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Mutters

Agenda

sechsten Band

10. Dezember 1965

Was hast du zu sagen?... Sag!

Ich bin ein bißchen durcheinander, weil ich die Nachricht erhalten habe, daß mein Freund sich umgebracht hat.

Erzähl. Welcher Freund?

Ein Goldwäscher.

Aber du hattest viele Freunde in deinem Leben, oder?

Nein.

Standest du noch in Verbindung mit ihm?

Er war derjenige, der mir am nächsten stand.

Hast du ihn getroffen, als du das letzte Mal in Frankreich warst?

Nein.

Wo war er?

Ach, überall auf der Welt, zuletzt in Afrika, ein bißchen überall.

Und von wo hat er dir geschrieben?

Aus Paris.

Wie alt war er?

Ein bißchen jünger als ich.

Was hat er dir geschrieben? Hast du seinen Brief? Zeig ihn mir.

Er war ein Rebell.

Ja.

Er hat nicht gefunden.

Aber er ist ein Rebell im Tamas, mein Kind. Selbstmord und Tamas hängen zusammen – Unbewußtheit oder Dummheit.

(Mutter schaut sich den Brief an) Er unterschreibt nicht mit seinem Namen, er schrieb: "Dein Bruder, der Goldwäscher."

Ja.

Ist er ein Intellektueller?

Nein, nicht besonders. Er ist ein Mann der Tat.

(Mutter schaut sich den Brief nochmals an) Bist du sicher, daß er sich umgebracht hat?... Ich nicht. Hast du seine Adresse nicht? Kannst du dich nicht erkundigen?

Doch.

(Schweigen) Du reagierst immer noch sehr empfindlich auf die Formationen von anderen.

Er ist ein Mann, den ich gut verstehe, mit dem ich gelebt habe. Er war ganz und gar kein gewöhnlicher Mensch, der das Leben akzeptierte wie drei Viertel der Leute, die sich mit dem Leben arrangiert haben.

Nein, aber er ist ein "Dramatiker".

Überhaupt nicht. Er ist ein Mann der Tat und suchte nach Erz.

Das ist nur seine äußere Erscheinung.

Er ist ein sehr einfacher und sehr grober Typ. Er gab nie etwas von sich, er sagte nie etwas, und wenn er für etwas empfänglich war, wurde er äußerlich nur um so härter. Ein sehr grober Mann, ohne ästhetische Verfeinerung. Einfach ein Mann der Tat, der das, was er fühlte, in Handlungen umsetzte.

Nein, er ist intuitiv. Du hast das nicht gewußt, aber er ist ein Intuitiver.

Ja, er hatte etwas in sich.

Wenn ich "Dramatiker" sage, dann verstehe ich das nicht physisch; du hast mir widersprochen, aber ich meinte nicht das Physische, sondern sein Vital, und ich weiß, wovon ich spreche.

Vital ein Dramatiker... Das ist möglich.

(Schweigen)

Er hatte einen Hang nach Freiheit. Das ist selten genug.

Hast du den Briefumschlag noch? Ist ein Datum auf dem Poststempel?

Ja, der 6. Dezember, aus Paris.

Wie sah er aus? Klein, groß? Kräftig, mager, dunkelhaarig?

Ziemlich klein, stark, untersetzt, Bürstenschnitt.

Die Augen?

Ziemlich dunkel, schwarz, glaube ich.

Die Haare auch?

Ja. Und eine Stubsnase.

(Schweigen)

Ich mache mir Vorwürfe, ihm nicht geholfen zu haben.

Hast du ihm nie geschrieben?

Einmal alle zwei, drei Jahre.

Das hätte überhaupt keinen Unterschied gemacht. Es passiert nichts, was nicht passieren muß, das ist ein absolutes Gesetz.

Es passiert nur, was passieren muß. Es ist undenkbar, daß es anders sein könnte. Deshalb nützt es nichts, sich zu sagen: "Ich hätte dies tun müssen ...", denn es hätte nur dich befriedigt und nichts an den Ereignissen geändert.

Zudem ist er nicht tot – vielleicht hat er seinen Körper verloren, das ist möglich, ich weiß es nicht (für mich ist das eine nebensächliche Frage), aber er ist nicht tot. 1

Doch es ist schade, wenn sich jemand umbringt.

Ja, das ist schade.

Es ist dumm.

Aber er wußte nicht, das ist alles. Diese Leute wissen nicht.

Ja, sie wissen nicht. Aber er ist intuitiv.

Gewiß! Aber das ist ja das Schreckliche daran, daß es solche Leute gibt, die einfach NICHT WISSEN. Er war genau wie ich, nur ohne das Wissen dessen, was es hier zum Beispiel gibt. Wenn ich dich und Indien nicht gekannt hätte, hätte ich dasselbe getan wie er, ich hätte mich umgebracht, genau wie er... Aber das ist nicht ihre Schuld!

Es gibt keine "Schuld"! Es ist niemals die "Schuld" von irgend jemandem. Es ist nicht die Schuld des Herrn. Der Herr hat keine Fehler.

Auf jeden Fall ist es schade, daß man ihm nicht helfen konnte...

Für mich ist er nicht tot. Ich weiß es nicht; vielleicht ist er physisch lebendig, ich weiß es nicht, aber für mich ist er nicht tot.

Du willst damit sagen, daß er genügend geformt ist, um auf einer anderen Ebene weiterzuleben?

Ja, er ist bewußt genug.

Ich habe dich um diese Auskünfte gebeten, weil ich vom 5. bis heute im Vital eine Menge Leute sah, die gerade ihren Körper verlassen hatten, und ich wollte wissen, ob er einer von ihnen war. Besonders zwei fielen mir auf, die deiner Beschreibung entsprechen: stämmig, ein bißchen untersetzt, schwarze Haare, dunkle Augen. Wenn ich ein Foto hätte, könnte ich dir sagen, ob er es war oder nicht. So weiß ich es nicht. Ich habe viele gesehen – aber für mich sind diese Leute nicht tot!

Sie sind bewußt geblieben. Wenn man bewußt ist, dann ist man nicht tot.

Und wenn es so ist, wie ich denke, dann ist es jemand, der direkt hierherkam – er ist direkt zu dir gekommen, deshalb habe ich ihn natürlich gesehen.

Und was macht das schon aus!...

Nein, der "Tod" betrübt mich nicht, das ist es nicht...

Du bist betrübt, nicht alles getan zu haben, was du deiner Meinung nach hättest tun sollen.

Nein... Es ist wegen des Leidens, das es darstellt – das unnötige Leiden.

Du fügst nur dein eigenes nutzloses Leiden zu dem der anderen hinzu! Ich folge deiner Logik nicht.

Das war die ungeheure Lehre, die Sri Aurobindo uns erteilte, und ich habe sie so aufgefaßt. Das erste, was ich sagte, als er ging, war: "Die ganze Welt kann jetzt sterben, das hat überhaupt keine Bedeutung." Das stimmt absolut, und es stimmt bis zum heutigen Tag.

Absolut bedeutungslos.

Jetzt verbindet mich mit Sri Aurobindo eine Intimität, die ich nie hatte, als er noch in seinem physischen Körper lebte: er war an einem Ort beschäftigt und ich an einem anderen, wir sprachen fast nie miteinander. Wir waren uns sehr nahe, wirklich nahe und auf EIN UND DERSELBEN EBENE WIE JETZT. Wenn ich aber jetzt etwas wissen will, wenn ich eine Antwort auf eine Frage suche, dann muß ich nur so machen (Geste reglosen Schweigens), und ich erhalte die Antwort. Früher konnte ich in einem Zimmer und er in einem anderen beschäftigt sein, und ich hatte selber weder die Zeit noch die Möglichkeit, ihn um Auskunft zu bitten.

Das soll nicht besagen, daß ich den Tod gutheiße! Ich bekämpfe ihn so sehr ich nur kann, für mich ist er eine Lüge – der Tod und die Lüge hängen zusammen. Aber... der Tod ist nur eine äußere Erscheinung.

Nur wenn man die Lüge akzeptiert, leidet man. Wenn man sie nicht mehr akzeptiert, lächelt man. Man kann nicht anders als lächeln.

Mich betrübt gar nicht sein Tod, sondern...

Also gut, mein Kind, setz dich eine Minute hin, sei ganz ruhig, ruf deinen Freund und sage ihm: "Hier, dies wollte ich dir sagen, dies hätte ich dir mitteilen sollen, hier ist es. Jetzt lerne es von mir (von dir), von meinem Bewußtsein. Jetzt bringe ich dich in das Licht, jetzt bringe ich dich in das Wissen. Jetzt lerne alles, was du fähig bist zu lernen." Und damit basta. Du wirst dein Bestes getan haben.

Nur weil in deinem äußeren Bewußtsein noch ein Zweifel über die unsichtbare Wirklichkeit bleibt, ist es schmerzlich, wenn "das", was sichtbar ist, was sich berühren läßt, verschwindet; es ist nichts anderes.

Nein, daran liegt es nicht...

Aber ich sage dir: Was dich hier beeinflußt, ist eine sehr starke vitale Formation in diesem Brief (die auch ihn selbst beeinflußte), eine Art... (entschuldige, ich möchte deine Freundschaft und deine Erinnerung nicht schlechtmachen), aber es ist eine Art Drama, das er sich selbst vorspielte – übrigens trifft das auf jeden zu, der sich umbringt, AUSNAHMSLOS. Es ist ein Drama, das er sich selbst vorspielte – und das er sehr stark in seinem Vital auslebte. Diese Formation kam mit dem Brief über dich, und das wühlt dich auf. Ich weiß es, denn meine erste Reaktion, als ich den Brief las, war ein Lächeln – das Lächeln, das ich angesichts der Dramen des Vitals habe. Ich bin mir absolut sicher; du könntest schwören, daß es anders sei, das macht keinen Unterschied. Darin bin ich mir absolut sicher. Er wurde das erste... man könnte sagen "Opfer", wenn du willst, das erste Opfer des Dramas. Aber es kam über dich, es warf sich mit diesem Brief auf dich. Ein Drama im Vital. Es ist ein Drama im Vital, all diese Dinge sind Dramen im Vital... Hör mal, gerade in diesen Tagen – zwischen dem 5. und dem 9. – erlebe ich immer wieder die Minuten, die ich 1950 durchlebte, und sehe sie immer im Licht des Wissens, das ich mir angeeignet habe. Und ich SAH, wie sehr Schmerz, Kummer, Schuldgefühle – besonders die Schuldgefühle, nicht das getan zu haben, was man hätte tun sollen – dummes Zeug sind, denn NOTWENDIGERWEISE hat man das getan, was man tun mußte. Man war nicht das, was man hätte sein sollen, und man muß sich ändern, deswegen müssen wir uns alle ändern. Aber man hat das getan, was man tun mußte, weil man nichts anderes tun kann als das, was der Herr einen tun läßt, und Er läßt einen in jedem gegebenen Moment das Bestmögliche für das Ganze und das Bestmögliche für den eigenen Fortschritt tun. Und damit hat sich's. Also ist alles Bedauern, all das "ich hätte dieses tun sollen... ich hätte jenes nicht tun sollen ...", all das sind Albernheiten.

Verstehst du, ich sage das mit der ganzen Macht eines in allen Einzelheiten gelebten Wissens. Ich WEISS es. Speziell in dieser Jahreszeit weiß ich es am besten, auf die lebendigste, konkreteste und wirksamste Art.

Es ist alles in Ordnung, er ist ein guter Kerl, er hat Substanz, er wird seinen Weg machen. Wenn er wirklich gerade seinen Körper verlassen haben sollte, wird man ihm einen anderen geben.

Ja, er war ein guter Junge.

Ja, er ist ein guter Kerl. Oh, jetzt kenne ich ihn gut. Jetzt kenne ich ihn. Ein guter Junge. Das ist in Ordnung.

Sein Vital ist jetzt hier.

Es geht ihm gut.

Du mußt ihm nur all deine Zuneigung genauso entgegenbringen, als wäre er physisch bei dir. In innerer Stille zeigst du ihm deine Zuneigung und tust genau das für ihn, was du in seiner physischen Anwesenheit getan hättest – und es besteht tatsächlich kein Unterschied. Auf diesem Punkt beharre ich – es ist eine zähe Illusion, die unserem Bewußtsein anhaftet, daß dies hier (Mutter kneift sich in die Haut ihrer Hände) die Wirklichkeit ist: nein, das ist die Lüge, das ist die Illusion, denn es ist nicht der korrekte Ausdruck der Wirklichkeit.

Die Rebellen (sie wissen wirklich nichts) empören sich, weil die Dinge nicht so sind, wie sie sein sollten, aber anstatt sich zu sagen: "Jetzt werde ich daran arbeiten, daß die Dinge so werden, wie sie sein wollen, wie sie sein sollen", räumen sie das Feld, weil sie dieses Wissen nicht haben. Sie sagen sich: "Nein, ich akzeptiere die Welt nicht so, wie sie ist" – das ist gut so. Das ist sehr gut, man soll sie gar nicht akzeptieren, niemand erwartet von einem, sie zu akzeptieren, wie sie ist, aber wenn man guten Willens ist, hilft man dabei, sie zu verändern.

Jetzt wird er verstehen.

Ja, das braucht es.

Jetzt wird er verstehen.

Solange die Welt nicht verändert ist, hat der Tod überhaupt keine Bedeutung, und wenn dies der Fall ist, wird es keinen Tod mehr geben, das ist alles. Es wird wohl noch den Tod der Pflanzen, den Tod der Tiere, den Tod der Menschen (der noch menschlichen Menschen) geben, aber er wird für sie so natürlich sein, daß sie sich darüber nicht zu beklagen brauchen.

Der Tod, so wie man ihn heute auffaßt, bedeutet den Verlust des Bewußtseins.

...Wenn dies wirklich so wäre, wäre das die schrecklichste, grauenvollste Sache, aber es ist nicht so. Wenn man das Bewußtsein hat, kann man es nicht verlieren. Es gibt Bereiche, die noch nicht vom Bewußtsein erfaßt wurden, dann lernen sie halt Schritt um Schritt, es zu haben. Es ist aber nicht möglich, das Bewußtsein, das man hat, zu verlieren. Kein Tod der Welt kann einem das entreißen, das ist unmöglich, und deswegen lächelt man – versuch es, mein Kind!

Ein Verlust des Bewußtseins ist unmöglich.

Das Bewußtsein ist etwas Ewiges. Das Bewußtsein ist göttlich, es ist ewig, und NICHTS kann es zerstören.

Der äußere Schein ist etwas anderes.

Nur das Unbewußte wird zerstört (dort gibt es sozusagen den Anschein der Zerstörung). Das Bewußtsein wird nicht zerstört.

Das ganze Drama – die ganze Tragödie, all der Schrecken, all das Furchtbare – ist nur eine Fabrikation des Vitals. Die Krieger Gottes lassen sich davon nicht beeindrucken. Man lächelt: "In Ordnung, spielt euch nur auf, das ist uns ganz egal; wenn es euch Spaß macht, so spielt halt euer Spiel." Wir wissen, daß es nur ein Spiel ist – gewiß ein niederträchtiges Spiel, es ist nicht hübsch, aber es ist nur ein Spiel.

*
*   *

(Wenig später über Dr. Sanyal, der gerade nach Madras abgereist ist, um sich einer Gehirnoperation zu unterziehen, nachdem eine erste Operation in Amerika erfolglos geblieben war.)

Der Doktor ist in Madras...

Wann operiert man ihn denn?

Ich weiß nicht. Sie werden telefonieren.

Sie wollen zunächst schauen, ob es überhaupt möglich ist. Der amerikanische Chirurg hat nämlich gesagt, daß eine zweite Operation fatal sein könnte, deswegen, so nehme ich an, werden sie Vorsichtsmaßnahmen treffen.

Der Doktor sagt: "Ich nehme das Risiko auf mich, auch wenn es meinen Tod bedeutet ..." Leider hatte er nicht genügend Glauben, um ohne äußere Eingriffe geheilt zu werden – aber wer hat schon einen ausreichenden Glauben?... Ich weiß es nicht. Manche Leute haben diese wunderbare Gnade. Er hatte sie nicht: sein Verstand, seine Intelligenz sind dafür viel zu aktiv.

Gestern abend verbrachte ich etwas mehr als zwanzig Minuten in Konzentration mit ihm. Er saß, und ich stand und hielt seine Hände... Es heißt ja, man solle nie die Kraft auf sich selbst herabziehen, doch man kann sie auf jemand anderen richten – genau dies tat ich, und mit aller Macht. Die Kraft war so stark, daß seine Hand weiterzitterte 2, meine aber war bewegungslos! Hinterher fragte ich mich, wie so etwas nur möglich war, ich verstand es nicht: meine Hand, die die seine hielt, war reglos, und seine bewegte sich; ich spürte sein Zittern in meiner Hand. Schließlich hörte ich auf, und alles wurde still: er bewegte sich nicht mehr. Eine tiefe Entspannung trat ein. Ich konzentrierte mich auf seinen Kopf – Entspannung. Danach hörte ich auf damit. Die Zeit war auch abgelaufen. Doch dies zeigt, daß es MÖGLICH ist. Nur der Mangel an Glauben, bedingt durch die höhere Intelligenz, die höhere Vernunft, führt dazu, daß die Wirkung nicht anhalten kann: dadurch kommt die Schwierigkeit sofort zurück. Aber ich habe wirklich gesehen, daß es aufhörte. Und das war für mich ein offensichtlicher Beweis.

Ich habe dies ganz bewußt getan. Es stimmt, daß es gefährlich ist, die Kraft "herabzuziehen"; wenn der Widerstand nämlich zu groß ist, kann etwas zerstört werden. Aber er hatte nichts mehr zu verlieren, denn er war ja selber bereit, nach Madras zu reisen, um sich in eine andere Welt schicken zu lassen. Aus diesem Grund habe ich das getan.

Tatsächlich ist selbst materiell und sogar beim gegenwärtigen Zustand der Welt nichts unmöglich. Es bedarf nur der Sanktion des Herrn ("Sanktion" im Sinne des englischen Wortes: Genehmigung). Er wollte es, Er hat es gewollt. Normalerweise kann ich mich kaum zehn Minuten aufrechthalten, ohne daß sich alles dreht, und hier stand ich eine halbe Stunde lang REGLOS – ich spürte nichts, ich war ganz und gar jenseits aller "Karmas"! Es dauerte eine halbe Stunde, bis es aufhörte, und es hatte sichtlich eine vorübergehende Wirkung, das heißt, es hätte gar eine Stunde, zwei Stunden, ich weiß nicht wie lange andauern können, doch aufgrund der inneren Schwingungen seines Wesens (Mangel an Glauben usw.) konnte es nur von vorübergehender Dauer sein.

Aber es war geschehen, und es war kein künstlicher Eingriff, sondern eine Entspannung durch die Kraft, die als Masse herabkam, brrf! ungeheuer, mein Kind!... Zwei, dreimal gab es eine Lockerung [beim Doktor], das Zittern fing aber wieder an: es wurde wie aus dem Gehirn geworfen und kam dann wieder zurück; ich vertrieb es, und es kam wieder. Beim letzten Mal blieb er entspannt. Daraufhin sagte ich: "Danke Herr, ich danke Dir."

Jetzt bin ich mir sicher.

Wir werden sehen. Vielleicht wird die Operation ihn überzeugen, daß es möglich ist (wenn der Chirurg in Madras sich auch überzeugen läßt, daß es möglich ist). Offensichtlich ist es möglich – alles ist möglich.

Das ist eine interessante Sache... Als er nämlich in Amerika war, sah ich plötzlich, daß sie ihn umbringen würden (nach der ersten Operation), und ich sagte sofort: "Ich will nicht, daß er dort stirbt, das ist idiotisch, das ist eine dumme Geschichte und eine Niederlage, das will ich nicht." Ich schickte ihm einen Talisman, den ich selbst angefertigt hatte (damit seine menschliche Intelligenz ein wenig Vertrauen fasse), dann bearbeitete ich den anderen Arzt, den amerikanischen Chirurgen. Als Sanyal den Chirurgen aufsuchte, um sich nochmals operieren zu lassen, sagte ihm dieser: "Nein. Seit Ihrer ersten Operation ist mir eine ganze Reihe von Katastrophen passiert, fatale Erfahrungen, Menschen sind gestorben. Ich will Sie nicht operieren, denn ich fürchte, daß Sie sterben werden, und dagegen wehre ich mich." Worauf Sanyal antwortete, daß er bereit sei zu sterben, doch der andere erwiderte: "Ich bin aber nicht bereit, Sie zu töten!" Daraufhin kam er hierher zurück, und als er hier war, sagte ich ihm: "Entschuldige bitte, das war meine Arbeit!" (Mutter lacht)

Jetzt werden wir sehen. Wenn der andere Chirurg Vertrauen hat und er selber auch Vertrauen hat, ist alles möglich. Aber weder dieser Arzt noch irgendein anderer kann das bewirken: allein der Herr. Nur Er kann es. Ich habe dies Sanyal gesagt, als er aus Amerika zurückkam: It's only the Lord that can cure you, nobody else. [Nur Der Herr kann Sie heilen, niemand sonst.] Daraufhin sagte er mir: "Oh, ja, aber es gibt Mittel, um einzugreifen." Ich antwortete ihm: "Jedes Mittel, das Sie nur wollen, für mich spielt das keine Rolle."

*
*   *

Am Ende des Gesprächs kommt Mutter auf den Selbstmord des Goldwäschers zurück

Mein Kind, dies geschieht nur, um dir zu helfen, weiterzugehen.

Weißt du, die große Schwierigkeit liegt in der Bedeutung und besonders in dem Gefühl absoluter Wirklichkeit, die wir dem physischen Leben beimessen.

Das Wesentliche ist nicht das physische Leben, sondern Das Leben; das Wesentliche ist nicht das physische Bewußtsein, sondern Das Bewußtsein. Und dann bedient man sich... einer beliebigen Stofflichkeit, wenn man frei ist. Man muß sie aufnehmen und wieder lassen können, aufnehmen und wieder lassen... sie benutzen, wie man will, so daß man Meister der Materie ist – nicht daß die Materie einen erdrückt und sich einem aufzwingt, wo käme man denn sonst hin!

Darum geht es: Weil man in seinem inneren Wesen die Erinnerung an eine große Freiheit hat, revoltiert man gegen die völlige Abhängigkeit hier (es ist eine widerliche Sklaverei). Dabei fehlt einem lediglich das Wissen, daß einzig und allein das Bewußtsein diesen Zustand ändern kann. Alles hinzuschmeißen, ist absolut nicht das Mittel, die Dinge zu ändern.

Bei deinem Freund ist die Sache getan, ich habe ihn zu mir genommen. Es ist in Ordnung.

 

1 Er war gestorben. Die Tatsache wurde später durch die Zeitungen und einen Brief seiner Gefährtin bestätigt.

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2 Es handelt sich um die Parkinsonsche Erkrankung.

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