie machen das in Israel? Sie nutzen Meerwasser? Das wäre natürlich die Lösung. Das Meer liegt gleich daneben.

Wir werden sehen.

Das Wasser müßte auch hinaufgepumpt werden.

Ein Yachtclub wäre auch nicht schlecht! (Gelächter)

Ja, sicher, im Industriesektor!

In der Nähe deines Hafens.

Es wird kein richtiger "Hafen" sein, aber immerhin. Ja, das Hotel für die Besucher mit dem Yachtclub gleich daneben, das ist eine Idee. Ich werde das hinzufügen (Mutter notiert).

Das hätte bestimmt großen Erfolg (!)

Du sagst es! Mein Kind, es hagelt Briefe! Von überallher, aus allen Ländern schreiben mir die Leute: "Endlich! Das Projekt, auf das ich gewartet habe" usw. Eine Flut.

Wie gesagt, wird es auch eine Segelflugschule geben. Man hat uns bereits einen Lehrer und ein Segelflugzeug versprochen – das ist zugesagt. Das wird im Kultursektor sein, oben auf dem Hügel. Der Yachtclub wird natürlich am Meer, nicht am See liegen. Aber ich dachte an eine dortige Wasserflugzeugstation (man spricht viel davon, den See auszubaggern, er ist fast zugeschwemmt).

Auf dem See kann man auch Boot fahren.

Nicht, wenn es Wasserflugzeuge gibt. Er ist nicht groß genug zum Segeln. Aber als Wasserflugzeugstation würde er taugen. Wenn wir einen Flugplatz haben, wird dies nicht nötig sein. Es gab schon im Lake Estate Projekt einen Flugplatz, und S, der Squadron Leader [Geschwaderchef] geworden ist, schickte mir auch einen Plan für einen Flugplatz, allerdings nur für kleine Flugzeuge, während wir einen Flughafen wollen, der eine regelmäßige Flugverbindung mit Madras hat: einen Passagierflugplatz. Man hat schon viel darüber gesprochen, es gab Diskussionen zwischen der Air India und einer anderen Gesellschaft, aber sie konnten sich nicht einigen – allerlei kleine dumme Schwierigkeiten. Doch all dies wird mit Aurovilles Wachstum ganz natürlich verschwinden – man wird nur allzu froh sein, über einen Flugplatz zu verfügen.

Nein, zwei Schwierigkeiten gibt es. Die kleinen Geldsummen haben wir (eben das, was die Regierung ausleihen kann, was die Leute für ihren plot [Grundstück] bezahlen – das kommt). Aber die großen Summen: man braucht Milliarden für eine Stadt!...

Die Amerikaner sind im Begriff, sich zu ruinieren... Es gibt ein seltsames Phänomen: das Geld scheint irgendwo zu versickern, dem Kreislauf entzogen zu sein – in Amerika verliert der Dollar an Wert, man stöhnt allgemein. Hier sind die Leute ruiniert... Es gibt einen Industriellen, der ein prächtiges Geschäft besaß, und die Regierung hat es tatsächlich geschafft, ihn mit dieser income tax [Einkommenssteuer] zu ruinieren – er hat zugemacht. Dann hat er einen Teil wiedereröffnet und Antragsformulare für seine neue Gesellschaft und seine neuen Industrien ausgefüllt. Nun hatte er einen Hund, und er signierte die Formulare mit dem Namen seines Hundes! Dann fügte er noch die Fotografie des Hundes bei... (Lachend) Natürlich bekam er empörte Briefe und wurde gefragt, ob er sich über alle lustig machen wolle. Er sagte: "Nein, aber nur ein Hund kann Ihre Bedingungen akzeptieren." Nicht schlecht, meinst du nicht?

Ja, sie halten die Leute zum Narren.

Sie sind im Begriff, das Land zu ruinieren.

Es gab nur noch einen Ort, wo die Dinge leicht waren: in Afrika. Das ist jetzt auch vorbei. Die Afrikaner (lachend) sind jetzt am schlimmsten dran! Du weißt, wie viele Freunde wir dort hatten, wie viele Dinge wir von dort bekamen – alles vorbei. Sie sind ruiniert. Dann kommen sie hierher und müssen sich wieder mit denselben Schwierigkeiten herumschlagen.

Die Menschen komplizieren wirklich alles!

Aber ja, da sind wir uns einig!

Man könnte glauben, es macht ihnen Spaß.

Ich schrieb einige Zeilen über die Regierung, erinnerst du dich? Wo habe ich das hingelegt? (Mutter sucht) Ich habe etwas hinzugefügt (das wird für später sein, wenn ich meine "politische Reihe" beginne):

Sie lassen den Banditen freie Hand und treffen beleidigende Maßnahmen gegen ehrliche Leute. Dies wird solange so sein, als das Land nicht von den weisesten Leuten regiert wird.

Die weisesten Leute sind jene, welche frei und korrekt im Herzen und im Geist der Menschen lesen können.

Das kam mir in Gesprächsform. Ich sage darin den Regierenden:

— Sie lassen den Banditen freie Hand und treffen beleidigende Maßnahmen gegen ehrliche Leute.

Die Antwort:

— Aber wie können wir zwischen Banditen und ehrlichen Leuten unterscheiden, bevor wir sie am Werk sehen?

Ich darauf:

— Ja, das wird immer so sein, Sie werden stets dieselben Dummheiten begehen, bis das Land von den weisesten Leuten regiert wird.

— Ach! Aber wie können wir denn wissen, ob es wirklich die weisesten Leute sind?

— Die weisesten Leute sind jene, welche frei und korrekt im Herzen und im Geist der Menschen lesen können.

*
*   *

Einige Zeit später, am 7. September, umschreibt Mutter das Auroville-Projekt folgendermaßen:

Auroville wants to be a universal town...

Eine universale Stadt – nicht international: universal.

... where men and women of all countries will be able to live in peace and progressive harmony above all creed, all politics and all nationalities, straining to realize human unity. 6

 

1 Auroville wird drei Jahre später, im Februar 1968, gegründet werden.

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2 Das Symbol von Mutter und Sri Aurobindo.

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3 Lake Estate: das bereits kultivierte Seegrundstück.

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4 Ähnlich dem Symbol auf dem Umschlag der Agenda.

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5 Er versteht sich sogar sehr gut darauf: Nach Mutters Weggang wollte er sich zum "Besitzer" von Auroville aufschwingen, mit der Rechtfertigung, er habe die Spenden für Auroville gesammelt. Die Aurovillianer, die sich gegen diese Schurkerei wehrten, ließ er verhaften und aus Indien ausweisen, während Auroville in einen Belagerungszustand versetzt wurde und die für Auroville bestimmten Fonds für korrupte Zwecke benutzt wurden.

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6 "Auroville will eine universale Stadt sein, wo Männer und Frauen aus allen Ländern friedlich und in fortschreitender Harmonie jenseits aller Glaubensbekenntnisse, Politik und Nationalität im Bemühen leben können, die menschliche Einheit zu verwirklichen."

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